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-Leselust-

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Cover des Buches Der Anfang von morgen (ISBN: 9783596707836)

Bewertung zu "Der Anfang von morgen" von Jens Liljestrand

Der Anfang von morgen
-Leselust-vor 5 Monaten
Kurzmeinung: Erschreckend realistische Dystopie zum Thema Klimakrise.
Erschreckend realistische Dystopie zum Thema Klimakrise

Kurzmeinung:

Mit "Der Anfang von Morgen" hat Jens Liljestrand einen dystopischen Roman über die Klimakrise geschaffen, der sich erschreckend aktuell anfühlt. Vier verschiedene, allesamt nicht gerade sympatische Figuren führen uns durch diese rasant geschriebene und fesselnde Geshichte und zwingen uns Leser*innen, uns mit unserer eigenen Rolle in der Klimageschichte unseres Planeten auseinanderzusetzen. Trotz einiger Schwächen eine klare Leseempfehlung.


Meine Meinung:

Während ich "Der Anfang von Morgen" von Jens Liljestrand gelesen habe, lag über Deutschland und ganz Europa eine Hitzewelle, die einen erschreckenden "Hitzerekord" nach dem anderen mit sich brachte. In vielen Gebieten Nordeuropas herrschten verheerende Waldbrände und wegen extremer Dürre wurden in vielen Regionen Verordnungen zum Wassersparen erlassen.


Das eigentlich dystopische Setting des Roman fühlte sich also viel zu realistisch an, als ich mich in dem Roman vertiefte. Denn die Geschichte wirft uns mitten hinein in ein Schweden in Flammen. Große Waldbrände verwüsten große Teile des Landes und machen Tausende Menschen obdachlos und zu Klimaflüchtlingen im eigenen Land. So auch den ersten der vier Protagonisten, den dreifachen Familienvater Didrik, der mit seiner Familie auf der Flucht vor den Flammen ist. Dabei handelt er teils aus reinem Überlebensistinkt, teils aber auch aus Selbstdarstellung und Selstgerechtigkeit. Dieser erste Teil der Flucht liest sich rasant ist spannend und fesselnd.


Die zweite Protagonistin ist Influencerin Melissa, die in Stockholm in einer Luxuswohnung lebt und ihr Geld mit Werbung für Milch verdient. Auch ihr ist Selbstdarstellung nicht fremd. Während viele Menschen in Angst vor der Klimakatastrophe und den noch zu erwartenden Folgen leben, hat sie eine online Bewegung mit dem Hashtag #waehlefreude gegründet, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, sich nicht von den vermeintlich katastrophisierenden Stimmen zum Klimawandel runterziehen zu lassen, sondern mit #goodvibesonly ihr Leben in vollen Zügen zu genießen.


Der dritte Protagonist ist André, Sohn einer schwedischen Tennislegende. Der Teenager stand Zeit seines Lebens im Schatten seines Vaters, wurde mit den erfoglreicheren älteren Geschwistern verglichen und hat schließlich resigniert und sich mit seinem vermeintlichen Mittelmaß abgefunden. Vom Geld des Vaters leben stand er nie auf eigenen Beinen und ist entsprechend schockiert und wütend, als er erfährt, dass Daddy ihm den Geldhahn abdrehen will.


Als viertes kommt Vilja, die Teenager-Tochter von Didrik zu Wort. Sie mausert sich angesichts der Katastrophe vom launischen Teenager mit großer Liebe zum Konsum zu der fast verantwortungsvollsten und erwachsensten handelnden Person des Romans. Sie zeigt sich kämpferisch, ist enttäuscht über das Versagen, die Tatenlosigkeit und Hilflosigkeit der Erwachsenen und wandelt ihre Angst in Tatendrang um. Sie nimmt die Dinge in die Hand, kümmert sich um ihre Mutter und um die Kinder im Flüchtlingslager, in dem sie und ihre Mutter gelandet sind. Mit Viljas Charakter konnte ich am meisten anfangen und fand sie am authentischsten und glaubhaftesten.


Die vier Charaktere sind eigentlich allesamt unsympathisch. Doch das hat mich beim Lesen nicht gestört. Vielmehr nutzt Liljestrand seine Figuren geschickt als Stilmittel, um die Leser*innen zu zwingen, zu reflektieren, wie viel von Didrik, Melissa und Co in uns selbst steckt und sich mit unliebsamen eigenen Anteilen auseinanderzusetzen und die Rolle, die wir alle in der aktuellen Klimakatastrophe spielen, zu reflektieren. Der Roman rüttelt wach, zeigt konsequent auf, auf welche Katastrophe wir im Rahmen des Klimanotstandes zusteuern. Und ohne ein radikales Umdenken und eine noch radikalere Verhaltensänderung wird die Zukunftsperspektive mehr als unbequem werden –so zumindest prophezeit es Liljestrand in seinem Roman, der sich doch erschreckend realistisch anfühlt. Trotz einiger Schwächen, wie der manchmal doch etwas unglaubwürigen Handlungen der Protagonist*innen oder einzelner Längen im Text, kann ich für diesen Roman eine klare Leseempfehlung aussprechen.


