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Cover des Buches Das Geflüster (ISBN: 9783328601821)

Bewertung zu "Das Geflüster" von Ashley Audrain

Das Geflüster
-nicole-vor einem Tag
Kurzmeinung: Ein Drama voller dunkler Geheimnisse und Abgründe. Es gibt Stärken und Schwächen im Verlauf. Ich vergebe 3,5 Sterne.
Ein Drama voller dunkler Geheimnisse und Abgründe - mit Stärken und Schwächen im Verlauf

Die dunklen Geheimnisse der Harlow Street…

Bevor der Sommer zu Ende geht, versammelt sich die Nachbarschaft der Harlow Street zu einem Gartenfest. Getränke fließen bis spät in die Nacht und alles scheint perfekt – vor allem die Gastgeberin. Bis zu dem Moment, als Whitney vor aller Augen die Fassung verliert, weil ihr neunjähriger Sohn Xavier nicht gehorchen möchte. Die emotionale Entgleisung sorgt für Getuschel hinter vorgehaltener Hand. Als Xavier nur wenige Monate später aus seinem Kinderzimmerfenster stürzt, ist der Skandal unvermeidbar und das Urteil schnell gefällt. Doch in dieser Nachbarschaft ist niemand so vollkommen, wie er vorgibt zu sein. Im Laufe einer Woche spitzen die Dinge sich zu: Während Xavier zwischen Leben und Tod schwebt, müssen sich die Frauen in der Harlow Street ihren eigenen Abgründen stellen.
(Quelle: Auszug aus der Inhaltsangabe – Penguin Verlag)


„Das Geflüster“ ist der zweite Roman von Ashley Audrain und am 01. März 2024 vorab als eBook erschienen. Das Printexemplar ist ab dem 24. April 2024 erhältlich. Die Autorin widmet sich in diesem Drama den dunklen Geheimnissen und den Abgründen der Bewohner der Harlow Street.

Die Geschichte beginnt mit einer Gartenparty, zu der Whitney Loverly die Nachbarschaft eingeladen hat. Alles scheint perfekt: Das große und lichtdurchflutete Haus, der durchgestylte Garten und dazu die Bilderbuchfamilie: Die erfolgreiche Geschäftsfrau Whitney, ihr Mann Jacob, Sohn Xavier und die Zwillinge Thea und Sebastian. Doch der harmonische Schein trügt. Denn als der neunjährige Xavier ihr nicht gehorchen will, verliert Whitney die Beherrschung – und alle bekommen es mit. Danach kommt Getuschel auf, Vermutungen werden hinter vorgehaltener Hand gestellt.


„Whitney und Blair wechseln einen Blick. Nach der Party werden sie sich an diese angespannten Sekunden erinnern, ohne zu wissen, warum. Erst viele Monate später, in einer Nacht im Juni, an einem Mittwoch, wenn alles implodiert.“ – Seite 113, eBook


Neun Monate später passiert schließlich das Schreckliche: Xavier stürzt aus dem Fenster seines Kinderzimmers. Schnell werden auch hier Vermutungen angestellt und dabei wird deutlich, dass auch die anderen Bewohner nicht so perfekt sind, wie sie vorgeben zu sein. Während Xavier um sein Leben kämpft, tun sich Abgründe in der Harlow Street auf – tief verborgene Geheimnisse kommen ans Licht und verändern alles…


„Das Geflüster, das sie sonst so erfolgreich ignoriert, dröhnt ihr in den Ohren.“ – Seite 249, eBook


Im Mittelpunkt stehen vier Frauen mit ihren Familien, in deren Leben wir nach und nach einen sehr detailreichen Einblick bekommen: Whitney, Blair, Rebecca und Mara – sie alle leben in der Harlow Street und könnten unterschiedlicher nicht sein. Jede von ihnen hat mit eigenen Problemen, Schicksalen und Sorgen zu kämpfen. Die nach außen hin perfekt und glücklich wirkenden Familienbilder beginnen schnell zu bröckeln.


"Blair will, dass er weiterredet, dass ihm eine Geschichte einfällt, an der sie weiterstricken können, bis sie wahr wirkt.“ – Seite 244, eBook


Ein zentraler Punkt, um den alles kreist, ist der schreckliche Sturz des zehnjährigen Xavier aus dem Fenster – hier setzt sich nach und nach ein Gesamtbild zusammen, das überrascht. Unerwartet ist, dass auch eine andere sensible Thematik hier einen ganz zentralen Punkt einnimmt und ausführlich behandelt wird: Das Thema Fehlgeburt. Hier wäre vielleicht eine kurze Triggerwarnung am Anfang wichtig gewesen.
Die regelmäßig wechselnden Blickwinkel aus Sicht der vier Frauen ist gut gewählt. Einerseits auf gewisse Weise interessant zu verfolgen, auf der anderen Seite aber auch manchmal sehr unangenehm – wie etwa die Gedanken einiger Figuren, angeführt von Whitney. Vieles dreht sich um Neid, Eifersucht, Perfektionismus und Wut. Was mir nicht gefallen hat, waren die detaillierten erotischen Szenen – hier hätten Andeutungen gereicht.

Die Handlung erinnert im ersten Moment an „Desperate Housewives“ und man ist neugierig, wie sich alles zusammensetzen wird. Nach und nach kommt einiges ans Licht mit dem man so nicht gerechnet hat. Es wird traurig und auch beklemmend, sehr bewegend und auch etwas unheimlich. Mit einem Ende, das vielleicht etwas zu abrupt war.


„Sie weiß nicht genau, was sie da gerade gesehen hat, aber plötzlich sind sie alle Teil einer Situation, die sich immer weiter zuspitzt. (…) Die möglichen Konsequenzen eröffnen sich ihr mit einer solchen Wucht, dass sie sie kaum verarbeiten kann.“ – Seite 256, eBook


Mein Fazit: Ein Drama voller dunkler Geheimnisse und Abgründe, das mich zweigeteilt zurücklässt. Einerseits detailliert und gut geschrieben mit durchaus interessanten und gut gezeichneten Figuren – auch die Idee der Story macht neugierig auf die Umsetzung. Von dunklen Geheimnissen, Abgründen und traurigen Schicksalen bis hin zu einem dramatischen Gesamtbild ist alles vorhanden.
Was ich etwas störend fand, waren die zu detaillierten erotischen Szenen, die oft grob und irgendwie fehl am Platz wirkten. Auch zogen sich manche Abschnitte etwas. Den Ausgang der Geschichte hätte ich mir wiederum etwas ausführlicher gewünscht.
Es gibt Stärken und Schwächen. Insgesamt ist das Buch aber durchaus lesenswert. Ich vergebe 3,5 Sterne.

Cover des Buches Der Stich der Biene (ISBN: 9783956145810)

Bewertung zu "Der Stich der Biene" von Paul Murray

Der Stich der Biene
-nicole-vor 5 Tagen
Kurzmeinung: Ein Familiendrama mit Stärken und Schwächen. Mal interessant und durchaus fesselnd, dann wird manches aber wieder arg in die Länge gezogen.
Ein Familiendrama mit Stärken und Schwächen

Das Schicksal der Familie Barnes…

Familie Barnes steckt in Schwierigkeiten. Dickie Barnes’ lukratives Autogeschäft läuft nicht mehr. Aber anstatt sich dem Problem zu stellen, beginnt er in den Wäldern einen Bunker zu bauen. Seiner Frau Imelda, die ihren Schmuck auf eBay verkauft, erscheinen die Avancen von Big Mike, dem reichen Rinderzüchter, immer attraktiver. Die achtzehnjährige Cass, die immer die Klassenbeste war, reagiert auf den Niedergang, indem sie beschließt sich bis zu ihrem Abschluss jeden Tag zu betrinken, während der zwölfjährige PJ einen Plan schmiedet, um von zu Hause abzuhauen.
Wenn das Leben und die Welt auseinanderfallen, stellen sich die großen Fragen: Wann und warum begann der Untergang? Was hätte man tun können und wie weit müsste man zurückgehen, wenn man die Geschichte ändern könnte? Bis zu dem Tag als Dickie Barnes zehnjährig zitternd vor seinem Vater stand und lernte, wie man ein richtiger Mann wird? Bis zu dem Autounfall zwölf Monate vor Cass’ Geburt? Oder bis zu dem verheerenden Stich der Biene, der Imeldas Hochzeitstag ruinierte? (Quelle: Inhaltsangabe A. Kunstmann / dtv- Verlag)


„Der Stich der Biene“ ist der neue Roman von Paul Murray und erzählt die Geschichte einer irischen Familie, dessen Leben immer weiter zerfällt.

