Das neu erschienene Buch „Gute imkerliche Praxis“ von Wolfgang Ritter aus dem Ulmer Verlag macht auf den ersten Blick optisch einen sehr guten Eindruck: Die Fotos und Abbildungen im Buch sind aussagekräftig und modern, eine klare Gliederung mit übersichtlichem Inhaltsverzeichnis und einem Stichwortregister helfen bei der Suche nach einem bestimmten Thema und die fünfzehn Kapitel scheinen logisch aufeinander aufzubauen. Das Buch soll laut Klappentext Standards setzen, Grundlage für die Ausbildung und umfassendes Nachschlagewerk sein, und dies sowohl für AnfängerInnen wie Fortgeschrittene der Imkerei.
Als Neuimkerin mit einem Jahr Bienenkenntnissen habe ich „Gute imkerliche Praxis“ an diesen vom Verlag gesetzten Zielen bewertet. Im Vergleich zu einigen anderen Büchern bietet Ritter inhaltlich mehr, so speziell zum Thema Bienengesundheit in Kapitel 12, und auch mit etwas mehr inhaltlichem Anspruch, Fachbegriffe und deren Abkürzungen werden dabei eingängig erläutert und stellen so keine abschreckende Hürde bei der Lektüre dar. Ritters Erläuterungen decken sich teils mit dem Erlernten aus meinem Imkereikurs und bieten für mich so eine theoretische Vertiefung des jeweiligen Themas und Stütze bei den nun anstehenden eigenen Entscheidungen für meine Arbeitsweise an. Das ist nach meinem Dafürhalten noch kein neuer Standard, aber ich fühle mich entsprechend meines Wissensstandes „gut abgeholt“.
Grundlage für die Ausbildung, also Lehrgang sein, bedeutet für mich, aktuelle Arbeitsweisen am Bienenstock zu beschreiben und zu erklären. Dies erarbeitet Ritter in den meisten Themengebieten mit Einfühlungsvermögen und großer Sachkenntnis. Was mir fehlt, ist mehr Eindeutigkeit bei schwierigen Themen. So lassen sich persönliche Tendenzen des Autors bei der Herangehensweise zur Bekämpfung der Varroose durch recht neutrale Auflistungen mit nur kleinen, versteckten Bewertungen der zur Zeit angebotenen Varroabekämpfungsmitteln für AnfängerInnen nicht leicht herauszulesen. Hier hätte ich mir für ein Nachschlagewerk mehr wissenschaftlich belegtes Material, vielleicht in Form von Link-Hinweisen gewünscht. Und dadurch auch mehr Mut bei der eindeutigen Bewertung der einzelnen Methoden. So ist für erfahrene ImkerInnen dieses heute sehr wichtige Thema ausreichend erläutert. Sie wissen, wie sie ihre Völker behandeln. Für den Anspruch, mit Hilfe dieses Buches das Imkern erlernen zu können, würde ich mir mehr Anleitung durch klarere Bewertungen der Methoden wünschen, um Material-Fehlkäufe und Behandlungsfehler des Biens bei nur bedingt geeigneter Methode zu vermeiden.
Stilistisch bietet das Buch neben dem ausführlichen Fließtext kurze Exzerpte („So wird´s gemacht“) und zusätzlich sogenannte Checklisten. Dieses Mittel, über Checklisten zu lernen und die eigene Arbeit zu hinterfragen, soll den Lehrgangscharakter unterstreichen. Da nur das Ankreuzen von „Ja“ in den Checklisten zur „Guten imkerlichen Praxis“ gehört, hätte man die Checklisten weglassen können. Eine echte Wissensüberprüfung sind sie nicht. Vielleicht kann der Verlag bei einer Neuauflage des Titels, da ohnehin ein Lektorat zur Behebung der zahlreichen orthografischen Fehler nötig ist, hier Arbeit investieren und, statt der Checklisten, online Fragen zur Beantwortung als Erweiterung zum Buch anbieten.
Das Werk „Gute imkerliche Praxis“ ist für mich sehr empfehlenswert, da ich nicht auf der Suche bin nach dem EINEN Imkerbuch, sondern nach gut lesbarem, nachvollziehbarem und aktuellem Stoff, um sicherer im Umgang mit meinen Bienen zu werden. Das bietet Ritters Buch für mich, ein Nachschlagewerk, mit 235 Seiten kompakt, eine schriftliche Hilfestellung zu der noch fehlenden praktischen Erfahrung.