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Cover des Buches Die Kräutersammlerin und der zweifache Tod (ISBN: 9783740820350)

Bewertung zu "Die Kräutersammlerin und der zweifache Tod" von Heidrun Hurst

Die Kräutersammlerin und der zweifache Tod
-sabine-vor 2 Tagen
Die Kräutersammlerin und der zweifache Tod

Dies ist der dritte Teil der Reihe um die Kräutersammlerin Johanna, die Mitte des 14. Jahrhunderts im Schwarzwald lebt. Man kann das Buch auch ohne Kenntnis der Vorgänger lesen, kennt man aber die ersten beiden Bände, kommt man auch in den Genuss, die Entwicklung der Hauptfiguren zu begleiten.

Diese Buch spielt drei Jahre nach dem zweiten Band – Johanna und Lukas sind glücklich verheiratet; während Lukas als Flößer den Lebensunterhalt bestreitet, hat Johanna sich als Heilerin einen Namen gemacht. Doch sie kann es nicht lassen, ein bisschen rumzuspionieren, als der Stallbesitzer Merckel ermordet aufgefunden wird. Was hat es mit dem brutalen Mord auf sich?

Diesmal gibt es viele verschiedene Perspektiven und Handlungsstränge, was die Geschichte sehr abwechslungsreich und auch spannend gemacht hat. Neben dem ermordeten Stallbesitzer gibt es noch eine unbekannte Tote in einem Waldhäuschen, zudem werden zwei Mädchen verschleppt – erzählt wird das Ganze mal aus Sicht Johannas, mal aus der von Ida, ein junges Mädchen, das bei Johanna lebt und ihr eine gute Freundin geworden ist. Auch aus Lukas Sicht gibt es Abschnitte, genauso wie Szenen aus Sicht des jungen Caspar, der in Ida verliebt ist und Opfer eines Überfalls wird.

Neben der Aufklärung der ganzen Verbrechen steht diesmal aber auch die Heilkunde mehr im Fokus – und das hat mir sehr gefallen. Johanna hilft, wo sie nur kann – und so kommt sie bei einem Knochenbruch zum Einsatz, bei einer komplikationsreichen Zwillingsgeburt und bei vielen, eher kleinen Verletzungen – Beulen, Schnittwunden und Hämatomen. Die Autorin hat sehr gut recherchiert und ihr Wissen um die Wirkung verschiedener Kräuter als Sud, Salbe oder auch pur toll in die Geschichte eingewoben – es ist nicht zu medizinisch, aber auch nicht zu banal, die Beschreibungen sind lebendig, ohne dabei zu langweilen und ohne, dass das Gefühl entsteht, belehrt zu werden. Mir hat das sehr gefallen – sicher auch, weil Johanna eine Protagonistin ist, die man nur ins Herz schließen kann. Ich mag ihre offene und den Menschen zugewandte Art, außerdem ist sie pfiffig und weiß, geschickt die Fakten zu den Verbrechen zu kombinieren.

Aber auch die anderen Figuren sind liebevoll gezeichnet – neben Ehemann Lukas waren es vor allem Ida und Caspar, die ich sehr mochte, schmunzeln musste ich, wenn Mönch Pius zum Einsatz kam – eigentlich lebt er sehr zurückgezogen, diesmal aber ist er gefordert, weil er mit vielen Menschen zu tun hat, als er bei der Suche der beiden verschwundenen Mädchen hilft, und das zeigt ganz neue, oft ulkige Seiten an ihm.

Der Schreibstil ist angenehm zu lesen und kann die Atmosphäre im historischen Schwarzwald-Dorf Schiltach sehr gut einfangen – es gibt viele Beschreibungen von Alltagsdingen, so dass ich ein gutes Gespür für die Zeit bekommen habe – langweilig ist es aber nie geworden, weil die Autorin das alles sehr gut in die Handlung verwoben hat. Eins sollte man aber dennoch wissen – das Buch ist als Schwarzwald-Krimi tituliert und weckt so vielleicht die Erwartung, dass es rasant zu geht und die Aufklärung der Todesfälle einziges Ziel ist. Ja, es wird auch ermittelt, und das passend zu den damaligen Möglichkeiten (die wirklich sehr übersichtlich waren), aber es ist doch eher das Alltagsleben, was einen Großteil ausmacht, was den Roman aber nicht minder spannend macht.

Am Ende klärt sich alles auf und was da alles zutage kommt, ist keine leichte Kost. Trotzdem habe ich das Buch am Ende mit einem guten Gefühl zugeschlagen, weil ich Johanna in guten Händen weiß – mal schauen, ob es noch weitere Bände geben wird.


Cover des Buches Der Kampf der Highlanderin (ISBN: 9783746641119)

Bewertung zu "Der Kampf der Highlanderin" von Eva Fellner

Der Kampf der Highlanderin
-sabine-vor 2 Tagen
Spannendes Abenteuer!

Auf den vierten Band der Reihe um die Assassinin Enja musste ich ein bisschen warten, dafür habe ich aber wieder eine spannende Abenteuergeschichte erhalten. Ich empfehle, die Reihenfolge dieser Reihe einzuhalten, auch wenn Zusammenhänge erklärt und wiederholt werden – denn nur dann kommt man - aus meiner Sicht - in den vollen Genuss dieser Geschichte.

