Lesenswert: Die schönsten Leseempfehlungen für Literatur 2024 / 2025

„Bright Young Women“ war ein absolutes Highlight für mich. Inspiriert von wahren Ereignissen erzählt Jessica Knoll eine kraftvolle Geschichte, die die Taten des Serienmörders Ted Bundy thematisiert. Die Autorin hat sich dafür entschieden, dem Mörder keine Bühne zu bieten, ja sie nennt nicht einmal seinen Namen. Außerdem verzichtet sie auf explizite Gewaltdarstellungen. Stattdessen fokussiert sich Jessica Knoll auf einige Frauen, die mit den Taten in Berührung kamen, und wie diese ihr Leben beeinflusst haben. Trauer und Verlust verbinden diese Frauen, die mich mit ihrer Stärke sehr beeindruckt haben. „Bright Young Women“ ist kein einfaches Buch, aber es ist unbedingt lesenswert.

Kampfhunde gibt es auch unter Menschen wie beispielsweise hier in der Familie Richter. Wobei es sich hier ausnahmslos um Hündinnen handelt, denn der Vater Edgar ist ein eher friedlicher Typ. Mutter Regina, eine Psychologin, hingegen geht im eigenen Familienkreis ständig auf Konfrontationskurs, vor allem gegenüber dem ruhigen, aus ihrer Sicht laschen Teil der Familie, zu dem außer ihrem Ehemann auch noch Antonia, die ältere Tochter, gehört. Wanda, die Jüngere, kommt dagegen nach ihrer Mutter und wird von dieser dafür geliebt - nein, vergöttert! Meines Erachtens hat die Autorin Anna Brüggemann mit diesem Buch ein wahres Meisterwerk geschaffen, das zeigt, wie Familien ticken (können).

Dieses Buch ist eins meiner Jahres-Highlights. Als ich mich entschlossen habe, es zu lesen, wusste ich nicht, was mich erwartete. Die Beschreibung war eigentlich nicht ganz nach meinem Geschmack. Aber wer kann einem Van Gogh widerstehen? Ich nicht! Und so habe ich diese eine schöne Überraschung erlebt. Ein Gemälde von Van Gogh lässt eine Sehnsucht nach dem Süden Frankreichs entstehen, die innerhalb einer Familie vererbt wird. Es enthält Wünsche nach einem anderen Leben, weg von der Farbe Grau, die alles umhüllt und sich auch im Inneren bemerkbar macht. Und genau das habe ich beim Lesen gespürt.

Daniela Dröscher erzählt in diesem Roman die Geschichte ihrer Kindheit, welche stark geprägt von der dysfunktionalen Ehe ihrer Eltern war. Für ihren Vater war immer klar, warum die Ehe (und alles andere in seinem Leben) nicht funktioniert: Seine Frau ist zu dick. Das Buch hat mich absolut fasziniert und sprachlos gemacht. Auf der einen Seite, weil die Autorin so wundervoll beschreibt, wie viel mehr Kinder mitbekommen als man denkt. Auf der anderen Seite auch, weil man der Mutter die ganze Zeit zuschreien möchte "Renn weg!". Ein absolut lesenswertes Buch, das mich sehr zum Nachdenken angeregt hat.

Ein ruhiges, doch außerordentlich gehaltvolles Buch mit so einigen Botschaften in Bezug auf Familie und deren Bedeutung für jedes einzelne Mitglied dieses Gefüges. Wir erfahren die Wahrnehmung jedes erwachsenen Familienmitglieds sowohl auf die aktuelle Situation als auch auf die Familie insgesamt, lesen von verbindenden oder auch trennenden Faktoren. Durch einen plötzlichen Unglücksfall setzt sich das Familienpuzzle neu zusammen. Jeder hat seinen Platz, dieser kann sich im Laufe der Zeit aber auch ändern - man muss nur den Mut haben, das zuzulassen! Sowohl im Hinblick auf sich selbst als auch in seiner Sicht auf andere Familienmitglieder.

