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Ambermoon

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Cover des Buches Die Knochennadel (ISBN: 9783442490714)

Bewertung zu "Die Knochennadel" von Andreas Gruber

Die Knochennadel
Ambermoonvor 3 Jahren
Kurzmeinung: Blutige und äusserst spannende Sightseeing-Tour durch Paris, wenn auch etwas zu konstruiert.
Pariser Sightseeing-Tour à la Hogart

Eigentlich wollte der Wiener Privatdetektiv Peter Hogart nur einen Kurzurlaub in Paris verbringen. Doch dann verschwinden bei einer exklusiven Auktion in der Opéra Garnier plötzlich seine Freundin, die Kunsthistorikerin Elisabeth, sowie eine mittelalterliche Knochennadel – ein nahezu unbezahlbarer Kunstgegenstand. Wenig später werden zwei Antiquitätenhändler grausam ermordet, und für Hogart beginnt eine fieberhafte Jagd. Denn diese Morde sind nur der Anfang, und Hogart bleibt wenig Zeit, Elisabeths Leben zu retten und das Rätsel um die geheimnisvolle Knochennadel zu lösen … (Klappentext) 

➢➢➢➢➢➢


"Wohin er kam, gab es Tote. Eine Kälte umfasste sein Herz. Er dachte an Elisabeth und Tatjana. Beinahe bekam er keine Luft mehr. Dabei musste er ziemlich nah an der Wahrheit dran sein, schließlich kam er immer nur um wenige Minuten zu spät.
'Denk nach! Wie, verdammt nochmal, hängt das alles zusammen?'"
(S. 161)


Peter Hogart, freiberuflicher Versicherungsdetektiv, möchte sich mit seiner Lebensgefährtin Elisabeth und seiner neunzehnjährigen Nichte Tatjana, in Paris ein paar schöne freie Tage gönnen. Zuvor muss Elisabeth jedoch noch eine äußerst wichtige Auktion über die Bühne bringen. Während Hogart bei dem internationalen Versicherungsriesen 'Medeen & Lloyd' nicht mehr tätig ist, arbeitet Elisabeth noch als Gutachterin und Auktionatorin für diese Firma.
Unter den Hammer kommt ein ganz besonders exklusives Stück, das als "Die Knochennadel" bekannt ist und aus dem 12. Jahrhundert stammt. Hogart, dessen detektivische Spürnase nie Urlaub macht, wundert sich zwar über die laschen Sicherheitsvorkehrungen, aber was geht ihn das an. Immerhin ist er im Urlaub. Das hat er sich zumindest gedacht, doch natürlich kommt es ganz anders.
Nach der Auktion verschwindet nämlich nicht nur die Knochennadel, sondern mit ihr auch Elisabeth.
Während Hogart und Tatjana, die übrigens in die Fußstapfen ihres Onkels schlüpfen möchte und über die gleiche sensible Spürnase wie ihr Onkel verfügt, sich um Elisabeth Sorgen machen, sind alle auf die Knochennadel fixiert. Schlimmer noch, alle scheinen der festen Überzeugung zu sein, dass sich Elisabeth mit diesem Kunstobjekt aus dem Staub gemacht hat.
Nun muss Hogart nicht nur wieder für 'Medeen & Lloyd' die Knochennadel finden, sondern es tritt auch die Besitzerin diesbezüglich an ihn heran. Jedoch nicht auf die freundliche Art und Weise.
Den einzigen Ansatzpunkt den er hat, sind die Antiquitätenhändler und Kunstsammler. Doch wie soll man ermitteln, wenn diese der Reihe nach ermordet werden?
Das Gute daran ist, dass diese Spur die richtige zu sein scheint. Das Schlechte daran ist jedoch, dass alles auf Elisabeth als Täterin hinweist und er dadurch selbst ins Visier der Polizei und auch der Täter rückt.


"Der Mann trug Hemd und Weste. Seine Kehle klaffte weit auf, bis zur Halsschlagader. An den äußeren Enden der Wunde steckten zwei scharfkantige Gegenstände, die aussahen wie die Tonscheiben einer Vase.
Der Mann war tot - dazu brauchte er keinen ärztlichen Befund."
(S. 160)


Wie in allen Thrillern von Andreas Gruber ist man auch hier gleich mitten drin, statt nur dabei. Gruber ist dafür bekannt nicht lange zu fackeln und so hängt man von der ersten Seite an mit der Nase im Buch. Dabei verfolgt man zwei Handlungsstränge.
Zum Einen begleitet man Peter Hogart, der sich auf die Suche nach Elisabeth und der Knochennadel macht. Der zweite Handlungsstrang führt 15 Jahre in die Vergangenheit und hier liest man aus der Sicht eines neunjährigen Mädchens, welches für den Tod der Eltern Rache schwört.
Im Verlauf nähern sich diese beiden Handlungsstränge an, bis sie sich miteinander verweben und schlußendlich zur Lösung führen.
Zwischendurch erhält man natürlich auch Einblicke in die Sicht der Opfer, kurz bevor sie das Zeitliche segnen.


"Sie würde herausfinden, wer dieser Einbrecher war. Dann würde sie ihn aufspüren, eine Pistole nehmen und ihn erschießen und dabei nicht einmal mit der Wimper zucken. Obwohl sie erst neun war, erschreckte sie diese Vorstellung nicht einmal. Im Gegenteil. In diesem Augenblick wurde ihr Herz zu Eis."
(S. 76)


Von Anfang an ist Spannung geboten. Es kommt immer wieder zu überraschenden Wendungen und auch zu einigen blutigen Szenen.
Auch der trockene Humor fehlt hier nicht, der vor allem am brummeligen und zynischen Hogart liegt, der selbst in brenzligen Situationen oft seine Klappe nicht halten kann und wohl auch nicht anders kann als sarkastisch zu sein. Dies ist übrigens nicht seine einzige schrullige Angewohnheit.
Auch die anderen Figuren sind gut gezeichnet und weisen ebenso ihre ganz eigenen Eigenarten auf und sind für Überraschungen gut, egal ob Unsympathler, Antagonisten oder diejenigen, welche man von Anfang an ins Herz geschlossen hat.


">>Den Namen!<<, zischte sie.
Bonnet zögerte kurz. 'Verdammt, der Name!' Im Moment konnte er keinen klaren Gedanken fassen.
Im nächsten Augenblick zog die Frau Bonnets Gurgel über die rasiermesserscharfen Glaskanten."
(S. 90)


Der Schreibstil ist locker-flockig und das ist ebenso mit ein Grund, weshalb man durch diese spannende Story rast.
Zudem hat Andreas Gruber auch einen wunderbar bildhaften Schreibstil, der Bilder im Kopf entstehen lässt, was nicht nur der Story selbst Leben einhaucht, sondern auch den Beschreibungen des Settings zugute kommt. Man erlebt neben der spannenden Story also auch so manche Pariser Sightseeing-Momente.


"Aus einer Höhe von über hundert Metern hatten sie eine großartige Aussicht über die Stadt.
Direkt vor ihnen lag der 'Parc du Champ de Mars', das Marsfeld mit den Kastanienbäumen und der beleuchteten Umrandung und auf der anderen Seite die Seine mit dem Trocadéro.
Der dunkle Fluss zog sich mit seinen beleuchteten Uferstreifen wie ein geschwungenes Band durch Paris. Die Lichter spiegelten sich im Wasser."
(S. 175)


Während die meisten Bücher von Andreas Gruber von mir fünf Sterne erhalten oder für mich sogar ein Lesehighlight wurden, habe ich hier doch etwas zu bemängeln.
So manches war für mich doch etwas zu konstruiert und unglaubwürdig. Das fing schon bei der französischen Polizei und deren Ermittlern an. Diese wirken nämlich alles andere als kompetent und scheinen zu blöd zu sein, um aus dem Bus zu winken.
Dann waren, meiner Meinung nach, zu viele Personen in diesen Fall involviert. Normalerweise können es bei mir diesbezüglich nie zu viele Figuren sein, hier wirkte es jedoch zu überladen.
Tja, und der darin vorkommende Inzest war meines Erachtens absolut too much und war selbst als "Schockmoment" einfach nur unpassend.

Obwohl das der 3. Band der Peter Hogart-Reihe ist, kann man diesen auch sehr gut ohne Vorkenntnisse lesen. Aber Achtung - Suchtgefahr! Man wird sich die anderen Bände danach sowieso zulegen, also wieso nicht gleich chronologisch lesen? *g*

Fazit:
Trotz der oben genannten Mankos habe ich auch dieses Buch weginhaliert wie nix.
Der Autor schafft es immer wieder, mich mit seinen Wendungen in die Falle zu locken und zu überraschen. Er schreckt auch nicht davor zurück sympathische Figuren über die Klinge springen zu lassen. Also Achtung!
Für sensible Mägen und schwache Nerven sind Grubers Thriller nichts, denn es geht hier ordentlich und vor allem blutig zur Sache. Für mich ist es jedoch genau die richtige Mischung von blutig, spannend und Humor.