Dieses Mal verschlägt es den Leser nach Irland – im Jahr 1315 ziehen die schottischen Brüder Robert und Edward de Bruce in die Schlacht gegen den englischen König, um Irland einzunehmen; doch auch die Kirche mischt sich ein, und Papst Johannes XXII. in Avignon hat sehr genaue Vorstellungen über die Verteilung des Landes. Enja landet eher zufällig in diesen Streitigkeiten, denn ihr Sohn Connor wurde entführt, sie verfolgt eine heiße Spur und gerät so in den Kampf um Irland. Auch ihre treuen Gefährten sind wieder dabei und alle kämpfen so an mehreren Fronten. Und für alle gilt: Es stehen schwere Entscheidungen an, es gilt Kämpfe zu bestreiten, Siege zu erringen und Niederlagen zu verdauen.

Wieder hat die Autorin eine rasante Abenteuergeschichte geschaffen mit einer sympathischen Heldin im Mittelpunkt. Dabei hat sie die fiktive Geschichte um Enja geschickt in die historischen Gegebenheiten der Jahre 1315-1318 eingewebt – die Streitigkeiten um die Krone sowie der Kampf der Schotten und Iren sind belegt, Einzelheiten sind dagegen nicht bekannt, so dass Eva Fellner Raum für eigene Spekulationen geblieben ist – und das hat sie auch genutzt.

Enja ist eine sympathische Protagonistin – diesmal aber zeigt sie auch ein paar neue Seiten. In der starken Kriegerin, die sich auch gegen Männer zu behaupten weiß und die harte Kämpfe nicht scheut, steckt auch ein weicher Kern – den Schmerz um die Entführung ihres Sohnes ist für sie nicht aushaltbar, und erstmals erkennt sie, was Mutterliebe eigentlich bedeutet. Mir hat diese verletzliche Seite an ihr sehr gut gefallen, wirkt sie so doch viel authentischer, aber natürlich bleiben meine Bewunderung und auch mein Staunen, wenn sie ihren Mut im Kampf beweist, ihre Härte gegen Feinde und ihre Loyalität in Bezug auf ihre Gefährten.

Mein geheimer Liebling war immer Cathal – und ist es auch weiterhin; ich stelle ihn mir immer vor wie einen großen brummenden Teddy mit furchterregendem Äußeren und weichem Kern – einer, der alles für seine Lieben macht, auch wenn er nicht der große „Redenschwinger“ ist. Diesmal hat auch er einige schwere Rückschläge zu erleiden, und ich habe sehr mit ihm gefiebert und gelitten.

Es gibt wieder viele Szenen, in denen Enja ihre Stärke und ihre herausragenden Fähigkeiten im Kampf unter Beweis stellt - das ist sehr spannend, da sie diesmal in einige wirklich brenzlige Situationen gerät. Oft geht es sehr brutal und blutig zu, die Zeiten waren aber auch rau und aus heutiger Sicht in dieser Brutalität kaum vorstellbar.

Enja und Cathal werden in dieser Reihe natürlich auch älter – und daraus hat die Autorin keinen Hehl gemacht; das finde ich großartig. Zwar sind beide immer noch richtige Helden, dennoch aber sind sie eben keine jungen Hüpfer mehr und entdecken an sich Zeichen der Alterung, sie werden verletzlicher und bedachter – dadurch haben sie sich nochmal mehr in mein Herz geschlichen.

Der Schreibstil ist fesselnd, so dass ich mich immer inmitten der ganzen Abenteuer gefühlt habe. Zwischen den ganzen Kämpfen und brenzligen Szenen gibt es auch immer wieder Einschübe, die die politische Lage erläutern und das Geschehen in einen historischen Kontext bringen – da ist der Stil dann schon deutlich distanzierter und das Geschriebene wirkt wie der Bericht eines Sachstandes und weniger wie ein Kapitel in einem Abenteuerroman – das waren aber nur wenige Szenen, so dass ich das gut verschmerzen konnte.

Ich bin gespannt, wie es mit Enja (und auch Cathal) weitergehen wird . wer historische Abenteuergeschichten mag, dem empfehle ich diese Reihe gerne weiter.

Cover des Buches Und alle so still (ISBN: 9783498002985)

Bewertung zu "Und alle so still" von Mareike Fallwickl

Und alle so still
-sabine-vor 2 Tagen
Und alle so still

Ich liebe die Bücher von Mareike Fallwickl, weil sie es schafft, ernste Themen in eine spannende Lektüre zu verwandeln – diesmal ist das Thema ein sehr brisantes, mir hat aber der Unterhlatsungswert gefehlt.  

Die Geschichte spielt in einer nahen Zukunft, im Mittelpunkt stehen die Erzähler Elin, Nuri und Ruth – aus ihrer Perspektive erfährt man von dem, was geschieht.

Elin ist Influencerin und lernt so nicht nur die guten, sondern auch die Schattenseiten dieses öffentlichen Lebens kennen. Sie hat zu ihrer Mutter kein gutes Verhältnis, schon immer hat sie gefühlt, dass sie nie die ganze Wahrheit erfahren hat. Diese innere Leere füllt sie mit wahllosem Sex, der zwar schnelle Befriedigung bringt, aber kein Gefühl von Geborgenheit oder Liebe.

Nuri ist Migrant und kämpft sich nach abgebrochener Schule mit Jobs durchs Leben – nicht nur, dass er das quasi non-stop, Tag und Nacht macht, nein, es sind zudem auch noch entwürdigende, schlecht bezahlte Jobs, die kein anderer machen will; doch er will unbedingt frei sein - und hofft, das mit dem verdienten Geld zu erreichen.

Ruth ist Krankenschwester und arbeitet im Krankenhaus – obwohl der Mangel an Fachkräften groß ist und sie Überstunden leisten muss, die sie an ihre körperlichen Grenzen bringen, ist sie doch auch mit dem Herzen dabei.

