Rezension zu "Es ist schon fast halb zwölf" von Zdenka Becker
Interessant, sowohl von dem Aufbau her als von der Geschichte.
Zwei alte Menschen versuchen die Vergangenheit aufzuarbeiten oder sich zu lösen von der Vergangenheit. Immer wieder kommen Unklarheiten an der Oberfläche. Es gibt ein verschwundenes Kind, usw.
Zwischen den Zeilen liest man, wie sie beiden den zweiten Weltkrieg erlebt haben. Für mich war das interessant, weil ich wenig weiss von den Österreicher im Krieg. Sie fangen zusammen in Berlin an, und dann kehrt sie mit ihrer Tochter nach Österreich zurück, und er bleibt dort um in der Rüstungsindustrie (oder für den Krieg strategischer Industrie) zu arbeiten. Der Kontakt wird immer schwieriger, erstens weil vieles unplanbar ist, zweitens weil die Züge nicht mehr sehr viel fahren und drittens weil er fast keinen Urlaub bekommt. Nach der Krieg wird er in Österreich auch wieder "bestraft", weil er für die Deutschen gearbeitet hat. Obwohl es damals fast wenig alternativen hat. Am Anfang sind sie beiden recht pro-Hitler. Er ist der Mann, der endlich Aufschwung bringt. Aber im Laufe des Geschehens, wenn sie wieder in Österreich ist, geht sie immer mehr auf Distanz zum Nazi-gedanken. Am Anfang macht sie dort noch aktiv mit bei den Frauengruppen, aber je mehr gekämpft wird, je mehr sie sich fragt, für was das alles gut ist. Und wieso eigentlich "Bruder" bekämpft werden. Nach den Krieg geht ihr Leben weiter, und wird wenig über die Vergangenheit geredet. Nur über die Sachen die nachher passiert sind, wie das verschwundene Kind. Aber da bleiben für mich noch einige Fragen offen.
Sehr schön finde ich die Zusammenhalt zwischen den Eheleuten. Obwohl er Alzheimer hat, bleibt sie ihn versorgen.
Es gibt einige Erzählstränge, die für mich nicht immer gleich logisch sind, aber ja, sollte auch nicht. Am Ende wird einiges gelöst, aber nicht alles.
Die Geschichte ist sehr schön erzählt, und sehr interessant. Für mich war es eine Entdeckung und auch die Schriftstellerin hat mich sehr beeindruckt. Von ihr habe ich dann mehr Bücher noch gelesen, die mich sehr sicher nicht enttäuscht haben.