© Pink Anemone (mit Leseprobe und Autoren-Info)

Cover des Buches Uzumaki Deluxe (ISBN: 9783551757524)

Bewertung zu "Uzumaki Deluxe" von Junji Ito

Uzumaki Deluxe
Ambermoonvor 3 Jahren
Kurzmeinung: Abgefahrener und makabrer Manga-Horror mit Lovecraftscher Atmosphäre!
Der Horror-Wahnsinn der Spiralen

In Kurouzu geschieht Seltsames: Ein Einwohner nach dem anderen dreht durch. Schuld daran scheinen die Spiralen zu sein... Kirie glaubt anfangs nicht an die düsteren Theorien ihres Freundes Shuichi, doch logische Erklärungen gibt es nicht. Der Horror zieht seine Kreise! ... (Klappentext) 


">>Das liegt an dieser Stadt. Sie ist mit Spiralen verseucht! Verlass Kurouzu, so schnell Du kannst.<<"
(S. 91)


Kurouzu ist ein kleines und beschauliches Städtchen in dem Kirie und ihr Freund Shuichi leben. Shuichi fällt als Erstes auf, dass mit dem Städtchen etwas nicht stimmt und das nicht nur weil er nun auswärts zur Schule geht, sondern sein Vater sich äußerst seltsam benimmt.
Shuichis Vater ist nämlich seit Kurzem von Spiralen besessen. Alles was eine Spiralform hat fasziniert ihn und er starrt stundenlang darauf. Dann beginnt er diese Dinge zu sammeln und lässt sich Dinge mit Spiralformen herstellen, anschließend ist er von Spiralen so besessen, dass er darauf besteht nur noch Lebensmittel zu sich zu nehmen, die wie eine Spirale aussehen. Dies steigert sich immer mehr, bis es auch zu körperlichen Veränderungen und schließlich zu seinem Tod unter äußerst schaurigen Umständen führt.
Während Kirie und Shuichi nun denken, dass das nun endlich vorbei ist, beginnt der wahre Horror nun erst so richtig. Der Wahnsinn hat nun nämlich auf Shuichis Mutter übergegriffen, jedoch auf ganz andere Art und Weise. Seine Mutter leidet nämlich seit dem Tod ihres Mannes an Spiralphobie, die zu besonders makabren Selbstverletzungen führt. Nun ist selbst Kirie klar, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugeht, doch es scheint schon zu spät zu sein, denn plötzlich scheinen Menschen nicht nur dem Wahnsinn zu verfallen, sondern verändern sich auch körperlich - die Spirale des Horrors beginnt sich zu drehen und wird immer schneller.


"An dem Tag, an dem sie starb und ihr Körper verbrannt wurde, bildete sich eine weitere schwarze Spirale am Himmel über unserer Stadt."
(S. 74)


Der Horror beginnt langsam, steigert sich jedoch rasch und nach nur wenigen Seiten steckt man in einer Horrorwelt voller archimedischer und logarithmischer Spiralen. Spiralen, die sich drehen und so die Figuren in den Wahnsinn treiben. Spiralen, die die Figuren herumwirbeln, ein- oder aussaugen und in jedem und allem vorhanden sind.
Es wird hier nicht nur gruselig, sondern vor allem brutal, makaber und grausam, während einem gleichzeitig eine psychedelisch anmutende und lovecraftsche Atmosphäre umgibt.


"Was war das bloß auf ihrer Stirn?! Als ob sich eine Spirale in ihren Schädel bohrte..."
(S. 96)


Dabei hält sich Junji Ito auch zeichnerisch nicht zurück und schafft es auf intensive Weise all den Horror, all die Atmosphäre an die LeserInnen zu transportieren.
Die Illustrationen sind, bis auf wenige Ausnahmen, in schwarz-weiß gehalten und stecken voller Liebe zum Detail. Diese lassen den Horror dadurch erst so richtig bei einem einziehen und einem in den Kopf des Autors blicken.

Die Handlung ist in der Deluxe-Gesamtausgabe in 19 Kapitel unterteilt und jedes Kapitel enthält eine mehr oder weniger in sich abgeschlossene Story, die jedoch alle aufeinander aufbauen und zusammen eine große Gesamtstory ergeben.
So enthält dieser Manga, unter anderem, eine Story über Menschenschnecken, Schwangere, die sich wie Moskitos benehmen und nach Blut gieren, oder eine Story in der sich eine Hauterkrankung ausbreitet, die Hörner aus einem wachsen lassen, ein aufgelassener Leuchtturm plötzlich wieder zu leuchten beginnt und vieles mehr ... vor allem viele Wirbelstürme. 


">>Es war einfach sensationell in seinem Schneckenhaus ... seine Weichteile zu verspeisen ... meinen ganzen Körper in seine feuchten, wundervollen Windungen hineinzupressen ...<<"
(S. 553)


Doch die Storys enthalten nicht nur makabren und brutalen Horror, sondern auch durchaus Tiefe. Es werden zum Beispiel Mobbing, Hass, Geltungssucht und krankhafte Besessenheit thematisiert, die die Figuren in eine ganz eigene Spirale des Abgrundes hinabziehen.


">>Spiralen saugen alles in sich ein. Das Auge folgt dem Muster bis ins Zentrum. Alle, die von der Spirale besessen sind, wollen die Aufmerksamkeit anderer.<<"
(S. 175)


Die Aufmachung darf hier nicht unerwähnt bleiben.
Die Deluxe-Gesamtausgabe kommt nämlich in einer qualitativ hochwertigen Hardcover-Ausgabe daher.
Ich habe sowohl die englische, als auch die deutsche Ausgabe gelesen und empfehle eindeutig die deutsche Ausgabe. Diese enthält, im Gegensatz zur englischen Ausgabe, nicht nur ein Nachwort des Autors zur Entstehung der Geschichte, sondern gleich drei und zusätzlich noch eine bisher unveröffentlichte Story, welche mit "Verschollenes Kapitel" betitelt ist.

Fazit:
"Abgefahrener geiler und kranker Scheiß" war das Erste, was mir durch den Kopf ging, aber das kann man ja schlecht als Fazit einfach so stehen lassen.
Dieses Buch war mein erster Manga überhaupt und für mich somit der Einstieg in die Manga-Welt ... und was für einer!
Ich liebe komplexen Horror, dabei kann es gerne auch durchaus brutal und makaber zur Sache gehen, und ich bin auch ein Fan der Werke von H.P. Lovecraft. Junji Ito hat dies alles in diesen fantastischen Manga gepackt und das in einem tollen Zeichenstil (zum Glück alles andere als lieblich). Danach wird man seinen Kaffee mit ganz anderen Augen umrühren.
Nicht nur, dass dies nicht mein letzter Manga war, sondern auch mit Sicherheit nicht mein letzter Ito.

© Pink Anemone (auf dem Blog mit vielen Bildern aus dem Manga, Autoren-Info, Leseprobe und Rezept zum Manga)

Cover des Buches Meine Schwester, die Serienmörderin (ISBN: 9783746638539)

Bewertung zu "Meine Schwester, die Serienmörderin" von Oyinkan Braithwaite

Meine Schwester, die Serienmörderin
Ambermoonvor 3 Jahren
Kurzmeinung: Nach all der Lobhudelei für mich leider nur eine Enttäuschung.
Geschwisterliebe vs. Geschwisterkonkurrenz

Zwei Schwestern, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Ayoola ist das Lieblingskind, unglaublich schön -- und sie hat die Angewohnheit, ihre Männer umzubringen.
Korede ist eher praktisch veranlagt und dafür zuständig hinter ihrer Schwester aufzuräumen: die Krankenschwester kennt die besten Tricks, um Blut zu entfernen, und ihr Kofferraum ist groß genug für eine Leiche. Dann verknallt sich natürlich auch Tade, der hübsche Arzt aus dem Krankenhaus, in Ayoola, der doch eigentlich für Korede bestimmt ist. Jetzt muss die sich fragen, wie gefährlich ihr Schwester wirklich ist -- und wen sie hier eigentlich vor wem beschützt. Dieser euphorisch gefeierte Roman aus Nigeria ist so beiläufig feministisch wie abgründig, er ist "fiebrig heiß" (Paula Hawkins) und verdammt cool zugleich...
(Klappentext)

✵✵✵✵✵✵✵✵✵✵

"Ein normaler Mensch wäre vielleicht sauer, aber ich verspüre in diesem Augenblick nur das dringende Bedürfnis, diese Leiche loszuwerden.
Als ich ankam, trugen wir ihn als Erstes in den Kofferraum meines Wagens, damit ich schrubben und wischen konnte, ohne dabei sein kaltes Starren ertragen zu müssen."
(S. 9)



Die beiden Schwestern Korede und Ayoola sind nicht nur äußerlich völlig verschieden, sondern auch in allen anderen Dingen.
Korede, die Ältere, steht mit beiden Beinen im Leben, arbeitet als Krankenschwester, ist klug, empathisch, findet sich selbst jedoch alles andere als hübsch. Ayoola hingegen ist eine wunderschöne Frau, weiß und hört das auch gerne, wickelt jeden um ihren Finger, hat eine narzisstische Ader ... und bringt ihre Liebhaber um.
Während Ayoola jedes Mal beteuert, dass der Mann an allem schuld war, übernimmt Korede das Reinigen des Tatortes und lässt die Leichen verschwinden. Bis sich Ayoola in den Arzt Tade verguckt, den Korede heimlich anhimmelt.

"Tade verstummt, und mir gefriert das Blut in den Adern. Ayoola befreit sich aus meinem Griff, aber das macht keinen Unterschied mehr, es ist ohnehin zu spät. Sobald sein Blick auf Ayooda fällt, weiten sich seine Augen. Er rückt seinen Arztkittel zurecht."
(S. 61)



Man liest aus der Sicht von Korede und man spürt schnell diesen Konkurrenzkampf in dem sie sich mit ihrer Schwester befindet. Sie bewundert ihre jüngere und hübsche Schwester, fühlt sich für sie verantwortlich, beschützt sie und will nicht, dass ihr etwas Schlimmes passiert. Gleichzeitig spürt man aber auch Neid und Missgust, die sie ihr gegenüber empfindet, denn selbst in der Familie bekommt Ayoola immer das was sie will - Zuspruch, Anerkennung und Liebe, während Korede auch hier das Nachsehen hat.
Das Einzige was die beiden zu verbinden scheint sind die Aufräumarbeiten, nachdem Ayoola wieder einmal getötet hat. Während Ayoola nach den Morden wieder vergnügt durchs Leben tanzt und keinen Gedanken mehr daran verschwendet, versucht Korede alles, um nicht verdächtig zu erscheinen und der Druck in ihrem Inneren steigt. Der Einzige mit dem sie darüber redet, dem sie ihr Herz ausschüttet, ist ein Patient im Koma.

