Die Welt von Oberinspektor Chen ist eine ganz andere als man sie von "hiesigen" Kommissaren kennt. Bei seinen Ermittlungen muss er sich ständig zurücknehmen, um nicht in Ungnade zu fallen. Immer wieder muss er abwägen zwischen seiner eigenen Moral und den Richtlinien des Systems. Hier geht es um einen Wohnungsbaudirektor, der anscheinend Selbstmord begangen hat, nachdem "Netzbürger" seine Machenschaften aufgedeckt hatten und er sich bereits in einem speziellen Gewahrsam befand. Man bekommt einen guten Eindruck, welche Rolle das Internet in einer Nicht-Demokratie hat, und wie sich die Gegebenheiten auf die Menschen auswirken.
Chen wird in den Fall persönlicher einbezogen als ihm lieb ist. Nebenbei soll er noch Gedichte schreiben (eine alte Leidenschaft, die als Polizist oft zu kurz kommt) und sich um seine kranke Mutter kümmern. Wegen des ungewöhnlichen Oberinspektors lese ich diese Reihe gerne. Man erfährt viel Interessantes über China, der Schreibstil ist gut verständlich und unaufgeregt, aber spannend war dieser siebter Fall nicht. Chen tappt lange im Dunkeln, erst zum Ende hin wird ihm alles klar, aber überraschend ist das nicht. Mit dem achten Fall "Schakale in Shanghai" hat er sich jedenfalls gesteigert und ich bin gespannt, was noch kommt.
Lebenslauf von Xiaolong Qiu
Alle Bücher von Xiaolong Qiu
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Schakale in Shanghai
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Rezension zu "Schakale in Shanghai" von Xiaolong Qiu
Ex-Oberinspektor Chen ist ein sympathischer Protagonist, "pietätvoller" Sohn, poetisch und philosophisch veranlagt - und unbestechlich in einem Land, wo Korruption und politische Intrigen an der Tagesordnung sind. Seinen Posten hat er ganz plötzlich verloren und überlegt gerade noch warum, da scheint man ihm schon noch Böseres zu wollen. Es gibt Tote und Vermisste und doch ist lange alles unklar.
Zwischen allerlei Einblicken in die Geschichte und Lyrik Chinas, auch die täglichen Essgewohnheiten, erfährt man viel über das Leben im Einparteiensystem. Chen traut nur wenigen, ist sehr modern mit Laptop unterwegs, hat dabei alte Gedichte und Konfuzius im Kopf. Es ist eine Welt der Prinzlinge, Zweitfrauen und anderem zunächst Unbekannten. Als mein erster chinesischer Krimi war das Buch sehr interessant und dazu gut lesbar (was ich nicht unbedingt erwartet hatte). Das Buch ist ansprechend zart geschrieben (gerade auch wo es um Frauen geht), dann wieder gesellschafts- und regimekritisch. Bei dieser Mischung geht die Krimihandlung fast ein wenig unter. Die unterschwellige Spannung, die sich durch "Schakale in Shanghai" zieht, ist eher der düsteren und angespannten Atmosphäre geschuldet als Action und Überraschungen. Auf jeden Fall ist die Krimireihe um Chan interessant und ungewöhnlich, besonders wenn man hautnah über China informiert werden möchte und "anspruchsvolle" Kriminalromane mag wie ich.
Dieses Buch punktet mit vielen scharfsinnigen Einblicken und ist spannend zu lesen. Wer "Blutiges" oder rasante Action sucht, wird hier wenig finden. Ich kann alle Bücher von diesem Autor empfehlen!