Schlecht bezahlte Arbeit in sozialen Berufen, die Selbstverständlichkeit, mit der von Frauen erwartet wird, sich um Familie und Haushalt zu kümmern, das gelebte Patriarchat und die Abhängigkeit der Frauen vom männlichen Geschlecht – dagegen lehnen die Frauen sich auf mit einem stillen Protest; sie legen ihre Arbeit nieder und legen sich vor das Krankenhaus; und hier lernen sich die drei Hauptcharaktere kennen.

Es ist ein düsteres Szenario, das die Autorin aufbaut. Mein Gefühl lässt das Ganze in der nahen Zukunft spielen, und so weit entfernt von der Realität ist das Szenario auch gar nicht. Durch den Protest der Frauen kommt die Welt fast zum Erliegen - die Polizei ist machtlos, die Krankenhäuser nicht mehr arbeitsfähig, der Verkehr kommt zum Stillstand und die Versorgung der Gesellschaft ist nicht mehr gewährleistet.

Besonders beleuchtet wird die Situation des prekären Gesundheitssystems – und hier hat die Autorin sehr detailiert die Zustände in der Pflege beschrieben – vielleicht schon ein wenig zu detailliert als das es für den Plot wirklich notwendig gewesen wäre. Daneben hat sich Mareike Fallwickl auch der entwürdigenden Lebensumstände bestimmter sozialer Schichten angenommen – schlecht bezahlte Jobs mit miesen Arbeitsbedingungen, katastrophale Wohnumstände, Menschen, die durch unser vermeintlich soziales Netz fallen. Der stille Widerstand macht mit den Hauptfiguren etwas – und jeder bringt sich in die Situation anders ein. Zwar wird ein hässliches Szenario gezeichnet, dennoch aber spricht die Autorin die Auswirkungen auf Gesellschaft, Politik und Medien kaum an, und auch eine Diskussion verschiedener Positionen findet kaum statt.

Der Schreibstil ist schonungslos, trocken, ein wenig sperrig, vor allem aber ehrlich. Obwohl es verschiedene Perspektiven gibt, bin ich den drei Hauptfiguren nicht nahe gekommen – für mich lag das vor allem an diesem distanzierten Schreibstil, denn eigentlich bieten die Figuren viel Anlass für Mitgefühl und Empathie. Die ganze Zeit schwebt über der Geschichte ein unheilvolles Gefühl, und das wird leider nicht aufgelöst, auch nicht am Ende. Der ganze Plot wirkt ein wenig ziellos, sieht man davon ab, dass er aufrüttelt und den Leser zum Nachdenken anregt. Bisher war ich von der Autorin gewohnt, dass sie mich trotz schwieriger Themen auch unterhalten konnte – und das hat mir hier leider gefehlt, es gibt keinen Lichtblick, keinen Ausblick, keine Leichtigkeit – nur Trostlosigkeit und Erschütterung, dann ein Chaos ohne Auflösung.

Die Autorin hat den Finger tief in die Wunde gelegt, realistische Probleme aufgezeigt und zugespitzt, Missstände zu Recht angeprangert – ein kleiner positiver Ausblick hätte meiner Meinung nach aber gut getan, denn so war die Lektüre für mich sehr anstrengend, und zurückgeblieben ist ein Gefühl von Trostlosigkeit, Aggression und Machtlosigkeit.

Cover des Buches Wir werden jung sein (ISBN: B0CVXVQ3FH)

Bewertung zu "Wir werden jung sein" von Maxim Leo

Wir werden jung sein
-sabine-vor 7 Tagen
Wir werden jung sein

Martin Mosländer ist Wissenschaftler und hat ein Medikament zur Behandlung der Herzmuskelschwäche erforscht – er testet es an vier Probanden, seinem Hund und sich selber; und das Medikament scheint zu wirken. Aber – es hat auch eine essentielle Nebenwirkung: es verjüngt die Probanden. Und so hat der frisch verliebte Jakob plötzlich Erektionsprobleme, die ehemalige Profischwimmerin Verena bricht bei einem Benefiz-Schwimmen alle Rekorde, Jenny wird nach Jahren der erfolglosen Kinderwunschbehandlung auf natürlichem Weg schwanger und der dem Tod geweihte Karl Menger muss sein Leben nun doch nicht selber beenden, sondern kann sich weiter um das Familienimperium kümmern. Diese Verjüngungskur bleibt natürlich auch der Öffentlichkeit nicht verborgen und so entstehen Diskussionen – soll das Medikament für alle verfügbar gemacht werden und was hat das Auswirkungen auf den Einzelnen, die Gesellschaft, die Welt?

Das Szenario ist spannend und in meinen Augen auch gar nicht so unrealistisch – auch beim Hören hatte ich das Gefühl, dass die Geschichte in der nahen Zukunft spielt. Erzählt wird der Roman aus verschiedenen Perspektiven und so erhält man Einblicke in sechs verschiedene Leben vor und nach Einnahme des Medikamentes. Dabei ist der Sprachstil angepasst dem jeweiligen Hauptcharakter – der jugendliche Jakob zum Beispiel hat einen eher umgangssprachlichen Ton während man dem autoritären Menger seine Einstellung auch in der Sprachwahl anmerkt. Interessant bei diesen Einblicken ist, dass jeder ganz anders mit den Auswirkungen umgeht – der Wissenschaftler hat natürlich andere Gedanken als der Jugendliche, dessen Zellen das biologische Alter eines Kindes erreichen, oder die Politiker und der Ethikrat, die das Phänomen gesellschaftlich und ethisch bewerten. Insgesamt stehen aber eher die persönlichen Veränderungen im Mittelpunkt, und erst gegen Ende werden auch Auswirkungen auf die Weltbevölkerung, Chancengleichheit, Missbrauch und ethische Bedenken durchdacht.

