Cover des Buches Die blaue Stunde (ISBN: 9783833305641)
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Rezension zu Die blaue Stunde von William Boyd

Die blaue Stunde

von BluevanMeer vor 7 Jahren

Rezension

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BluevanMeervor 7 Jahren

Die Architektin Kay hat es gerade nicht leicht. Ein Projekt läuft nicht wie geplant und es gibt Finanzierungsschwierigkeiten. Zudem taucht ein merkwürdiger alter Mann bei ihr Zuhause auf, der behauptet, ihr Vater zu sein. Sein Name Dr. Salvador Carriscant. Kay hat keine Ahnung wer das ist. Sie hat ihren Vater nie kennengelernt. Alles, was sie von ihm besitzt, ist ein ausgeblichenes Foto, aber ihr leiblicher Vater spielte ohnehin keine große Rolle in ihrem Leben. Ihre Mutter erzählt er sei verstorben, kurz darauf heiratete sie erneut. Also wer ist Carriscant? Er ist sympathisch, Kay willigt ein, ihn zu treffen. Und dann bittet er sie, mit ihr zu verreisen. Er muss seine frühere Geliebte treffen, die in Portugal lebt - und Kay soll mitkommen. Kay hat ihren kleinen Sohn verloren, ihre Ehe ist kaputt und ihr Projekt scheitert. Sie willigt ein.

Auf dem Schiff, immerhin spielt die Handlung 1936, von den USA nach Europa erzählt Carriscant seine Lebensgeschichte, die sich größtenteils auf den Philippinen abgespielt hat. Zudem saß er neunzehn Jahre im Gefängnis, unschuldig. Warum? Das erfahren Kay und die Leserinnen erst nach und nach. Und das wird Seite um Seite immer spannender. Dr. Carriscant war Chirurg, am Anfang des 20. Jahrhunderts steckt die Chirurgie noch in den Kinderschuhen. Man operiert nicht mit Handschuhen, denn dann können die Chirurgen nicht so genau die Organe ertasten und die hygienischen Bedingungen sind fürchterlich. Carriscant setzt immerhin durch, dass sich Krankenschwester und Pfleger die Hände waschen, aber seine Kollegen halten ihn für einen Spinner. Mit ihm im Krankenhaus arbeiten Cruz und Wieland, Chirurgen "alter Schule".

Carriscant ist zudem verliebt, in eine Patientin, der er das Leben gerettet hat. Sie heißt Delphine und ist verheiratet. Carriscant kann sich ein Leben ohne sie nicht mehr vorstellen. Während sein Anästhesiekollege und bester Freund Pantaleon am ersten Flugzeug baut und vom Fliegen träumt, malt sich Carriscant schöne Stunden mit Delphine aus. Auch ansonsten gibt es viel zu tun - Streitigkeiten mit den Kollegen und er wird als Spezialist von der Polizei angefordert. Ein Mörder geht um, der seine Opfer aufschlitzt. Die Lage eskaliert, als neben einem der Opfer ein OP-Skalpell entdeckt wird, das dem von Carriscant verdammt ähnlich sieht...

Boyd siedelt seine Geschichte vor dem Hintergrund des amerikanisch-philippinischen Krieges an - über den ich vorher fast nichts wusste. Die Hintergründe spielen bei der Auflösung des Falls eine wichtige Rolle und es gefällt mir sehr, auf welche Weise am Ende Rahmenhandlung und Carriscants Lebensgeschichte ineinander greifen. Der Roman ist nicht nur Familiengeschichte, weil Kay ihren Vater begleitet. Es geht um Vergangenheitsbewältigung, um Verrat, Vergebung, um die große Liebe. Einziges Manko: am Anfang plätschert die Handlung doch recht langwierig vor sich hin. Spätestens, wenn Carriscant seine Lebensgeschichte erzählt, sind die anfänglichen Längen allerdings vergessen.

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