Interessante und durch die verschiedenen Erzählperspektiven und -stile abwechslungsreiche Geschichte. Rührend, komisch und sehr aktuell.
Wir begleiten das Paar Tim und Thea und lernen gemeinsam mit ihnen (und sogar besser als sie selbst) ihre neue Nachbarschaft kennen. Da ist die 80-jährige Nachbarin Frau Birkenberg, deren Geschichte wir über ihre Blogbeiträge in ihrem "Sparblog" verfolgen, und hinter der definitiv mehr steckt, als die alte freundliche Dame auf den ersten Blick vermuten lässt. Den jungen Ostukrainer Maxim lernen wir durch seine Schilderungen in seinem "Heft für üben Deutsch" kennen und verfolgen seine Bemühungen, der deutschen Sprache Herr zu werden um die große Liebe zu finden. Einen Einblick in Theas Innenleben bekommen wir durch ihre Chats mit der Arbeitskollegin Anna. Und auch hier kann man als Leser*in schon früher als die Protagonistin selbst erahnen, dass im coolen Start-Up für veganes Hundefutter doch nicht alles Gold ist, was glänzt. Und dann gibt es noch Tim, den Titelgebenden "Hausmann" und Künstler, der erzählt und uns in Bildern Einblicke in seine dystopische Graphic Novel über den Klimawandel gibt.
Wlada Kolosowa erzählt diese so unterschiedlichen Figuren auf ihre jeweils ganz eigene Weise, vereint die verschiedenen Schicksale und Perspektiven und zeichnet so ein scharfsinniges, tragisches und teilweise auch urkomisches Bild unserer Gesellschaft.
-Leselust-
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Zur BibliothekRezensionen und Bewertungen
Ich habe dieses Buch als Einstimmung auf das Taylor Swift Konzert in München gelesen und fand es ganz wunderbar. Ich liebe die Musik von Taylor Swift, würde mich selbst aber jetzt nicht als Swiftie bezeichnen. Aber ich fand es sehr spannend, mehr über diese Fankultur und über die Sängerin zu erfahren, deren Musik ich selbst auch so liebe. Ich habe das Buch teilweise auch als Hörbuch gehört und nebenbei Armbänder gebastelt und fand es wunderbar, mich in diesen Swift-Kosmos fallen zu lassen und so freundlich aufgenommen zu werden. Anne Sauer verknüpft die Geschichten über Taylor Swift gekonnt mit ihren eigenen Leben und das hat mich sehr berührt und macht dieses Buch noch so viel lesenswerter. Für alle Swifties, solche die es werden wollen oder alle, die dieses Phänsomen einfach besser verstehen wollen und dabei vielleicht auch sich selbst neu kennenlernen können.
Kurzmeinung:
Mit "Ich bin nicht da" hat Lize Spit einen großartigen, emotionalen und mitreißenden Roman über Liebe, Freundschaft und psychische Krankheit geschaffen. Absolute Leseempfehlung.
Meine Meinung:
Nach dem mir "Und es schmilzt", der Debütroman der Autorin, damals so gut gefallen hat, war ich natürlich sehr gespannt auf ihren neuen Roman. Ich muss zugeben, der Umfang des Buches hat mich zunächst ein bisschen abgeschreckt (ist keine leichte Strandlektüre^^). Aber auch das Thema des Buches hat mich sehr interessiert und so hat meine Neugier überwogen und für mich war ganz schnell klar: ich muss dieses Buch lesen.
Und omg, war das eine gute Entscheidung! Dieses Buch hat es wirklich in sich. Es hat mich gepackt, geschüttelt, nicht mehr losgelassen und ich habe es quasi wie im Rausch durchgelesen.
