Ich habe mich während des Lockdowns im Frühjahr 2021 an die Thematik "Königsberg" erinnert. Bislang kannte ich es nur als "Kaliningrad", als gruseligen Hintergrund moderner Kriminalgeschichten. Jetzt bewegte mich die Vergänglichkeit des gesellschaftlichen Lebens. In dem üppigen Bildband werden alte Stadtansichten eines pulsierenden Königsbergs den modernen, oft monoton wirkenden, Fotographien Kaliningrads gegenüber gestellt. Das alte Leben ist dort verschwunden, aber an einer alten Stadtmauer, dem Kopfsteinpflaster uralter Straßen oder einem Bahnhofsgebäude im Hintergrund immer noch zu erahnen. So wie heute im Corona-Lockdown beim Vorbeigehen an der Kneipe, an deren Aushang im Fenster zu Ostern eben noch "Frohe Weihnachten" gewünscht wird, während die Theke längst verstaubt. Oder beim verlassenen Schwimmbad, in dem immer noch Wasser steht, obwohl längst niemand mehr badet. Es kommt eine melancholische Stimmung auf. Versöhnlich und hoffnungsvoll stimmt ein Anhang, in dem (auch aus sowjetischer Perspektive) beschrieben wird, wie "das alte Leben" allen Veränderungen zum Trotz weiter wirkt, sodass Gegenwart und Zukunft auf ihm aufbauen können.
Melancholisch und versöhnlich