"Vor wenigen Tagen erst haben wir einen Mann an das Meer übergeben, aber hier ist sie nun und tanzt.
Ich lehne mich gegen den Türrahmen und beobachte sie, versuche und scheitere daran, zu verstehen, wie es in ihrem Kopf aussieht."
(S. 41)



Im Verlauf erfährt man nicht nur wie es im Inneren von Korede aussieht, sondern wirft auch einen Blick in die Familienverhältnisse und in das Arbeitsleben von Korede. Dabei schwingt immer ein verbitterter und auch verzweifelter Ton mit, was durchaus passend und authentisch ist. Doch obwohl sie ihre Schwester im Stillen verflucht, hält sie immer zu ihr, hilft ihr und glaubt ihr. Immerhin ist sie ihre ältere Schwester und das machen eben ältere Geschwister und außerdem - wer würde ihr schon glauben?


Der Schreibstil ist schnörkellos und direkt und die Kapitel kurz und knapp. Dadurch fliegt man innerhalb weniger Stunden durch das Buch und obwohl ich es in kürzester Zeit verschlang, ließ es mich doch enttäuscht zurück.

Es beginnt schon bei den Protagonisten. Sympathieträger findet man hier nicht, wobei das für mich nicht unbedingt ein notwendiges Kriterium ist um eine Story gut zu finden, sofern es zur Story passt. Das tut es definitiv, doch was mich störte waren die blassen Figuren.
Obwohl man aus Koredes Sicht las, sie mir quasi ihr Inneres offenbarte und mir gleichzeitig auch Ayoola näher brachte, blieben sie beide blass und irgendwie nichtssagend. Mir waren die beiden bis zum Ende hin also in gewisser Weise völlig schnurz.

Das wäre das Eine, das Andere ist, dass man überall liest, dass es ein feministisches Buch ist, welches die patriarchalen Zwänge Nigerias sichtbar macht. Ich habe weder das eine, noch das andere darin entdeckt. Im Grunde könnte die Geschichte überall spielen, denn Lagos, eine Großstadt in Nigeria, wird nur am Rande erwähnt und die patriarchalen Zwänge werden auch nur kurz angerissen ohne näher auf diese einzugehen.
Zum Beispiel durch Koredes Einblick in die Erinnerungen an ihren Vater. Das ist natürlich harter Stoff, jedoch so distanziert transportiert und so schnell abgehandelt, sodass es mir nicht so sehr ans Herz ging wie es wohl sollte. Also auch hier wieder dieses Egal-Gefühl.
Und wo der Feminismus steckt? Tja, keine Ahnung. Nur weil Ayoola schön ist und Männer ihr hinterherhecheln? Sie wurde nicht durch das Patriarchat zu dem gemacht was sie ist, sondern weil sie eine narzisstische Persönlichkeitsstörung hat, welche von Mutter und Schwester nicht erkannt und somit unwissentlich gefördert wurde. Sie ist was sie ist - eine Serienmörderin. Aus und Ende.

"Als Ayoola an diesem Abend zurückkehrt, fasst sie die Rosen an, fotografiert sie und will das Bild gerade online stellen, als ich sie, schon wieder, daran erinnere, dass sie einen Freund hat, der seit einem Monat vermisst wird und um den sie trauern sollte.
Sie macht einen Schmollmund. >>Wie lange muss ich denn noch langweiliges, trauriges Zeug posten?<<"
(S. 85)



Das Ende wird nicht jedem gefallen, doch während mich die gesamte Story und auch die Figuren nicht beeindrucken konnten, fand ich das Ende gut und vor allem, vom psychologischen Standpunkt aus betrachtet, durchaus authentisch.
Um das näher zu erklären, müsste ich spoilern, daher möchte ich nur zwei Wörter in den Raum werfen und zwar: Manipulation und Co-Abhängigkeit.


Fazit:
Ich habe mir nach all den vielen Rezensionen mit all den Lobhudeleien mehr erwartet und wurde leider dementsprechend enttäuscht.
Der viel gepriesene Witz war meiner Meinung nach nicht vorhanden, ebenso nicht der erhoffte feministische Kampf gegen das patriarchale Regime Nigerias. Es ist einfach nur ein Roman zweier Schwestern, in der die eine ihre Liebhaber killt und narzisstische Tendenzen aufweist, während die andere zwischen Liebe und Rivalität hin- und hergerissen ist. Leider ohne Tiefe, denn dafür wird alles zu oberflächlich und schnell abgehandelt.
Schade, denn Potenzial für etwas Großes war durchaus vorhanden.


© Pink Anemone (mit Bildern aus dem Buch, Leseprobe, Autoren-Info)

Cover des Buches Kleine Wunder um Mitternacht (ISBN: 9783809027102)

Bewertung zu "Kleine Wunder um Mitternacht" von Keigo Higashino

Kleine Wunder um Mitternacht
Ambermoonvor 3 Jahren
Kurzmeinung: Ein berührendes, spannendes und magisches Leseerlebnis mit einem hauch Phantastik. Absolutes Highlight!
Wenn die Gegenwart mit der Vergangenheit kommuniziert

Es ist kurz vor Mitternacht, als drei junge Einbrecher in einen verlassenen Gemischtwarenladen eindringen, um nach ihrem Raubzug unterzutauchen. Doch Atsuya, Shota und Kohei wird keine ruhige Stunde bis zum Morgengrauen gewährt: Ein Brief wird von außen durch einen Schlitz in den Laden geworfen, obwohl in der Dunkelheit vor der Tür kein Mensch zu sehen ist. Als ihn die erstaunten Kleinkriminellen öffnen, beginnt eine unglaubliche Geschichte, die eine Nacht lang das Leben unzähliger Menschen verändern wird – und eigentlich begann sie vor über dreißig Jahren, als ein weiser alter Mann mit seinen Worten kleine Wunder vollbringen konnte... (Klappentext) 

❃❃❃❃❃


"Am 13. September, von einer Minute nach Mitternacht bis Tagesanbruch, wird Namiya Gemischtwaren für eine einzige Nacht wiedereröffnen. Wir bitten jeden, der jemals um Rat gebeten und ihn erhalten hat, um seine ungeschminkte Meinung. Wie hat sich dieser Rat auf Ihr Leben ausgewirkt? Fanden Sie ihn hilfreich oder nutzlos? Bitte werfen Sie Ihre Briefe in den Schlitz im Rollladen, wie in alten Zeiten. Wir freuen uns darauf, von Ihnen zu hören.
(S. 301)


Ein altes verlassenes Haus am Ende der Straße, ein angrenzender Gemischwarenladen, ebenso verlassen und verschlossen durch einen Rollladen. Das scheint das ideale Versteck für die drei Kleinkriminellen Atsuya, Shota und Kobei zu sein. Nach einem Raub flüchten sie mitten in der Nacht in diesen Laden, um abzuwarten bis es Tag wird.
Plötzlich wird ein Brief durch den Briefschlitz des Rollladens in den Laden geworfen und kein Mensch weit und breit ist zu sehen. Nachdem der Schreck der drei Männer abgeklungen ist, erwacht die Neugierde und sie beschließen den Brief zu lesen. In diesem schüttet eine Frau, die sich nur 'Mondhase' nennt, ihr Herz aus und bittet um eine Lösung ihres Problems. Dieser Brief ist an den einstigen Besitzer Yuji Namiya gerichtet, der wohl Antworten auf die schwierigsten Fragen und Probleme hatte. Damals fungierte der Laden wohl auch als Kummerkasten. Allerdings müsste Namiya inzwischen über 100 Jahre alt sein, dieser Laden ist seit Ewigkeiten verlassen, also wer schreibt jetzt noch Briefe an ihn?
Während Atsuya das alles als Irrtum abtut, beschließen die anderen beiden einfach zurückzuschreiben. Immerhin muss man doch irgendwie die Zeit totschlagen und 'Mondhase' tut ihnen leid. Doch kaum haben sie die Antwort in den Milchkasten geworfen, erhalten sie den Antwortbrief von 'Mondhase', wieder durch den Briefschlitz geworfen und wieder kein Mensch weit und breit zu sehen.
Dies ist jedoch nicht das Mysteriöseste, denn auch die Zeit steht in dem Laden still und die Briefe von 'Mondhase' scheinen aus der Vergangenheit zu stammen. Die Männer beschließen trotzdem in dem Laden zu bleiben und es entbrennt eine Korrespondenz zwischen den Zeiten, die nicht nur Einfluß auf die drei Einbrecher hat, sondern auf viele anderen auch - in der Gegenwart und in der Vergangenheit.


"Der Briefschlitz und der Milchkasten sind mit der Vergangenheit verbunden. Wenn jemand von früher einen Brief in den Laden in dieser vergangenen Welt wirft, landet er hier in der Gegenwart. Und genauso fällt ein Brief, den wir in den Milchkasten legen, in den Milchkasten der Vergangenheit."
(S. 41)


Wie auch die drei Einbrecher wird man selbst in diese Geschichte hineingesogen, in der der Schleier zwischen Vergangenheit und Gegenwart dünn ist und die Zeit gleichzeitig still steht.

Im Verlauf liest man aus verschiedenen Perspektiven und beobachtet das Leben unterschiedlicher Figuren, welche mit Schicksalsschlägen, schweren Entscheidungen und unerfüllten Träumen zu kämpfen haben.
Wie z.B. die schon erwähnte 'Mondhase' - eine junge und vielversprechende Sportlerin, welche hin- und hergerissen ist. Sie trainiert für die Olympischen Spiele, doch ihre große Liebe erkrankt an Krebs und hat nicht mehr lange zu leben. Ihr Freund, ebenfalls Sportler, möchte jedoch, dass sie weitertrainiert, um so für sie beiden den Lebenstraum von Olympia zu erfüllen. Sie aber möchte viel lieber die Zeit, die sie noch zusammen haben, bei ihm verbringen.