Fazit:

"Der Anfang von Morgen" von Jens Liljestrand ist ein dystopischer Roman über die Klimakatastrophe. Die vier Protagonist*innen sind eigentlich allesamt unsympathisch. Doch das hat mich beim Lesen nicht gestört. Vielmehr nutzt Liljestrand seine Figuren geschickt als Stilmittel, um die Leser*innen zu zwingen, zu reflektieren, wie viel von Didrik, Melissa und Co in uns selbst steckt und sich mit unliebsamen eigenen Anteilen auseinanderzusetzen und die Rolle, die wir alle in der aktuellen Klimakatastrophe spielen, zu reflektieren. Der Roman rüttelt wach, zeigt konsequent auf, auf welche Katastrophe wir im Rahmen des Klimanotstandes zusteuern. Und ohne ein radikales Umdenken und eine noch radikalere Verhaltensänderung wird die Zukunftsperspektive mehr als unbequem werden –so zumindest prophezeit es Liljestrand in seinem Roman, der sich doch erschreckend realistisch anfühlt. Trotz einiger Schwächen, wie der manchmal doch etwas unglaubwürigen Handlungen der Protagonist*innen oder einzelner Längen im Text, kann ich für diesen Roman eine klare Leseempfehlung aussprechen.



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Cover des Buches Hätt' ich ein Kind (ISBN: 9783550201653)

Bewertung zu "Hätt' ich ein Kind" von Lea Streisand

Hätt' ich ein Kind
-Leselust-vor 8 Monaten
Kurzmeinung: Berührendes Buch über Frauenfreundschaft und die verschiedenen Wege, Mutter zu werden.
Berührendes Buch über Frauenfreundschaft und die verschiedenen Wege, Mutter zu werden.

Kurzmeinung:
Mit "Hätt' ich ein Kind" von Lea Streisand hatte ich so meine Startschwierigkeiten und ich hätte es fast abgebrochen. Ich bin unheimlich froh, dass ich es nicht gemacht habe. Denn bekommen habe ich dafür einen Roman über Mutterschaft, die verschiedenen Wege, eine Mutter zu werden, über Frauenfreundschaften und eine große Portion Humor.


Meine Meinung:
In dem Buch "Hätt' ich ein Kind" verfolgen wir die beiden Freundinnen Kathi und Effi. Sie kennen sich schon lange, gehen gemeinsam durch dick und dünn und sind die engsten Verbündeten. Und so ist es nur natürlich, dass sie auch gemeinsam Mütter werden. Doch so einfach ist das dann doch wieder nicht.

Als Effi Kathi erzählt, dass sie schwanger ist, ändert sich für sie alles. Sie beide waren es doch, die gemeinsam ihre Mütter-Freundinnen belächelt haben, die über nichts anderes, als ihre Kinder reden können und sich spätestens um 19Uhr von jeder Party verabschieden. Kathi hat Angst, wie sich ihre Beziehung zu Effi verändern wird. Und gleichzeitig lässt Effis Schwangerschaft auch Kathis eigenen Kinderwunsch wieder präsenter werden. Wäre da nicht ein Problem: Kathi kann keine biologischen Kinder bekommen. Zunächst ist es für sie ein Schock, doch dann entschließt sie sich, zusammen mit ihren Partner, ein Kind zu adoptieren.

Und so verfolgen wir die beiden Freundinnen auf ihrem Weg, Mütter zu werden. Jede auf ihre Weise. Und dieser Weg ist manchmal echt hart. Effi muss unter den physiologischen Veränderungen bei der Schwangerschaft leiden (Übelkeit, Komplikationen, Bettruhe) und erlebt sogar eine Fehlgeburt. Aber auch Kathi hat es alles andere als leicht. Es hat mir beim Lesen wirklich im Herzen weh getan, welche Steine Kathi und ihrem Partner in den Weg gelegt werden, welche bürokratischen Hürden genommen werden müssen, um einem Kind ein Zuhause zu schenken. Wie sie aufgeregt und nervös und vorfreudig waren, diese Freude immer wieder enttäuscht wurde und sie die Hoffnung schließlich schon fast aufgegeben haben.

Umso schöner fand ich es, von der wundervollen Frauenfreundschaft zu lesen. Von den beiden Frauen, die sich gegenseitig durch diese Zeiten voller Höhen und Tiefen begleiten. Und auch davon zu lesen, wie Mutterschaft die Freundschaft beeinflusst und verändert. Aber wie sie gleichzeitig auch stabil bleibt. Auch der Humor, der in der trotz des ernsten Themas in der Geschichte steckt, hat mir sehr gefallen. Und ich muss auch sagen, dass mich das Buch auch persönlich berührt hat. Ich bin in einem ähnlich Alter wie die Protagonistinnen und setze mich auf die ein oder andere Art und Weise auch mit den Themen Mutterschaft und Kinderwunsch auseinander. Daher fand ich es interessant, diese beiden unterschiedlichen Perspektiven zu verfolgen und mich literarisch mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Am Anfang hatte ich zwar meine Schwierigkeiten, in die Geschichte hineinzufinden. Und Kathis Ausflüge in die Geschichte der Deutschen Märchen haben mich nicht unbedingt interessiert. Aber insgesamt bin ich doch froh, dass ich dieses Buch über Frauenfreundschaft und Mutterschaft gelesen habe. 