Familie Barnes war einst ziemlich erfolgreich mit ihrem Autogeschäft und den dazugehörigen Werkstätten. Doch seit einiger Zeit läuft das Unternehmen schlecht, Gerüchte um eine Schließung machen die Runde. Doch Dickie Barnes verschließt die Augen vor den Problemen und widmet sich mit einem Freund einem anderen Projekt: Den Bau eines Bunkers im Wald.
Seine Frau Imelda, die ihren Status als wohlhabende Frau unbedingt aufrechterhalten will, tut alles dafür und verkauft Möbel und Schmuck auf Ebay – und wird immer zorniger auf ihren Mann.
Auch den Kindern – der achtzehnjährigen Cassandra „Cass“ und dem zwölfjährigen PJ- bleiben die Probleme nicht verborgen. Beide haben zudem eigene Sorgen und gehen unterschiedlich mit den aktuellen Geschehnissen um.


„Cass war sprachlos. Wo sollten sie mit der Beschreibung der stürmischen Wochen anfangen? Wie konnten sie das Hochgefühl und den herzzerreißenden Kummer erklären, die Hoffnung auf eine Zukunft, die sich ihnen erst eröffnete und dann verschloss?“
– Seite 43, eBook


Die Familie verliert sich schließlich immer mehr aus den Augen.
Doch wie ist es dazu gekommen? Ein Blick in die Vergangenheit gibt überraschenden Aufschluss und entscheidet über das Kommende…

Mit den knapp 700 Seiten ist das Familiendrama sehr detailreich geschildert. Anfangs in vier langen Abschnitten, die jeweils aus Sicht der einzelnen Familienmitglieder geschrieben wurden, später öfter wechselnd mit einem rasanten Showdown zu einem doch etwas wirren Ende.


„In diesem Augenblick war es ihr unmöglich zu glauben, dass die Gegenwart, die so fadenscheinig und flatterhaft war, die sie so hin und her schleuderte, die sie wie eine Achterbahn durchschüttelte, das Bild sein sollte, in dem der Rest ihres Lebens schon vorgezeichnet war, obwohl sie sich selbst kaum darin erkennen konnte.“
– Seite 68, eBook


In den ersten vier Abschnitten lernen wir die Eltern Dickie und Imelda und deren Kinder Cass und PJ sehr gut kennen – von Sorgen und Ängsten, fragwürdigen Freundschaften und traurigen Geheimnissen – besonders die aktuelle und schwierige Situation der beiden Kinder wird deutlich. Bei Imelda und Dickie geht es zudem noch in die Vergangenheit, wodurch sich nach und nach einzelne Puzzleteile zusammensetzen und unter anderem Tragisches offenbaren.


„Dickie zog sich hinter den Computer zurück und tat so, als schaute er auf den Bildschirm. In seinem Kopf stürzten Gemäuer ein und brannte Gebälk, ein Haus in Flammen.“ 
– Seite 410, eBook


Der Schreibstil ist an einigen Stellen gewöhnungsbedürftig – schnell wird deutlich, dass Anführungszeichen im gesamten Buch fehlen, woran man sich aber gewöhnt. Jedoch fehlen bei den Abschnitten, in denen es um Imelda geht, bis auf Fragezeichen sämtliche Satzzeichen – dieses stört den Lesefluss leider sehr.

Viele Kapitel sind interessant und lassen sich gut verfolgen, man ist gespannt, wohin das alles letztendlich führen wird. Und tatsächlich kommen einige Geheimnisse ans Licht und nehmen ab und an noch einen dramatischen Verlauf. Besonders die Abschnitte, in denen es um Cass und PJ geht sind lesenswert. Doch neben spannenden Geschehnissen gibt es aber auch immer wieder Kapitel, wo einiges zu sehr in die Länge gezogen wird und eher Nebensächliches die Oberhand gewinnt. Überraschend kommt dann im letzten Drittel nochmal etwas Fahrt in die Geschichte – mit wirren Entwicklungen.

Es wird dramatisch und manchmal auch etwas beklemmend, dann wieder interessant und auch mal berührend. Es ist aber keine Wohlfühlgeschichte.

Mein Fazit: Ein Familiendrama mit Stärken und Schwächen. Viele Kapitel und auch die Figurenzeichnung sind detailreich und die Geschichte entwickelt sich interessant – zudem werden einige lose Fäden zu einem überraschenden Gesamtbild verknüpft. Von Geheimnissen über Sorgen, Ängste und dem langsamen Niedergang der Familie – es wird dramatisch und auch bewegend.
Leider stören die fehlenden Satzzeichen in bestimmten Kapiteln den Lesefluss und manches wird arg in die Länge gezogen. Auch wenn es im letzten Drittel nochmal spannend wird, endet das Buch doch etwas abrupt.
Stärken und Schwächen halten sich die Waage – die Geschichte ist an einigen Stellen aber durchaus fesselnd. Ich vergebe drei Sterne.

Cover des Buches Der ehrliche Finder (ISBN: 9783103975642)

Bewertung zu "Der ehrliche Finder" von Lize Spit

Der ehrliche Finder
-nicole-vor 10 Tagen
Kurzmeinung: Eine sehr berührende Geschichte, die auf nur 128 Seiten eine besondere Tiefe entwickelt. Atmosphärisch dicht und großartig geschrieben.
Eine sehr berührende Geschrichte - großartig geschrieben

Von einer bewegenden Freundschaft…

Seit er vor einem Jahr in Bovenmeer angekommen ist, sitzt Tristan in der Schule neben Jimmy, der klüger und einsamer ist als alle anderen und es sich zur Aufgabe macht, Tristan Ibrahimi durch das Schuljahr zu begleiten. Denn der hat nicht nur einen Krieg erlebt und eine Flucht durch ganz Europa, sondern er hat auch das, wonach Jimmy sich am meisten sehnt: eine intakte, große Familie, die Halt und Geborgenheit bietet.
Gemeinsam bauen sie sich ihre eigene Welt voller geheimer Orte und einer Sprache, die beide verstehen, eine Welt, in der Freundschaft möglich ist. Bis jemand eine Entscheidung trifft, die nicht nur ihre Welt gefährdet und Jimmy und Tristan alles abverlangt.
(Quelle: Auszug aus der Inhaltsangabe – S. Fischer Verlage)


Nach „Und es schmilzt“ und „Ich bin nicht da“ ist „Der ehrliche Finder“ der dritte Roman der Autorin Lize Spit. Auch hier überzeugt sie mit ihrem besonderen und intensiven Schreibstil.

Hauptfiguren hier sind zwei Jungen, zwischen denen sich eine enge Freundschaft entwickelt. Jimmy Sluis ist ein kluger Junge, dessen große Leidenschaft das Sammeln von Flippos ist – kleine, bunte Plastikscheiben, auf denen Zeichentrickfiguren abgebildet sind und als Extra in Chipstüten zu finden sind.
Doch Jimmy ist auch sehr einsam. Doch als eines Tages der etwas ältere Tristan Ibrahimi in seiner Klasse neben ihm gesetzt wird, erlebt er das erste Mal das glückliche Gefühl einer Freundschaft. Tristan, der zusammen mit seiner großen Familie aus dem Kosovo geflohen ist, hat noch mit den schrecklichen Geschehnissen der langen und dramatischen Flucht zu kämpfen. Jimmy macht es sich zur Aufgabe, Tristan zu helfen – bei der Sprache und im Schulunterricht. Die beiden Freunde wachsen zusammen und Jimmy erlebt wie es ist, in einer großen Familie aufzuwachsen, die sich gegenseitig Halt und Geborgenheit gibt.


„Jimmy hatte sich damit abfinden müssen, dass er nur den Tristan-nach-der-Flucht kannte, den Tristan, der nicht wusste, ob er würde bleiben dürfen, und dass sich irgendwo in dem Tristan, den er kennengelernt hatte, ein anderer Tristan versteckte, eine ausführlichere Version, der kosovarische Tristan. (…)
So gerne Jimmy diesen Tristan ebenfalls kennenlernen wollte, kannte er doch nur die äußerste Schicht, die um diesen herumgewachsen war, ein dünner Wachstumsring einer anderen Holzart.“
– Seite 36, eBook


Doch dann erfahren sie eine Neuigkeit, die alles verändern wird – und das zieht einen Plan nach sich, dessen Ausmaße nicht abzuschätzen sind…

Auf nur 128 Seiten hat Lize Spit einen atmosphärisch dichten Roman geschaffen, der -trotz der wenigen Seiten- eine gewisse Tiefe hat. Die Geschichte wird aus Sicht von dem etwa zehn Jahre alten Jimmy erzählt. Dadurch bekommen wir auch seine kindliche Sicht auf die Dinge und Geschehnisse, die er und Tristan erleben. Doch es wird auch deutlich, was alles zwischen den Zeilen steht – dieses ist gut gelungen.
Ein zentrales Thema ist Jimmys Hobby – das Sammeln von Flippos und alles was damit zusammenhängt. Schnell wird deutlich, wie und warum dieses so wichtig für ihn ist – auch seine Gedanken, wie Wünsche und auch Ängste werden klar beschrieben. Wie erfahren schließlich auch, was es mit dem titelgebenden “Ehrlichen Finder“ auf sich hat. Jimmy wächst einem schnell ans Herz.