Oder Katsuro, der sein Elternhaus verlassen hat um BWL zu studieren. Sein Traum sieht jedoch ganz anders aus - er will Musiker werden und dafür würde er alles aufgeben. Doch dieser Traum gerät ins Wanken, als er für eine Beerdigung nach Hause kommt.


"Andererseits war sie vielleicht doch nicht irre und alles real, auf eine märchenhafte Art und Weise. Möglicherweise fand er eine Lösung für sein Problem. Etwas, das ihm half, sein Leben in die richtige Richtung zu lenken. Auf alles vorbereitet, sowohl auf Enttäuschung, als auch auf Überraschung, erklomm Katsuro jetzt den Hügel, bis er vor der verwitterten Fassade des Ladens stand."
(S. 113)


Dies sind nur zwei schicksalhafte Leben von vielen und natürlich erfährt man auch die Geschichte des Ladeninhabers Yuji namiya - wie alles begann, wie es sich entwickelte, endete und zu dem führte was nun geschieht.

Dabei reist man mit den Figuren in die Vergangenheit und es werden, unter anderem, die Olympischen Spiele 1980 und deren Boykott und auch die Beatlemania thematisiert, inklusive des ein oder anderen Musikhits.


"Ich behandle jeden Brief als Hilfeschrei. Diese Menschen sind nicht anders als wir. Sie haben ein Loch in ihrem Herzen, und etwas Lebensnotwendiges sickert heraus."
(S. 143)


Der Schreibstil ist klar, flüssig und lässt einen in eine fantastische Geschichte eintauchen, welche vom Zusammenspiel von Schicksal, zufälligen Entscheidungen und natürlich einem magischen Wunder bestimmt wird. Eine Geschichte, die voller schöner und tragischer Momente steckt, einen zum Schmunzeln und zum Weinen bringt (ja, selbst mich, die nicht wirklich nah am Wasser gebaut ist) und auch zum Nachdenken anregt.

Umhüllt von dichter Atmosphäre verfolgt man gespannt die verschiedenen Schicksale dieser völlig unterschiedlicher Menschen, deren Leben auf so unglaubliche Art und Weise im Verlauf zusammengeführt und verknüpft werden.
Hierbei kann man sich auf so einige fantastische Twists gefasst machen, die am Ende zu einem großen Ganzen führen. Das hat der Autor wirklich auf so geniale und stimmige Weise geschafft, dass ich selbst nach dem Beenden noch völlig begeistert und mit einem zufriedenen Lächeln hier sitze.
Es ist eine Story mit einem Butterfly Effekt vom Feinsten und mit einem Hauch Phantastik!


"Der Laden sah noch genauso aus wie damals, als sie ihre Briefe eingeworfen hatte. Das Schild war praktisch nicht mehr zu entziffern, und Rost überzog die Ränder des Rollladens, aber das Gebäude verströmte die tröstliche Wärme, die ein alter Mann seiner Enkelin entgegenbrachte."
(S. 388)


Die Aufmachung des Buches darf nicht unerwähnt bleiben, denn schon das Cover alleine ist ein Blickfang - silbrig glänzende Pastelltöne machen es einfach zu einem Hingucker. Die Hardcover-Ausgabe ist qualitativ hochwertig und enthält auch noch ein Lesebändchen.

Fazit:
Ich habe schon lange kein Buch mehr gelesen, welches mich fasziniert und gespannt die Seiten umblättern ließ. Welches mich so berührt und gefesselt hat, mich so in die Geschichte hinein sog und mich dadurch so intensiv am Schicksal der Protagonisten teilhaben ließ.
Die Twists und die ans Herz gehende Story, die voller Wunder und auch Phantastik steckt, hat mich schlichtweg aus den Pantoffeln gekippt.
Am liebsten möchte ich in das Buch hineinkriechen und mich für immer im Namiya Gemischtwarenladen verstecken, alles nochmals erleben, mit all den Tränen und dem magischen Zusammenspiel zwischen Gegenwart und Vergangenheit.
Was für ein Lesehighlight!

© Pink Anemone (auf dem Blog mit Bildern, Book-Soundtrack, Rezept zum Buch, Leseprobe und Autoreninfo)

Cover des Buches Die Frau ist frei geboren – Olympe de Gouges (ISBN: 9783868695618)

Bewertung zu "Die Frau ist frei geboren – Olympe de Gouges" von José-Louis Bocquet

Die Frau ist frei geboren – Olympe de Gouges
Ambermoonvor 3 Jahren
Kurzmeinung: Eine tolle und informative Comic-Biographie einer der wichtigsten Frauen des Feminismus
Cover des Buches Middlemarch (ISBN: 9783423281935)

Bewertung zu "Middlemarch" von George Eliot

Middlemarch
Ambermoonvor 3 Jahren
Kurzmeinung: Ein Epos an atmosphärischer Detailverliebtheit und zwischenmenschlichen Beziehungen, der einen in eine Kleinstadt um 1830 entführt.
Eine Studie über den Wandel der Zeit und zwischenmenschlicher Beziehungen

Die Grenzen des Dorfes sind die Grenzen unserer Welt. Das akzeptieren vielleicht die restlichen Bewohner von Middlemarch, aber nicht Dorothea und Tertius. Wieso sollte einer jungen Frau der Zugang zu Wissen und Geist verschlossen bleiben, wenn die alten Männer damit nur Schindluder treiben? Und warum sollte ein junger Arzt nicht neue Methoden anwenden dürfen, wenn man dadurch Menschenleben retten kann? Neugier ist Pflicht für Dorothea und Tertius. Und um ihre Pflicht zu erfüllen, setzen sie vieles aufs Spiel... (Klappentext) 

❃❃❃❃❃


"Nichts auf der Welt ist so unaufdringlich wie der Prozess dieses allmählichen Wandels! Am Anfang atmeten sie ihn ohne Wissen ein; du und ich, wir haben sie vielleicht etwas mit unserem Atem angesteckt, wenn wir unsere falschen Zustimmungen äußerten oder unsere dümmlichen Schlußfolgerungen zogen; oder vielleicht kam es mit den Schwingungen aus dem blick einer Frau."
(S. 201)


Man begleitet hier drei Paare, die in einer Kleinstadt namens 'Middlemarch' ihrem Schicksal begegnen.

Dorothea Brooke, die eine Ehe mit dem viel älteren und konservativen Gelehrten Mr. Casabaun eingeht.
Ihre Beweggründe waren jedoch weniger romantischer Natur, sondern um ihn bei seiner Arbeit zu unterstützen und dadurch nebenbei alles Wissen aufzusaugen. Mr. Casabaun jedoch wollte im Grunde nur eine bessere Sekretärin und Vorleserin, die ihn und seine Arbeit anhimmelt.
Anfangs scheint diese Ehe zu funktionieren. Dorothea unterwirft sich ihm, macht alles für ihn um ihn glücklich zu machen, denn wenn er glücklich ist, ist auch sie glücklich. Bis sein Mündel und Vetter Will Ladislaw die Bühne betritt und Dorothea es wagt ihren Ehemann das erste Mal zu kritisieren.
Selbst nach seinem frühen Tod möchte Mr. Casabaun das Leben Dorotheas kontrollieren und scheint es auch zu schaffen.

Dann lernt man den jungen Arzt Tertius Lydgate kennen, der neu in der Kleinstadt ist und große Pläne hat. Er möchte die neuesten erlernten medizinischen Methoden nach Middlemarch bringen und seine Forschungen vorantreiben. Er ist dafür bereit ohne Bezahlung im Krankenhaus zu arbeiten und möchte sein Leben einzig seiner Forschung widmen.
Bis Rosamond in sein Leben tritt. Sie kommt aus gutem Hause, ist wunderschön und entspricht ganz seinem konservativen Frauenbild. Doch Rosamund ist nur das Beste vom Besten gewohnt, verwöhnt, eingebildet und sieht in ihm vor allem die Möglichkeit in der Gesellschaft aufzusteigen, damit alle anderen vor Neid platzen.
Die rasche Ehe beruht eher auf einem Missverständnis, in das Tertius hineinstolpert, doch das ist nicht der einzige Grund, weshalb diese Ehe zum Scheitern verurteilt ist. Während er nicht vorhandenes Geld verprasst, um alle Wünsche Rosamondes zu erfüllen, hat er nämlich nicht nur mit dem Widerstand der alteingesessenen Ärzte zu kämpfen.

Dann hätten wir da noch Mary Garth, eine kluge und empathische junge Frau aus bürgerlichem Haus, die mit beiden Beinen fest im Leben steht, sich nicht so leicht blenden oder um den Finger wickeln lässt und konkrete Vorstellungen hat, wie ihr Ehemann zu sein hat.
Ihr Kind- und Jugendfreund Fred Vincy ist das Gegenteil - aus der Oberschicht, ein kleiner Hansdampf, der noch nicht so recht weiß wo er steht und was er will. Er ist unsterblich in Mary verliebt, doch bevor sie ihn heiratet, muss er sich erst bewähren und sein Leben grundlegend ändern.