Das Hörbuch regt zum Nachdenken an. und auch mein eigenes Kopfkino wurde gestartet. Trotz des ernsten Themas ist die Lektüre aber dennoch eine leichte – vielleicht, weil die moralischen Diskussionen doch eher an der Oberfläche geblieben sind und eben die Auswirkungen der Testpersonen im Mittelpunkt standen, aber auch, weil der Schreibstil insgesamt eher locker, leicht und humorvoll ist.

Simon Jäger als Sprecher hat eine sehr wandlungsfähige Stimme, so das es trotz der verschiedenen Charaktere, die im Mittelpunkt standen, nicht zu Verwechslungen gekommen ist – ich mag nicht nur seine Stimmfarbe, sondern auch das engagierte Vortragen der Geschichte.

Für mich war dieses Hörbuch ein unterhaltsamer Roman mit ernsten Aspekten, ein Ausblick auf eine mögliche Zukunft – ich fand die Mischung aus ernsten Themen und unterhaltsamem Plot sehr gelungen und empfehle das Hörbuch gerne weiter.

Cover des Buches Lügen, die wir uns erzählen (ISBN: 9788727152011)

Bewertung zu "Lügen, die wir uns erzählen" von Anne Freytag

Lügen, die wir uns erzählen
-sabine-vor 12 Tagen
Lügen, die wir uns erzählen

Gerade die "Erwachsenen-Bücher" von Anne Freytag haben mir sehr gefallen, daher habe ich mich gefreut, als ich ein neues Buch von ihrentdeckt habe, das sich primär an erwachsene Leser richtet – und wieder wurde ich nicht enttäuscht.

Helene ist Schriftstellerin und lebt von ihrem Mann Georg getrennt. Eigentlich hätte sie ihn schon vor Jahren verlassen sollen, als ihr klar war, dass sie emotional noch in einer anderen Liebe feststeckt – doch jetzt ist ihr Georg zuvorgekommen. Bei ihm und seiner neuen Freundin wohnt die gemeinsame Tochter, bei ihr der gemeinsame Sohn – und beiden Kinder geben so ein Statement ab, wie sie über das jeweilige Elternteil denken. Doch was ist eigentlich passiert, dass die Familie zerbrechen konnte und wie steht Helene denn nun wirklich zu ihrem alten Liebhaber Alex – Helene will neu durchstarten und sich über ihr Gefühlschaos klarwerden.

Anne Freytag hat einen Roman geschrieben, der sehr authentisch und glaubhaft ist – eine Familiengeschichte, wie es sie sicher zuhauf gibt, ein Drama um Liebe und Betrug, um Vertrauen und Zweifel, um Missverständnisse und Lügen. Erzählt wird alles aus verschiedenen Perspektiven, wobei einem Kapitel immer vorangestellt ist, aus wessen Sicht es geschrieben ist. Zudem gibt es auch verschiedene Zeitebenen mit Kapiteln, die in der Gegenwart spielen und solchen, die die Vergangenheit beschrieben. So ergibt sich nach und nach ein Gesamtbild – zum einen zeitlich, aber auch ein Bild der Familie aus Sicht unterschiedlicher Familienmitglieder. Dabei bedient sich die Autorin einer sehr authentischen Sprache und man bekommt viele Innenansichten der jeweilig erzählenden Person.

Helene wirkt anfangs etwas kühl – erst im Laufe der Geschichte zeigt sich auch bei ihr eine emotionale Seite – und je mehr ich sie kennengelernt habe, ihre Geschichte und ihre Erfahrungen erzählt bekam, um so mehr konnte ich mit ihr fühlen und ihre Gedanken und Handlungen teilen. Auch wenn es verschiedene Perspektiven gibt, ist es doch Helene, um die sich alles primär dreht. Trotzdem waren auch die anderen Sichtweisen interessant – gerade die der beiden pubertierenden Kinder - wie haben sie die Trennung empfunden, wie nehmen sie die Eltern wahr und mit welchen Gründen positionieren sie sich so, wie sie es eben tun. Das war zum Teil sehr schmerzhaft zu hören, und ein bisschen Mitleid habe ich da schon gerade auch mit Helene gehabt; gleichzeitig fand ich das alles sehr realistisch und glaubhaft und könnte mir genau so eine Geschichte auch bei Freunden oder Bekannten in meinem Umfeld vorstellen.

Der Schreibstil ist modern, ohne dabei umgangssprachlich zu sein, angenehm zu hören und angepasst an die jeweilig erzählende Person. Stefanie Wittgenstein und Lara Hoffmann als Sprecherinnen haben mir gut gefallen, ihre Stimmen sind aber sehr ähnlich, so dass ich nicht direkt an der Stimme erkennen konnte, wer gerade erzählt – das fand ich ein wenig schade. Beide Stimmen aber sind klar und weich und beide haben die Emotionen sehr gut transportieren können.

Ich habe das Hörbuch gerne gehört und empfehle es gerne weiter, wenn man sich auf ein Familiendrama, das sehr realistisch und authentisch ist, einlassen mag.

Cover des Buches Das andere Tal (ISBN: 9783257072822)

Bewertung zu "Das andere Tal" von Scott Alexander Howard

Das andere Tal
-sabine-vor 16 Tagen
Das andere Tal

Ein tolles Szenario: Verschiedene Bergdörfer mit den gleichen Bewohnern - aber zu unterschiedlichen Zeiten. So werden Gegenwart, Zukunft und Vergangenheit repräsentiert, aber was passiert, wenn man zwischen den Tälern hin nud her reist?  

