Hier haben wir es mit einem Album der Ingenieurskunst zu tun. Nicht nur die Streckenführung, z.b. über den Semmering durch Carl Ritter von Ghega sondern auch der Lokomotiven- und Waggonbau sind ingenieurtechnische Meisterleistungen.
Das Buch gibt einen chronologischen Abriss der Eisenbahngeschichte Österreichs, das damals noch Kaisertum Österreich war und gewaltige Ausmaße hatte.
Es gliedert sich in zehn Abschnitte, beginnend mit der Vision des Franz Xaver Riepl, Professor am Polytechnikum in Wien (heute TU Wien) von 1829. Doch beim damaligen Herrscher Franz II./I. fand er kein Gehör.
Erst dessen, als einfältig verschriener, Nachfolger Ferdinand erließ 1836 das Dekret zum Eisenbahnbau. Ganz so weltfremd, scheint Ferdinand also doch nicht gewesen zu sein.
Je nachdem wie leer der Staatssäckel war, wurden die Eisenbahnen privat oder staatlich finanziert. Die chronische Geldnot des Staates spielt bis in die Gegenwart eine Rolle.
Ihre Hochblüte erlebt der Eisenbahnbau in den Regierungsjahren von Kaiser Franz Josef (1848-1916).
Damals entstanden auch zahlreichen Landes(Neben)Bahnen wie z.B. die Wiener Lokalbahnen, die Wiener Stadtbahn (Vorläufer der Wiener U-Bahn) oder Nebenbahnen in Niederösterreich.
Eine gigantische Ingenieurleistung stellte die Semmeringbahnstrecke dar, die von Carl Ritter von Ghega geplant und gebaut wurde..
Heute ist sie Weltkulturerbe und noch immer unabdingbarer Streckenabschnitt in den Süden. Auch wenn seit Jahren an einem Tunnel durch den Semmering geplant, beeinsprucht und gebaut wird. Ohne den Einsatz von Tunnelvortriebsmaschinen, ohne nennenswerte sonstigen maschinellen Hilfen, nur durch den oft eisernen Willen der Betreiber wurde mit Muskelkraft abertausender Arbeiter dieses gewaltige Bauwerk in die Landschaft gestellt.
Doch nicht nur bei der Streckenführung und dem Streckenbau leisteten die Ingenieur, die aus allen Teilen der Monarchie kamen, gewaltiges. Lokomotiven und Waggons wurden entwickelt. Ja, es gab schon die ersten Diesel oder Benzin betriebenen Fahrzeuge. Nachdem im polnischen Teil der Monarchie Ölvorkommen entdeckt wurden, baute man 1901 eine Lok mit Verbrennungsmotor. Dieses Unikat blieb 12 Jahre im Einsatz.
Während des Ersten Weltkriegs entwickelten Ingenieure rund um Ferdinand Porsche Feldbahnen, deren Lokomotiven mit einem (von Benzin betriebenen) Gleichstrommotor ausgestattet waren.
Nach dem Zerfall der Monarchie 1918 musste das nunmehr kleine Österreich, das nun von den Steinkohlevorkommen abgeschnitten war, seine Eisenbahnlinien auf neue Beine stellen.
Der ehemalige Provinzbahnhof Brenner/Brennero wurde ein stark frequentierter Grenzbahnhof. Außerdem änderten die italienischen Staatsbahnen von Wechsel- auf Gleichstrom, was den internationalen Zugsverkehr stark beeinträchtige.
Mit der Machtübernahme Hitlers 1938 wurde Österreich Teil des Deutschen Reichs und damit Teil der Reichsbahn.
Unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde der Wiederaufbau noch unter der Aufsicht der Besatzungsmächte begonnen. Die „Österreichische Bundesbahnen“ wurden gebildet. Sowohl die Strecken als auch das rollende Material waren durch den Krieg stark zerstört, konnten bis 1959 wiederhergestellt werden.
In den Jahren darauf entschloss sich die Bundesregierung die Strecken auszubauen, zu elektrifizieren und schnelle Nahverkehrsverbindungen (S-Bahn) zu schaffen.
Der Bahnausbau geht auch heute noch weiter. Manche bislang eingleisige Strecke wird zweigleisig. Die Bahnhofsoffensive, die die teils veralteten Bahnhöfe um- oder neu baute ist noch nicht abgeschlossen. Neues Aushängeschild ist hier der Wiener Hauptbahnhof, der an der Stelle des ehemaligen Süd- bzw. Ostbahnhof errichtet wurde.
Das Buch enthält neben der interessanten Darstellung der Eisenbahngeschichte eine Vielzahl von alten Fotos, Ansichtskarten, Streckenplänen und Landkarten.
Die Texte erzählen die Geschichte der Eisenbahn und geben einen tollen Überblick über die großartigen Leistungen. Manchmal verlieren sich die Autoren in klitzekleinen Details, die ausschließlich für Eisenbahnfreaks von Interesse sind.
Fazit:
Ein tolles Buch zur Österreichs Eisenbahngeschichte.
Wolfgang Kaiser
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
Alle Bücher von Wolfgang Kaiser
Österreich - die Eisenbahngeschichte
Eisenbahn in Österreich
Neue Rezensionen zu Wolfgang Kaiser
Metamorphosen Das Leben der Maria Sibylla Merian - Natalie Zemon Davis (Autorin), Wolfgang Kaiser (Übersetzer), 192 Seiten. Wagenbach, K (28. November 2016), 13,90 €, ISBN 978-3-8031-2766-2
Die Historikerin Natalie Zemon Davis untersucht in diesem Buch das Leben von Maria Sibylla Merian, eine bekannte deutsche Naturforscherin und begabte Zeichnerin, Graveurin und Verlegerin Künstlerin und Mitglied einer radikalen protestantischen Sekte aus der Schweizer Familie Merian.