"Dies war es, was Dorothea so kindlich machte und, einigen Urteilen zu folgen, so dumm bei all der Klugheit, die man ihr nachsagte; wie zum Beispiel gerade jetzt, wo sie sich - bildlich gesprochen - Mr. Casabaun zu Füßen warf und seine unmodischen Schnürsenkel küsste, als wäre er ein protestantischer Papst."
(S. 78)


Schon alleine die Geschichten dieser drei Paare könnte Bücher füllen, doch die Autorin Mary Ann Evans beschränkt sich nicht nur auf diese sechs Protagonisten.
Es ist auch kein, wie viele nun eventuell vermuten, Liebesroman, denn die Liebe und Romantik spielen hier eher eine untergeordnete Rolle. Viel mehr ist es eine soziologische Gesellschaftsstudie in einer Zeit des Umbruchs.
Der Beginn von etwas Neuem, welches das Alte langsam verdrängt, eine neue Generation wächst heran und ist dabei mit alten Traditionen und veraltetem Wissen zu brechen. Es ist eine Geschichte der gesellschaftlichen Emanzipation.

Mit Feminismus hat das Buch also nur wenig zu tun, auch wenn das oft und gerne als Marketingaufhänger benutzt wird.
Dies wird vor allem klar, wenn die Autorin auf die damaligen politischen Ereignisse eingeht, wie zum Beispiel die Reformation (Reform Act 1832) oder in Bezug auf die damalige Ökonomie und beginnende Industrialisierung.


"Im Kreisbezirk, zu dem Middlemarch gehörte, war die Eisenbahn ein ebenso aufregendes Thema wie das Reformgesetz oder die drohenden Schrecken der Cholera, und vor allem die Frauen und die Gutsbesitzer hatten darüber die ausgeprägtesten Ansichten."
(S. 733)


Doch auch vom psychologischen Standpunkt aus betrachtet enthält dieses Buch ganz großes Kino, stehen doch vor allem zwischenmenschliche Beziehungen im Vordergrund und das Schicksal ist hier ein ganz großes Thema.
Wie reagieren die einzelnen Figuren auf Schicksalsschläge, wie werden sie damit fertig zu scheitern und wie gehen sie daraus hervor? Im Verlauf entwickeln sich die Figuren, ob nun positiv oder negativ, ergo auch hier geht es um die Entwicklung.

Wer nun denkt, dies wird auf trockene Art und Weise an die Leserschaft gebracht, der irrt gewaltig.
Man taucht in eine typische Kleinstadtwelt ein, eine Welt voller Klatsch und Tratsch, Missgunst und Neid und politischen und familiären Intrigen, inklusive Erbschleicherei. Es kommt zu spannenden, tragischen und traurigen Momenten, sowie überraschenden Wendungen.

Die Figuren sind vielschichtig gezeichnet, selbst Nebenfiguren enthalten Tiefe und die ein oder andere sorgt auch für ein Schmunzeln.
Auf den ersten Blick waren mir die meisten Figuren, allen voran Dorothea, eher unsympathisch, doch hier ist keine Figur nur schwarz oder weiß gezeichnet und dadurch kommt die Entwicklung im Verlauf der Geschichte jedes einzelnen umso mehr zur Geltung.
Jede Figur, und mag sie noch so unwichtig erscheinen, ist ein wichtiger Bestandteil in dieser Geschichte. Im Verlauf greifen alle Zahnrädchen ineinander und ergeben ein großes Ganzes. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass eine nur sporadisch auftretende Figur auf jeden einzelnen Protagonisten im Städtchen Middlemarch Einfluss hat, um einige schließlich in den Abgrund zu reißen.


"Doch jeder, der genau die geheimnisvollen Wege beobachtet, die die menschlichen Schicksale zusammenführen, sieht, wie sich ganz langsam die Einflüsse des einen Lebens auf ein anderes ankündigen, was die Gleichgültigkeit oder den kalten Blick, mit dem wir einen noch fremden Nachbarn anstarren, fast als eine wohlberechnete Ironie ausweist. Das Schicksal steht voll Sarkasmus daneben und hält die Fäden unserer 'dramatis personae' fest in der Hand."
(S. 136)


Wenn man zeitgenössische Romane gewohnt ist, ist der Schreibstil der Autorin anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, was jedoch bei allen Klassikern aus dieser Epoche der Fall ist.
Ich musste mich, wie immer, erst an die langen Schachtelsätze gewöhnen, doch nach nur paar wenigen Seiten war ich in der Geschichte gefangen.
Die Autorin macht es einem aber auch leicht, da sie zwischendurch auch trockenen Humor und Sarkasmus einstreut.
Zwischendurch wendet sie sich dabei an den/die LeserIn selbst und jedes Kapitel wird durch ein Motto eingeleitet. Viele davon stammen aus ihrer eigenen Feder.
Doch auch der Übersetzer Rainer Zerbst hat hier hervorragende Arbeit geleistet.


"Bei Frauen erwartete man keine festen Überzeugungen; überhaupt bestand die beste Garantie für Gesellschaft und Familienleben darin, dass man überhaupt nicht nach seinen Überzeugungen handelte. Vernünftige Leute taten, was ihre Nachbarn taten, sodass man Verrückte, falls irgendwelche auf freiem Fuß waren, erkennen würde und ihnen aus dem Weg gehen konnte."
(S. 24)


Ich äußere mich nur selten über die Aufmachung eines Buches, doch hier muss es einfach sein, denn der dtv-Verlag hat hier großartige Arbeit geleistet. Wunderschöne Umschlaggestaltung und das qualitativ hochwertige Hardcover mit Lesebändchen sind ein wahrer Augenschmaus.
So macht es gleich nochmal so viel Spaß in diesem Buch zu lesen, möge es noch so schwer sein. Zudem ist es dadurch ein toller Hingucker im Bücherregal. Vor allem bei Klassikern greife ich daher gerne zu solchen HC-Ausgaben, da diese in meinen Regalen bleiben dürfen.
Da der dtv-Verlag vor allem in Bezug auf Literaturklassiker mein absoluter Favorit ist, hätte ich nichts dagegen, wenn mehr Klassiker in dieser wunderschönen Aufmachung erscheinen würden.

Wie jeder Literaturklassiker aus dem dtv-Verlag, enthält auch diese Ausgabe ein interessantes Vorwort, diesmal von Elisabeth Bronfen, und ein ebenso interessantes wie auch informatives Nachwort des Übersetzers Rainer Zerbst. Da das Vorwort jedoch gewaltig spoilert, sollten diejenigen, die "Middlemarch" noch nicht kennen, dieses erst am Ende lesen.
Zum besseren Verständnis sind natürlich auch reichlich Fußnoten mit Anmerkungen vorhanden.

Auch dies alles Gründe, weshalb ich bevorzugt Klassiker aus dem dtv-Verlag wähle und weil hier wirklich gute ÜbersetzerInnen am Werk sind. Bei Letzterem bin ich nämlich wirklich etwas pingelig.

Fazit:
Einen Monat hab ich an diesem Wälzer von 1152 Seiten gelesen. Obwohl dieser durchaus ein paar Längen enthält, die politischen Ereignisse waren mir manchmal doch etwas zu trocken, reiste ich immer wieder gerne in das Städtchen Middlemarch und verfolgte gespannt Klatsch und Tratsch, Intrigen und vor allem die unterschiedlichen Entwicklungen der Figuren.
Wie gerne würde ich all das Gelesene wieder vergessen, um alles wieder neu lesen und entdecken zu dürfen.

© Pink Anemone (mit vielen Bildern aus dem Buch, Leseprobe und Autoren-Info)

Cover des Buches Der Kuss der grünen Fee (ISBN: 9783940855510)

Bewertung zu "Der Kuss der grünen Fee" von Ulrike Bliefert

Der Kuss der grünen Fee
Ambermoonvor 3 Jahren
Kurzmeinung: Facettenreiche Kurzgeschichten, die man am besten bei einem Gläschen Absinth genießt; inkl. histor. Infos.
Abstinth-Geschichten

„Die Grüne Fee“, so schrieb einst Frankreichs großer Dichter Baudelaire über den Absinth, „ist der Zaubertrank, der dem Leben seine feierliche Färbung gibt und seine dunklen Tiefen aufhellt.“
Doch damit hat er das Modegetränk der Belle Epoque unterschätzt: Sein Genuss konnte durchaus selbst in dunkle Tiefen führen.
Zehn Autorinnen und Autoren, die unterschiedlicher nicht sein könnten, haben die heutige Wiederentdeckung des Absinths zum Anlass genommen, ihre jeweils eigene - heitere, skurrile oder ganz und gar finstere - Sicht auf die Blütezeit der „Grünen Fee“ zu präsentieren... 
(Klappentext) 

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"Das Wasser tröpfelte aus dem Brouilleur über den Zucker in das Absinthglas. Die Tropfen, die in die hellgrünge, klare Flüssigkeit eintauchen, werden nach kurzer Zeit milchig. Alexander legt seinen Kopf auf den Tisch, ganz nahe vor das Glas, sodass es sein gesamtes Sichtfeld einnimmt. Mit jedem auftreffenden Tropfen erzittert die Flüssigkeit von Neuem. Opaken Meteorschweifen gleich wabert das Wasser durch den Absinth, vermischt sich immer mehr damit und lässt allmählich das ganze Getränk erblinden."
(S. 101 - aus "Pandoras Büchse" von László I. Kish)


Zehn Kurzgeschichten von zehn AutorInnen die unterschiedlicher und facettenreicher nicht sein könnten, doch alle entführen einen in die  Zeit, in der Absinth äußerst populär war.
Und so erlebt man ergreifende und auch spannende Storys, in denen die Grüne Fee ihren Auftritt hat. Sei es als Medizin, als Schmuggelware oder als Verursacherin von Visionen und Rauschzuständen.

Diese zehn Kurzgeschichten stelle ich Euch nun alle kurz vor, um Euch einen ganz besonderen Blick auf diese Anthologie werfen zu lassen.