In dem Buch geht es um Leo und Simon. Sie sind schon lange zusammen und kennen sich in und auswendig. Simon kann Leo zum Lachen bringen und Leo kennt jeden Fussel in Simons Bauchnabel. Die beiden haben eine gemeinsame Vergangenheit, gemeinsame Geschichten und Insider. Und sie teilen in gewisser Weise auch ein Schicksal, den beide haben ihre Mütter verloren und haben insgesamt nicht sehr viele Menschen in ihrem Leben, denen sie nahe stehen. Aber sie haben einander.
Die Beziehung der beiden wird sehr schön und sehr intim mit vielen Details und Anekdoten geschildert, die die beiden Figuren sehr plastisch erscheinen lassen.
Doch plötzlich wird alles anders. Eines nachts kommt Simon spät nach Hause, ohne sich abzumelden. Und er kommt tätowiert, redet wie ein Wasserfall und scheint insgesamt nicht mehr er selbst. Was zunächst nur als kleine Veränderungen erscheinen – Simon schläft immer weniger, isst weniger, hat neue Freunde und wird gereizter – spitzt sich immer weiter zu und wird zunehmend dramatisch. Bis schließlich alles droht, in einer Katastrophe zu enden.
Das Buch wird auf mehreren Zeitebenen erzählt. Einmal gibt es einen Countdown, bei dem in der jeweiligen Kapitelüberschrift die Minuten bis zur Katastrophe runtergezählt werden (zu Beginn mit "Noch elf Minuten"). Und dann gibt es verschiedene Rückblicke, wie es überhaupt dazu gekommen ist, dass alles auf eine Katastrophe zusteuert, wie sich Leos und Simons Leben langsam verändert.
Und das war tatsächlich auch das, was mir beim Lesen am meisten unter die Haut gegangen ist. Wenn der Mensch, mit dem du zusammenlebst plötzlich nicht mehr der ist, in den du dich verliebt hast.
Simon verändert sich. Zuerst langsam und allmählich, dann immer stärker. Und Leo bleibt passiv. Sorgt sich zwar immer stärker, aber greift nicht ein, bleibt hilflos. Das fängt gut das Gefühl der Ohnmacht und Hilflosigkeit ein, dass ich auch von vielen Angehörigen mit psychischen Erkrankungen kenne. Gleichzeitig hat es mich beim Lesen aber auch wahnsinnig gemacht. Ich hätte sie an mehreren Stellen am liebsten ordentlich durchgeschüttelt und sie zum Eingreifen animiert.
Aber die Passivität passt auch zur Figur der Leo, zu ihrer Vergangenheit und schlechten Erfahrungen. Sie ist schreckhaft und neigt zum Katastrophisieren. Das besonders sie in diese Hilflosigkeit aus Grübeln und Erstarren hineinfällt, ist für mich als Leserin gut nachvollziehbar.
Auch Simons Entwicklung zu verfolgen ist natürlich unglaublich spannend. Es hat bei mir Sorge und teilweise auch Angst, aber vor allem Mitgefühl hervorgerufen. Durch meine Arbeit als Psychologin habe ich schon einige Menschen mit Simons Störungsbild kennengelernt und finde, die Autorin hat es literarisch gut eingefangen und gibt einen interessanten Einblick in die Symptomatik der bipolaren Störung. Ich fand hier die Perspektive gut gewählt, die Entwicklungen aus Leos Sicht, also aus Sicht einer Bezugsperson, zu schildern. Das ist nah, wirkt aber trotzdem authentisch und man kann eine gewisse Distanz behalten und es wirkt auch glaubhafter.
Fazit:
Mit "Ich bin nicht da" hat Lize Spit einen echten Pageturner zu einem schwierigen Thema geschrieben. Es geht um psychische Krankheiten und darum, wie sie eine Beziehung und das ganze Leben aus dem Gleichgewicht bringen können.