Das Aufwachsen in New York ist für die vier Blue-Schwestern nicht einfach und auch nachdem sie alle erwachsen sind, warten Herausforderungen und Probleme auf Avery, Bonnie, Nicky und Lucky. Coco Mellors Roman setzt dann ein, als das Gleichgewicht der Familie durcheinandergerät, weil eine der Schwestern – Nicky – stirbt. Auch ein Jahr nach ihrem Tod, kämpfen die anderen drei mit ihrer Trauer und den Umgang damit. Ich mochte bereits „Cleopatra und Frankenstein“, den Debütroman von Coco Mellors, sehr gerne, „Blue Sisters“ hat mir aber noch besser gefallen. Der Autorin gelingt es bei aller Schwere, auch die warmherzigen, hoffnungsvollen Momente einzufangen, komplexe Figuren zu beschreiben und eine realistische Familiendynamik abzubilden.

Matt Haig ist ja bekannt dafür, dass er eher ungewöhnliche Bücher schreibt. Und das ist bei "Die Unmöglichkeit des Lebens" erneut der Fall: die ungewöhnliche Kombination aus dem Übernatürlichen und mathematischen Gesetzen. Was zunächst wie ein völliger Widerspruch klingt, gelingt ihm im literarischen Sinne jedoch sehr gut. Denn auch die pensionierte 72-jährige Mathematiklehrerin Grace, die sich gern mit Wahrscheinlichkeiten und (mathematischen) Gesetzmäßigkeiten beschäftigt, findet im Verlaufe der Geschichte viel über sich selbst und die Unmöglichkeit des Lebens heraus, nachdem sie überraschend ein Haus auf Ibiza erbt und so ihrem tristen Leben in England entfliehen kann.

Isabel Rose ist im letzten Jahr ihres Studiums – und unglücklich. Sie hat keinen Plan für ihr restliches Leben, fühlt sich einsam und von ihren Freundinnen unverstanden. Und ob das mit Zev, mit dem sie eigentlich immer nur aus Höflichkeit geredet hat, einvernehmlicher Sex war, weiß sie auch nicht. Aber: Sie weiß, dass sie sich unwohl damit fühlt, mit ihrer Freundin „Vergewaltiger“ an seine Tür zu sprühen. Ihr Lichtblick ist ihr Professor für Kreatives Schreiben: R.H. Connelly. Er hält Isabel und ihre Texte für etwas Besonderes – sehr zum Ärger der anderen Studierenden. Es entwickelt sich eine geheime Affäre zwischen den beiden… Ein spannender Roman für ein breites Publikum. Die Geschichte Isabels wird gefühlvoll erzählt, ohne Isabel dabei abzuwerten. Trotzdem wird die Lehrer-Studentin-Beziehung nicht verharmlost oder romantisiert – dies ist keine Dark Romance. Ganz große Leseempfehlung!

Eine Art Stasi diktiert das Leben der Menschen in Irland, seit undemokratische Mächte sich der Regierung bemächtigt haben. Ist das unrealistisch? Ich kenne mich in der irischen Politik nicht aus, aber global gesehen finde ich das leider überhaupt nicht. Autor Paul Lynch (Nomen ist hier leider Omen) ist ein Hell-, nein, eigentlich ein Schwarzseher. Und das tut er mit einer solchen Klarheit und Bestimmtheit, dass ich mich dem nicht entziehen kann. Und das betrifft sowohl die Lektüre des Buches, das ich nicht aus der Hand legen konnte, als auch die darin beschriebenen Ereignisse.

Zora del Buonos Vater kam bei einem Autounfall ums Leben. Den dafür Verantwortlichen will sie finden. Sechs Jahrzehnte sind seitdem vergangen. Ein Abenteuer! Dabei erfährt sie Interessantes über den Unfallort, lernt Menschen kennen, die einen bleibenden Eindruck bei ihr hinterlassen, und findet Überraschendes über ihren Vater heraus. Erst am Ende, beim Nachdenken über Zora del Buono, die ohne Vater aufgewachsen ist, aber bei einer unglücklichen Mutter, die ihr trotzdem nie das Gefühl gab, dass etwas fehlte, um eine vollständige Familie zu sein, habe ich den wahren Wert dieses Buches entdeckt.