A

AnnaEichenbach

  • Mitglied seit 03.07.2016
  • 2 Freund*innen
  • 33 Bücher
  • 24 Rezensionen
  • 25 Bewertungen (Ø 4,44)

Rezensionen und Bewertungen

Filtern:
  • 5 Sterne14
  • 4 Sterne8
  • 3 Sterne3
  • 2 Sterne0
  • 1 Stern0
Sortieren:
Cover des Buches Elayne (Band 1): Rabenkind (ISBN: 9783906829777)

Bewertung zu "Elayne (Band 1): Rabenkind" von Jessica Bernett

Elayne (Band 1): Rabenkind
AnnaEichenbachvor 4 Jahren
Kurzmeinung: Die authentische Atmosphäre und eine wundervolle Liebesgeschichte machen diesen Roman lesens- und empfehlenswert.
Romantische Neuinterpretation der Artus-Sage


„Ihre Worte brannten sich in meine Seele. Eines Tages wird Elayne ein Kind gebären. Einen Sohn. Er wird der höchste aller Männer, der Fähigste und Reinste, geliebt von allen Mächten dieser Welt.“ 

aus: Jessica Bernett, Elayne – Rabenkind, S. 41


Wer mich kennt, der weiß, dass mein Herz für Mythen und historische Stoffe schlägt. Umso besser, wenn ein Roman beides in sich vereint – und mich auch noch nach England entführt. Kein Wunder, dass ich Elayne – Rabenkind, dem Auftakt zu Jessica Bernetts romantischer Neuinterpretation der Artus-Sage, nicht widerstehen konnte


Es war Liebe auf den ersten Blick, als ich Elayne auf der Frankfurter Buchmesse 2018 am Stand des Sternensand Verlags entdeckte. Das Cover ist so wunderschön, dass ich mich kaum daran sattsehen kann. Als der Klappentext mich dann auch noch auf eine Reise ins Britannien der Zeit des sagenumwobenen Königs Artus einlud, konnte ich nicht anders, als das Sternchen vom Fleck weg zu adoptieren. :) Eine – zugegeben lange – Weile fristete der Roman ein trostloses Dasein auf meinem SuB, bis ich mich nun endlich an Elaynes Geschichte wagte.

Artus, Morgaine, Merlin, Lancelot – große Namen, deren bloßer Klang genügt, uns die Erzählung eines ganzen Sagenkreises ins Gedächtnis zu rufen. Auch die junge Elayne von Corbenic ist Teil dieser Legenden, denn ihr ist es bestimmt, die Mutter des größten Helden aller Zeiten zu werden.


„Ihr Vater hatte Pläne für sie. (…) Würde er sie fortschicken? Nach Camelot vielleicht, sodass sie eine Zeit lang in der Halle des Königs verweilen konnte? Oder noch weiter nach Süden, fort aus Britannien?“

aus: Jessica Bernett, Elayne – Rabenkind, S. 39


Ihre Geschichte beginnt eher ländlich-idyllisch. Wir lernen Elayne als lebenslustige, neugierige und vorwitzige junge Frau kennen. Werden mit ihren Lebensumständen, ihrer Familie und ihren Freunden vertraut gemacht. Die ersten Seiten plätschern friedlich dahin, der Schreibstil der Autorin liest sich sehr angenehm. Dennoch ließ der Anfang nicht grade einen Funken der Begeisterung auf mich überspringen.


Das änderte sie jäh, als die Sprache endlich auf besagte Prophezeiung bzw. Vision kam, die schon der Klappentext ankündigte. Ab dieser Stelle hatte mich der Roman endlich und vollends gepackt. Ich wollte unbedingt tiefer in Elaynes Welt eintauchen. Und dann kam Galahad.