Kommentare: 1
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Cover des Buches Die Tribute von Panem X. Das Lied von Vogel und Schlange (ISBN: 9783789120022)

Bewertung zu "Die Tribute von Panem X. Das Lied von Vogel und Schlange" von Suzanne Collins

Die Tribute von Panem X. Das Lied von Vogel und Schlange
-Leselust-vor einem Jahr
Gelungener Prequel zur Panem-Trilogie

Der Prequel zur berühmten Hungergames Reihe. Die Trilogie habe ich damals sehr gerne gelesen und als ich "Das Lied von Vogel und Schlange" angefangen habe, kam so ein bisschen Nostalgie in mir hoch und auch das Panem-Gefühl war schnell wieder da. Diesmal verfolgen wir den jungen Coriolanus Snow, den späteren Präsidenten von Panem. Es ist die Zeit kurz nach dem Krieg der Rebellen und das Jahr der zehnten Hungerspiele. Erstmals sollen die Tribute Mentoren zur Seite gestellt bekommen -und zwar Schüler des Kapitols. Als Coriolanus dem Tribut aus Distrikt 12 als Mentor zugeordnet wird, beginnt für ihn ein Abschnitt, in dem viele seiner Werte erschüttert werden und er sich fragen muss, welchen Preis er für sein Streben nach Macht und Erfolg zu zahlen bereit ist.
Ich hatte vor dem Lesen einige Bedenken. Wie gut kann so ein Prequel schon gelingen, bei so einer erfolgreichen Triologie und einer so langen Pause zwischen den Bänden. Tatsächlich gut! Ich habe dieses Buch sehr gerne gelesen und mit Spannung die Entwicklung von Coriolanus und der Hungerspiele verfolgt. Und Suzanne Collins schafft es mit ihrem einnehmenden Schreibstil, dass ich sogar für Coriolanus mitgefiebert habe, obwohl ich genau wusste, in welche Richtung er sich in der ursprünglichen Trilogie entwickeln würde. Für meinen Geschmack hätten die Hungerspiele noch etwas länger dauern können; die fand ich nämlich wirklich spannend zu verfolgen und ich konnte das Buch in diesen Kapiteln kaum aus der Hand legen. Dieser Sogfaktor hat für mich danach etwas nachgelassen, aber ich habe das Buch trotzdem gerne weitergelesen. Auch das Ende und die charakterliche Weiterentwicklung von Snow fand ich überzeugend.
An die ursprüngliche Trilogie kann dieses Buch zwar nicht heranreichen -dafür waren die Charaktere hier einfach nicht ganz so tief, komplex und auch nicht so richtige Sympathieträger - aber es ist trotzdem spannende und gut unterhaltende Literatur. Wer Sehnsucht nach dem Panem-Lesegefühl hat, dem sei dieses Buch wärmstens empfohlen.

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Cover des Buches Creep (ISBN: 9783351037253)

Bewertung zu "Creep" von Philipp Winkler

Creep
-Leselust-vor einem Jahr
Ein Buch über Außenseiter und die Entfremdung im digitalen Zeitalter

Am Anfang hat mich dieser Roman richtig gefesselt. Wir lernen die Deutsche Fanni und den Japaner Junya kennen und verfolgen die beiden auf ihrem Weg durch eine Welt, die nicht für sie gemacht scheint. Beide sind Außenseiter und erleben auf ihre Weise Einsamkeit und Enfremdung und sind in ihrem Bedürfnis nach Zugehörigkeit doch nicht alleine. Fanni sucht sich diese, in dem sie über die eingebauten Überwachungskameras am Familienleben einer eigentlich fremden Familie teilnimmt. Und Junya rutscht noch tiefer ab ins Zwielicht und findet sich schließlich auf den Straßen Tokyos in Mitten von Gewalt und Gangs wieder.
Das Buch fängt gut diese Stimmung von Einsamkeit, Angst und Entfremdung ein. Es bleibt beim Lesen immer eine Distanz zu den Protagonisten. Und keinen der beiden konnte ich wirklich verstehen. Das passt sehr gut zu der Geschichte, die der Autor erzählen will. Trotzdem hat es leider auch dazu geführt, dass ich dieses Buch passagenweise nicht ganz so gerne gelesen habe, weil ich eben nicht so mitfühlen konnte und immer eine Gefühl von Fremdheit zurückblieb.
Wer sich darauf einlassen kann, bekommt aber eine gut konstruierte Geschichte, die in konsequentem Stil ein wichtiges Thema unserer Zeit bearbeitet.

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Cover des Buches Dieser Beitrag wurde entfernt (ISBN: 9783446273795)

Bewertung zu "Dieser Beitrag wurde entfernt" von Hanna Bervoets

Dieser Beitrag wurde entfernt
-Leselust-vor einem Jahr
Wenn du lange in einen Abgrund blickst...