Die 16-jährige Odile lebt in einem kleinen Bergdorf und führt dort mit ihrer Mutter ein zurückgezogenes Leben. So idyllisch das Dorf erscheint, ist es aber nicht, denn es wird streng bewacht. Vordergründig sind die Nachbardörfer identisch, jedoch gleichen sie Parallelwelten, das eine Dorf liegt 20 Jahre in der Zukunft, das andere 20 Jahre zurück in der Vergangenheit. Klar, dass man da nicht einfach in das nächste Dorf gehen darf, denn Änderungen dort können sich immer auch auf das Leben in den andere Zeitebenen auswirken. In besonderen Fällen jedoch ist ein Besuch in der anderen Zeit erlaubt – geprüft wird ein solcher Antrag dann von den sogenannten Conseils – und genau für diesen Job bewirbt sich Odile. Sie hat gute Chancen, doch dann geschieht etwas, das ihr zeigt, dass ihr bester Freund bald sterben wird. Und in Odile reift die Idee, wie sie das verhindern kann.

Ich war sehr neugierig auf die Geschichte und obwohl sie dann ganz anders war, als ich erwartet hatte, habe ich sie doch gerne gelesen und Odile auch gerne begleitet. Sie ist ein ruhiges Mädchen, das nur wenige Freunde hat und sich oft nicht recht traut, etwas zu sagen oder zu tun. Erstaunlich eigentlich, dass sie sich für den schwierigen Job der Conseil interessiert, den es gilt, Entscheidungen zutreffen, die nicht immer leicht sind – im Auswahlverfahren zeigt sich Odile dann aber von einer ganze anderen Seite und wird zu einem analytisch denkenden und selbstbewusst auftretenden jungen Mädchen, das Für und Wider abzuwägen und gut zu argumentieren weiß. Ich mochte Odile und habe sie gerne begleitet, vielleicht auch, weil sie ein wenig schutzbedürftig wirkt. Odile bleibt in der Geschichte aber nicht das junge Mädchen, im zweiten Teil begleitet man sie dann nach einem Zeitsprung als Erwachsene, erfährt, wo es sie beruflich hin verschlagen hat; aber erst nach und nach erfährt man, wie es dazu kam, und langsam setzt sich ein ganzes großes Puzzle aus vielen einzelnen Steinen zusammen.

Die Idee der verschiedenen Täler mit den zeitlichen Parallelwelten finde ich großartig. Gelungen finde ich auch, wie sich die idyllisch anmutende Bergwelt als totalitärer Staat entpuppt – die Erklärung ist schlüssig, das Leben aber nicht leicht: Im positiven Sinne könnte man von „behütet“ sprechen, im negativen von Überwachung und Kontrolle. Es kommt im Roman zu Wechseln innerhalb der Zeitebenen, auch zu Überlegungen, wie sich Änderungen in der einen auf die anderen auswirken, und ich musste schon konzentriert lesen, um da nicht den Faden zu verlieren. Dabei herrscht die ganze Zeit eine untergründige, eher subtile Spannung, weil man spürt, dass etwas Großes geschehen wird, und genau diese Spannung hat mich in der zweiten Hälfte richtig gepackt und das Buch zügig lesen lassen. Dabei ist der Schreibstil sehr atmosphärisch, manchmal auch poetisch, dann wieder mit schönen Bildern und Metaphern, trotzdem aber angenehm und flüssig zu lesen.

Die Charaktere sind gut gezeichnet – neben Odile lernt man in ihrer Jugend vor allem ihre Freunde kennen, deren Freundschaft maßgeblich ist für den Weitergang der Geschichte; als Erwachsene führt Odile ein eher einsames Leben und die wenigen Kollegen, mit denen sie zu tun hat, bleiben so auch eher flach in ihrer Ausarbeitung. So sehr ich Odile mochte und mit ihr auch gefiebert habe, ist die Atmosphäre insgesamt aber eher kühl und bedrückend.

Insgesamt ist das Buch trotz des fesselnden letzten Drittels ein eher ruhiges; die Geschichte ist langsam erzählt, sehr bedacht, dabei bedrückend und düster. Am Ende löst sich einiges auf, dennoch aber ergeben sich wieder neue Fragen, die jeder für sich selbst beantworten muss.

Ich habe das Buch gerne gelesen, auch wenn es immer wieder Abschnitte gab, die ein wenig langatmig anmuteten, empfehle ich es gerne weiter, wenn man sich auf Parallelwelten und Zeitreisen einlasen kann.

Cover des Buches Tahara (ISBN: 9783257072433)

Bewertung zu "Tahara" von Emanuel Bergmann

Tahara
-sabine-vor einem Monat
Tahara

Marcel Klein ist ein bekannter Filmkritiker und arbeitet als freier Mitarbeiter in Berlin. Auf den Filmfestspielen in Cannes lernt er Héloise kennen, eine Lehrerin aus Metz, die nichts mit den Filmfestspielen zu tun hat und ganz zufällig in Cannes ist. Sie verstehen sich gut, aber immer wieder kommt es zu Missverständnissen und immer wieder raufen sie sich zusammen. Als sich Marcel dann in eine missliche Situation bringt, verlassen die beiden gemeinsam überstürzt die Stadt.

