"Die Außergewöhnlichen" ist der erste Band der YA-Trilogie "The Extraordinaries" von T.J. Klune, aus dem Amerikanischen übersetzt von Charlotte Lungstrass-Kapfer. Ich habe mich in diesem Fall dazu entschieden, die Geschichte zu lesen und parallel zu hören. Das Hörbuch wird gelesen von Julian Horeyseck.
In diesem Coming-of-age-Roman begleiten wir Nick. Nick lebt in Nova City, einer Stadt, die zwei Superhelden, sogenannte Außergewöhnliche beherbergt. Nick ist total fasziniert von den Außergewöhnlichen, insbesondere von seinem Lieblingshelden Shadow Star. Er bekämpft Kriminalität und ist immer zur Stelle, wenn irgendwo in der Stadt ein Unglück droht. In einer Fanfiction erzählt Nick nicht nur von Shadow Stars spannenden Abenteuern, er schreibt ihm auch eine Liebesgeschichte. Was genau passiert, wenn er selbst in Gefahr gerät und seinem Helden plötzlich gegenübersteht, solltet ihr auf eigene Faust herausfinden.
"Die Außergewöhnlichen" hat mich etwas zwiegespalten zurückgelassen. Auf der einen Seite liebe ich die Diversität, die Charaktertiefe, den Humor, die Sanftheit und die Wertigkeit von Freundschaft, die das Buch für mich so besonders machen. Auf der anderen Seite konnten mich dich Geschichte an sich und das eher schleppende Erzähltempo nicht für sich gewinnen.
Julian Horeysecks junge und sehr angenehme Stimme holte mich wunderbar ab und zog mich direkt hinein ins Geschehen. Ich fand es super, dass sich Klune zu Beginn viel Zeit lässt, um sowohl seinen Protagonisten Nick als auch die Nebencharaktere vorzustellen. Nicks queerer Freundeskreis aber auch sein Vater nehmen wichtige Rollen ein, tragen zu Nicks Entwicklung bei und bekommen ausreichend Raum, auch wenn eigentlich Nick "der Laute" unter ihnen ist. Nick ist neurodivergent - was das für ihn, sein Leben und seine Freund*innen heißt, konnte ich im Laufe der Geschichte erfahren. Sein enger Kreis liebt ihn so wie er ist und nimmt ihn ernst, auch wenn er mal wieder mit einem Redeschwall, einem abrupten Themenwechsel oder einer absurden Idee daherkommt. Für seine 16/17 Jahre mag Nick in manchen Situationen sehr infantil wirken ("Nicki doch"), in anderen überrascht er mit seinen sehr mitfühlenden, ehrlichen und reflektierten Gedanken.
Klune hat sich dafür entschieden, Nicks Geschichte aus der 3. Person zu erzählen. Auch wenn die Lesenden/Hörenden stets an der Seite von Nick sind, wissen sie mehr als der junge Protagonist. Für mich war es stellenweise ungewohnt, dass die Geschichte so vorhersehbar erzählt wird, was bei mir dafür gesorgt hat, dass sich das Lesen/Hören langatmig angefühlt hat. Nick tappt sehr lange Zeit im Dunkeln, während ich von Anfang an wusste, wie der Hase läuft ... dachte ich zumindest, denn tatsächlich kommt Klune doch noch mit einer überraschenden Wendung um die Ecke. Ich denke, dass der Griff zum Hörbuch viel gerettet und mir über die vereinzelten Längen hinweg geholfen hat.
Trotzdem hätten ein paar Straffungen der Erzählung in meinen Augen gut getan, denn auch das Ende erschien mir wieder etwas zäh, so als wolle man sich nicht von der Geschichte verabschieden. Muss man ja auch gar nicht, denn wie es mit Nick, seinen Superhelden und seinen wunderbaren Freund*innen weitergeht, erfahren wir in zwei weiteren Bänden. Da ich keine wirkliche Connection zur Story an sich aufbauen konnte, werde ich sie wahrscheinlich nicht lesen, sondern lieber all die positiven Aspekte dieses ersten Bandes in guter Erinnerung behalten.
Jung, modern, tiefgründig sowie unheimlich humor- und liebevoll erzählt T. J Klune die Geschichte eines Jungen auf der Suche nach sich selbst. Wer ist Nick Bell und was macht ihn aus oder gar außergewöhnlich?! Ein queerer Freundeskreis, ein neurodivergenter Jugendlicher, die Trauer um den frühen Verlust der Mutter (TW), die Sonnen- und Schattenseiten im Leben als Superheld, Freundschaft und die erste große Liebe finden Platz im Roman "Die Außergewöhnlichen", der aufgrund seiner Längen im Mittelteil und am Ende für mich etwas von seiner Außergewöhnlichkeit verloren hat, dennoch insbesondere (aber nicht nur) für Jugendliche sehr lesens- und auch hörenswert ist!