Cover des Buches Die Melodie der Geister (ISBN: 9783293004849)
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Rezension zu Die Melodie der Geister von Xavier-Marie Bonnot

Totem und Tabu

von M.Lehmann-Pape vor 9 Jahren

Rezension

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M.Lehmann-Papevor 9 Jahren
Totem und Tabu

Ein toter, alter Gelehrter in seinem Haus mit einem Loch in der Stirn, wobei es bei der Mordwaffe eine faustdicke Überraschung geben wird.

Primitive Kunst in Form von Masken und kunstvoll hergerichteten Schädeln von Feinden.

Dr. Delorme, der Tote, war als jüngerer Mann mit einem Vertrauten auf Reisen. Weit weg von der Zivilisation in Neuguinea, bei den Papua mit ihren harten und kriegerischen Bräuchen.

Hat der ermordete Mann dort etwas aufgerührt, was nun, Jahrzehnte später seinen Tribut fordert? Oder ist er „nur“ ins Fadenkreuz moderner Krimineller geraten, die über den Hafen in Marseille diese teure Kunst in alle Welt verschieben?

Was aber hat es mit diesem Flötenklang auf sich, der bedrängend und bedrohlich durch das Haus erklingt, als der Kommissar Michel de Palm, der „Baron“ als erster am Tatort sich einfindet und alleine erste Spuren sichert.

Die „Melodie der Geister“ und das Wissen um alte Flüche, beschworene Kräfte, um „Totem“ und „Tabus“ wird de Palma den gesamten weiteren Fortgang des Falles hin immer wieder begleiten, bis er, ganz am Ende, dem Täter gegenüberstehen wird.

Neben einem durchaus verwickelten Fall und immer wieder Eindrücken der pulsierenden, leicht heruntergekommenen Stadt Marseille mit ihren vielen gefährlichen Ecken (der Mord an Dr. Delorme wird bei weitem nicht der letzte Mord im Buch bleiben) führt Bonnot den Leser immer wieder erzählerisch und sachkundig ein in die Welt der Papua. Eine Welt, die in der Gegenwart nicht mehr besteht, die durch intensive Missionierung fast vollständig zerstört wurde und doch aus alten Zeiten noch in die Gegenwart hinein wirkt.

Immer wieder lässt Bonnot seinen Kommissar im alten Logbuch der Expedition lesen und rückt so die ersten Kontakte zu dieser „Ur-Welt“ und diesem „Ur-Volk“ mit in den Mittelpunkt des Interesses.

Hier und da wirkt dies ein wenig zu sehr den Ablauf der Ermittlungen unterbrechend, das ein oder andere Puzzlestück der Auflösung des Falles kommt dabei zu abrupt, manchmal zu zufällig daher, wie auch die Liebesgeschichte des Kommissars doch zu unverbunden und wie nebenbei mit abgehandelt wird.

Dennoch ein spannendes Leseerlebnis und ein interessanter Einblick in die Welt der „primitiven Kunst“ und ihres Ursprungs, in dem Bonnot seine Figuren vielschichtig und fassbar anlegt. Und zugleich die Widerlegung der alten Theorie Freuds der Gleichsetzung von Urvolk und Unbewusstem dem Leser ebenso nahe bringt.
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