Ein gutes Buch, welches sich einem spannenden Thema widmet: Wer hält unsere Social Media Plattformen "sauber" und schützt die Nutzer:innen vor traumatisierenden Inhalten? Und wie geht es den Menschen, die diese Post ansehen und aussortieren müssen? Welche Auswikungen hat es, sich den ganzen (Arbeits-)Tag mit Gewalt, sexuellen Inhalten und Verschwörungstheorien und Hetzte beschäftigen zu müssen? Und das im Akkordtempo. Diesen Fragen widmet sich dieser Roman zunächst behutsam, dann immer eindringlicher. Wir verfolgen Kayleigh und ihre Arbeitskolleg*innen und erleben mit, wie sie sich immer weiter belasten, von einander entfernen und unterschiedlich anfällig dafür sind, sich selbst in die Abgründe ziehen zu lassen, in die sie Tag für Tag blicken müssen. Allerdings verliert der Roman für mich im Verlauf auch immer mal wieder den Fokus, driftet ab in Nebenschauplätze und auch der Erzählstil wird teilweise etwas unscharf. Durch den geringen Umfang lässt sich das Buch schnell lesen und ich würde es trotz einiger Schwächen weiterempfehlen, wenn man Interesse an diesem speziellen Thema hat.

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Cover des Buches Die Lüge (ISBN: 9783455015416)

Bewertung zu "Die Lüge" von Mikita Franko

Die Lüge
-Leselust-vor einem Jahr
Ein Roman über das Aufwachsen in einer queeren Familie in Russland

Es hat mich teilweise sehr mitgenommen und bewegt, die Geschichte dieses Jungen zu verfolgen. Mikita verliert zuerst seine Mutter und wächst dann bei seinem Onkel in Russland in einer queeren Familie auf. Das birgt natürlich Schwierigkeiten und Miki muss von Kindheit an lernen, vieles von seinem Alltag zu verstecken und verheimlichen.
Gerade die erste Hälfte des Romanes habe ich als intensiv und berührend wahrgenommen. In der zweiten Hälfte driftete es für mich etwas ins Egozentrische ab, was aber ja durchaus gut zu der Teenagezeit passt und der Ton daher gut getroffen war. Zum Lesen fand ich es dann aber trotzdem eher anstregend und teilweise redundant. Insgesamt aber ist das Buch sehr gelungen und ich würde es weiterempfehlen.

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Cover des Buches Die sieben Männer der Evelyn Hugo (ISBN: 9783548066738)

Bewertung zu "Die sieben Männer der Evelyn Hugo" von Taylor Jenkins Reid

Die sieben Männer der Evelyn Hugo
-Leselust-vor einem Jahr
Eine überraschend queere Liebes- und Lebensgeschichte

Kurzmeinung:
"Die sieben Männer der Evelyn Hugo" von Taylor Jenkins Reid ist ein wunderbarer, gefühlvoller, spannender und überraschend queerer Roman über eine Frau, die trotz widriger Umstände ihren Weg zum Erfolg geht. Das Buch vereint glamouröse Hollywood Vibes mit Themen wie Liebe, Freundschaft und dem Einfluss von Erfolg, Macht und Geld.


Meine Meinung:
Nachdem mir "Daisy Jones and the six" von Taylor Jenkins Reid so unglaublich gut gefallen hat (es hat sogar zu meinen Jahreshighlights gehört!) war klar, dass ich den neuen Roman von TJR auch lesen muss. Aber demensprechend hoch waren auch meine Erwartungen. Eins kann ich euch aber auch schon verraten: ich wurde nicht enttäuscht. Taylor Jenkins Reid kann einfach gut schreiben. Ihre Geschichten sind spannend, gefühlvoll und lassen sich gut lesen. Dieses Buch bildet da keine Ausnahme.

In dem Buch verfolgen wir zwei Frauen. Da ist einmal die junge Journalistin Monique, die sich vor kurzem von ihrem Freund getrennt hat und nun alles in ihre Karriere steckt. Da kann sie ihr Glück kaum fassen, als die berühmte Hollywood-Legende Evelyn Hugo nach langem Rückzug entscheidet, ihre Lebensgeschichte für ein Buch zu erzählen –und zwar exklusiv nur Monique. Als erfahrene Leser*inne ahnen wir natürlich schon: da steckt noch eine interessante Geschichte dahinter.

Mit Evelyn Hugo haben wir auch schon unsere zweite weibliche Hauptrolle des Buches kennengelernt. Auf zwei Zeitebenen verfolgen wir einmal, wie Monique Evelyn interviewt und wie sich die Beziehung der beiden entwickelt. Auf einer zweiten Zeitebene erfahren wir in Rückblicken von Evelyns glamourösen (und manchmal auch überhaupt gar nicht so glamourösen) Leben. Wie sich ihr Leben, ihre Beziehungen und ihre Karriere entwickelt hat und sie schließlich zu dem Megastar wurde, der sie heute ist. Welche Opfer sie dafür hat bringen müssen. Zu welchen verzweifelten Entscheidungen sie sich im Verlauf gezwungen sah. Und was für Glücksmomente und erschütternde Schicksalsschläge sie erlebt hat. Und natürlich erfahren wir vor allem von ihren sieben Ehen inklusive der sieben Ehemänner –und den Abgründen und Geheimnissen, die sich hinter jeder der Beziehungen auftuen.