Kurzmeinung:
Mit "Der Anfang von Morgen" hat Jens Liljestrand einen dystopischen Roman über die Klimakrise geschaffen, der sich erschreckend aktuell anfühlt. Vier verschiedene, allesamt nicht gerade sympatische Figuren führen uns durch diese rasant geschriebene und fesselnde Geshichte und zwingen uns Leser*innen, uns mit unserer eigenen Rolle in der Klimageschichte unseres Planeten auseinanderzusetzen. Trotz einiger Schwächen eine klare Leseempfehlung.
Meine Meinung:
Während ich "Der Anfang von Morgen" von Jens Liljestrand gelesen habe, lag über Deutschland und ganz Europa eine Hitzewelle, die einen erschreckenden "Hitzerekord" nach dem anderen mit sich brachte. In vielen Gebieten Nordeuropas herrschten verheerende Waldbrände und wegen extremer Dürre wurden in vielen Regionen Verordnungen zum Wassersparen erlassen.
Das eigentlich dystopische Setting des Roman fühlte sich also viel zu realistisch an, als ich mich in dem Roman vertiefte. Denn die Geschichte wirft uns mitten hinein in ein Schweden in Flammen. Große Waldbrände verwüsten große Teile des Landes und machen Tausende Menschen obdachlos und zu Klimaflüchtlingen im eigenen Land. So auch den ersten der vier Protagonisten, den dreifachen Familienvater Didrik, der mit seiner Familie auf der Flucht vor den Flammen ist. Dabei handelt er teils aus reinem Überlebensistinkt, teils aber auch aus Selbstdarstellung und Selstgerechtigkeit. Dieser erste Teil der Flucht liest sich rasant ist spannend und fesselnd.
Die zweite Protagonistin ist Influencerin Melissa, die in Stockholm in einer Luxuswohnung lebt und ihr Geld mit Werbung für Milch verdient. Auch ihr ist Selbstdarstellung nicht fremd. Während viele Menschen in Angst vor der Klimakatastrophe und den noch zu erwartenden Folgen leben, hat sie eine online Bewegung mit dem Hashtag #waehlefreude gegründet, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, sich nicht von den vermeintlich katastrophisierenden Stimmen zum Klimawandel runterziehen zu lassen, sondern mit #goodvibesonly ihr Leben in vollen Zügen zu genießen.
Der dritte Protagonist ist André, Sohn einer schwedischen Tennislegende. Der Teenager stand Zeit seines Lebens im Schatten seines Vaters, wurde mit den erfoglreicheren älteren Geschwistern verglichen und hat schließlich resigniert und sich mit seinem vermeintlichen Mittelmaß abgefunden. Vom Geld des Vaters leben stand er nie auf eigenen Beinen und ist entsprechend schockiert und wütend, als er erfährt, dass Daddy ihm den Geldhahn abdrehen will.
Als viertes kommt Vilja, die Teenager-Tochter von Didrik zu Wort. Sie mausert sich angesichts der Katastrophe vom launischen Teenager mit großer Liebe zum Konsum zu der fast verantwortungsvollsten und erwachsensten handelnden Person des Romans. Sie zeigt sich kämpferisch, ist enttäuscht über das Versagen, die Tatenlosigkeit und Hilflosigkeit der Erwachsenen und wandelt ihre Angst in Tatendrang um. Sie nimmt die Dinge in die Hand, kümmert sich um ihre Mutter und um die Kinder im Flüchtlingslager, in dem sie und ihre Mutter gelandet sind. Mit Viljas Charakter konnte ich am meisten anfangen und fand sie am authentischsten und glaubhaftesten.
