Bei einem Buch von Florian Scherzer erwarte ich etwas Besonderes, vielleicht sogar Abseitiges. Vor allem, wenn der Titel „Selbstmordhunde“ lautet. Das kann ja erstmal alles sein …
Der Autor führt uns zurück in die 70er Jahre, in die Zeit von Kassetten – Musik und Hörspiel – seltsame Getränke namens Mirinda und die (gute alte?) D-Mark. Der Protagonist Heinrich Kogler, 33 Jahre alt, ist seit einigen Jahren Sprecher für ein Hörspiel „Die drei Schnüffler“. Ein Schelm, der dabei an die drei Fragezeichen denkt. 😊 Heinrich hasst alles und jeden und erträgt den Job und seine Mit-Sprecher nur mit einem Bier (manchmal mit Schnaps) am Morgen. Das ändert sich erst, als eine weibliche Figur eingeführt wird, die natürlich eine weibliche Sprecherin braucht. Denn Renate verliebt sich ausgerechnet in Heinrich. Der ist plötzlich glücklich, hört zu trinken auf, findet die Welt gar nicht mehr so schlimm.
Doch die Liaison dauert nur wenige Tage, denn Renate verschwindet spurlos. Gleichzeitig driftet das an sich harmlose Hörspiel plötzlich in Science Fiction ab. Heinrich und seine beiden Mit-Sprecher fühlen sich verpflichtet, Renate zu suchen. Denn das hätten die drei Schnüffler auch getan. Während die beiden Kollegen schnell erkennen, dass Renate einfach weggegangen ist, steigert sich Heinrich immer mehr in die fixe Idee hinein, sie sei mit der Zeitreisemaschine aus dem Hörspiel in die Zukunft gereist. Da die beiden anderen Schnüffler ihm nicht mehr helfen wollen, in stattdessen für verrückt halten, ermittelt Heinrich alleine weiter.
Gekonnt mischt Scherzer das Hörspiel mit der Realität, bis Heinrich schließlich Teile des Hörspiels als Beweis für seine Zeitreise-Theorie betrachtet. Hörspiel-Texte mit genauen Anweisungen wechseln sich ab mit erzählendem Text. Am Anfang, als die drei Schnüffler auf das Geheimnis um die Selbstmordhunde stießen, musste ich sofort an den Artikel irgendwann zu Beginn 2022 denken, in dem von Hunden die Rede war, die sich von einer Brücke im schottischen Hochland in den Abgrund stürzten. Am Ende geht es aber gar nicht um die Hunde, sondern darum, wie schnell ein Mensch den Bezug zur Realität verlieren kann.
Ich war vor allem auf den Schluss gespannt, denn es musste ja für vieles eine Erklärung geben. Die gibt es, und ich muss sagen: Hut ab! Das ist mehr als sauber gelöst!
Ich empfehle die Lektüre allen, die mal ein Buch abseits vom Mainstream lesen wollen. Für Florian Scherzer-Fans ist es eh ein Muss!
