Das ist ein Kolonialroman, gleichzeitig weit mehr als das. Der indische Schauplatz hat natürlich seine Bedeutung als Brandbeschleuniger für europäische bzw. britische Gefühle. Aber ihn zeichnet ein wirkliches Interesse für beide Ethnien aus. Die indische Perspektive kommt in Gestalt des Arztes Dr. Aziz nicht zu kurz. Der ominöse dramatische Zwischenfall in den Marabar-Grotten, der sich in der Gerichtsverhandlung durch den Widerruf der vermeintlich Geschädigten als Phantom herausstellt, ist Zentrum und Motor der Handlung. Durch ihn verschärfen sich die Spannungen und wechselseitigen Voreingenommenheiten der Kolonialherrschaft und des beherrschten Indien. Aus der britischen Kolonie mit ihren nur abgestuften aber obligaten chauvinistischen und rassistischen Denkgewohnheiten sticht als unabhängiger, frei denkender Querkopf der Schulrektor und Institutsleiter Cyril Fielding hervor. Er ist mit dem zu Unrecht verdächtigten Dr. Aziz befreundet und im bevorstehenden Prozess auf seiner Seite.
Obwohl die beiden englischen Damen, die mit ihrem naiven Indien-Interesse, den labilen Waffenstillstand zwischen den Kolonialherren und den beherrschten Indern schwer gefährdet haben, Tschandrapur längst verlassen haben – Miss Quested ist zurück in England und ihre Begleiterin Mrs. Morre auf der Heimfahrt gestorben – leidet die Freundschaft zwischen Aziz und Fielding bis zur Entfremdung. Der unversöhnliche Aziz ergeht sich in Verdächtigungen Fielding betreffend. Es kommt zu einer späten Wiederbegegnung am Rande eines grandios geschilderten Hindu-Festes. Aber obwohl auch hier Verdächtigungen als grundlos zurückgenommen werden, bleibt doch bei dem früheren kulturübergreifenden Freundespaar die Einsicht der Unvereinbarkeit ihrer Welten, und dass es nur den radikalen Schnitt zwischen ihren Ländern als Ausweg gibt, die Unabhängigkeit eben, was immer sie auch für neue Probleme schaffen wird.
Wolfgang von Einsiedel
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Neue Rezensionen zu Wolfgang von Einsiedel
Bei diesem Roman geht es um die Entzauberung der Welt, die uns unsere Eltern vorlegen. Man akzeptiert als Kind alle Vorurteile der Eltern, nimmt es als gegeben hin, z.B. dass es eine Trennung zwischen schwarz und weiss gibt. Das man erst heiratet ,möglichst einen englisch stämmingen , und dann erst Sex hat. Naja die 50 er. Als die Junge Frau nach Johannisburg zieht, wird sie mit der anderen Welt konfrontiert. Sie idealisiert die Liebe um zu erkennen, dass Gefühle sich verändern, dass äußere Einflüsse mit einströmen. So die ab 49 immer härteren Rassengesetze. Sie sieht plötzlich die Neger, wie sie sie nennt, als Menschen und kommt zur Erkenntnis, dass man als Weisser in Südafrika dauernd Schuldgefühle haben muss. Letztendlich flieht sie und merkt zu spät, dass sie für die wahre Liebe doch blind war.
Endlose Schachtelsätze, keine leichte Kost. Aber sehr zum Nachdenken anregend, Apartheit wurde abgeschafft Rassismus leider noch immer nicht.
Ich hab mir mehr Romanze erwartet - die Liebesgeschichte zw. juedischem Knecht und christlicher Tochter seines Herrn ist aber nicht das Hauptthema. Ein Grossteil des Buches handelt vom juedischen Glauben (und Sitten) der damaligen Zeit sowie vom allgemeinen Aberglauben damals.
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