Dieses Buch ist wirklich eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Es geht auf und ab, man freut sich mit und leidet mit Evelyn Hugo. Ich war wütend, traurig und glückselig. Ist das nicht toll, was Bücher alles in uns auslösen können? Wie auch bei der letzten Geschichte von Taylor Jenkins Reid war ich auch hier emotional total nah dran an den Figuren, vor allem an Evelyn. Die Geschichte hat mich gefesselt. Es gibt eine überraschende Wendung nach der anderen und so bin ich nur so durch die Seiten geflogen. Etwas schwächer fand ich die Passagen auf der aktuellen Zeitebene. Moniques Figur hat mich nicht so sehr mein Interesse wecken können wie Evelyn. Teilweise hat sie mich sogar etwas genervt. Aber die Rückblicke in Evelyns Leben überwiegen zum Glück, so dass es dem Leseerlebnis insgesamt nicht geschadet hat. Außerdem war die Einordnung der Figur der Evelyn durch Monique in der ersten Zeitebene doch ganz hilfreich, um Evelyn nicht zu sehr zu glorifizieren. Genau wie Monique zuerst fast erfurchtsvoll erstarrt war, ging es auch mir als Leserin. Und das tiefe Eintauchen in ihre Geshichte, hat das Gefühl noch vertief. Durch Moniques Blick bekommen wir als Leser*innen in Erinnerung gerufen, dass jede Geschichte auch zwei Seiten hat und es selten nur klares Schwarz und Weiß gibt.


Fazit:
"Die sieben Männer der Evelyn Hugo" von Taylor Jenkins Reid ist ein großartiger Roman, der uns eintauchen lässt in das glamouröse Hollywood, aber uns auch in die Abgründe hinter der glänzenden Fassade blicken lässt. Die Leser*innen werden mitgenommen auf eine Achterbahnfart der Gefühle und werden mit einer spannenden, wendungsreichen und queeren Lebens- und Liebesgeschichte belohnt. Klare Leseempfehlung.

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Cover des Buches Die Wut, die bleibt (ISBN: 9783498002961)

Bewertung zu "Die Wut, die bleibt" von Mareike Fallwickl

Die Wut, die bleibt
-Leselust-vor einem Jahr
Kurzmeinung: Ein großartiger Roman über das Leben im Patriarchat und die vielen Gründe und Ausdrucksformen weiblicher Wut.
Dieses Buch trifft einen Nerv und wird euch nicht kalt lassen!

Kurzmeinung:
Wow, was für ein großartiger Roman! Mit "Die Wut, die bleibt" konnte mich Mareike Fallwickl erneut begeistern. Die Geschichte behandelt die verschiedenen Formen und Gründe weiblicher Wut, das Leben im Patriarchat und die himmelschreiende Ungerechtigkeit, die das mit sich bringt. Das Buch trifft einen Nerv, sowohl gesellschaftlich, als auch bei mir persönlich.

TW: Suizid, Gewalt

Meine Meinung:
Bei diesem Buch ist der Name Programm. Die "Die Wut, die bleibt" von Mareike Fallwickl hat mich bewegt und erschüttert und hat die Wut, die es schon lange in mir gab, wunderbar in Worte gefasst. Und dafür bin ich Mareike Fallwickl sehr dankbar. Der Roman hat dafür gesorgt, dass ich mich noch einmal auf andere Art und Weise mit den Themen Patriarchat, Feminismus und struktureller gesellschaftlicher Ungleichheit beschäftigt habe und ich möchte das Buch am liebsten jeder Frau, jeder Mutter, jeder Tochter, aber auch jedem Mann, Vater, Sohn in die Hand legen.

Aber ich erzähle euch erst einmal was zur Geschichte. In dem Buch geht es um drei Frauen. Der Roman beginnt damit, dass Helene, Mutter von drei Kindern, beim gemeinsamen Abendessen plötzlich aufsteht und vom Balkon springt. Dass das alles natürlich nicht plötzlich geschieht, sondern eine jahrelange Vorgeschichte aus Erschöpfung, Wut, Schmerz und Ungerechtigkeit vorangeht, erfahren wir im Verlauf des Romans.

Erzählt wir die Geschichte dann abwechselnd von Lola, Helenes Tochter, die nun mutterlos zurückbleibt und von Sarah, Helenes bester Freundin, die bei Helenes Familie einzieht und versucht, die Leerstelle, die Helene hinterlassen hat, zu füllen.