Die vier Charaktere sind eigentlich allesamt unsympathisch. Doch das hat mich beim Lesen nicht gestört. Vielmehr nutzt Liljestrand seine Figuren geschickt als Stilmittel, um die Leser*innen zu zwingen, zu reflektieren, wie viel von Didrik, Melissa und Co in uns selbst steckt und sich mit unliebsamen eigenen Anteilen auseinanderzusetzen und die Rolle, die wir alle in der aktuellen Klimakatastrophe spielen, zu reflektieren. Der Roman rüttelt wach, zeigt konsequent auf, auf welche Katastrophe wir im Rahmen des Klimanotstandes zusteuern. Und ohne ein radikales Umdenken und eine noch radikalere Verhaltensänderung wird die Zukunftsperspektive mehr als unbequem werden –so zumindest prophezeit es Liljestrand in seinem Roman, der sich doch erschreckend realistisch anfühlt. Trotz einiger Schwächen, wie der manchmal doch etwas unglaubwürigen Handlungen der Protagonist*innen oder einzelner Längen im Text, kann ich für diesen Roman eine klare Leseempfehlung aussprechen.
Fazit:
"Der Anfang von Morgen" von Jens Liljestrand ist ein dystopischer Roman über die Klimakatastrophe. Die vier Protagonist*innen sind eigentlich allesamt unsympathisch. Doch das hat mich beim Lesen nicht gestört. Vielmehr nutzt Liljestrand seine Figuren geschickt als Stilmittel, um die Leser*innen zu zwingen, zu reflektieren, wie viel von Didrik, Melissa und Co in uns selbst steckt und sich mit unliebsamen eigenen Anteilen auseinanderzusetzen und die Rolle, die wir alle in der aktuellen Klimakatastrophe spielen, zu reflektieren. Der Roman rüttelt wach, zeigt konsequent auf, auf welche Katastrophe wir im Rahmen des Klimanotstandes zusteuern. Und ohne ein radikales Umdenken und eine noch radikalere Verhaltensänderung wird die Zukunftsperspektive mehr als unbequem werden –so zumindest prophezeit es Liljestrand in seinem Roman, der sich doch erschreckend realistisch anfühlt. Trotz einiger Schwächen, wie der manchmal doch etwas unglaubwürigen Handlungen der Protagonist*innen oder einzelner Längen im Text, kann ich für diesen Roman eine klare Leseempfehlung aussprechen.
Kurzmeinung:
Mit "Hätt' ich ein Kind" von Lea Streisand hatte ich so meine Startschwierigkeiten und ich hätte es fast abgebrochen. Ich bin unheimlich froh, dass ich es nicht gemacht habe. Denn bekommen habe ich dafür einen Roman über Mutterschaft, die verschiedenen Wege, eine Mutter zu werden, über Frauenfreundschaften und eine große Portion Humor.
Meine Meinung:
In dem Buch "Hätt' ich ein Kind" verfolgen wir die beiden Freundinnen Kathi und Effi. Sie kennen sich schon lange, gehen gemeinsam durch dick und dünn und sind die engsten Verbündeten. Und so ist es nur natürlich, dass sie auch gemeinsam Mütter werden. Doch so einfach ist das dann doch wieder nicht.
Als Effi Kathi erzählt, dass sie schwanger ist, ändert sich für sie alles. Sie beide waren es doch, die gemeinsam ihre Mütter-Freundinnen belächelt haben, die über nichts anderes, als ihre Kinder reden können und sich spätestens um 19Uhr von jeder Party verabschieden. Kathi hat Angst, wie sich ihre Beziehung zu Effi verändern wird. Und gleichzeitig lässt Effis Schwangerschaft auch Kathis eigenen Kinderwunsch wieder präsenter werden. Wäre da nicht ein Problem: Kathi kann keine biologischen Kinder bekommen. Zunächst ist es für sie ein Schock, doch dann entschließt sie sich, zusammen mit ihren Partner, ein Kind zu adoptieren.
