Was am 11. September geschah – DIE LEGENDE – so lautet der vollständige Titel des Romans, den der Verlag als „atemberaubend spannend und überraschend faktenreich“ bezeichnet.
In Erinnerung der vor Jahrzehnten gelesenen Schreyer-Romane war ich skeptisch. Ein Roman über den 11. September? Aus dem Verlag DAS NEUE BERLIN von der EULENSPIEGEL VERLAGSGRUPPE?
Ich hatte die Romane gern verschlungen, zum Beispiel ENDZEIT DER SIEGER, in dem es um den Abschuss des KAL-Jumbos 1983 durch einen sowjetischen Jagdflieger aus dem Jahr 1989.
Hier aber erwartete ich irgendwie eine Art Verschwörungserzählung nach dem Motto, dass die USA den 11. September provoziert wenn nicht verursacht hätten um in Afghanistan einzumarschieren. So ähnlich wie die Idee, dass Roosevelt den Angriff auf Pearl Harbor zuließ um einen Kriegsgrund gegen Japan zu haben. Oder ganz aktuell, Netanjahu lässt das Massaker am 7.10. 23 durch HAMAS -Terrorosten zu um im Anschluss einen Genozid an der palästinensischen Bevölkerung im Gaza-Strefen umzusetzen.
Schmarrn alles.
Schreyer hatte die USA und ihre Geheimdienst schon „immer“ auf dem Schirm, sei es in PRELUDIO 11 (Kuba) oder die United Fruits in DAS GRÜNE UNGEHEUER.
Trotzdem griff ich zu – und wurde nicht enttäuscht, denn Romaninhalt und Romanaufbau überzeugten tatsächlich.
Der erste Teil des Buches besteht aus vier Kapiteln und beginnt damit, wie George W. Bush in einer Grundschule in Florida von den Flugzeugen erfährt, die in die Zwillingstürme des World Trade Center geflogen wurden. Wer er innert sich daran nicht? Die Bilder aus New York und auch das Gesicht des US-Präsidenten gingen um die Welt. Michael Moor schrieb später THE WHITHE STUPID MAN und ließ sich darüber aus.
Hier nun erzählen Bush, sein Leibwächter Edward Jackson vom Secret Service, Daniel Shaw, ein Top-Berater Bushs, Brenda Delano, eine Journalistin der Washington Post und Linda Jackson, Edwards Ehefrau von den Ereignissen.
Für Jackson steht die Frage, ob zusätzlich zum schwarzen Dienstag, ein Attentat auf „Dabjah“ (abfällig benutzter Kosename Bushs) geplant gewesen sei, er wird dieser Idee alleinermittelnd folgen.
Delano, in der Tradition von Woodward und Bernsteins Berichterstattung zur Watergate-Affaire stehend, betreibt investigativen Journalismus und geht dabei eine Affare mit Shaw ein. Also der Stoff, aus dem Romane sind.
Am Ende wird Jackson in Afghanistan landen und Delano ein Buch schreiben. Aber eben keine alles enthüllende Reportage über Nebenbegebenheiten des 11. September, sondern einen Roman. Diesen hier.
Das ist der Trick, mit dem der alte Profi Wolfgang Schreyer „die Felder Emotion, Perspektive und gelassene Sprache“ abarbeitet, während Sohn Paul umfangreiche Recherchen und Faktenchecks erledigt. Linda Jackson gibt Delano (Schreyer) den Tipp ein, einen zweiten Teil, überschrieben mit „Fallout“ (Was übrig bleibt) anzufügen und so lesen wir einige sehr authentisch klingende Berichte rund um den die Welt verändernden Terroranschlag. Im übrigen geht es auch darum, ob die Russen in Afghanistan mit des US-Amerikanern zusammenarbeiten könnten – der Roman erschien 2006!
Wem das nicht genügt, der kann sich ja mit den 31 genannten Publikationen beschäftigen, die Schreyers drangehängt haben. Da ist der erste 9/11 COMMISSION REPORT genauso aufgeführt wie zwei Reportagen Bob Woodwards. Und vieles mehr.
Etwas ausführlicher auf Litterae-Artesque- wie so oft