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1. "DES MORDES SCHULDIG" von Kathrin Lange

Frankreich 1797 und Dr. Pierre erwacht wieder einmal schreiend aus einem Alptraum. Seit 4 Jahren beruhigt die junge Marie ihn, ohne jedoch zu wissen was ihn quält. Nur einmal sagte er, dass er des Mordes schuldig wäre.
Marie würde zu gerne wissen, was Pierre so quält und ob er deshalb damals aus Paris flüchten musste.
Eines Tages ist es soweit und die Vergangenheit holt beide ein, als ein früherer Bekannter plötzlich vor der Tür steht, mit dem Auftrag Pierre zu töten. Die Vergangenheit wurde zur Gegenwart und nun muss Pierre vor Marie die Karten auf den Tisch legen.

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2. "MILCHKRIEG" von Christiane Güth

Hier befindet man sich in einem Schweizer Amtsgericht im Jahre 1913 und lesen aus der Sicht einer äußerst empörten Dame.
Ihr Mann, der liebe und ruhige Reto, hat Absinth geschmuggelt. Zwischen den Milchkannen, welche sie ausliefern. Man stelle sich das mal vor!
Einen kleinen Denkzettel wollte sie ihm verpassen, doch wer hätte ahnen können, dass das nach hinten losgeht? Doch auch diesmal lässt sich die resolute Dame nicht unterkriegen.

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3. "VOM GLÜCK UND UNGLÜCK AM RANDE DES ABGRUNDS" von Aje Andrea Brücken

Eine Geschichte über eine aufgeweckte und sehr spezielle Frau mit romantischen Todesphantasien, Hang zu Mutproben und unterschütterlichem Mut.
Wie sie ohne Begleitung nach Berlin reist, um im strahlenden Schein des Halleyschen Kometen zu sterben, dabei den Einbrecher Max kennenlernt und all das ihr weiteres Leben beeinflusst.
Natürlich hilft ihr dabei hin und wieder ein Gläschen der grünen Fee.

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4. "DAS OHR" von Peter Hoeft

Hier begleitet man den französischen Maler Paul Gauguin, welcher von Vincent van Gogh nach Südfrankreich eingeladen wurde, um eine Kunstgalerie zu gründen. Die beiden geraten mehrmals aneinander, bis schließlich einer das Ohr verliert.

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5. "MÄDCHEN FÜR ALLES" von Gisela Witte

Das Mädchen Anna ist auf der Suche nach einer Anstellung für Hausmädchen und schon bald hat sie auch eine gefunden. Sie scheint einen Glücksgriff gemacht zu haben. Nicht nur das sie endlich ihr erstes eigenes Kämmerchen hat, auch mit den beiden Kindern der Gnädigen kommt sie wunderbar zurecht. Doch wieso lässt man sie nie mit dem Herrn des Hauses alleine?
Eine kleine Geschichte über den sogenannten Butterfly-Effekt.

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6. "PANDORAS BÜCHSE" von László I. Kish


"Die Fläche zwischen Alexander und dem Rücken der Gaswand war übersät mit Vogelkadavern. 180.000 Kilo verflüssigtes Chlor hatten ihre Ernte begonnen. Die Tiere starben leise. Bevor das überraschte Angstgeheul des Feindes begann, war es für einen kurzen gespenstischen Augenblick vollkommen still ...
>>Gott vergib uns<<, murmelte Alexander.
Dann brach die Hölle los."
(S. 119)


Mit Absinth möchte ein junger technischer Assistent der Chemie vergessen. Er möchte vergessen was er mit seinem Mentor Fritz Haber erforschte, entdeckte und schließlich produzierte. Diese Produktion führte zum ersten Gaskrieg der Neuzeit.
Was als Erfindung für die Menschheit gegen den Hunger begann, endete mit dem Giftgaseinsatz im ersten Weltkrieg.
(Mein absoluter Favorit)

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7. "CHERCHEZ LA FEMME" von Ulrike Bliefert

Hier erlebt man die letzten Stunden der sinkenden Titanik aus der Sicht eines Betrügers, Hochstaplers und Mörders. Um diese Katastrophe zu überleben ist ihm jedes Mittel recht.

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8. "MARTHA" von marie Reiners

Die kleinwüchsige Martha arbeitet in einem Varieté als Darstellerin und Prostituierte, um sich und ihre schwer kranke Mutter durchzubringen. Eines Tages wird ein älterer Herr mit Augenklappe auf sie aufmerksam. Er sieht nicht nur böse aus, er ist es auch. Er will sich jedoch nicht mit ihr vergnügen ... er will etwas viel Schlimmeres.

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9. "DER REVOLUTIONÄRE GEIST ODER ILYITSCH TRINKT NICHT" von D.C. Chill

Eine spannende Agentenstory aus mehreren Perspektiven rund um den britischen Geheimdienst, den 1. Weltkrieg und der russischen Oktoberrevolution. Wie Verstrickungen und Missverständnisse zum Tod und zu einer Revolution unter Wladimir Iljitsch Lenin führen können.

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10. "MAGDALENAS TAGEBUCH"  von Lisa Lohtander

Eine Story in Tagebuchform, die erschreckend und bedrückend zugleich ist, handelt es sich doch um die Einreise deutscher Frauen in den Kolonialstaat Deutsch-Südwestafrika gegen Ende des 19. Jahrhunderts, um dort Mischehen zu vereiteln.
Ein Bericht voller Missgunst, Neid und Rassismus gegenüber der Bevölkerung, der einem gleichzeitig die Unterdrückung der afrikanischen Bevölkerung aufzeigt.
Eine Story, die aktueller nicht sein könnte.

❃❃❃

Jede Erzählung schließt mit einer "Geschichte zur Geschichte" ab, in der man einen kleinen Einblick in historische Ereignisse erhält, auf die sich die Story bezieht.
Man bekommt hier also nicht nur gute Unterhaltung geliefert, sondern auch interessante historische Fakten.
Für mich als kleiner Historien-Geek also das Sahnehäubchen auf dem Absinth.


"Die Schweiz ist - sozusagen - das Mutterland des Absinth; die Destillation wurde dort trotz aller Verbote nie eingestellt. Eine Einwohnerin des Val-de-Travers namens Berthe Zurbuchen soll - als sie zu einer Geldstrafe wegen Schwarzbrennerei verurteilt wurde - den Richter gefragt haben, ob sie noch im Gerichtssaal zahlen solle oder erst, wenn der Herr Richter das nächste Mal bei ihr vorbeikäme, um sich seine Flasche abzuholen."
(S. 40 - Hist. Info zu "Milchkrieg" von Christiane Güth)


Im Anschluß befindet sich noch die Auflistung aller AutorInnen mit kurzer Biographie.

Fazit:
Es handelt sich hier zwar nicht, wie angegeben, um eine "Krimi-Anthologie", "Absinth-Geschichten" wäre z.B. ein treffenderer Titel gewesen, doch ich fühlte mich trotzdem gut unterhalten.
Es war keine Story dabei, die mir nicht zugesagt oder nicht gefallen hätte und das ist bei einer Anthologie ja fast ein Ding der Unmöglichkeit - zumindest was mich betrifft.
Facettenreiche Geschichten, die mich schmunzeln ließen, mich aber auch gespannt, entrüstet, entzückt oder traurig die Seiten umblättern ließen. Tolle Leserunterhaltung, die man am besten bei einem Gläschen Absinth genießt.

© Pink Anemone (inkl. vilene Bildern aus dem Buch und Leseprobe)

Cover des Buches Der Fall Jane Eyre (ISBN: 9783423282741)

Bewertung zu "Der Fall Jane Eyre" von Jasper Fforde

Der Fall Jane Eyre
Ambermoonvor 3 Jahren
Kurzmeinung: Eine verrückte Welt voller Liebe zur Literatur, skurrilen Figuren, Action und schrägen Humor
Die Jagd nach Acheron Hades

Können Sie sich eine Welt vorstellen, in der Literatur so wichtig genommen wird, dass es eine Spezialpolizei gibt, um sie vor Fälschern zu schützen? Als Geheimagentin Thursday Next ihre neue Stelle in Swindon antritt, ahnt sie schon, daß ihr die größte Herausforderung ihrer Karriere bevorsteht: Niemand anderes als der Erzschurke Acheron Hades hat Jane Eyre aus dem berühmten Roman von Charlotte Brontë entführt, um Lösegeld zu erpressen. Eine Katastrophe für England, das mit dem seit 130 Jahren tobenden Krimkrieg schon genug Sorgen hat. Aber Thursday Next ist eine Superagentin: clever und unerschrocken. Und wenn sie wirklich mal in die Klemme gerät, kommt aus dem Nichts ihr von den Chronoguards desertierter, ziemlich anarchistischer Vater, um für ein paar Minuten die Zeit anzuhalten... (Klappentext) 

❃❃❃❃❃


"Der Wachmann, der im Haus seinen Rundgang machte, hörte Acheron nicht kommen. Sein lebloser Körper wurde später unter dem Ausgußbecken gefunden. Lautlos stieg Hades die Treppe hinauf. Dabei hätte er soviel Lärm machen können, wie er nur wollte. Er wußte, dass ihm die Wachleute mit ihren 38ern nichts anhaben konnten, aber mir nichts, dir nichts hineinzuspazieren und sich zu bedienen machte einfach keinen Spaß."
(S. 270)


Dies ist der 1. Band einer ganz besonderen Buchreihe, welche einem in eine abgefahrene Parallelwelt der 80er Jahre katapultiert.
Eine Welt, in der zwar die Computer erfunden wurden, es aber Luftschiffe gibt, eine Welt in der England seit 130 Jahren Krieg mit den Russen um die Krim führt, in der manche Spezialisten durch die Zeit reisen können und, und das ist das Wichtigste, eine Welt in der sich alles um Literatur dreht. So werden z.B. von Kindern Sammelkarten mit AutorInnen getauscht, die Baconiers klopfen an Türen und wollen die Menschen bekehren zu glauben, dass Francis Bakon die Shakespeare-Werke geschrieben hat und es gibt natürlich Spezialeinheiten, welche sich der literarischen Kriminalität entgegenstellen.
Zu einer dieser Einheiten gehört auch Thursday Next, die Protagonistin. Genauer gesagt arbeitet sie als Literaturagentin und sie macht Jagd auf den Superschurken unter den Kriminellen - Acheron Hades. Diesem wird zur Last gelegt das Originalmanuskript "Martin Chuzzlewit" von Charles Dickens aus dem Museum entwendet zu haben.
Da der Täter keinerlei Spuren hinterließ und nicht einmal von den Kameras entdeckt wurde, kann es nur Acheron Hades gewesen sein. Doch was will er mit diesem Manuskript?
Thursday war ihm knapp auf den Fersen, doch dieses Zusammentreffen überlebte sie nur knapp. Für sie ist klar - bei diesem Mistvieh von Schurken muss sie härtere Geschütze auffahren, denn Acheron Hades scheint nicht nur Meister der Manipulation und Täuschung zu sein, sondern nahezu kugelsicher. Wie will man so einen zur Strecke bringen? ... Und die Jagd beginnt.