„Er kannte seine Sammlung besser als irgendetwas sonst, sie steckte so selbstverständlich in seinem Kopf wie das Einmaleins, er konnte vorwärts und rückwärts aufzählen, wie viele Exemplare er von welchem Flippo besaß. (…)
Wenn er nicht schlafen konnte, blätterte er im Bett in seinen Alben, um alles zu studieren.“ 
– Seite 24, eBook


Die Bedeutung der Freundschaft für Jimmy mit Tristan ist sehr berührend: Nach und nach lernen wir auch Tristans traurige Geschichte und dessen Familie kennen. Und später auch von einem Plan, der aus einer Verzweiflung entsteht…
Über der ganzen Geschichte schwebt eine Atmosphäre, die eventuell Unheilvolles erahnen lässt – und man nicht genau weiß, was geschieht und wie es ausgehen wird.


„Er setze sich neben Tristan auf einen umgedrehten Eimer. Jetzt saßen sie eindeutig im Warteraum zu etwas Schrecklichem.“ – Seite 43, eBook


Die Geschichte ist sehr gut ausgearbeitet und hätte durchaus das Potenzial für einen längeren Roman gehabt. Doch gleichzeitig hat der kurze Roman eine überraschende Tiefe – und den wenigen Seiten steckt so viel, dieses ist großartig gelungen. Nur das Ende kam etwas zu plötzlich, dieses hätte gerne noch ausführlicher sein können.

Mein Fazit: Ein sehr bewegender Roman, der auf nur 128 Seiten eine besondere Tiefe entwickelt. Atmosphärisch dicht und mit ihrem intensiven Schreibstil schafft Lize Spit es auf nur wenigen Seiten, uns Leser:innen zu fesseln. Stark gezeichnete Charaktere, Wünsche und Ängste und eine große Freundschaft – ein berührendes Buch, das ans Herz geht. Sehr lesenswert.

Cover des Buches Handbuch für den genügsamen Zauberer: Überleben im mittelalterlichen England (ISBN: 9783492706650)

Bewertung zu "Handbuch für den genügsamen Zauberer: Überleben im mittelalterlichen England" von Brandon Sanderson

Handbuch für den genügsamen Zauberer: Überleben im mittelalterlichen England
-nicole-vor 12 Tagen
Kurzmeinung: Unterhaltsame Zeitreise-Fantasy mit coolen Science-Fiction-Elementen. Abenteuerlich, schräg und lesenswert.
Herrlich schräge Zeitreise-Fantasy

Zwischen Mittelalter und modernster Technik...

Ein Mann erwacht auf einem Feld – ohne zu wissen, wer er ist, woher er kommt und warum er dort ist. Seine Umgebung wirkt wie England im Mittelalter – doch ist es das wirklich? Seine einzige Hoffnung, zu überleben: Er muss einen Reiseführer mit dem Titel „Handbuch für den genügsamen Zauberer: Überleben im mittelalterlichen England“ wieder zusammensetzen, der dummerweise bei seiner Ankunft an diesem Ort in Einzelteile zerlegt wurde. Außerdem muss er seine Erinnerung wiedererlangen und Verbündete unter den Einheimischen finden, bevor ihm mysteriöse Feinde an den Kragen gehen können …

Mit dem Crowdfunding für seine „Secret Projects“ erreichte Brandon Sanderson Anfang 2022 180.000 Leser:innen weltweit und nahm eine Rekordsumme von über 40 Mio. US-Dollar ein. Das „Handbuch für den genügsamen Zauberer“ ist das zweite dieser besonderen Bücher, das beim Piper Verlag in deutscher Übersetzung erscheint. Die beiden verbleibenden Bücher Nr. 3 und 4 erscheinen bei den anderen Sanderson-Verlagen Droemer Knaur und Heyne.
 (Quelle: Auszug aus der Inhaltsangabe – Piper Verlag)

 

Wie schon in der Inhaltsangabe beschrieben, ist das „Handbuch für den genügsamen Zauberer“ das zweite von insgesamt vier Secret Projects – Bücher, für die Brandon Sanderson im Jahr 2022 eine sehr erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne gestartet hat. Die Bücher sind Einzelromane und daher unabhängig voneinander lesbar. Nachdem mich „Weit über der smaragdgrünen See“ so begeistert hatte, war ich sehr gespannt auf den zweiten Roman der besonderen Reihe. Im Vor- und Nachwort erzählt der Autor von der der Entstehung des Buches, der Idee dahinter und von den vielen beteiligten Personen.

Hauptfigur hier ist ein Mann, der plötzlich mitten auf einem Feld aufwacht – um ihn herum verbranntes Gras mit seinem Umriss. Er kann sich an nichts erinnern – weder wer er ist noch woher er kommt. Mit ihm gereist ist ein „Handbuch für den genügsamen Zauberer – Überleben im mittelalterlichen England“ – das Buch ist eine Art Reiseführer und seine einzige Hoffnung, um mehr über seine Situation zu erfahren. Um seine Erinnerung zurückzuerlangen versucht er, Kontakt mit den Bewohnern des nahegelegenen Dorfes aufzunehmen – nach und nach erfährt er, dass erst vor kurzem mysteriöse Vorgänge stattgefunden haben und anscheinend mehr hinter seiner Reise steckt.


„Ich suchte in meiner Erinnerung nach Hinweisen, doch ich fand nur Leere, wie in einem weißen Zimmer, das erst noch farbig gestrichen werden musste. (…)
Ich sah hinter mich, und dort bemerkte ich einen menschenförmigen Bereich, der ebenfalls nicht verbrannt war. Und meine Größe hatte. Meinen Umriss. Vielleicht war ich feuerfest?“
– Seite 14, eBook


Die Geschichte ist in der Ich-Perspektive aus der Sicht der Hauptfigur geschrieben – gemeinsam mit ihm erfahren wir nach und nach, warum er sich in einem mittelalterlichen England befindet, wer er ist und natürlich auch seinen Namen. Das Besondere hier ist, dass wir all diese Details und die Puzzlestücke seiner wiederkehrenden Erinnerung gemeinsam mit ihm entdecken – das ist sehr gut gelungen. Nach und nach setzt sich so eine Geschichte zusammen, die ziemlich überraschend ist. Fest steht, dass die Hauptfigur weit aus der Zukunft kommt und es allerlei Besonderheiten gibt.


„Wie überlebten Leute bloß ohne medizinische Nanobots?" – Seite 147, eBook


Auch über die mittelalterliche Welt erfahren wir einiges, deren Bewohner sind gut gezeichnet und spielen natürlich eine zentrale Rolle. Die Mischung von frühester Vergangenheit mit der ziemlich technischen Zukunft im 22. Jahrhundert ist sehr unterhaltsam: Von medizinischen Nanobots und Dimensionsreisen, über Wikinger und Wichte bis hin zu verbrecherischen Unternehmen – es gibt einiges zu entdecken.


„Auf seinen Ruf hin wurde ein weiteres Pferd gesattelt und herbeigeführt. Ein großes weißes Tier mit misstrauischem Blick. Hölle! Jetzt muss ich wohl auf ihm reiten, was? Ich bezweifelte, dass es mit eingebauter Federung und Bluetooth-Lautsprechern geliefert wurde.“ – Seite 79, eBook


Mal herrlich schräg und mit einigen Science-Fiction-Elementen, dann wieder abenteuerlich und interessant – auch etwas Magie ist vorhanden. Die Handlung lässt sich gut lesen und ist angenehm geschrieben. Zwischen den Kapiteln gibt es immer wieder Passagen aus dem titelgebenden Handbuch, die humorvoll und gleichzeitig informativ sind – besonders, was die Art der Zeitreise angeht.

Mir hat das Buch insgesamt gut gefallen, jedoch ist es nicht ganz so stark wie der Vorgänger. Ich habe anfangs einige Zeit gebraucht, bis ich mich in die Geschichte eingefunden habe und sie mich abholen konnte. Doch sie hat es geschafft.