Und oh wie hat mich das alles wütend gemacht. Zum Bespiel Sarah, die sich ohne mit der Wimper zu zucken in das selbe ausbeuterische System pressen lässt, obwohl sie es doch eigentlich besser wissen müsste. Sie kümmert sich fast schon aufopfernd um die drei Kinder, schmeißt den Haushalt, gibt ihre Routinen auf, um der Familie in ihrer Not zu helfen. Und ihre Arbeit, ihre eigene Beziehung, das alles muss plötzlich nebenher laufen. Und Helenes hinterbliebener Mann lässt das alles nicht nur geschehen lässt, sondern nutzt das in Frauen über Generationen hineinsozialisierte Hilfegeben und Versorgen schamlos aus. Schamlos, weil es natürlich auch in ihm internalisiert ist und so vieles unbewusst abläuft und für selbstverständlich hingenommen wird.

Natürlich habe ich vieles von dem, was im Roman beschrieben wird, schon gewusst. So wie wahrscheinlich jede*r, die sich nicht erst seit gestern mit dem Thema Feminismus beschäftigt. Und doch war es für mich etwas anderes, die Fakten zu kennen, als sie hier in eine so authentische und realitätsnahe Form literarisch verarbeitet vor mit zu haben und zu erleben. Die Gefühle, die das in mir ausgelöst hat, waren so viel größer, als es Sachtexte auszulösen vermögen. Und zu wissen, dass es so, so vielen Frauen so geht. Das dieser Roman ihren Alltag beschreibt. Einen Alltag, in dem ganz selbstverständlich erwartet wird, dass die Frau ihre Bedürfnisse hinten anstellt, um für die Familie zu sorgen. Die ganz selbstverständlich den Großteil der Care Arbeit verrichtet, ohne dafür Dank und Anerkennung zu erhalten. Die natürlich alle Arzt- und Schultermine, sowie Geburtstags- und Einkaufslisten im Kopf hat. Die weiß, welches das aktuelle Lieblingsstofftier ist und welches Essen zur Zeit gar nicht geht. Die so viel von sich selbst und der eigenen Zeit aufgibt. Und für die das alles dann auch noch "die Erfüllung" zu sein hat. Boah, was für ein Druck. Und das alles hat sich während der Corona-Pandemie noch verschärft. Familien, besonders Mütter wurden allein gelassen. Auch diesen Aspekt verarbeitet die Autorin sehr gekonnt in ihrem Roman.

Einen anderen Aspekt bringt die Figur der Tochter Lola in die Geschichte ein. Sie zeigt, wie es auch anders geht. Sie hinterfragt, sie ist wütend, sie sieht die Ungerechtigkeit im System und weiß auch: das will ich nicht! Sie macht ihrem Ärger Luft, kann ihre Wut in Worte fassen und die Fehler benennen. Wir begleiten sie auf ihrem Weg des Widerstandes, der nach und nach immer wütender und radikaler wird.

Insgesamt war es für mich aufwühlend und scherzhaft, diese Geschichte zu verfolgen, aber ich habe auch jede Seite genossen und gefeiert. Was für ein aktuelles und wichtiges Buch, das so viel in Worte fasst, was sonst nur als irgendwie diffuses Hintergrundrauschen in meinem Kopf wabert.


Fazit:
Ich kann für "Die Wut, die bleibt" von Mareike Fallwickl nur eine ganz große Leseempfehlung aussprechen. Das Buch ist ehrlich, authentisch, es trifft einen mit ganzer Wucht und kann wohl niemanden kalt lassen.

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Cover des Buches Tick Tack (ISBN: 9783446272347)

Bewertung zu "Tick Tack" von Julia von Lucadou

Tick Tack
-Leselust-vor einem Jahr
Zwischen Verschwörungstheorien, Radikalisierung und einem normalen Teenagerleben.

Kurzmeinung: 

Tick Tack von Julia von Lucadou war eines des Bücher, auf die ich mich im Frühjahr am meisten gefreut habe. Doch leider konnte es meinen hohen Erwartungen nicht gerecht werden. Es werden viele aktuelle und sehr interessante Themen wie Radikalisierungsprozesse und das Eintauchen in Verschwörungstheorien, sowie der Einfluss der sozialen Medien behandelt. Die Umsetzung zeigt in meinen Augen jedoch Schwächen und unter der Themenfracht mussten Handlung und Charaktere leiden. Insgesamt ist Tick Tack für mich immer noch ein gutes Buch, aber leider kein Highlight.

 

Meine Meinung:

Der erste Roman von Julia von Lucadou "Die Hochhausspringerin" war eines meiner Lesehighlights 2018. Dementsprechend gespannt war ich auf ihr neues Buch, aber dementsprechend hoch waren auch meine Erwartungen. Und das ist natürlich immer kein leichter Start für ein Buch. Doch die Themen klangen sehr vielversprechend: Hochbegabung, psychische Gesundheit, Verschwörungstheorien, Radikalisierung und der Einfluss der sozialen Medien, das Leben in der realen und digitalen Welt als Digital Native. Das hat mich alles sehr angesprochen. Und der Anfang der Geschichte hat mich dann auch gleich ziemlich überzeugt und schon bald war ich abgetaucht in die Geschichte. 