Und so verfolgen wir die beiden Freundinnen auf ihrem Weg, Mütter zu werden. Jede auf ihre Weise. Und dieser Weg ist manchmal echt hart. Effi muss unter den physiologischen Veränderungen bei der Schwangerschaft leiden (Übelkeit, Komplikationen, Bettruhe) und erlebt sogar eine Fehlgeburt. Aber auch Kathi hat es alles andere als leicht. Es hat mir beim Lesen wirklich im Herzen weh getan, welche Steine Kathi und ihrem Partner in den Weg gelegt werden, welche bürokratischen Hürden genommen werden müssen, um einem Kind ein Zuhause zu schenken. Wie sie aufgeregt und nervös und vorfreudig waren, diese Freude immer wieder enttäuscht wurde und sie die Hoffnung schließlich schon fast aufgegeben haben.
Umso schöner fand ich es, von der wundervollen Frauenfreundschaft zu lesen. Von den beiden Frauen, die sich gegenseitig durch diese Zeiten voller Höhen und Tiefen begleiten. Und auch davon zu lesen, wie Mutterschaft die Freundschaft beeinflusst und verändert. Aber wie sie gleichzeitig auch stabil bleibt. Auch der Humor, der in der trotz des ernsten Themas in der Geschichte steckt, hat mir sehr gefallen. Und ich muss auch sagen, dass mich das Buch auch persönlich berührt hat. Ich bin in einem ähnlich Alter wie die Protagonistinnen und setze mich auf die ein oder andere Art und Weise auch mit den Themen Mutterschaft und Kinderwunsch auseinander. Daher fand ich es interessant, diese beiden unterschiedlichen Perspektiven zu verfolgen und mich literarisch mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Am Anfang hatte ich zwar meine Schwierigkeiten, in die Geschichte hineinzufinden. Und Kathis Ausflüge in die Geschichte der Deutschen Märchen haben mich nicht unbedingt interessiert. Aber insgesamt bin ich doch froh, dass ich dieses Buch über Frauenfreundschaft und Mutterschaft gelesen habe.
Bewertung zu "Die Tribute von Panem X. Das Lied von Vogel und Schlange" von Suzanne Collins
-Leselust-Der Prequel zur berühmten Hungergames Reihe. Die Trilogie habe ich damals sehr gerne gelesen und als ich "Das Lied von Vogel und Schlange" angefangen habe, kam so ein bisschen Nostalgie in mir hoch und auch das Panem-Gefühl war schnell wieder da. Diesmal verfolgen wir den jungen Coriolanus Snow, den späteren Präsidenten von Panem. Es ist die Zeit kurz nach dem Krieg der Rebellen und das Jahr der zehnten Hungerspiele. Erstmals sollen die Tribute Mentoren zur Seite gestellt bekommen -und zwar Schüler des Kapitols. Als Coriolanus dem Tribut aus Distrikt 12 als Mentor zugeordnet wird, beginnt für ihn ein Abschnitt, in dem viele seiner Werte erschüttert werden und er sich fragen muss, welchen Preis er für sein Streben nach Macht und Erfolg zu zahlen bereit ist.
Ich hatte vor dem Lesen einige Bedenken. Wie gut kann so ein Prequel schon gelingen, bei so einer erfolgreichen Triologie und einer so langen Pause zwischen den Bänden. Tatsächlich gut! Ich habe dieses Buch sehr gerne gelesen und mit Spannung die Entwicklung von Coriolanus und der Hungerspiele verfolgt. Und Suzanne Collins schafft es mit ihrem einnehmenden Schreibstil, dass ich sogar für Coriolanus mitgefiebert habe, obwohl ich genau wusste, in welche Richtung er sich in der ursprünglichen Trilogie entwickeln würde. Für meinen Geschmack hätten die Hungerspiele noch etwas länger dauern können; die fand ich nämlich wirklich spannend zu verfolgen und ich konnte das Buch in diesen Kapiteln kaum aus der Hand legen. Dieser Sogfaktor hat für mich danach etwas nachgelassen, aber ich habe das Buch trotzdem gerne weitergelesen. Auch das Ende und die charakterliche Weiterentwicklung von Snow fand ich überzeugend.
