Rezension zu "Gespräche mit Freunden" von Sally Rooney
Auch wenn das Buch mit einem Menage-a-Quarte wirbt, ist es bloß ein gewöhnlicher Seitensprung, der nichts von dieser ungewöhnlichen Beziehung hat. Ich wollte wirklich wissen, wie sich vier Personen in einer solchen Beziehung verhalten. Beim Lesen habe ich mir zweier Paare vorgestellt, die vier Personen ständig neugeordnet, was dem ganzen Buch einen gewissen Reiz und Spannung gab, doch als das Buch eine völlig andere Richtung schlug, war ich doch enttäuscht.
Der Stil der Autorin ist authentisch, wundervoll und er funktioniert. Sie sorgt dafür, dass man die vier Figuren schnell kennenlernt, mitfühlt, dabei ist. Sie zerlegt die Seele der Protagonistin in seine Einzelteile und legt sie so offen zur Schau, dass das Gefühl aufkommt, man würde nicht nur die Protagonistin ein ganzes Leben kennen, sondern eins mit ihr sein. Auch wenn manchen ihre Entscheidungen mir miesfielen, habe ich sie doch bis zum Ende unterstützt.
So lange der Seitensprung ein Geheimnis war, war das Buch ziemlich spannend, reizvoll, verrucht, doch sobald es ans Licht kam, verlor die Handlung ein gewaltiges Stück seiner Kraft und plötzlich fühlte sich das Buch so an, als würde es sich nicht in irgendeine Richtung bewegen, sondern als würde die Autorin selbst nicht mehr weiterwissen.
Die Randfigur, der Vater, der eindeutig ein psychisches Problem hat und der ständig auftaucht und eine große Rolle spielt, seine Geschichte wird nicht beendet, sondern völlig ignoriert. Es gibt viele Handlungsstränge, die auftauchen und wortlos wieder verschwinden, so dass man sich gezwungen sieht, sich zu fragen, wieso man überhaupt so etwas gelesen hat, wenn es doch am Ende gar keinen Zweck bekommt.
Überhaupt ist das Ende des Buchs ein offenes Fragezeichen, der nichts verspricht und nichts hält. Es fühlt sich eher so an, als hätte man nur einen kleinen Teil vom Leben der Protagonistin bekommen, während der Rest, der riesige Teil mit den vielen Handlungssträngen, ein völlig anderes Buch ist, mit dem uns die Autorin nicht mehr belästigen wollte. Dadurch ist das Ende nicht befriedigend und zerstört damit so ziemlich alles, was man gelesen hat, was man zu lieben gelernt hat.
Dabei hat mir der Stil der Autorin wirklich gut gefallen. Ich hatte meinen Spaß am Buch, ich habe es teilweise sogar sehr genossen, aber wegen diesem Ende würde ich dieses Buch niemandem empfehlen.