Wir verfolgen die Teenagerin Mette (eigentlich Almette. Die Story der Namensgebung ist eine coole Anekdote im Roman), die nach ihrem gescheiterten Suizidversuch zu einer Therapiesitzung geht, aber mit ihrer abgebrühten Art und ihrer Schlagfertigkeit und Hochbegabung alle auf Abstand hält und sehr darauf bedacht ist, niemanden zu nah an sich ran zu lassen. Als Tochter einer Ärztin und eines feministischen Bloggers ist sie sehr privilegiert aufgewachsen. In Rückblicken erfahren wir, wie es dazu kommen konnte, das Mette sich auf die U-Bahnschienen legte. Gleichzeitig wird die Geschichte in der aktuellen Zeitebene weitererzählt. 

Zunächst dreht sich viel um ein "normales" Teenagerleben: es geht um Leistungsdruck in der Schule, Freundschaft, erste Liebe, Konflikte mit und Abgrenzung von den Eltern. Mette fühlt sich allein, abgekoppelt von ihren Eltern, den Klassenkamerad*innen auf der schicken Privatschule und vor allem von ihrer besten Freundin Yagmur. In dieser vulnerablen Phase, auf der Suche nach sich und ihrem Platz in ihrem Umfeld trifft sie auf Jo, den 10 Jahre älteren Bruder einer Mitschülerin und unterliegt seiner Anziehungskraft. Er schenkt ihr Aufmerksamkeit, stärkt ihr Selbstvertrauen und manipuliert sie. So gerät Mette in einen Sog immer tiefer in den Strudel aus Verschwörungstheorien und Radikalisierung.

Das war am Anfang auch noch interessant zu verfolgen. Irgendwann nimmt die Geschichte aber eine wirklich krasse Wendung und spätestens ab da habe ich mich schwer getan mit dem Buch. Die Geschichte wirkte für mich zu gewollt, zu konstruiert und dadurch sehr unglaubwürdig. Ich hatte den Eindruck, die Autorin wollte zu viele Themen vereinen und einen Schockeffekt erzielen. Für mich persönlich hat das nicht gut funktioniert und ich habe zwischendurch das Interesse an der Geschichte verloren. Ich hatte den Eindruck, die Charaktere sind dem Plot zum Opfer gefallen. Ich fand sie irgendwann nicht mehr authentisch und habe mich als Leserin auch nicht mehr nah an ihnen dran oder ihnen verbunden gefühlt. Dabei hat die Autorin durchaus interessante Aspekte beleuchtet. Sie schreibt darüber, wie man sich trotz (oder gerade wegen) hoher Followerzahlen einsam fühlen kann. Wie man trotz hoher Intelligenz manipuliert und in Verschwörungstheorien hineingezogen werden kann. Sie schreibt über aktuelle Themen: über Radikalisierung während der Pandemie und darüber, wie schnell große Kluften in unserer Gesellschaft haben entstehen können. Vieles davon hat mir gut gefallen. Und das Ende hat mich auch wieder mehr mit der Geschichte versöhnt. Aber insgesamt konnte mich das Buch einfach nicht so begeistern und ich finde, die Autorin hat da Potential verschenkt.

In der Form allerdings fand ich den Roman sehr interessant. Die Geschichte wird in abwechselnden Kapiteln aus der Sicht von Jo und Mette dargestellt. Dabei sind Mettes Kapitel Followerzahlen, Likes und Beitragszahlen einer social Media Plattform vorangestellt. Jos Kapitel sind wie in einem Internetforum geschrieben.  



Fazit:

Tick Tack von Julia von Lucadou ist ein Roman, der viele aktuelle Themen behandelt. Dabei werden spannende Fragen aufgeworfen und es gibt viele gute Ansätze und Ideen in dem Roman. Auch die Form des Romans ist ausgefallen, aber gelungen. Doch im Verlauf verliert die Handlung für mich an Glaubwürdigkeit und die Charaktere an Kontur. Sehr schade, da dieses Buch so vielversprechend begonnen hat. Für mich ein insgesamt durchwachsenes Leseerlebnis.

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Cover des Buches Dschinns (ISBN: 9783446269149)

Bewertung zu "Dschinns" von Fatma Aydemir

Dschinns
-Leselust-vor einem Jahr
Ein bewegender Familienroman, der den Hype verdient!

Kurzmeinung:
Fatma Aydemir hat es mit ihrem zweiten Roman "Dschinns" wieder geschafft, mich zu begeistern. Ein Familienroman, der uns die Geschichte der türkischen Migrantenfamilie Yilmaz aus verschiedenen Perspektiven mitverfolgen lässt. Das Buch hat mich bewegt und es ist lange her, dass ich ein Buch gelesen habe, was mich so sehr hat mit den einzelnen Personen mitleben und mitleiden lassen. Eine große Leseempfehlung.