An die ursprüngliche Trilogie kann dieses Buch zwar nicht heranreichen -dafür waren die Charaktere hier einfach nicht ganz so tief, komplex und auch nicht so richtige Sympathieträger - aber es ist trotzdem spannende und gut unterhaltende Literatur. Wer Sehnsucht nach dem Panem-Lesegefühl hat, dem sei dieses Buch wärmstens empfohlen.
Am Anfang hat mich dieser Roman richtig gefesselt. Wir lernen die Deutsche Fanni und den Japaner Junya kennen und verfolgen die beiden auf ihrem Weg durch eine Welt, die nicht für sie gemacht scheint. Beide sind Außenseiter und erleben auf ihre Weise Einsamkeit und Enfremdung und sind in ihrem Bedürfnis nach Zugehörigkeit doch nicht alleine. Fanni sucht sich diese, in dem sie über die eingebauten Überwachungskameras am Familienleben einer eigentlich fremden Familie teilnimmt. Und Junya rutscht noch tiefer ab ins Zwielicht und findet sich schließlich auf den Straßen Tokyos in Mitten von Gewalt und Gangs wieder.
Das Buch fängt gut diese Stimmung von Einsamkeit, Angst und Entfremdung ein. Es bleibt beim Lesen immer eine Distanz zu den Protagonisten. Und keinen der beiden konnte ich wirklich verstehen. Das passt sehr gut zu der Geschichte, die der Autor erzählen will. Trotzdem hat es leider auch dazu geführt, dass ich dieses Buch passagenweise nicht ganz so gerne gelesen habe, weil ich eben nicht so mitfühlen konnte und immer eine Gefühl von Fremdheit zurückblieb.
Wer sich darauf einlassen kann, bekommt aber eine gut konstruierte Geschichte, die in konsequentem Stil ein wichtiges Thema unserer Zeit bearbeitet.
Ein gutes Buch, welches sich einem spannenden Thema widmet: Wer hält unsere Social Media Plattformen "sauber" und schützt die Nutzer:innen vor traumatisierenden Inhalten? Und wie geht es den Menschen, die diese Post ansehen und aussortieren müssen? Welche Auswikungen hat es, sich den ganzen (Arbeits-)Tag mit Gewalt, sexuellen Inhalten und Verschwörungstheorien und Hetzte beschäftigen zu müssen? Und das im Akkordtempo. Diesen Fragen widmet sich dieser Roman zunächst behutsam, dann immer eindringlicher. Wir verfolgen Kayleigh und ihre Arbeitskolleg*innen und erleben mit, wie sie sich immer weiter belasten, von einander entfernen und unterschiedlich anfällig dafür sind, sich selbst in die Abgründe ziehen zu lassen, in die sie Tag für Tag blicken müssen. Allerdings verliert der Roman für mich im Verlauf auch immer mal wieder den Fokus, driftet ab in Nebenschauplätze und auch der Erzählstil wird teilweise etwas unscharf. Durch den geringen Umfang lässt sich das Buch schnell lesen und ich würde es trotz einiger Schwächen weiterempfehlen, wenn man Interesse an diesem speziellen Thema hat.
Es hat mich teilweise sehr mitgenommen und bewegt, die Geschichte dieses Jungen zu verfolgen. Mikita verliert zuerst seine Mutter und wächst dann bei seinem Onkel in Russland in einer queeren Familie auf. Das birgt natürlich Schwierigkeiten und Miki muss von Kindheit an lernen, vieles von seinem Alltag zu verstecken und verheimlichen.
Gerade die erste Hälfte des Romanes habe ich als intensiv und berührend wahrgenommen. In der zweiten Hälfte driftete es für mich etwas ins Egozentrische ab, was aber ja durchaus gut zu der Teenagezeit passt und der Ton daher gut getroffen war. Zum Lesen fand ich es dann aber trotzdem eher anstregend und teilweise redundant. Insgesamt aber ist das Buch sehr gelungen und ich würde es weiterempfehlen.