Marcel ist ein sperriger und eigenwilliger Mensch, der sich nicht direkt in mein Herz geschlichen hat, der sich aber im Laufe der Geschichte weiterentwickelt. Er ist egoistisch und den Menschen nicht unbedingt zugewandt, vielmehr nimmt er seine Termine in Cannes lustlos wahr, erfreut sich aber an den damit verknüpften Annehmlichkeiten – die luxuriöse Unterkunft, exklusive Partys, gutes Essen und exquisite Weine. Und so sperrig er ist, eckt er auch mit Héloise an – eigentlich ist er fasziniert von ihr, sie aber fällt auf seine Sprüche nicht rein, ist immer wieder brüskiert und äußert das dann auch. Héloise umgibt etwas geheimnisvolles, irgendwas scheint sie zu verbergen, was, damit rückt sie aber nicht raus. Sie ist charmant und selbstbewusst, und wirkt deutlich souveräner als Klaus. Aber auch sie ist von ihm irgendwie angetan, und so ergibt sich im wahrsten Sinne des Wortes eine Amour fou.

Der Einstieg in die Geschichte ist sehr ruhig, und ich musste mich ein wenig gedulden, bis die im Klappentext angekündigte Flucht aus der Stadt dann endlich stattfindet. Man lernt so aber die beiden Hauptfiguren sehr gut kennen – und doch bleiben einige Geheimnisse offen, die sich erst im Weiteren offenbaren. Man sollte nicht denken, dass es eine spannende Flucht mit Verfolgern ist, vielmehr ziehen sich die beiden zurück und offenbaren in leisen, aber berührenden Situationen ihre Geheimnisse – bis am Ende eine wirklich überraschende Wendung dem Ganzen noch mal eine ganz neue Richtung gibt. Und so viel sei zum Ende noch gesagt – es ist offen, so dass Raum für eigene Spekulationen bleibt.

Wirklich gelungen ist die Atmosphäre in diesem Buch – obwohl es nur wenige Seiten hat, fühlte ich mich nach Frankreich versetzt, habe viel französisches Flair gespürt, konnte die warme Sonne auf dem Gesicht fühlen und auch den Fahrtwind bei der Reise durchs Land. Dabei ist der Schreibstil angenehm, leicht zu lesen, mit vielen französischen Sätzen gespickt, die im Zusammenhang aber gut zu verstehen sind, auch wenn man die Sprache nicht spricht, die aber sicher zur Atmosphäre beigetragen haben.

Während ich den Einstieg und das erste Drittel des Buches etwas plätschernd empfunden habe, haben die folgenden zwei Drittel mich völlig in die Geschichte ziehen können. Die Wendung im letzten Drittel hat mich dann auch nachdenklich gemacht, und immer noch hallt das Buch in mir nach.

Letztendlich hat mir die Geschichte gefallen, vielleicht ist es eher eine für den zweiten Blick, denn es war vor allem die Entwicklung der Charaktere, die mich gepackt sowie die gemeinsame Zeit von Héloise und Klaus, die mich berührt hat. Ich empfehle das Buch daher gerne weiter, wenn man sich auf eine ruhige Geschichte einlassen mag.

Mein Fazit
Eine ruhige, dafür aber berührende Geschichte mit unerwarteten Wendungen, die zum einen durch gelungene Charaktere lebt, aber auch durch die fantastische Atmosphäre Frankreichs besticht. Ich habe das Buch gerne gelesen.

Cover des Buches Die Influencerin: Ich folge dir. Ich verfolge dich. Ich zerstöre dich. (ISBN: B0CTZXT4FJ)

Bewertung zu "Die Influencerin: Ich folge dir. Ich verfolge dich. Ich zerstöre dich." von Rebecca Russ

Die Influencerin: Ich folge dir. Ich verfolge dich. Ich zerstöre dich.
-sabine-vor einem Monat
Spannend

Das Cover hat mich neugierig gemacht, der Klappentext noch viel mehr: Einereits die Darstellung des nifluencer-Daseins, andererseits ein Thriller, weil jemand gestalkt wird - eine interessante Kombination.

Der Einstieg ist mir gut gelungen, auch wenn es langsam losgeht und ich auf den Thrill länger warten musste. Sarah ist Influencerin und postet auf Instagram vor allem über Fitness und Ernährung – bis der Selbstmord einer Followerin, die sich hilfesuchend an sie wandte, zu einem jähen Ende des Accounts führt. Zwar kann Sarah so dem Shitstorm erstmal entgehen, jedoch taucht bald ein Fake-Account auf, der nur ein Ziel hat: sie zu vernichten. Und bei den dortigen Posts, in dem persönliche Dinge geleakt werden, kann es nur jemand sein, der Sarah sehr gut kennt.

Die Darstellung dessen, was Sarah macht, wie sehr Social Media ihr Leben prägt, wie stark der Einfluss von Followerzahlen, Kommentaren – sowohl positive als auch Hass-Kommentare -, auf ihr Leben ist, wie ihr Alltag geprägt ist von Hashtags, Contentplanung, Postings, Kooperationen – all das wirkt auf mich sehr realistisch und zeigt auch sehr glaubhaft die Gefahren, die sich daraus ergeben; und damit meine ich nicht nur den permanenten Druck, dem sich Influencer aussetzen, weil alles nur auf Content, Reichweite und Sichtbarsein fokussiert ist, sondern auch den, der durch die Follower entsteht, durch Hate, Stalking und Mobbing. All das wird sehr gut beschrieben, daher braucht es etwas, bis es dann auch wirklich spannend wird. Ich konnte das aber gut verschmerzen, weil ich den Stil mochte, in dem die Autorin schreibt, einerseits klar und präzise, Dinge auf den Punkt gebracht, dennoch aber einfach und gut lesbar bzw. hörbar. Nach und nach baut sich dann aber doch Spannung auf, als Sarah zunehmend bedroht wird und nicht nur sie, sondern auch ihre Familie in den Fokus rückt. Neben der Erzählperspektive von Sarah gibt es noch die eines Stalkers, bei der die Bedrohung richtig spürbar ist, der Hass auf Sarah, und bei dem es mich richtiggehend gegruselt hat. Immer wieder werden auch Hass-Kommentare vorgelesen, die die Authentizität nochmal erhöhen.