Es ist ein schwieriges Unterfangen, denn über Maria Sibylla Merian gibt es wenig Nachgelassenes: Kein Tagebuch, außer ihrem Skizzenbuch, kein ausführlicher Briefwechsel, keine Autobiographie. Nur ihre künstlerischen und wissenschaftlichen Veröffentlichungen: Neues Blumenbuch, 3 Bände (1675, 1677 und 1680); 3 Bände Der Raupen wunderbare Verwandlung und sonderbare Blumennahrung (1679, 1683, 1717) und Metamorphosis insectorum Surinamensium (1705)
Als eine der ersten Insektenforscherinnen beschäftigte sie sich intensiv mit der Metamorphose von Insekten.
Und so greift Natalie Zemon Davis auch zu den Phasen der Metamorphose im Leben der Maria Sibylla Merian, nach denen sie das Buch aufbaut. Als Raupe scheint mir die Zeit in Frankfurt und Nürnberg zu gelten. Eine Zeit in der sie die Grundlagen, künstlerisch und handwerklich für ihr weiteres Schaffen legte.
Als Verpuppung mag die Zeit ab 1685 gelten. Sie entschloss sich Merian nach zwanzigjähriger Ehe, mit 38 Jahren, zusammen mit ihrer Mutter und den beiden Töchtern (damals 17 und 7 Jahre alt) für unbestimmte Zeit nach Schloss Waltha bei Wieuwerd im niederländischen Friesland zu gehen. Das Schloss gehörte drei Schwestern des Gouverneurs von Surinam, Cornelis van Aerssen van Sommelsdijk; sie hatten es der frühpietistischen Sekte der Labadisten als Zufluchtsort zur Verfügung gestellt. Die etwa 350 Personen der Kolonie fühlten sich urchristlichen Idealen verpflichtet, jenseits der naturfernen Orthodoxie der Amtskirche. Allerdings hatte sich gerade diese Gruppe unter Leitung ihres Predigers Yvon (1646–1707) zu einer strengen, moralisch engherzigen, dabei zu schwärmerischer Übertreibung neigenden Gemeinschaft entwickelt, die Merians Wesen kaum entsprach. „Wie immer behielt sie ihr inneres Leben für sich […] dieser fünfjährige Rückzug […] war nichts anderes als eine Zeit der Verpuppung, des Wachstums im Verborgenen, eine Zeit des Lernens für eine Frau, die sich nicht festlegen ließ.“ (Seite 55)
Und dann ab 1691, als sie Schloss Waltha verließ und nach Amsterdam ging sowie ihre Reise nach Surinam war wohl die Zeit als prachtvoller Schmetterling. Und hier zeigten sich die Wirkungen ihrer Vorstufen. „Merian hätte niemals das Insektenbuch geschaffen, wenn sie bei den Erwählten geblieben wäre, aber sie hätte nie die Überfahrt nach Surinam gewagt, wäre sie nicht einst das Wagnis eingegangen, eine Labadistin zu werden.“ (Seite 65)
Was macht diese Frau zu etwas Besonderem? Sie sieht sich selber weniger als Frau, sondern als Künstlerin und Wissenschaftlerin und die Autorin lässt sie sagen „Man hätte mich zusammentun müssen mit den naturforschenden Malern und den Gelehrten, die Insekten und Pflanzen studieren.“ (Seite 8)
Sie ist ein Mensch, der mit Konventionen bricht, ihren eigen Weg geht, immer neue Ansätze findet. Sie ist eine der ersten Umweltaktivistin der Welt, da sie einerseits dokumentierte, wie einzelne Arten miteinander interagieren und andererseits das entwickelte, was wir Nahrungskette nennen.
Es ist auch ein zentrales Buch über das Leben der Frauen des 17. Jahrhunderts. Aber auch über die Möglichkeit von starken Frauen aus den ihr zugewiesenen Rollenverständnis auszubrechen und ein eigenständiges, selbstbestimmtes Leben zu führen, obwohl Frauen damals nur begrenzte Möglichkeiten hatten. So gehört Maria Sibylla Merian auch zu den ersten Feministinnen. Maria Sibylla Merian, führte ein Leben von erstaunlicher Vollendung und Unabhängigkeit für eine Frau des 17. Jahrhunderts.
Das Buch ist für den interessierten Laien wie auch für den Wissenschaftler eine wahre Fundgrube und ein Lesevergnügen der besonderen Art. Das Porträt einer ungewöhnlichen Frau und einer großen Entdeckerin einer Zeit, die so manche Parallelen zum Heute hat.
Natalie Zemon Davis hat eine eigene Art der Geschichtsschreibung entwickelt, vielstimmig und voller Inspiration. Das Buch liest sich wie ein Roman. Erleben Sie selbst, wie interessant diese vormoderne Zeit sein kann.
Hier geht es direkt zum Buch auf der Seite des Klaus Wagenbach Verlages
https://www.wagenbach.de/buecher/titel/1060-metamorphosen.html
Fragen Sie in Ihrer örtlichen Buchhandlung nach diesem Buch. Wenn Sie in meiner Gegend „Landkreis Merzig-Wadern“ leben, dann wenden Sie sich an die Rote Zora: http://www.rotezora.de
Das Buch des französischen Historikers Alain Demurger ist eine der wenigen anspruchsvollen Monographien über den Templerorden, die auch für den interessierten Laien oder Studenten erschwinglich ist (Demurgers Buch gibt es mittlerweile bereits preiswert gebraucht). Das Buch arbeitet sehr gut mit den Quellen, bleibt jedoch quellenkritisch und folgt eben nicht den Sagen und Märchen, die immer wieder über den Templerorden kursieren. Daneben finden sich einige Abbildungen im Text.
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