">>Er verfügt über bemerkenswerte Fähigkeiten. Deshalb dürfen wir auch seinen Namen nicht laut aussprechen. Ich nenne das die Regel Nummer Eins.<<
>>Seinen Namen? Warum nicht?<<
>>Weil er seinen Namen - selbst wenn man ihn nur flüstert - im Umkreis von mindestens tausend Meilen hören kann. Mit seiner Hilfe nimmt er sozusagen unsere Witterung auf.<<"
(S. 32)


Mit dem Einstieg tat ich mir anfangs etwas schwer, da man von der ersten Seite an in diese irre Parallelwelt geworfen wird. Nach ca. 50 Seiten gewöhnte ich mich jedoch an diese Welt und begann sie so richtig zu genießen.
Im Verlauf lernt man diese Welt immer besser kennen, genau wie auch die Protagonisten selbst. Mit ihr erlebt man nicht nur völlig skurrile Grundgesetze, die in dieser Welt herrschen, sondern auch ebenso skurrile Personen. Dabei nimmt der Autor häufig Bezug auf die Literatur, vorzugsweise britische Klassiker. Da hätten wir z.B. Onkel Mycroft und Tante Polly. Na? Kommen Euch diese Namen nicht irgendwie bekannt vor?
Es gibt hier für bibliophile Nerds also unheimlich viel zu entdecken, vor allem, wenn man den ein oder anderen Klassiker kennt, was für zusätzlichen Lesespaß sorgt.


">>Er könnte ja in das Buch auch vorsätzlich hineingesprungen sein. Und dann hat es ihm in dem Roman so gut gefallen, dass er einfach dortgeblieben ist.<<
Victor blickte mich argwöhnisch an. Aus Angst für einen Springer gehalten zu werden, hatte er es nicht gewagt, jemanden von seiner Theorie zu erzählen, und nun kam auf einmal eine Londoner Literatur Agentin daher, kaum so alt wie er, und ging weiter, als er es sich je hätte vorstellen können. Da traf ihn die Erkenntnis.
>>Sie haben es selbst schon mal gemacht, stimmt's?<<"
(S. 213)


Der Schreibstil ist flüssig und der Autor weiß Spannung zu erzeugen. Zudem hat er eine einzigartige Welt erschaffen, die voller Liebe zur Literatur steckt und in der alles anders ist als in unserer Welt.
Dies war anfangs für mich etwas verwirrend, da man, wie schon erwähnt, in diese Welt hineingestoßen wird ohne Zeit zu haben sich auf diese einzustellen. Gleichzeitig beschreibt er diese Welt, als wäre es für ihn das Normalste auf der Welt und das machte es schließlich zu einem kleinen Erlebnis diese Welt zu entdecken.

Die Kapitel sind zudem kurz und werden durch Anekdoten aus Sach- und Fachbüchern aus dieser Welt eingeleitet, wie z.B. aus verschiedenen Geschichtsbüchern oder Biographien, die einem ebenso Einblick in diese verrückte Welt werfen lassen.

Die Figuren und allen voran die Protagonistin Thursday Next, sind wunderbar und facettenreich gezeichnet. Man begegnet hier nicht nur Schurken und Figuren, die man sofort ins Herz schließt, sondern auch skurrilen und nicht ganz durchschaubaren Figuren.

Auch für Spannung und Action wird hier gesorgt, inklusive überraschender Wendungen und äußerst schrägen und trockenen Humor. Und so stürzt man sich mit der einzigartigen und selbstbewussten Thursday in irrwitzige Missionen und Abenteuer.


"Der Geruch von versengter Kleidung stieg mir in die Nase. Ich wich zurück, als eine grelle, orangerote Flamme aus seinem Jackett schlug. Sie setzte seinen Körper in Brand, und wir räumten eilig das Feld, während er in der starken Hitze bis zur Unkenntlichkeit verkohlte; das Ganze dauerte keine vierzig Sekunden..."
(S. 261)


Leider nimmt jedoch Jane Eyre selbst nur eine untergeordnete Rolle ein und wird erst gegen Ende präsent, was mich persönlich ein kleines bisschen enttäuschte. Für das Buch wäre wohl der Titel "Der Fall Martin Chuzzlewit" passender gewesen.

Fazit:
Für einen Buchnerd wie mich, der auch die klassische Literatur liebt, war dieses Buch ein ganz besonderes Erlebnis.
Trotz der anfänglichen Schwierigkeiten lernte ich rasch diese schräge Welt kennen und vor allem lieben. Am Ende wollte ich daraus überhaupt nicht mehr auftauchen und daher ist für mich klar, dass ich diese Reihe weiterverfolgen werde. Denn was gibt es Schöneres, als in eine verrückte Welt einzutauchen, die sich ganz der Literatur verschrieben hat?

© Pink Anemone (inkl. Leseprobe, Autoren-Info und Rezept zum Buch "Stanfords berühmtes Krabben-Sandwich")

 

Cover des Buches Stella Montgomery und die bedauerliche Verwandlung des Mr Filbert (ISBN: 9783522184892)

Bewertung zu "Stella Montgomery und die bedauerliche Verwandlung des Mr Filbert" von Judith Rossell

Stella Montgomery und die bedauerliche Verwandlung des Mr Filbert
Ambermoonvor 3 Jahren
Kurzmeinung: ab 10 Jahren / Spannender Mystery-Crime mit Humor, bisschen Grusel und toller Protagonistin
Mystische Geheimnissen und Legenden auf der Spur

Stella hat sich heimlich aus dem Hotelzimmer ihrer drei schrulligen Tanten geschlichen. In der Eingangshalle schlafen einige Hotelgäste merkwürdig verrenkt in ihren Sesseln. Ob das mit dem Kerzenleuchter in Form einer Hand zusammenhängt? Als Stella ihn versehentlich umwirft, tropft statt Wachs Blut zu Boden. Plötzlich hört Stella Schritte. Sie verbirgt sich hinter einem Farngewächs und wird so Zeugin eines mysteriösen Verbrechens … (Klappentext) 

❃❃❃❃❃


"Es fiel ihr schwer zu glauben, dass Mr. Filbert wirklich tot war. Tot. Und sie hatte sein Päckchen. 'Versteck es. Pass gut darauf auf', hatte er gesagt. Aber was sollte sie jetzt damit anfangen?" (S. 55)


Das Mädchen Stella Montgomery muss mit ihren drei strengen und äußerst schrulligen Tanten die Zeit in einem Kurhotel verbringen. Während die Tanten das Heilwasser in sich reinschütten, darin baden und im Ruheraum relaxen, wird Stella dazu genötigt das "Konversationsbuch für junge Damen" auswendig zu lernen - das gehört sich für heranwachsende Damen nämlich so.
Doch als kleiner Wildfang hat Stella darauf so gar keine Lust. Sie verkriecht sich viel lieber im Wintergarten zwischen den Palmen und Farnen, um in einem Buch über den Amazonas zu schmökern. Dabei beobachtet sie, wie der nette Mr. Filbert sichtbar nervös ein kleines Päckchen in einem Blumentopf versteckt. Bevor sie jedoch nachsehen kann, wird sie von ihrer Governante entdeckt. Doch die Neugierde des Mädchens ist geweckt und so schleicht sie in der Nacht heimlich durch das Hotel, um dem Geheimnis auf den Grund zu gehen.
Dabei entdeckt sie überall auf ihrem Weg Gäste und Personal, die tief und fest schlafen. Schon komisch, aber was soll's. Hin und wieder muss sie ja auch mal Glück und leichtes Spiel auf ihren Erkundungstouren haben.
Die Freude währt jedoch nur kurz, denn Stella stolpert dadurch in ein gefährliches Abenteuer voll gruseliger Begebenheiten, mysteriöser Geheimnissen und spannender Ereignissen.


"Sie musste an Mr. Filbert denken. Der Professor hatte ihn mit dem Degen durchbohrt. Mr. Filbert war zu Boden gestürzt und liegen geblieben. Die Polizeidetektive aber hatten nur eine Vogelscheuche aus Stöcken und Kleidern gefunden. Was hatte das zu bedeuten? Hatte jemand Mr. Filberts Körper aus irgendeinem Grund mit einer Vogelscheuche vertauscht? Oder ... ein anderer Gedanke drängte sich Stella auf und sie blieb abrupt stehen."
(S. 94)


Man liest aus der Sicht von Stella und es dauert nicht lange bis man bis zum Hals in Ärger und einem spannenden MysteryCrime-Abenteuer steckt.
Gemeinsam mit der quirligen und neugierigen Stella versucht man hinter all die Geheimnisse zu kommen, die im Verlauf nicht nur mehr zu werden scheinen, sondern auch zunehmend mysteriöser.
Dabei begegnet man unter anderem einem angsteinflößendem Mann, den man nur "Professor" nennt, dem Jungen Ben, der eine ganz besondere Gabe besitzt, erfährt wer Mr. Filbert wirklich war und deckt nach und nach alle Ungereimtheiten und Geheimnisse auf. Ach ja, und man trifft viele, viele Katzen.
Zwischendurch muss man sich mit den nervigen Tanten rumschlagen, die einen immer wieder von den Ermittlungen abhalten.

