Als ich vor Kurzem das Autoradio einschaltete, funktionierte der CD-Player nicht mehr. Die CD ließ sich weder abspielen, noch wechseln. Der Blick ins Garantieheft offenbarte: die Garantie war zwei Wochen zuvor abgelaufen.Unser Schallplattenspieler, ein Liebhaberstück aus den 1980er Jahren, leierte ganz fürchterlich. Als Laie gelang mir die Reparatur nicht. Das Gerät hatte lange Zeit funktioniert und seine Dienste getan. Also erwarben wir kurzerhand einen neuen Plattenspieler.
Die meisten Leser werden ähnliche Geschichten erzählen können. Episoden von Geräten, die kurz nach Ablauf der von Herstellerseite gewährleisteten Funktionszeit ihre Dienste versagten. Oder von Gebrauchsgegenständen, die durch neue ersetzt wurden, weil die Reparatur nicht lohnenswert erschien. Wolfgang M. Heckl hat ein ganzes Buch darüber geschrieben: "Die Kultur der Reparatur" erschienen im August 2013 im Hanser Verlag.
Wenn Gebrauchsgegenstände so produziert werden, dass sie nur eine begrenzte Zeit lang funktionstüchtig sind, spricht man von einer geplanten Obsoleszenz. Heckl beschreibt als sehr bekanntes Beispiel dafür das Phoebuskartell. 1924 trafen die führenden Glühlampenhersteller Absprachen mit dem Ergebnis, die Leuchtdauer ihrer Glühbirnen von 2500 auf 1000 Stunden zu senken. Spezialbirnen, zum Beispiel in Ampelanlagen, weisen eine längere Betriebsdauer auf. Auch für die Haushalte wäre das möglich, so Heckl, wenn die Hersteller dickere Glühwendeln verwenden würden.
Smartphones und elektrische Zahnbürsten, deren Akkus sich nicht wechseln lassen. Drucker mit eingebauten Zählern, die nach einer gewissen Anzahl von Ausdrucken Fehlermeldungen anzeigen. Computer, die immer wieder durch neue ersetzt werden müssen, weil wenige Jahre alte Rechentechnik nicht die notwendigen technischen Voraussetzungen aktueller Software erfüllen würde.Die Industrie habe aus ökonomischen Gründen kein Interesse daran, langlebige, reparable Produkte zu verkaufen.
An diesem Punkt setzt die Repair-Bewegung an. 2009 gründete Martine Postma in Amsterdam das erste Repair-Café, aus Protest gegen die Überfluss- und Wegwerfgesellschaft. Innerhalb von vier Jahren wurden in den Niederlanden über 50 solcher Treffpunkte ins Leben gerufen. Auch in Deutschland gibt es mittlerweile eine Vielzahl dieser Stätten, in denen gemeinsam repariert, aber auch Handarbeitstechniken vermittelt, Marmelade eingekocht oder Seifen gegossen werden. Die Café-Werkstätten bieten nicht nur Raum, Werkzeug und Know-How, um zu tüfteln und kaputte Dinge unter Anleitung Fachkundiger wieder gangbar zu machen. Hier würden auch Nachbarschaftshilfe gelebt, Teamgeist geweckt und Generationen zusammengeführt, so Wolfgang M. Heckl.
Das Reparieren beschreibt er als einen Weg, Funktionsweise und Herstellung von Produkten besser zu verstehen, sie Wert zu schätzen: "Wer repariert, setzt sich mit Dingen auseinander, begreift die Welt [...]".
Während der Kauf eines Konsumartikels nur kurzfristig Glück bringe, sei das Reparieren eine große persönliche Bereicherung. Wer den ersten Schritt getan habe, sich an eine Reparatur heranzuwagen, trainiere selbstverantwortliches Handeln und mache die Erfahrung, nicht von anderen abhängig zu sein. Der Nutzen ist dabei also nicht nur materieller Art: "Der größte Gewinn bei einer durchgeführten Reparatur ist nicht, dass ein defekter Gegenstand wieder funktioniert, sondern mein eigenes Erleben, dass ich etwas kann."