Meine Meinung:
Ihr könnt euch vielleicht erinnern: Der Debüt Roman von Fatma Aydemir, Ellbogen, hat mich damals absolut begeistert. Entsprechend groß waren meine Erwartungen an den neuen Roman und entsprechend groß auch meine Angst, enttäuscht zu werden. Doch diese Angst war zum Glück absolut unbegründet. Denn auch mit ihrem zweitem Roman konnte mich die Autorin überzeugen. Die beiden Bücher sind sehr verschieden, daher fällt mit ein vergleich, welches nun besser ist, sehr schwer. Beide sind toll und sehr empfehlenswert. Der Stil ist anders als in „Ellbogen“. Weniger hart, weniger gewaltig, aber nicht weniger kraftvoll. Eher reifer.
Aber ich erzähle euch erstmal, worum es in dem Buch überhaupt geht. Es ist ein Familienroman, über eine türkische Familie, die nach Deutschland kommt. Es gibt das Familienoberhaupt, den Vater Hüseyin, der in Deutschland Arbeit in einer Fabrik findet und hart arbeitet, um so seine Familie besser versorgen zu können. Später kommen auch seine Ehefrau Emine und seine Kinder Hakan, Peri und Ümit nach Deutschland. Sevda muss zunächst noch in der Türkei bei den Großeltern bleiben.


„Und nun scheint [die Sonne] schon wieder, völlig unbekümmert davon, dass gerade ein Leben zu Ende gegangen und eine Familie zerbrochen ist.“ (Aus Dschinns, S. 28)

Dieses Buch beginnt mit dem Ende. Dem Ende des Lebens von Hüseyin, dem Oberhaupt der Familie Yilmaz.
In den folgenden Kapiteln lernen wir nach und nach die einzelnen Familienmitglieder kennen, die Ehefrau, die beiden Töchter und die beiden Söhne. Und durch ihre Schilderungen und Erinnerungen lernen wir auch den Verstorbenen kennen.

Jedes Familienmitglied kommt zu Wort und mit jedem Kapitel wird ein Stück von dem alten Bild, das man sich zuvor gemacht hatte, eingerissen. Jedes Kapitel und jede Perspektive wirft ein neues Licht auf die Geschichte. Die Charaktere sind so unterschiedlich. Jede*r hat eine große Tiefe und jede*r wirkt absolut stimmig und authentisch. Da ist der älteste Sohn, der "Klischee-Macho" Hakan, die zurückgelassene Sevda, ihre Schwester Peri, die eine ganz andere Bildungsbiografie hat, und das Nesthäkchen, der sensible Ümit. Und natürlich die Mutter und Ehefrau Emine.

Sie sind eine Familie, und doch sind sich alle so fremd. Die einzelnen Familienmitglieder haben oft keine Ahnung von den Leben der anderen. Sie halten sich gegenseitig für stark. Oder für schuldig.
Ein Schweigen steht zwischen ihnen, in dem für ehrliche, intime Fragen und das Offenbaren von echten Gefühlen kein Raum ist. Zurückhalten tut sie ihre Angst, Scham oder auch Neid und Wut.

Ihre Geschichten und Schicksale haben mich berührt und bewegt. Teilweise haben sie mich wütend und traurig gemacht. Aber Aydemir schafft es, dass ich mich so gut in die Personen hineinversetzen konnte, dass ich auch ganz viel Verständnis hatte.

„Jede Berührung ist ein Versprechen von Leben, jede Nähe ein bisschen weniger Tod.“ (Aus Dschinns, S.127)

Ich finde es immer wieder spannend, wie Geschichten das schaffen. In der einen Perspektive mache ich mir ein Bild über einen der Charaktere, denke, ich weiß Bescheid über ihn. Nur um dann mein ganzes Bild über den Haufen zu werfen, wenn die Person selbst zu Wort kommt, sich mir erklärt und ich sie besser verstehen kann. Das erinnert mich jedes Mal daran, mir weniger schnell ein Bild von anderen Menschen zu machen, weil ich im echten Leben eben leider nicht die Chance habe, ihr Innerstes zwischen zwei Buchdeckeln erklärt zu finden.


„Mütter können sich nicht krankmelden, Mütter gehen nicht in den Ruhestand. Kinder bleiben Kinder.“
„Denn alles allein zu bestimmen hieß, dass du immer zu funktionieren hattest, damit die Familie funktionierte.“ (Aus Dschinns, S. 255)


Fazit:
Ich mache es kurz: Der Hype ist absolut begründet. Dschinns von Fatma Aydemir ist ein großartiger Familienroman, in der uns die einzelnen Familienmitglieder der Familie Yilmaz mitnehmen auf eine Reise durch ihr Leben. Jeder Charakter ist authentisch und jeder hat seine einzigartige Perspektive auf die Familiengeschichte. Fatma Aydemir fängt die Wünsche, Träume, Geheimnisse und Bedürfnisse ihrer Protagonist*innen ein und schafft es meisterhaft, sie zu einem stimmigen Ganzen zu verweben und uns als Leser*innen ganz nah mitzunehmen. Ich habe mitgelitten und mich mit gefreut und werde dieses Buch noch lange in Erinnerung behalten. Ein große Leseempfehlung!

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