Bewertung zu "Frauenmord in Venberg" von Ella Stein
Bei "Frauenmord in Venberg" von Ella Stein handelt es sich um keinen Krimi, denn wir wissen sofort, was passiert ist: Ursula, die beim Frühstück in ihre Zeitschrift vertieft ist, wird hinterrücks von ihrem eifersüchtigen Ehemann Norbert erschossen. Dabei wird er von seinem Sohn Harald beobachtet. Daraufhin ergreift der Frauenmörder die Flucht und bringt damit auch das Ermittlerteam in Bedrängnis.
Bei Femizid droht durch eine kürzlich ergangene (fiktive) Gesetzesänderung nämlich die Todesstrafe. Dieser könnte der Täter entgehen, wenn er sich selbst stellt. Dass die erfahrenen Ermittler sich darüber unterhalten, dass sie es so drehen könnten, um dem Täter eine "menschlichere" Strafe zu verschaffen, falls sie ihn schnappen, kann der junge Polizist Manuel gar nicht verstehen. Seiner Ansicht nach würden sie sich dann über das Gesetz stellen.
Doch Gesetze werden auch nur von Menschen gemacht und hängen immer von den jeweiligen Machthabern ab. Was ist also recht, was unrecht? Ist die Todesstrafe gerechtfertigt? Gibt es überhaupt eine gerechte Strafe für einen Mörder? Wird sich der Mörder stellen und wie wird sich die Polizei entscheiden?
Der Schreibstil ist ansprechend und auch die Handlung ist sehr realistisch dargestellt. Durch einige Wendungen bleibt die Aufmerksamkeit der Leserin erhalten, allerdings sind die Gedanken des Mörders, der gleichzeitig der Ich-Erzähler ist, für mich nicht immer stimmig. Für mich klingen sie aufgesetzt und zu reflektiert. Die Figur des Jungpolizisten, der beruflich wie privat vor schwierigen Entscheidungen steht, ist jedoch gut gezeichnet.
Der Roman ist jeweils aus der Sicht von Manuel und aus der Sicht des Mörders geschrieben. Es geht weniger darum, sich mit dem Mörder zu solidarisieren oder ihn zu verstehen, sondern um die Wertevorstellungen in unserer Gesellschaft. Der Roman regt somit auf jeden Fall zum Nachdenken an und behandelt ein - leider - topaktuelles Thema.