Bewertung zu "Das Schweigen des Wassers" von Susanne Tägder
Beginn der Neunziger. Deutschland nach der Wende. Mecklenburg Vorpommern. Kriminalkommissar Arno Groth, ein „Westler“ aus Hamburg, wird in die Provinz geschickt und soll dort so etwas wie polizeitechnische Aufbauhilfe leisten. Gleich zu Beginn wird er mit einem Todesfall konfrontiert, hinter dem einiges mehr zu stecken scheint, als zunächst suggeriert wird. Verbindungen zu einem zehn Jahre zurückliegenden Mordfall drängen sich auf. Ein Cold Case, zu den Akten gelegt. Gewollt nie aufgeklärt? Dies in groben Zügen die Geschichte.
Die Lektüre von Susanne Tägders Debütroman „Das Schweigen des Wassers“ (Tropen Verlag) geht nicht ohne Staunen über ihr bewundernswertes schriftstellerisches Geschick vonstatten. So ist es jedenfalls mir ergangen und ich bin mit dieser Regung nicht allein.
Da ist zum einen die zentrale Geschichte, die Rätsel aufgibt und Spannung erzeugt, doch für mich entscheidend für die Qualität des Leseerlebnisses ist der menschliche Teil, sind die in die Handlung involvierten Personen. Mit großem Feingefühl werden Empfindungen und Stimmungen dargestellt, ohne dass sich die Autorin dabei in langwierigen Betrachtungen verliert. Da ist nichts überflüssig, kein Wort zu viel. Und gerade deshalb wird eben doch so viel deutlich: Trauer, Bedauern, Leere, Enttäuschung, Resignation … die ganze emotionale Bandbreite.
Susanne Tägders Stil ist besonders: Poetisches geht Hand in Hand mit Reduktion und Kargheit, aber auch mit subtilem Witz.
Die Kargheit passt gut zum Schauplatz der Handlung, aber auch zu den Gegebenheiten der Zeit. Man ist ohnehin daran gewöhnt, eher wenig von sich zu geben. Vorzugsweise dann, wenn einem einer aus dem „Westen“ ins Nest gesetzt wird. Das Schweigen oder Nur-wenig-Sagen passt folglich in vieler Hinsicht. Entweder, weil es tatsächlich etwas zu verschweigen gibt (und dem ist so), man gelernt hat, dass sich versiegelte Lippen als klüger erweisen oder es schlichtweg zu Territorium und Menschenschlag passt.
Wer rasante Action sucht, der wird hier keinesfalls auf seine Kosten kommen.
Wem hingegen Feinmaschiges, der Reiz des Zwischen-den-Zeilen-Lesens und Bedacht zusagen, dem sei dieser literarische Krimi wärmstens empfohlen.