Um den Geschichten im Einzelnen gerecht zu werden, werde ich sie auch einzeln bewerten. Die Gesamtbewertung von 4 Sternen gebe ich für die Auswahl und Zusammenstellung der Geschichten.
Annika Dick: "Die Entführung der Persephone" * * * * * (5 Sterne)
Die erste Geschichte im Buch schafft es einen vom ersten Wort an gefangen zu nehmen. Annika Dick fesselt den Leser mit wenigen Worten bereits emotional an Ihre Protagonisten. Auch wenn die Geschichte relativ schnell durchschaubar ist, ist man als Leser nicht gewillt das Buch aus der Hand zu legen bevor nicht das letzte Wort gelesen ist, bevor nicht die Liebenden einander wiedergefunden haben. Eingebettet in die griechische Mythologie gelingt es der Autorin der Erzählung einen ganz eigenen Stempel aufzudrücken. Keine Persephone die mit ihrem Schicksal und ihrem Mann hadert, sondern ein verliebtes Paar präsentiert die Autorin dem faszinierten Leser. In meinen Augen ein toller Einstieg in das Buch, der Lust auf mehr macht, nicht nur mehr von diesem Buch, sondern auch mehr von dieser Autorin.
Julia Drube: "Seelenfänger" * * (2 Sterne)
Eine Geschichte um Engel, Gefallene und Fänger, die die Aufgaben des Sensenmannes und eines Traumfängers in sich vereinen. Figuren die leider allzu einfach und vorhersehbar sind. Dazu kommt ein platter Schreibstil mit vielen Wiederholungen und vielen Wörtern ohne Aussage. Die Geschichte selbst krankt an der Vorhersehbarkeit und zum Teil aufeinander aufgesetzten Handlungen, die logisch nacheinander abgehandelt werden. Selbst das Ende blieb vorhersehbar und ohne Esprit. Aus meiner Sicht ein guter Versuch, der zu viel mehr getaugt hätte, aber leider weder sprachlich noch inhaltlich noch durch seine Protagonisten überzeugen konnte. Die Autorin tut sich mit dieser Geschichte in diesem Buch keinen großen Gefallen, insbesondere nicht nach der tollen Einführung.
Bianca Iosivoni: "Bis der Tod uns vereint" * * * (3 Sterne)
Ein toller Stoff aus Leben und Sterben, Sinn und Sinnhaftigkeit unseres Strebens, Familie und Liebe, aber auch Tod, Enttäuschung und Wut wird hier von der Autorin in einer anrührenden Geschichte verarbeitet, die Nähe geht. Die Protagonistin ist nicht nur nachvollziehbar, nein sie zieht den Leser förmlich in ihre Rolle, bringt ihn dazu darüber nachzugrübeln wie er sich selbst an ihrer Stelle fühlen würde. Überhaupt nimmt diese Geschichte emotional stark gefangen. Um so enttäuschender war dann das schnelle Ende, 2 komplett konträre Entscheidungen kommen so kurz hintereinander und am Ende erhält die Protagonistin gar noch eine Sonderstellung, da auch sie Erinnerungen hat und behält. Schade! Einen ganzen Roman der Autorin kann ich mir sehr gut vorstellen, in einer so begrenzten Geschichte allerdings war mir persönlich der finale Teil zu flach und zu sehr erzwungen.
Nadine Kühnemann: "Tränen der Ewigkeit" * (1 Stern)
Ein engelsgleiches Geschöpf und ein dämonartiger Wolverineverschnitt treffen im Frankreich des 18. Jahrhunderts aufeinander. Trotz aller Widersprüche und eines brutalen Gemetzels fallen die beiden vor Lust übereinander her. Die Geschichte nimmt mit immer mehr Irrungen und Wirrungen ihren zum Teil nicht ganz logisch nachvollziehbaren Verlauf. Kein Klischee wird ausgelassen, bis hin zum Held der sich gegen eine Übermacht vor seine holde Maid stellt ist alles vorhanden, inklusive der göttlichen Errettung in allerletzter Sekunde. Auch wenn der Schreibstil angenehm, ja fast schon fesselnd ist, so ist es die Story und ihre Charaktere noch lange nicht. Nur zu empfehlen, wenn es gerade gar nichts anderes zu lesen gibt.
Laura Nefzger: "Das Tier in mir" * * * * * (5Sterne)
Die Autorin entführt den Leser in eine andere und doch ganz bekannte Welt. Nach einer kurzen Erklärung begleitet man die Protagonistin durch ein ganz normales Leben, mit einigen einschneidenden Veränderungen. Laura Nefzger versteht es die Gefühle der jungen Hauptperson so intensiv darzustellen und ihre Erfahrungen so plastisch zu beschreiben, dass man selbst zum Teil das Gefühl bekommt mit der Protagonistin durch den Wald zu streifen oder sich der erdrückenden Präsenz von Keenan entziehen und gleichzeitig hingeben zu wollen. Trotz des vorhersehbaren Finales blieb die Geschichte von Anfang bis Ende spannend und fesselte dermaßen ans Buch, dass man überhaupt nicht mehr aufhören mochte. Ein tolles Finale, mit einer ganz eigenen Dynamik, die besser nicht hätte sein können.
Fazit: Ein absolut lohnendes Buch um neue Autoren kennenzulernen und mit tollen und abwechslungsreichen Geschichten. Ich habe 2 Autorinnen entdeckt, die sicherlich demnächst mal auf meiner Wunschliste landen werden und einige interessante Lesestunden verbracht.