Wie auch schon „Weit über der smaragdgrünen See“ ist dieser Roman ebenfalls ein Einzelband, jedoch spielt er nicht im Kosmeer-Universum, in dem die meisten von Brandon Sandersons Romane und Fantasy-Reihen angesiedelt sind. Die Buchgestaltung ist wieder sehr gelungen: Von einem passenden Cover bis hin zu den humorvollen Illustrationen – alles ist sehr schön aufeinander abgestimmt.

Mein Fazit: Unterhaltsame Zeitreise-Fantasy mit coolen Science-Fiction-Elementen. Brandon Sanderson erzählt von einem Zeitreisenden, der erst nach und nach herausfindet, warum er im tiefsten Mittelalter gelandet ist – und hier gibt es einige Überraschungen im Verlauf. Herrlich schräg ist die Mischung vom tiefsten Mittelalter mit Technik aus der fernen Zukunft. Angenehm leicht erzählt, abenteuerlich und besonders. Nach etwas Einlesezeit konnte mich der Roman schließlich abholen. Nicht ganz so stark wie das erste Secret Project, aber auf jeden Fall lesenswert.

 

Cover des Buches Yellowface (ISBN: 9783847901624)

Bewertung zu "Yellowface" von Rebecca F. Kuang

Yellowface
-nicole-vor 15 Tagen
Kurzmeinung: Rebecca F. Kuang überzeugt in ihrem neuen Roman wieder mit einem detaillierten und klaren Schreibstil. Spannend, überraschend und fesselnd.
Ein gelungener Roman, der sich so spannend wie ein Krimi liest

Ein Buchdiebstahl und dunkle Geheimnisse…

June Hayward und Athena Liu könnten beide aufstrebende Stars der Literaturszene sein. Doch während die chinesisch-amerikanische Autorin Athena für ihre Romane gefeiert wird, fristet June ein Dasein im Abseits. Niemand interessiert sich für Geschichten "ganz normaler" weißer Mädchen, so sieht es June zumindest.
Als June Zeugin wird, wie Athena bei einem Unfall stirbt, stiehlt sie im Affekt Athenas neuestes, gerade vollendetes Manuskript, einen Roman über die Heldentaten chinesischer Arbeiter während des Ersten Weltkriegs.
June überarbeitet das Werk und veröffentlicht es unter ihrem neuen Künstlernamen Juniper Song. Denn verdient es dieses Stück Geschichte nicht, erzählt zu werden, und zwar egal von wem? Aber nun muss June ihr Geheimnis hüten. Und herausfinden, wie weit sie dafür gehen will.
(Quelle: Inhaltsangabe – Eichborn Verlag)


YELLOWFACE ist das neue Buch der Bestsellerautorin Rebecca F. Kuang, die mich im letzten Jahr bereits mit ihrem Roman BABEL begeistern konnte. Dementsprechend gespannt war ich auf ihr neues Werk, das einige Überraschungen im Verlauf bereithält.

Hauptfiguren sind die beiden jungen Schriftstellerinnen June Hayward und Athena Liu. Während Athena mit siebenundzwanzig schon drei Romane veröffentlicht hat und sehr erfolgreich ist, bleibt der gewünschte Erfolg bei June aus. Ihr Debüt geriet schnell in Vergessenheit – der Neid auf Athenas Ruhm ist groß. Doch eines Abends überschlagen sich die Ereignisse: June wird Zeugin, als Athena stirbt – durch einen dramatischen Unfall. Noch während sie unter Schock steht, stiehlt sie aus Athenas Schreibzimmer deren neuestes Manuskript mit dem Titel „Die letzte Front“, das die Geschichte der chinesischen Arbeiter im Ersten Weltkrieg erzählt. Niemand hat es bisher gelesen.

June widmet sich dem Manuskript und bearbeitet es, um es schließlich als ihr Werk auszugeben – unter dem Pseudonym Juniper Song. Und plötzlich steht sie im Mittelpunkt – alle sind davon überzeugt, dass ihr Buch der neue Bestseller wird. Doch je weiter das Projekt voranschreitet, desto größer wird Junes Angst, dass ihr Geheimnis auffliegen könnte. Wie weit wird sie gehen um dieses zu bewahren?


„Eine Lüge lässt sich am besten vor aller Augen verstecken.“ – Seite 48, eBook


Der Roman hat mich von der ersten Seite an gepackt. Die Geschichte ist in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Juniper „June“ Hayward geschrieben, die uns ihre Geschichte selbst erzählt. Wir erfahren, wie sie Athena in frühen Collegejahren kennengelernt hat und wie diese zur Bestsellerautorin wurde. Gleichzeitig wird aber auch Missgunst und Neid auf Athena deutlich. Als es dann schließlich zu einem Unfall kommt (und WAS für ein Unfall!) stiehlt June kurzerhand Athenas gerade fertiggestelltes Manuskript an sich und beschließt, es als ihr eigenes Buch auszugeben – was Folgen hat…

Der Schreibstil von Rebecca F. Kuang ist detailreich und bildgewaltig, die Geschichte sehr facettenreich mit vielen aktuellen Themen. Anfangs sind die Verlagsarbeit und die Buchentstehung zentrale Punkte. Besonders packend zu verfolgen ist, wie Athenas Manuskript langsam immer mehr zu Junes Buch wird und sie sämtliche Erkennungsmerkmale überarbeitet.

„Aber dann machte ich einfach weiter. Ich konnte nicht aufhören. Man sagt, es sei viel einfacher, einen schlechten Entwurf zu überarbeiten, als eine leere Seite zu füllen, und es stimmt – ich bin in diesem Moment überzeugt von meiner Arbeit. (…) Ich erkenne, wo das Tempo nachlässt und streiche die abschweifenden Lückenfüller gnadenlos raus. Ich ziehe den roten Faden in die Länge, wie einen hellen, kraftvollen Ton. Ich räume auf; ich stutze und verschönere; Ich lasse den Text singen.“ – Seite 33, eBook


Aber auch Junes Zerrissenheit zwischen Gewissensbissen und die Gier nach Erfolg und Anerkennung (die meist die Oberhand gewinnt) ist spannend zu verfolgen – und gleichzeitig ziemlich unheimlich. Nach und nach lernen wir sowohl June als auch Athena besser kennen und jede hat so ihre dunklen Geheimnisse.

Interessant ist der Verlauf, der sich ziemlich überraschend entwickelt – denn Junes Erfolg hat auch Schattenseiten und löst hitzige Debatten, Diskussionen und einen großen Shitstorm aus. Es wird manchmal etwas beklemmend, dann bitterböse bis hin zu Entscheidungen von June, die sie immer tiefer in das Lügengeflecht ziehen…


„Die Realität entgleitet mir, und ich hänge nur noch an einem seidenen Faden.“ – Seite 258, eBook


Zwischen Wahrheit und Lüge, von Missgunst und Schuldgefühlen und die Gier nach Erfolg, von Diskriminierungen, Rassismus und der Macht von Social-Media bis hin zu Realitätsverlust – der Roman hat einiges zu bieten, ist nicht immer einfach und regt zum Nachdenken an. Neben ruhigeren Abschnitten, die aber gleichzeitig eine unheimliche Atmosphäre haben, gibt es viele auch spannende Abschnitte, die sich lesen wie ein Krimi.

Noch zur Buchgestaltung: Ich habe das eBook gelesen, aber die wunderschöne Printausgabe schon in der Buchhandlung bewundert. Der farbige Buchschnitt in schwarz-gelb passt perfekt zum schlichten aber ziemlich auffälligen gelben Cover. Unter dem Schutzumschlag gibt es noch eine Besonderheit: Auf dem Buchdeckel ist der Titel des gestohlenen Manuskriptes „Die letzte Front“ abgeduckt – mit Juniper Song als Autorin und dem durchgestrichenen Namen von Athena Liu.

Mein Fazit: Rebecca F. Kuang überzeugt in ihrem neuen Roman wieder mit einem detaillierten und klaren Schreibstil. Im Mittelpunkt stehen ein gestohlenes Manuskript und zwei Autorinnen zwischen Neid und Ruhm – eine Geschichte die sich so spannend wie ein Krimi liest. Die Handlung hat einiges zu bieten vielen aktuellen Themen, die nicht immer einfach sind. Dennoch ist die Geschichte unheimlich spannend zu verfolgen,  richtig interessant und regt zum Nachdenken an. Eine Leseempfehlung!