Das letzte Drittel ist das richtig spannend, und hier überschlagen sich die Dinge – es gibt viele Wendungen, alles ist dann doch anders, als man denkt und die Auflösung nicht so einfach, wie ich vermutet hatte, sondern sehr komplex – und vielleicht auch ein wenig zu konstruiert. Aber – es war spannend, und ich konnte in diesem letzten Drittel kaum aufhören, dem Hörbuch zu lauschen.

Gerade Sarah ist als Charakter sehr gut gestaltet – die verschiedenen Facetten von Emotionen, die sie durchläuft, waren alle sehr glaubhaft – wie sie dann am Ende reagiert, das war mir ein wenig zu „heroisch“, in Ausnahmesituationen aber, und das ist für Sarah sicher eine gewesen, reagieren Menschen auch schon mal anders als gedacht. Auch die Nebenfiguren sind gut gestaltet und haben eine eigene Geschichte – manches wirkt dann am Ende auch ein wenig konstruiert und mir persönlich wurden mit diesen Geschichten zu viele Themen aufgemacht.

Die Sprecherin Jasmin Shaudeen hat eine sehr junge Stimme, die hervorragend zu Sarah passt und die sowohl die ernsteren Abschnitte, in denen es um die Einflüsse von Social Media geht, als auch den spannenden Teil sehr gut gelesen hat. Ich hatte mit ihrer Stimme stets ein Bild im Kopf und konnte mir Sarah sehr gut vorstellen.

Ich habe das Hörbuch sehr gerne gehört – es war informativ, aber auch kurzwellig und spannend. Das Ende war es mir etwas zu „trashig“, so dass ich das Gefühl hatte, das eigentlich sehr ernste Thema verliert dadurch an Einfluss, dennoch empfehle ich diesen Thriller gerne weiter.

Mein Fazit
Ein spannender Thriller, der etwas Zeit braucht, um richtig an Fahrt aufzunehmen, der aber das aktuelle Thema der Gefahren von Social Media aufnimmt und auf eine sehr realistische Weise in Szene setzt. Auch wenn ich das Ende nicht so gelungen fand, war es spannend und sehr kurzweilig – von mir gibt es daher gern eine Empfehlung.

Cover des Buches Der ehrliche Finder (ISBN: 9783103975642)

Bewertung zu "Der ehrliche Finder" von Lize Spit

Der ehrliche Finder
-sabine-vor einem Monat
Kurz, aber gewaltig

So ein dünnes Buch, und gleichzeitig eine Geschichte voller Kraft und Emotion - eigentlich bin ich kein Freund von kurzen Erzählungen, diese aber hat mich völlig gepackt und in einen ganz eigenen Sog gezogen.

Jimmy ist neun Jahre alt und wird in der Schule gemieden, weil sein Vater nicht nur die eigene Familie, sondern das ganze Dorf um Geld betrogen hat. Er ist ein guter Schüler, seine Leidenschaft ist das Sammeln von „Flippos“. Tristan ist schon elf und mit seiner Familie aus dem Kosovo geflohen – in der Schule wird er neben Jimmy gesetzt, damit der sich um ihn kümmert. Und Jimmy geht ganz in dieser Aufgabe auf.

Erzählt wird die Geschichte aus Jimmies Perspektive, und ich finde, die Autorin hat dafür einen sehr guten Erzählton gewählt. Die doch sehr naive Sicht des Jungen auf die Dinge, und eben auch das Verkennen von Situationen ist tragisch und hat mich bei Lesen geschmerzt. Jimmy mochte ich von Anfang an – er hat es nicht leicht, seitdem sein Vater die Familie verlassen hat, und trotzdem hat er seinen positiven Blick auf die Dinge nicht verloren, man könnte aber auch sagen, dass er gutgläubig und naiv ist und kein Gespür für andere hat. Er hat ein großes Herz, ist stolz darauf, in Tristan einen neuen Freund gefunden zu haben. Er gibt alles und will ihm nicht nur die Sprache näherbringen, sondern auch seine eigenen Hobbies; so liebevoll er sich aber kümmert, merkt er nicht, dass Tristan ganz andere Sorgen plagen.

Tristan ist mir dagegen eher fremd geblieben, sicher auch, weil es eben Jimmy ist, dessen Sicht präsentiert wird. Tristans Schmerz und auch der seiner ganzen Familie wird erst im letzten Drittel des Buches sehr greifbar – die Erlebnisse im Krieg, die Gefahren der Flucht und die vielen schrecklichen Bilder hallen bei allen nach. Und während sie nach außen wie eine sich eingewöhnende Flüchtlingsfamilie wirken, tobt innerlich bei ihnen die ganze Zeit Angst und Schrecken.

Die Geschichte hat einen ganz eigenen Sog, und als Leser ahnt man, dass irgendetwas geschehen wird – und so ist das letzte Drittel spannend, emotional und schmerzhaft – und immer noch denke ich über das Ende nach.

Wer von Lize Spit schon einmal etwas gelesen hat, weiß, dass sie auch schmerzhafte Szenen nicht scheut, sie zu Ende erzählt und so Bilder entstehen lässt, die es in sich haben – so ist es auch bei dieser Novelle, die mich verletzt, schockiert und berührt zurücklässt, die ich aber dennoch empfehle, weil sie kraftvoll und gnadenlos ein aktuelles Thema anpackt.

Mein Fazit
Aus Sicht des neunjährigen Jimmy wird die Situation einer Flüchtlingsfamilie aus dem Kosovo dargelegt – was naiv und unschuldig beginnt, baut sich langsam zu einem Finale auf, das gnadenlos, ehrlich und voller Emotionen steckt. Keine leichte Kost, von mir aber eine uneingeschränkte Empfehlung.