Der Schreibstil ist flüssig und kindgerecht, der Erzählstil temporeich und die Autorin schafft es die Spannung meist durchgehend hoch zu halten, ohne das es überladen wirkt. Hierbei kommt auch der Humor nicht zu kurz und so wechseln sich Spannung, Grusel und witzige Szenen gekonnt ab.
Zwischendurch werden auch alte Mythen und Legenden erwähnt und so lernen Kinder auch noch das ein oder andere. 


">>Was ist ein Selkie?<<
>>Selkies waren Robbenmenschen. Sie konnten ins Meer gehen und sich in Robben verwandeln. Sie lebten in Schottland und konnten im Meer die Zukunft sehen, hat meine Oma mir erzählt.<<"
(S. 71)


Langweilig wird es einem hier also ganz und gar nicht. Zudem sind die Kapitel angenehm kurz, enden jedoch immer mit einem kleinen Cliffhanger, der einen dazu verleitet immer weiter zu lesen.
Die Charaktere sind toll gezeichnet, facettenreich und somit für Überraschnungen gut. Stella, dieses rebellische, clevere und auch dickköpfige Mädchen, habe ich von der ersten Seite an in mein Herz geschlossen. Zudem kann man im Verlauf der Geschichte gut beobachten, wie sich Stella entwickelt.
Es wimmelt hier von liebevollen, bösen und auch skurrilen Figuren und selbst so mancher Bösewicht sorgt für den ein oder anderen Lacher.
Während des Lesens entdeckt man hin und wieder passende und schöne Illustrationen, welche aus der Feder der Autorin selbst stammen. Und es mangelt auch nicht an schönen Anekdoten.


">>Sage nicht: Ich versuch's, sage: Ich schaff's<<, meinte Gerti mit fester Stimme.
>>Das sagt Mrs. Mac immer zu uns. Auch als ich klein war und sie mir Handstand beigebracht hat. Wenn man glaubt, man schafft es nicht, dann zögert man und landet auf der Nase. Man muss sich selbst sagen: ICH SCHAFFE DAS!, und auch dran glauben.<<"
(S. 205)


Dies ist der 1. Band der "Stella Montgomery"-Reihe. Bisher umfasst diese Reihe insgesamt drei Bände.

Fazit:
Hier stürzt man in ein mystisches und manchmal auch gruseliges Krimiabenteuer, welches Spannung und Witz gleichermaßen enthält. Stella steckte mich mit ihrer Neugierde an und so huschte ich mit ihr durch diese abenteuerliche Story.
Dabei lernen Kinder nicht nur etwas über alte Sagen und Legenden, sondern auch was Hilfsbereitschaft und Freundschaft bedeuten und dass man auch mutig sein kann, wenn man Angst hat.
Aufgrund der kurzen Kapitel eignet sich das Buch auch gut zum Vorlesen. Da diese jedoch immer mit einem Cliffhanger enden, rate ich Kindern, die das selbst lesen, mit einer Taschenlampe ins Bett zu gehen - man kann nämlich nicht aufhören zu lesen. Also am besten am Wochenende lesen, wenn Ihr am nächsten Tag nicht in die Schule müsst ;-)

© Pink Anemone (mit Bildern aus dem Buch, Leseprobe und Autoren-Info)

Cover des Buches Magnus Chase 1: Das Schwert des Sommers (ISBN: 9783551317025)

Bewertung zu "Magnus Chase 1: Das Schwert des Sommers" von Rick Riordan

Magnus Chase 1: Das Schwert des Sommers
Ambermoonvor 3 Jahren
Kurzmeinung: Ein witziges und abenteuerliches Lesevergnügen voller Magie und nordischer Mythologie. Ein Lesehighlight!
Herold des Wolfes

Magnus schlägt sich nach dem Tod seiner Mutter allein auf der Straße durch, denn seinen Vater hat er nie gekannt. Bis er eines Tages etwas Unglaubliches erfährt: Er stammt von einem der nordischen Götter Asgards ab! Leider rüsten diese Götter gerade zum Krieg; auch Trolle, Riesen und andere Monster machen sich bereit. Ausgerechnet Magnus soll den Weltuntergang Ragnarök verhindern. Dafür muss er ein magisches Schwert finden, das seit 1000 Jahren verschollen ist. Noch hat er keine Ahnung, was für Abenteuer auf ihn warten! ... (Klappentext) 

">>Mythen sind nichts anderes als Geschichten über Wahrheiten, die wir vergessen haben.<<"
(S. 37) 

Es ist Januar und der Winter hat Boston wieder einmal fest im Griff. Für Magnus Chase nichts Neues, lebt er doch schon seit zwei Jahren auf der Straße. Seit dem Tag als seine Mutter auf mysteriöse Weise umkam. Den letzten Rat, dem sie ihm mitgegeben hat war, dass er sich vor ihrer Familie und vor allem vor Onkel Randolph in Acht nehmen muss.
Doch nun sucht ihn gerade dieser. Alles nur weil er heute 16 Jahre wird und es für Magnus deshalb Zeit wird ein ganz besonderes Erbe anzunehmen, welches ihm sein Vater hinterlassen hat. Magnus stammt nämlich von einem nordischen Gott ab und bei den nordischen Göttern herrscht große Unruhe. Ragnarök, die große Götterdämmerung, steht bevor und er ist auserwählt diese zu verhindern.
Magnus versteht die Welt nicht mehr! Er, der es faustdick hinter den Ohren hat, sich mit Diebstählen über Wasser hält und absolut nichts von seinem Vater weiß, soll sich mit Göttern, Trollen und Riesen anlegen, um die Welt zu retten.
Nun denn, dann wollen wir mal mit ihm die Welt der Götter gehörig durcheinander bringen - sie haben es ja nicht anders gewollt.

">>Und warum sagt ihr nicht einfach A.D.?<<
>>Weil Anno Domini, das JAHR DES HERRN, für Christen ja schön und gut ist, aber Thor ärgert sich dann immer furchtbar. Er ist immer noch sauer, weil Jesus damals seine Herausforderung zum Duell nicht angenommen hat.<<"
(S. 71) 

Mit Magnus erlebt man wirklich allerhand Spannendes.
Man gelangt nach Walhalla, was völlig anders ist als erwartet. Man muss sich auf die Suche nach dem Schwert des Sommers machen, lernt dabei verschiedene Wesen und Götter kennen, wobei einem nicht alle wohlgesinnt sind und so stolpert man mit Magnus von einem Abenteuer in das nächste.
Da auch Magnus bis vor Kurzem keinen Plan von der nordischen Mythologie hatte, lernt man mit ihm diese nach und nach kennen und tritt ein in eine Welt voller Mythen und Magie. 

Man liest aus der Sicht von Magnus, dabei wendet er sich auch manchmal direkt an die LeserInnen und bezieht so einen direkt in das Geschehen mit ein.
Ich habe diesen vorlauten und frechen Jungen von der ersten Seite an ins Herz geschlossen. Er besitzt einen trockenen Humor, der vor Ironie und Sarkasmus strotzt, er ist ein kleiner Klugscheißer, hat aber Köpfchen und das Herz am rechten Fleck. Kurz gesagt - dieser Junge ist eine echt coole Socke.
Doch auch die anderen Figuren sind hervorragend gezeichnet, wobei man so manche ebenso ins Herz schließt, während man anderen mit Respekt begegnet und wieder andere nicht das zu sein scheinen, was sie sind. 

"In diesem Moment brach Ratatosk über uns durch das Blattwerk. Wenn ihr euch einen mit rotem Fell überzogenen Panzer vorstellt, der einen Baum hinunterklettert ... na ja, das Eichhörnchen war noch viel furchterregender. Seine Vorderzähne waren zwei Keile aus weißem Emailleterror. Seine Krallen waren Dolche. Seine Augen waren schwefelgelb und loderten vor Zorn."
(S. 302) 

Der Schreibstil ist einfach und flüssig, die Story spannend, abenteuerlich und voller überraschender Wendungen, das Ende enthält einen fesselnden Showdown und macht einen gleichzeitig auf den Folgeband neugierig. Ja, hier passt einfach alles! 

"Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, dass mein Körper in der richtigen Frequenz summte, als ob ich endlich die richtige Tonlage für den miesen Soundtrack zu meinem Leben gefunden hätte."
(S. 43) 

Fazit: 
Wenn Ihr Lust habt mit einem Alben, einem Zwerg und einer irakischen Walküre durch die neun Welten zu reisen, mit einem Stierkopf-Köder zu angeln, um die Midgardschlange zu ärgern, ein Schmiededuell der Zwerge erleben möchtet und Euch am Ende dem Fenriswolf entgegenstellen wollt, dann ist dieses Buch genau das Richtige.
Ich habe mich köstlich amüsiert, bin von der Darstellung der nordischen Götter und deren Legenden beeindruckt und begeistert zugleich und habe es genossen mit Magnus verrückte und spannende Abenteuer zu erleben.
Ich für meinen Teil bleibe dieser Reihe definitiv treu, denn Loki heckt schon wieder etwas aus. Nur gut, dass ich inzwischen auch den 2. Band dieser Reihe im Regal stehen habe. 

© Pink Anemone (inkl. Leseprobe, Autoren-Info)

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