Cover des Buches Hallo, du Schöne (ISBN: 9783832169459)

Bewertung zu "Hallo, du Schöne" von Ann Napolitano

Hallo, du Schöne
-nicole-vor 20 Tagen
Kurzmeinung: Ein bewegender und gleichzeitig packender Familienroman, der mit einem beeindruckenden Schreibstil überzeugt.
Ein bewegender Familienroman - beeindruckend geschrieben

Zwischen Familie und Einsamkeit…

Gemeinschaft und Zugehörigkeit kennt William Waters nur vom Basketballplatz. Das ändert sich, als er am College die temperamentvolle Julia Padavano kennenlernt und sich in sie verliebt. Er, der eine unglückliche Kindheit erlebt hat, erfährt, was es heißt, eine Familie zu haben. Denn Julia und ihre drei Schwestern sind unzertrennlich und ihre Eltern immer präsent. William wird Teil des so herrlichen wie anstrengenden Chaos aus Liebe und Fürsorge. Zusammen überstehen die Schwestern den Tod des Vaters und den Weggang der Mutter. In allen Krisen geben sie einander Halt und erfreuen sich gemeinsam an Julias Glück mit William. Doch seine tiefe Einsamkeit wirft nicht nur Julias genau durchdachte Pläne für ihre gemeinsame Zukunft über den Haufen, sondern treibt auch die vier Schwestern auseinander – bis ein Schicksalsschlag ihren alten Zusammenhalt erfordert. (Quelle: Inhaltsangabe – Dumont Verlag)


„Hallo, du Schöne“ ist der neue Roman Ann Napolitano und hat mich von der ersten Seite an mit dem besonderen und detaillierten Schreibstil gefesselt. Im Mittelpunkt steht das Familienleben der vier Padavano-Schwestern - Julia, Sylvie und die jüngeren Zwillinge Emeline und Cecelia, die immer schon eine ganz besondere Verbindung untereinander hatten – und William Waters, der vollkommen anders und einsam aufgewachsen ist.

Der junge William, der durch eine traurige Kindheit ein Einzelgänger geworden ist, findet seine Leidenschaft im Basketball. Als er auf dem College die gleichaltrige Julia Padavano kennen und lieben lernt, ändert sich sein Leben. Die Padavanos - Julias drei Schwestern und ihre Eltern Rose und Charlie - nehmen ihn sofort in ihre temperamentvolle und lebendige Familie auf. William erfährt erstmals, was Liebe, Fürsorge und Zusammenhalt bedeutet.

Doch als eines Tages der Vater überraschend stirbt und die Mutter Rose sich für ein neues Leben fernab ihrer Töchter entscheidet, werden in der Familie immer mehr Schatten und Risse sichtbar. Doch das Band der vier Schwestern ist stark und scheint nichts erschüttern zu können. Doch William lässt seine Vergangenheit nicht los und bemerkt Veränderungen in seinem gemeinsamen Leben mit Julia. Als schließlich etwas Dramatisches geschieht, wird der Zusammenhalt der vier Schwestern auf eine harte Probe gestellt und stellt ihre Leben auf den Kopf…


„Sie war die Problemlöserin, und eine große Herausforderung lag vor ihr, die bisher größte überhaupt. Es war ein Wollknäuel, in das die gesamte Familie verwickelt war, was bedeutete, dass alle, die ihr etwas bedeuteten, in Gefahr waren.“ – Seite 74, eBook


Der Roman umspannt mehrere Jahrzehnte und beginnt mit der Kindheit von William in den 1960er Jahren. Hier bekommt man einen detaillierten Einblick in sein frühes Leben, das von Einsamkeit und fehlender Liebe geprägt war.


„Williams Herzschlag verlangsamte sich zu einem Murmeln in der Brust, und er musste auf eine seltsame Art atmen, um nicht in Tränen auszubrechen. Es überraschte ihn, wie sehr es ihn traf, etwas schien in ihm zerbrochen zu sein.“ – Seite 54, eBook


Toll beschrieben ist, wie William seine Leidenschaft zum Basketball entdeckt und auch, wie der Sport eine wichtige Rolle in seinem Leben einnimmt.
Die zentralen Punkte spielen in den 1980er und 1990er- Jahren und wechseln regelmäßig zwischen verschiedenen Blickwinkeln der Hauptpersonen, zunächst zwischen William, Julia und Sylvie. Später kommt noch die Perspektive einer weiteren Person hinzu.
Der Schreibstil ist detailliert, ruhig und gleichzeitig atmosphärisch dicht - man versinkt sofort in die Geschichte. Die einzelnen Charaktere sind unheimlich gut ausgearbeitet, wir lernen sowohl William als auch jede der vier Schwestern sehr gut kennen – gerade diese so völlig unterschiedlichen Personen mit ihren eigenen Träumen und Lebensplänen machen den Roman so besonders. Die Geschichte entwickelt sich zum Teil überraschend, es wird mal schön und berührend, aber auch traurig, dramatisch und bewegend. Dieses ist der Autorin unheimlich gut gelungen.


Gegen Ende des Essens stand Cecelia auf und sagte: „Auf die Liebe.“ Und alle am Tisch sprachen ihr die Worte nach und spürten die Schönheit der Liebe – und ihren Preis. – Seite 263, eBook


Die Lebenswege und die Entwicklung der Figuren ist interessant zu verfolgen und wird bis ins Jahr 2008 fortgeführt. Das Cover ist unheimlich gut gelungen und fällt sofort ins Auge. Auch der Buchtitel hat eine wunderbare Bedeutung:


„Charlie hatte sie verstanden und geliebt, jede einzelne so, wie sie war. Wenn eines der Mädchen, Rose eingeschlossen, ins Zimmer gekommen war, hatte er sie auf die gleiche Weise mit einem 'Hallo, du Schöne!' Begrüßt. Es war ein schöner Gruß, der sie mit dem Wunsch erfüllte, wieder zu gehen und noch einmal hereinzukommen.“ 
– Seite 83, eBook


Mein Fazit: Ein bewegender und gleichzeitig packender Familienroman, der mit einem beeindruckenden Schreibstil überzeugt. Atmosphärisch dicht, fesselnd und gleichzeitig in einem ruhigen Ton schildert die Autorin die Lebenswege einer Familie und einem jungen Mann, der komplett anders aufgewachsen ist. Der mehrere Jahrzehnte umspannende Roman ist berührend und schön, gleichzeitig wird es auch dramatisch und sehr bewegend. Von Glück über Liebe und Trauer – alles hat die Autorin hier vereint. Die Charaktere sind unheimlich toll ausgearbeitet und erleben einige Höhen und Tiefen. Ein sehr lesenswerter Roman!

Cover des Buches Der Spurenfinder (ISBN: 9783550202681)

Bewertung zu "Der Spurenfinder" von Marc-Uwe Kling

Der Spurenfinder
-nicole-vor einem Monat
Kurzmeinung: Ein unterhaltsamer Fantasy-Krimi mit Überraschungen. Leicht und sympathisch geschrieben - jedoch hat mir etwas die Tiefe gefehlt.
Ein unterhaltsamer Fantasy-Krimi - schön für zwischendurch


Vom Spurenfinden in den Verlorenen Provinzen…

Elos von Bergen hat das Spurenfinden eigentlich an den Nagel gehängt, seit ein Fall mit einem nachtragenden Nachtmagier ihn und seine Kinder Ada und Naru fast das Leben gekostet hätte. Darum wohnen die drei nun seit einigen Jahren in Friedhofen, dem verschlafensten Dorf des gesamten Königreichs. Dort arbeitet Elos – sehr zum Leidwesen der Kinder, die sich in dem Kaff unsäglich langweilen – an der Niederschrift seiner zwanzigbändigen Memoiren. Doch dann geschieht ausgerechnet in Friedhofen ein rätselhafter Mord, der den Spurenfinder in den verzwicktesten Fall seines Lebens hineinzieht. Und wenn er glaubt, seine Kinder würden derweil zu Hause bleiben und Däumchen drehen, täuscht er sich gewaltig.
(Quelle: Auszug aus der Inhaltsangabe – Ullstein Verlag)


„Der Spurenfinder“ ist der aktuelle Roman von Autor Marc Uwe-Kling, den er zusammen mit seinen Co-Autorinnen Johanna & Luise Kling geschrieben hat. Entstanden ist ein humorvoller Fantasy-Krimi, der sich unterhaltsam und interessant entwickelt.

