Cover des Buches Gustav (ISBN: 9783955100414)
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Rezension zu Gustav von Wolf Kampmann

Lügenbaron

von uli123 vor 10 Jahren

Rezension

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uli123vor 10 Jahren

Der Protagonist Gustav Bülow erinnert an den Lügenbaron Münchhausen. Beide lieben es nämlich, Geschichten zu erzählen und es dabei nicht immer ganz mit der Wahrheit zu nehmen. Eine berührende Fantasie entwickelt Gustav bereits während seiner Kindheit, als er die Natur rund um Dresden durchstreift. Seine Liebe zur Natur begleitet ihn die siebzig Jahre seines Lebens. Durch seine Einberufung in den Zweiten Weltkrieg als Fünfzehnjähriger sieht er sich dauerhaft um seine Jugend geprellt. Er hat das Glück, den Krieg zu überstehen, weil ihn sein Vater gegen seinen Willen zum Deserteur macht. Ein lebenslanger Schuldkomplex bleibt bei ihm zurück, weil seine Altersgenossen noch in den letzten Kriegstagen fallen und Gustav selbst doch seinem Führer den Treueeid geleistet hat. Er fristet fortan sein Leben als Künstler, Theaterschauspieler, Forscher, Womanizer, Weltenretter, immer eher zweitrangig. Getreu seiner Maxime „Was Wahrheit ist, entscheide ich!“ erfindet Gustav haarsträubende Abenteuer wie seine persönliche Begegnung mit Hitler, eine Ehe mit einer Mohawk in Kanada oder einen Kampf mit Wölfen in der Zivilisation. Am Ende seines Lebens steht er vor der Frage: “Wer bin ich“?

Es handelt sich um den Debütroman von Wolf Kampmann, der sich als Musikjournalist für Presse und Rundfunk sowie durch die Veröffentlichung des Reclam Jazz-Lexikons und des Rowohlt Rock-Lexikons einen Namen gemacht hat. In der Geschichte geht es überhaupt nicht um Musik. Dennoch soll ihr nach Ansicht des Autors eine Melodie zugrunde liegen und ein zutiefst musikalisches Buch mit einem kontinuierlichen Groove sein, das darauf wartet vorgelesen oder vorgesungen zu werden. Deshalb empfiehlt sich eine Einstimmung mit der online-Lesung des Autors (zu finden über www.osburg-verlag.de/buch/gustav).

Das Buch spricht Leser mit Interesse an der Lebensgeschichte eines Menschen an, der unter verschiedenen politischen Systemen lebt und einiges an deutscher Geschichte erlebt. Gustavs Fantasiegeschichten lassen sich schon äußerlich am Schriftbild von dem übrigen narrativen Text unterscheiden. Sie werden zusehends unrealistischer und hanebüchener. Insoweit übertreibt es der Autor m.E. etwas. Der Protagonist bietet viel Diskussionsstoff, insbesondere stellt sich immer wieder die Frage, warum er zu solch einem Hochstapler geworden ist.

Gustav ist auf jeden Fall ein etwas anderes Buch und sehr lesenswert.

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