Ein Debut zu lesen, finde ich immer extrem spannend. Es sind Geschichten, die meist schon lange im Kopf herumspuken, bis sie überhaupt den Weg auf das Papier und letztendlich in den Buchhandel finden. Die erste eigene Veröffentlichung ist somit immer etwas ganz Besonderes für den Autor. „Mit Leib und Leben“ ist so ein Erstlingswerk.
Leider muss ich als allererstes etwas los werden, was mich maßlos geärgert hat. Hier dürfte sich aber vor allem der Verlag angesprochen fühlen. Anscheinend legt Himmelstürmer keinen großen Wert auf ein ordentliches Lektorat, denn sofern das Buch eines durchlaufen hat, ist dieses nur rudimentär ausgefallen. Man stolpert beim Lesen laufend über Fehler. Ich spreche hier nicht von einer Hand voll im ganzen Text, sondern von Schnitzern jeglicher Couleur (Rechtschreibung, Interpunktion, Grammatik), auf gefühlt jeder zweiten Seite. Dem zahlenden Leser gegenüber, der für das eBook stolze 16 Euro hinblättert, empfinde ich das wirklich als eine Frechheit!
Nun aber zur eigentlichen Story. Der Erzählung um Shun und Suwa merkt man an, dass es sich um ein Debut handelt. Meiner Meinung nach, ist hier handwerklich noch deutlich Luft nach oben, vor allem was die Gedankenwelt des personellen Erzählers betrifft. Sein Gegenüber wird oft mit „der Ältere“, „der Jüngere“, „der Blonde“, „der Kleinere“ bedacht. Etwas, dass mich beim Lesen irre macht, da mir im realen Leben ja auch nicht „Ahh … der dunkelblond-grau Melierte ist zu Hause“ durch den Kopf geht, wenn mein Angetrauter durch die Haustür kommt. Und trotzdem konnte ich der Geschichte durchaus Positives abgewinnen. Yui Spallekt hat darin ihre Liebe zu Japan mit einfließen lassen. Es erwartet einen eine völlig andere Kultur, was durch das Thema Yakuza (japanischen Mafia) noch einmal gesteigert wird.
Shun, als Sohn eines Yakuza Oberhauptes, eigentlich hineingeboren in diese Welt, befindet sich dennoch außen vor und versucht mit allen Mitteln ein Teil der „Familie“ zu werden. Warum sein Vater sich dagegen stäubt, kann ich gut verstehen. Er will ihn schützen, weswegen Shun nach einem missglücken Anschlag auf seinen Vater auch einen persönlichen Leibwächter zur Seite gestellt bekommt. Für Shun eine weitere Einschränkung seiner nur knapp bemessenen Freiheiten. Mit Suwa als ständigen Schatten wird seine Suche nach Antworten bezüglich Internas der Yakuza schier unmöglich. Es dauert eine Weile, bis Shun begreift, dass er mit Suwa einen loyalen Mann hinter sich stehen hat. Der, wenn er es mit seinem Schutzauftrag vereinbaren kann, Shuns Wissbegier toleriert, manchmal sogar unterstützt und so werden die beiden zu einem eingeschworenen Team. Es bleibt nicht aus, dass sie sich auch auf zwischenmenschlicher Ebene annähern, was vor allem Suwa, in dieser Welt der strengen Regeln und festgelegten Abläufe, in Bedrängnis bringt.
Ich fand es spannend mitzuerleben, wie sich das Zusammenspiel zwischen Shun und Suwa entwickelt, wie zwei so unterschiedliche Charaktere auf einen Nenner kommen. Shun mit seiner naiven, behüteten Neugier und Suwa, unnahbar und darauf gedrillt, seine Aufgabe zu erfüllen. Leider wird die Story anfangs nur aus Shuns Sicht erzählt und wechselt erst im letzten Drittel des Buches zu Suwa, denn ich hätte gerne erfahren, wie der Lebwächter seinen Schützling zu Beginn wahrgenommen hat. Die Erklärungen zum Aufbau und den Hierarchien innerhalb der Yakuza, sowie die einzelnen Kampszenen fand ich gut und verständlich umgesetzt. Ich hoffe wirklich, dass der zweite Teil der Geschichte mich zusätzlich zum Inhalt dann auch qualitativ zu überzeugen vermag, denn das Potential ist sicherlich vorhanden.
So leid es mir tut, und so fasziniert ich von der Grundidee von „Mit Leib und Leben“ auch bin, kann ich dem Buch aufgrund seiner Umsetzung bzw. des Preis/Leistungsverhältnisses nur eine sehr eingeschränkte Leseempfehlung aussprechen. Wer sich an den von mir genannten Defiziten nicht stört erhält einen Einblick in eine völlig andere Welt, wer dagegen Wert auf einen ungetrübten Lesefluss legt, sollte die Finger davon lassen. Ein Fall für die Rubrik „Geschmackssache“.