Elos von Bergen ist der berühmteste Ermittler der Verlorenen Provinzen, denn er ist kein gewöhnlicher Spurensucher, sondern ein Spurenfinder – damit konnte er schon so manches Rätsel und fast jeden Fall lösen. Bis er einem gefährlichen Nachtmagier, der nicht gefunden werden wollte, zu nahegekommen ist und dieses ihm und seine Kinder beinahe das Leben gekostet hätte.
Daher hat Elos beschlossen, das Spurenfinden an den Nagel zu hängen und lieber seine zwanzigbändigen Memoiren fertigzustellen - und das alles in dem friedlichsten Dorf im gesamten Reich: Friedhofen. Seine zwölfjährigen Zwillinge Ada und Naru sind davon wenig begeistert, da in dem Dorf absolut nichts passiert. Bis jetzt. Denn eines Nachts geschieht ein Mord, der rätselhafter nicht sein kann. Sofort machen sich Ada und Naru zusammen mit ihrem Vater ans Spurenfinden und geraten in einen Fall, der größer ist, als zunächst gedacht…


„Die Zwillinge blickten sich an. Was hier gerade passiert war, verstanden sie nicht. Aber es war ihnen auch egal. Sie drehten sich um und rannten, so schnell sie konnten, in die entgegengesetzte Richtung.“ – Seite 137


Die Geschichte ist angenehm zu lesen und man bekommt zunächst einen Einblick in das ziemlich ruhige Leben in Friedhofen. Neben einigen Einwohnern lernen wir natürlich Elos und seine Kinder Ada und Naru kennen - die Zwillinge lockern die Story herrlich auf. Zunächst eher ruhig, wird es etwa ab der Hälfte des Buches interessant, hier sind einige überraschende Fantasyelemente gut eingefügt. Auch die Ermittlungen in dem Mordfall nehmen etwas Fahrt auf und erstrecken sich weit über Friedhofen hinaus.


„Mir scheint allein der Friedhof von Drachenberg ist doppelt so groß wie ganz Friedhofen“, staunte Ada.
„Und nur halb so tot“, murmelte Naru.
– Seite 237

Die Handlung ist eher einfach gehalten, die Mischung von Fantasy- und Krimielementen mit etwas Humor ist gut gelungen. Überrascht hat mich jedoch, dass es doch eher ein Jugendbuch ist. Ich hatte tatsächlich mit einem detaillierten Fantasymärchen gerechnet.
Auch, wenn sich die Geschichte sympathisch und leicht lesen lässt, hat mir hier etwas die Tiefe gefehlt. Alles blieb etwas oberflächlich und einzelne Geschehnisse wurden nur gestreift. Auch die Charaktere waren etwas blass. Die Zwillinge fand ich unterhaltsam und ganz sympathisch, aber zu Elos habe ich keinen richtigen Zugang gefunden – er blieb mir zu rätselhaft.


Die verschiedenen Schauplätze dagegen sind gut geschildert, die magische Welt ist interessant und hält noch einiges an Potential bereit. Vorne und hinten im Buch sind Karten abgebildet – es gibt eine Übersicht der Verlorenen Provinzen und eine Skizze von Friedhofen. Das kleine Hardcoverist sehr schön gestaltet und die skizzenhaften Illustrationen geben einige Momentaufnahmen der Geschichte gut wieder.

Mein Fazit: Ein unterhaltsamer Fantasy-Krimi, der einige Überraschungen bereithält. Obwohl die Geschichte leicht und sympathisch ist, hat mir hier ein wenig die Tiefe gefehlt. Einiges blieb zu oberflächlich und Wichtiges wurde nur gestreift, auch die Charaktere blieben etwas blass.
Dennoch haben mir die Zwillinge gut gefallen, sie haben die Geschichte herrlich aufgelockert. Auch wenn mir manchmal das Detailreiche gefehlt hat, ist der Roman unterhaltsam und die Entwicklung des Mordfalls mit seinen Verstrickungen interessant zu verfolgen. Die gesamte Buchgestaltung mit den Illustrationen ist ebenfalls gelungen.
Insgesamt ein einfacher Fantasyroman, den man gut zwischendurch lesen kann und dem 3,5 Sterne gebe.

Cover des Buches Leuchtfeuer (ISBN: 9783446279353)

Bewertung zu "Leuchtfeuer" von Dani Shapiro

Leuchtfeuer
-nicole-vor einem Monat
Kurzmeinung: Ein bewegender Roman, der mit stark gezeichneten Charakteren und einem besonderen Schreibstil überzeugt. Sehr lesenswert.
Ein bewegender Roman mit einem besonderen Schreibstil

Von den Fäden zwischen Vergangenheit und Gegenwart…

Eine Sommernacht 1985: In einem Vorort von New York steigen drei betrunkene Teenager in ein Auto – und nichts ist mehr wie zuvor.
Die Geschwister Sarah und Theo zerbrechen fast an der Last des Geheimnisses, das sie seitdem teilen, und selbst 20 Jahre später bestimmt es ihr Leben. Auch ihr Vater Ben, ein pensionierter Arzt, hadert mit seiner Rolle in jener denkwürdigen Nacht. Doch als Bens Begegnung mit dem zehnjährigen Nachbarsjungen Waldo eine Kette von Ereignissen in Gang setzt, droht das Geheimnis zu platzen und ihrer aller Leben in ungeahnte Bahnen zu lenken. (Quelle: Inhaltsangabe – Hanser Verlag)


„Leuchtfeuer“ ist der neue Roman der Autorin Dani Shapiro und überzeugt mit einer bewegenden Geschichte und einem einzigartigen Schreibstil.

Das Buch beginnt mit einem schrecklichen Ereignis im August 1985, der das Leben der Familie Wilf für immer verändern wird. Die Geschwister Sarah und Theo, damals noch Teenager, treffen eine Entscheidung, dessen Folgen sich sie sich auch Jahrzehnte später nicht verzeihen können. Auch ihr Vater Ben, der in dem Drama ebenfalls eine tragische Rolle einnimmt, lässt die Vergangenheit nicht los. Zwischen den Familienmitgliedern schwebt das Unausgesprochene und auch das Geheimnis, das sie seit jener Nacht teilen.


„Die Geschichte – (…) – wird nicht infrage gestellt werden. Nicht in dieser Nacht und auch sonst nicht. Sie wird zum dunkelsten Familiengeheimnis werden, einem so gefährlichen Geheimnis, dass niemand es je aussprechen wird.“ – Seite 20, eBook


Die Jahre vergehen, die Bewohner in der Division Street im New Yorker Vorort Avalon kommen und gehen, doch Ben ist auch Jahrzehnte später noch da. Im Haus gegenüber wohnt inzwischen die Familie Shenkman, die eher zurückgezogen lebt. Eine Begegnung mit dessen zehnjährigen Sohn Waldo an einem Winterabend setzt schließlich eine Kette von Ereignissen in Gang, die das zukünftige Leben der beiden Familien verändern wird…

Schon auf den ersten Seiten wird der einzigartige, klare und detaillierte Schreibstil der Autorin sichtbar. Atmosphärisch dicht und auf besondere Weise fesselnd, aber gleichzeitig mit einer angehnehmen Ruhe erzählt sie die Geschichte, in der zwei Familien die Hauptrolle spielen. Die Handlung wird nicht chronologisch erzählt, sondern wechselt regelmäßig zwischen verschiedenen Zeitebenen – zwischen 1985 bis hin in die Gegenwart des Jahres 2020. Zunächst muss man sich an die ständigen Wechsel gewöhnen, das klappt jedoch ganz gut, da die Abschnitte dem jeweiligen Datum/Jahr beschriftet sind, was sehr hilfreich ist. Die zentralen Ereignisse finden im Jahr 1985 statt, wo etwas passiert, was niemals hätte passieren dürfen und im Jahr 2010, wo sich an einem Abend alles verändert.


„Er nickt leicht, fast unmerklich. Sie kann praktisch zusehen, wie sich in seinem Inneren die Einzelteile wieder zusammenfügen, die scharfen Kanten verschwinden, Geschichten – tausend Was-wäre-wenns – zurückweichen wie das Wasser bei Ebbe.“ 
– Seite 132, eBook


Auch die Blickwinkel wechseln regelmäßig zwischen den Mitgliedern der beiden Familien Wilf und Shenkman, die im ersten Augenblick nicht viel miteinander verbindet. Die einzelnen Figuren sind sehr gut ausgearbeitet – jede Person hat mit eigenen Sorgen, Ängsten und noch einigem mehr zu kämpfen, alles läuft schließlich in der Winternacht 2010 zusammen. Nach und nach wird sichtbar, wie manche und manches miteinander verbunden ist und ergibt ein überraschendes Gesamtbild.

Sehr bewegend sind die Abschnitte, in denen es um den Jungen Waldo geht – der sympathische Junge, der es nicht leicht im Leben hat, wächst einem schnell ans Herz.

Zunächst eher ein Drama mit Geheimnissen wird es im letzten Drittel des Romans überraschend ruhig und sehr berührend – es herrscht eine besondere Atmosphäre, und diese macht es schwer, das Buch aus der Hand zu legen. Mal etwas träumerisch, aber immer noch fokussiert auf die Lebenswege der einzelnen Charaktere. Alles fügt sich interessant und stimmig zusammen, was sehr gelungen ist.