Cover des Buches Der Ausflug - Nur einer kehrt zurück (ISBN: 9783328110811)

Bewertung zu "Der Ausflug - Nur einer kehrt zurück" von Ulf Kvensler

Der Ausflug - Nur einer kehrt zurück
-sabine-vor einem Monat
Spannend!

Nach langer Zeit war dies noch mal ein Thriller, der mich richtig gefesselt hat, so sehr, dass ich die Zeit um mich herum wirklich komplett vergessen habe!

Jedes Jahr fahren Anna und ihr Verlobter Henrik mit der gemeinsamen Freundin Milena in die wilde Natur, um zu wandern. Sie sind ein eingespieltes Team und freuen sich alle auf die Auszeit. Eine Woche vor Beginn der Tour fragt Milena, ob sie ihren neuen Freund Jakob mitnehmen kann – Anna und Henrik sind unsicher, weil sie Jakob nicht kennen, sagen dann aber zu. Bei der Anreise schlägt Jakob eine Änderung der Wanderroute vor, was dann auch schon direkt zu Kebbeleien führt, weil die neue Route viel gefährlicher ist. Doch noch ahnt keiner, dass das nur ein kleiner Vorgeschmack sein wird…

Wow – ich fand es spannend und zwar von Anfang an! Denn gleich zu Beginn erfährt man, dass nur Anna die Wanderung überlebt – was genau geschehen ist und was mit Milena, Henrik und Jakob passierte, erfährt man aus Schilderungen Annas, die von der schwedischen Polizei befragt wird.

Zwischen der Perspektive Annas, die in Ich-Form das Geschehen schildert, gibt es immer wieder kurze Sequenzen aus der Zeugenbefragung im Stil eines Protokolls. Das holt den Leser zurück in die Realität, während ich mich bei Annas Schilderungen in die schwedische Bergwelt versetzt fühlte. Ulf Kvensler hat die Landschaft so fassbar beschrieben, dass ich viele Bilder vor Augen hatte, und durch die lebendigen Beschreibungen der Umstände auch fühlen konnte, was in Anna vorgegangen ist – denn neben der Faszination der Natur sind es vor allem auch die wechselnden Stimmungen der vier Wanderer; es gibt freundschaftliche Situationen, Streitereien, Eifersüchteleien, aber auch existentielle Nöte durch Kälte, Hunger und Durst. Die Stimmung wird im Verlauf der Schilderungen immer knisternder und die Gefahren immer fassbarer. Es gibt einige sehr spannende Szenen, und auch wenn alles aus Annas Sicht geschildert ist und ich mich gut in sie hinein fühlen konnte, hatte ich an einigen Stellen doch auch Zweifel, ob das Erzählte nicht doch auch sehr durch Annas Wahrnehmung verzerrt ist.

Man weiß als Leser ja, dass Anna überlebt, trotzdem ist die Situation zwischendurch so verfahren und brenzlig, dass ich mich schon gefragt habe, wie sie es aus den Bergen wieder hinausgeschafft hat. Am Ende gibt es dann eine überraschende Wendung, die schließlich auch alles noch mal neu beleuchtet – und so viel vorweg – am Ende bleibt einiges offen, was Raum für eigene Interpretationen liefert. Mich hat das nicht gestört, andere Leser fanden aber diesen Abschluss nicht gelungen – wer also mit offenen Enden nicht so gut umzugehen weiß, der sei hier vorgewarnt.

Die Figuren sind gut gezeichnet, dabei ist natürlich alles aus Sicht von Anna geschildert und damit auch bewertet. Anna ist eine erfolgreiche Rechtsanwältin und steht mitten im Leben, Etwas besorgt ist sie wegen ihres Verlobten, der in letzter Zeit unzufrieden wirkt – ihm wurde bisher nicht die lang ersehnte Professur angeboten und das macht ihm doch mehr zu schaffen, als er zugeben mag. Insgeheim ärgert sich Anna aber auch über Henrik, der sich in seiner Situation suhlt und nicht nach anderen Wegen und Lösungen für seine Situation sucht. Milena ist Annas beste Freundin und wirkt immer ein wenig verhuscht – sie ist eher zurückhaltend, daher freut sich Anna umso mehr, dass sie nun endlich einen Partner gefunden hat. Doch Jakob – das ist für Anna schnell klar – ist nur vordergründig nett, denn eigentlich muss alles nach seinem Kopf gehen, passiert das nicht, wird er wütend und laut – und Milena hält beharrlich zu ihrem neuen Freund.

Der Schreibstil ist einfach, dennoch aber packend und fesselnd. Vor allem die Atmosphäre in den Bergen hat der Autor wunderbar eingefangen – im Nachwort erklärt er, dass er zur Recherche selber im Sarek wandern war, die Gegend, in der das Buch schließlich spielt – und wahrscheinlich sind deshalb die Beschreibungen auch so realistisch und authentisch. Ich habe diesen Thriller wirklich sehr gerne gelesen und empfehle ihn daher unbedingt weiter!

Mein Fazit
Ein spannender Thriller, der in der schwedischen Bergwelt spielt und bei dem vier Wanderer ums Überleben kämpfen. Die Atmosphäre ist unglaublich gut eingefangen, der Schreibstil ist packend und leicht lesbar. Das Ende überrascht und gibt eine Wendung mit viel Raum zur eigenen Spekulation – mich hat das nicht gestört, aber nicht jedem wird das gefallen. Für mich ein gelungener Thriller, den ich gerne empfehle!

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