„Es ist möglich, im falschen Haus aufzuwachsen, auf der falschen Straße, in der falschen Stadt, im falschen Teil des Landes. Es ist möglich auf die falsche Schule zu gehen. Den falschen Dad zu haben. Zu den falschen Dingen gedrängt zu werden. Aber es ist auch möglich, all diese psychischen Demütigungen zu überstehen, wenn du ein oder zwei Menschen hast, die dich so wahrnehmen, wie du bist.“ – Seite 294, eBook


Mein Fazit: Ein berührender Roman, der mit stark gezeichneten Charakteren und einem besonderen Schreibstil überzeugt. Atmosphärisch dicht, packend und gleichzeitig ruhig erzählt die Autorin die Geschichte zweier Familien über Jahrzehnte hinweg und verwebt die einzelnen Fäden nach und nach zu einem Gesamtbild. Anfangs etwas dramatisch und geheimnisvoll, später bekommt die Story eine besondere Ruhe – dieses ist gut gelungen. Eine sehr lesenswerte und bewegende Geschichte.

Cover des Buches Friends, Lovers and the Big Terrible Thing (ISBN: 9783404060153)

Bewertung zu "Friends, Lovers and the Big Terrible Thing" von Matthew Perry

Friends, Lovers and the Big Terrible Thing
-nicole-vor einem Monat
Kurzmeinung: Eine sehr bewegende Autobiografie - erschütternd und ehrlich mit tiefen Einblicken in das Leben von Matthew Perry. Lesenswert.
Eine sehr bewegende Autobiografie

Die Autobiografie von Matthew Perry

Durch sein Mitwirken in der US-Kultserie FRIENDS erreichte der Schauspieler Matthew Perry Weltruhm. Erstmals erzählt er nun seine eigene außergewöhnliche Geschichte und spricht offen über private Suchtkämpfe und darüber, was sich tatsächlich hinter den Kulissen der erfolgreichsten Sitcom aller Zeiten abspielte. Der TV-Star gewährt tiefe Einblicke in seine langjährige Erkrankung und reflektiert gewohnt humorvoll und selbstkritisch, was die Süchte eines Mannes befeuert hat, dem es an nichts zu mangeln schien. Unerschrocken ehrlich, zutiefst bewegend und urkomisch. (Quelle: Inhaltsangabe – Lübbe Verlag)


„Friends, Lovers and the Big Terrible Thing“ ist die bewegende Autobiografie des Schauspielers Matthew Perry, der durch seine Rolle als Chandler Bing in der US-Sitcom FRIENDS weltberühmt wurde. Am 01. November 2022 erschien das Buch in deutscher Übersetzung. Nur knapp ein Jahr später, am 28. Oktober 2023 verstarb Perry überraschend und viel zu früh im Alter von nur 54 Jahren.

Das Buch beginnt mit einem Vorwort der Schauspielerin Lisa Kudrow, die in FRIENDS die Rolle der Phoebe Buffay spielte und der in den vielen Jahren oft eine bestimmte Frage gestellt wurde: Wie geht es Matthew Perry?


„Er war da, Matthew Perry mit dem messerscharfen Verstand … charmant, lieb, empfindsam, vernünftig und rational. Er war immer noch da, dieser Matthew, der uns alle während des anstrengenden Nachtdrehs im Brunnen aufheitern konnte. Matthew ist der Grund dafür, dass wir im Vorspann alle lachen.“ (Lisa Kudrow) – Seite 10, eBook


Bevor Matthew Perry seine Lebensgeschichte – von der frühen Kindheit bis hin in die Gegenwart- erzählt, berichtet er im Prolog von einem dramatischen Fall im Jahr 2018, der ihm fast das Leben gekostet hätte. Seine Lebensgeschichte schildert er anfangs chronologisch, zwischen den einzelnen Kapiteln sind immer kurze Intermezzos eingefügt, wo er bestimmte Augenblicke seiner Erkrankung schildert. Etwas später verschwimmen die genauen Zeitpunkte etwas, dennoch ist alles gut zu verfolgen.


„Ich war in meinem Leben über 65 Mal auf Entzug – beim ersten Mal war ich erst 26 Jahre alt.“ 
– Seite 119, eBook


Matthew Perry erzählt sehr ehrlich, direkt und ohne etwas zu beschönigen, wie sein Leben verlaufen ist und wie der Alkohol und die Schmerzmittelsucht sein Leben bestimmte. Unzählige Entzüge, AA-Treffen, Rückfälle – dennoch hat er den Kampf gegen die Sucht bis zum Ende nie aufgegeben. Wie er in die Alkoholsucht rutschte und später auch von Schmerzmitteln abhängig wurde, erzählt er hier ausführlich – es wird erschütternd und zutiefst bewegend.


„Ich würde auf alles verzichten. Jedes Auto, jedes Haus, all mein Geld, damit es aufhört. Und wenn der Entzug endlich abgeschlossen ist, dann überschwemmt einen die Erleichterung, und man schwört Stein und Bein, das man das niemals wieder durchmachen will. Und dann ist man zwei Wochen später wieder in exakt der gleichen Lage.“ – Seite 28, eBook


Aber auch, wie er schließlich die Rolle des Chandler Bing bekam, die herzliche Atmosphäre am FRIENDS-Set und die Freundschaften zu seinen Serienkolleginnen und -kollegen schildert er hier und dieses ist unheimlich interessant zu verfolgen. Und er wirkt hier immer wieder kurz hoffnungsvoll und glücklich.


„Friends war ein sicherer Ort, wie ein Fels in der Brandung; die Serie hatte mir einen Grund gegeben, jeden Morgen aufzustehen und es am Abend davor etwas ruhiger angehen zu lassen. Es war die beste Zeit unseres Lebens. Es war, als gäbe es jeden Tag neue gute Nachrichten.“ -Seite 174, eBook


Jedoch bestimmte auch während der Drehzeit der zehn Staffeln (1994-2004) die Sucht sein Leben, was ihm auch in der Serie anzusehen ist.


„In den Jahren bei FRIENDS schwankte mein Gewicht zwischen 58 und 102 Kilo.
Anhand meines Gewichts kann man über die Staffeln hinweg den Verlauf meiner Sucht nachvollziehen – bin ich dick, ist es der Alkohol, bin ich dünn, sind es Tabletten. Trage ich Bart, sind es viele Tabletten.“ 
– Seite 119, eBook


Neben seiner beruflichen Laufbahn, wo er natürlich mit Friends den großen Durchbruch hatte und Millionen verdiente, bekommen wir aber auch einen ganz persönlichen Einblick in sein Privatleben. Von einer schwierigen Kindheit über gescheiterte Beziehungen und die immer wiederkehrende Leere und Ängste, die er mit Alkohol und Tablette zu bekämpfen versuchte.


„Alkoholismus, Sucht – nennen Sie es, wie Sie wollen. Für mich ist es the big terrible thing, diese große, schreckliche Sache.“ – Seite 50, eBook


Ich liebe die Serie FRIENDS, die sechs Hauptdarsteller wachsen einem während der 236 Folgen ans Herz. Insbesondere Chandler Bing, der mit seiner humorvollen und besonderen Art alles immer herzlich auflockerte. Aktuell bin ich mitten im re-watch der Serie und fand es einen guten Zeitpunkt, die Autobiografie von Matthew Perry nun zu lesen.

Natürlich war bekannt, dass er mit Alkohol- und Drogensucht zu kämpfen hatte, aber es ist überraschend, wie schlimm und extrem es wirklich war und wie schlecht es im oft ging. Esgibt viele erschütternde Momente. Es ist kein einfaches Buch, aber dennoch sehr wichtiges. Denn Perry hat trotz allem seinen Lebensmut nie aufgegeben, immer gegen die Dämonen angekämpft und es sich schließlich zur Aufgabe gemacht, anderen Erkrankten zu helfen.

Mein Fazit: Eine sehr bewegende Autobiografie. Matthew Perry erzählt seine Lebensgeschichte: Von seiner Kindheit über den Erfolg als Schauspieler bei US-Sitcom FRIENDS bis hin zu den großen Schattenseiten seines Lebens – der lebenslangen Alkohol- und Tablettensucht. Sehr ehrlich und direkt erzählt er von den schlimmsten Momenten in seinem Leben, vom Kampf gegen die Sucht. Zudem gib es Einblicke in seine Zeit bei FRIENDS und den dort gewonnen Freunden, was unheimlich interessant zu lesen ist. Es wird traurig, erschütternd und sehr berührend – allen, die mehr über diesen besonderen Schauspieler erfahren möchten, empfehle ich dieses Buch. Lesesnwert.

Cover des Buches Weit über der smaragdgrünen See (ISBN: 9783492706681)

Bewertung zu "Weit über der smaragdgrünen See" von Brandon Sanderson

Weit über der smaragdgrünen See
-nicole-vor einem Monat
Kurzmeinung: Eine wundervolle Fantasy-Geschichte voller Abenteuer. Spannend, magisch und überraschend. Ein Lesehighlight!
Eine wundervolle Fantasy-Geschichte voller Überraschungen

Eine abenteuerliche Reise durch wundersame Meere…

Schon immer lebt Tress auf ihrer kargen Insel mitten in der smaragdgrünen See. Ein Ort, an dem die aufregendsten Dinge die Tassen sind, die Tress sammelt, und die ihr Seeleute aus fernen Ländern mitbringen. Ihre Lieblingsbeschäftigung ist es, den Geschichten ihres Freundes Charlie zu lauschen, der langsam mehr als ein Freund für sie wird. Als Charlie während einer gefährlichen Reise verschwindet, beschließt Tress, ihr Schicksal in die eigene Hand zu nehmen und zieht aus, ihren Liebsten zu retten. Zahlreiche Gefahren warten auf sie – darunter Piraten, fremde, tödliche Meere und eine böse Hexe. Wird Tress über sich hinauswachsen und ihre große Liebe retten können?

Mit dem Crowdfunding für seine „Secret Projects“ erreichte Brandon Sanderson Anfang 2022 180.000 Leser:innen weltweit und nahm eine Rekordsumme von über 40 Mio. US-Dollar ein. „Weit über der smaragdgrünen See“ ist das erste dieser besonderen Bücher, das nun in deutscher Übersetzung erscheint.
(Quelle: Inhaltsangabe – Piper Verlag)


Wie schon in der Inhaltsangabe beschrieben, ist „Weit über der smaragdgrünen See“ das erste von bisher vier Secret Projects – Büchern, für die Brandon Sanderson im Jahr 2022 eine sehr erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne gestartet hat. Die Bücher sind Einzelromane und daher unabhängig voneinander lesbar. Über die Entstehung des Buches, von der Idee dahinter und über die Zusammenarbeit mit den vielen Beteiligten erzählt der Autor etwas in einem sehr dankbaren Vorwort und später noch etwas dazu im Nachwort.

Hauptfigur hier ist die junge Tress, die mit ihrer Familie auf einer kargen Insel mitten in der smaragdgrünen See lebt. Das Leben der wenigen Bewohner ist eintönig und sie dürfen die Insel nicht verlassen. Doch Tress versucht das Beste daraus zu machen – ihre Leidenschaft sind Tassen, die ihr die Seeleute von ihren Reisen mitbringen. Und dann ist da noch Charlie, der sie regelmäßig mit seinen Geschichten begeistert. Langsam rücken die beiden näher zusammen, bis Charlie eines Tages von einer Reise nicht zurückkommt. Schließlich erfährt Tress, dass er in Gefahr schwebt und in der fernen Mitternachtssee gefangen gehalten wird. Tress beschließt, ihn zu retten und macht sich auf eine lange Reise voller Abenteuer: Von Piraten und Schmugglern über fremde und tödliche Meere bis hin zu einer bösen Zauberin – Tress ist keine Gefahr zu groß, um Charlie zu retten. Doch schafft sie es?

Die Inhaltsangabe gibt nur einen kleinen Einblick in diese wundervolle Geschichte, die voller Überraschungen steckt – sowohl im gesamten Verlauf als auch in der Gestaltung. Am Anfang lernen wird Tress und Charlie kennen, die einen sofort ans Herz wachsen. Besonders Tress hat eine sympathische Art und ihr Weg ist spannend zu verfolgen – besonders, wie sie schließlich über sich hinauswächst.
Zunächst verlässt sie verbotenerweise ihre Heimatinsel, um dann sofort in ihr erstes gefährliches Abenteuer zu geraten. Doch dieses ist nur der Anfang: Es passiert einiges und sie lernt viele interessante Menschen und Nichtmenschen kennen – einige davon sind ihr wohlgesonnen, andere nicht…
Schafft sie es bis in das Mitternachtsmeer, dass von allen zwölf Meere das tödlichste ist?

Der Erzählstil ist besonders: Der Erzähler spricht die Leser*innen zwischendurch immer mal wieder direkt an und spielt auch selbst eine Rolle in der Geschichte, die nach und nach immer deutlicher wird. Dessen eigene Erlebnisse, genau wie so manche Figuren sind oft herrlich schräg. Und manchmal spiegelt sich das auch in einzelnen Sätzen wider, dessen Formulierung einen schmunzeln lassen.

"Man hätte behaupten können, dass er wortgewaltig war. Insofern als die Worte oft gewaltig mit ihm durchgingen." – Seite 27


„Dort, im Licht einer kleinen Laterne, gab Fort ihr einen Teller voller Essen. Es schmeckte gar nicht so widerwärtig wie das letzte Mal – aber das lag vielleicht am rituellen Suizid, den ein Großteil ihrer Geschmacksnerven nach dem apokalyptischen Frühstück begangen hatte.“ – Seite 168


An anderen Stellen wird es wiederum sehr berührend, dann wieder ziemlich abenteuerlich und gefährlich-spannend – aber immer unterhaltsam und in einer wunderbaren Fantasy-Atmosphäre mit etwas Piraten-Flair. Das Besondere hier ist, dass die gesamte Handlung völlig unvorhersehbar ist – das ist großartig gelungen.

Das ein oder andere Mal hat der Erzähler auch Botschaften für die Leser*innen, die nachdenklich machen oder manches sehr gut beschreiben. Von Erinnerungen und Ängsten oder auch dem Menschsein:


„Wir bilden uns gerne ein, die Menschen wären gleichbleibend, stetig und stabil. (…)
Die Wahrheit aber ist, dass Menschen genauso fließend sind wie die Zeit. Wir passen uns unserer Lage an wie Wasser in einem seltsam geformten Krug, auch wenn wir eine Weile brauchen, bis wir alle kleinen Winkel ausfüllen. Weil wir uns anpassen, merken wir oft nicht, wie verdreht, unbequem oder geradezu falsch der Behälter ist, in dem zu leben man uns geheißen hat.“ 
– Seite 438


Das Buch ist eine Einzelgeschichte und im Kosmeer-Universum angesiedelt, in dem die meisten von Brandon Sandersons Romane und Fantasy-Reihen angesiedelt sind. Für mich ist dieses sein erstes Buch von dem Autor und kann daher zu eventuellen Verbindungen oder eingebauten Easter-Eggs nichts sagen. Aber ich bin sehr begeistert von dem Weltenaufbau, in dem diese Geschichte angesiedelt ist – die zwölf Meere, die von zwölf Monden beschienen werden und mit ihren verschiedenfarbigen Sporen eine Schifffahrt der besonderen Art möglich machen. Dieses wird detailreich beschrieben und gerade die Sporen, die verschiedene Gefahren darstellen sind ein zentrales und spannendes Detail.


„In weiter Ferne ließ der Grüne Mond Sporen fallen, doch er war immer noch nahe genug, um das Deck in einen grünen Schimmer zu tauchen. Vor ihnen glänzten Lichtpunkte auf einem großen Schatten. Land und die Hafenstadt Schimmerbucht. Freiheit.“ 
– Seite 170


Unbedingt erwähnenswert ist noch die gesamte Buchgestaltung: Vom wundervollen Cover (dessen gelbe Details in natura golden schimmern) bis hin zu passenden Illustrationen und farbigem Vorsatzpapier – das Hardcover ist ein toller Hingucker im Regal.

Mein Fazit: Ein wundervoller Fantasy-Roman voller Abenteuer. Das Besondere hier ist, dass die gesamte Geschichte völlig unvorhersehbar ist und voller Überraschungen steckt. Von einer sympathischen Hauptfigur, die über sich hinauswächst bis hin zu Nebencharaktere, die ebenfalls stark gezeichnet sind. Es wird spannend, abenteuerlich, berührend und gefährlich – alles angesiedelt in einer tollen Fantasy-Welt, die einiges zu bieten hat. Ein großes Lesehighlight!

Über mich

Bloggerin, Buchliebhaberin und ein klein wenig lesesüchtig. :)

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Krimis und Thriller, Fantasy, Historische Romane, Science-Fiction, Jugendbücher, Comics, Biografien, Kinderbücher, Sachbücher, Literatur, Unterhaltung

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