„Elayne stemmte die Hände in die Hüften und sah ihren Vater streng an (…) ‚Er ist ein Barde aus dem Süden und die schönen Häuser dort gewohnt. Willst du, dass er in seine Heimat zurückkehrt und ein Lied vom garstigen Pelles singt? Und von der Kälte der Festung Corbenic?‘“

aus: Jessica Bernett, Elayne – Rabenkind, S. 56


Der Barde bringt frischen Wind und Schwung in die Geschichte. Er ist, das muss ich zugeben, wahnsinnig, beinahe schon unwiderstehlich charmant, und hat mich schon bei seinem ersten Auftritt um den Finger gewickelt. Ebenso wie die anderen Charaktere, die Jessica Bernett uns vorstellt, hat auch er Ecken und Kanten – und hütet das ein oder andere Geheimnis.

Zwischen Galahad und der wesentlich jüngeren Elayne entspinnt sich eine zarte Liebesgeschichte, die mit jeder Zeile, mit jeder Seite wächst und an Stärke gewinnt. Dass die Königstochter und der Barde für einander bestimmt sind, spürt man mehr als deutlich. Nur Galahad sträubt sich vehement gegen seine Gefühle. So vehement, dass ich ihm gern das ein oder andere Mal einen kleinen Schubs gegeben hätte, damit es ihm leichter fällt, endlich über seinen eigenen Schatten zu springen.


„‚Ist er nicht ein wenig jung für dich?‘, flüsterte Elayne zurück.
‚Vielleicht findet er Gefallen an den Erfahrungen des Alters‘, meinte Brisen und trank einen Schluck aus ihrem Becher. ‚Obwohl er wohl doch eher Gefallen an der Unschuld deiner Jugend finden könnte.‘“

aus: Jessica Bernett, Elayne – Rabenkind, S. 74


Mein durchweg positiver Leseeindruck wurde durch eine ganz bestimmte Szene nachhaltig getrübt. Ich möchte – und werde – nicht spoilern, daher nur so viel: Elayne wird an einer Stelle der Handlung mit einem Trick überlistet, der für mich an den Haaren herbeigezogen wirkte. Im historischen Nachwort wird zwar erklärt, dass dieser Teil der Legende von Elayne sei. Dennoch bin ich nicht ganz glücklich mit dieser Wendung. Meiner Meinung nach sind die Figuren und die Entwicklung ihrer Beziehung so angelegt, dass das, was geschehen ist, auch ohne diesen Trick geschehen wäre.

Die Autorin greift nicht auf den klassischen Abschnitt des Artus-Mythos zurück, sondern siedelt die Handlung ihres Romans während seiner Herrschaftszeit an. In Rabenkind begegnen wir dem sagenumwobenen König leider noch nicht – aber im bereits erschienenen zweiten Band Elayne – Rabenherz soll es laut Jessica Bernett so weit sein.

Besonders hervorheben möchte ich das großartige historische Nachwort, in dem die Autorin mit großer Fabulierfreude und sehr unterhaltsam die Hintergründe des Romans beleuchtet. Nicht zuletzt an dieser Stelle wird deutlich, wie intensiv Bernett den historischen Kontext recherchiert und sich mit der Legende von Elayne auseinandergesetzt hat. Als zusätzlichen Leckerbissen gibt es im Anhang noch eine Reihe kurzweiliger Interviews, die einige Bloger*innen mit der Autorin geführt haben.

Die intensive Recherche kommt auch der Atmosphäre des Romans zu gute. Zwischen den Zeilen weht der Duft des Alten, eine Ahnung des So-könnte-es-gewesen-sein. Manchmal frage ich mich nur, warum die Figuren ab und an plötzlich den ein oder anderen Satz auf Latein sagen – in so unterschiedlichen Kontexten, dass mir noch immer nicht klar ist, ob es wirklich der Geschichtsnähe oder Charakterisierung der Figuren dienen soll. Das ist aber wirklich Meckern auf hohem Niveau.

Ein weiteres kleines Manko ist für mich, dass sich Elayne hinter dem Label „historische Fantasy“ versteckt. Der Roman ist im Sternensand Verlag erschienen, dessen Schwerpunkt auf Fantasy und Romantasy liegt. Demnach verkauft sich eine historische Fantasy dort sicher besser als ein „normaler“ historischer Roman. Vielleicht ist diese Genreeinteilung auch dem mythischen Hintergrund der Geschichte geschuldet. Fantasy kommt – bis auf eine Vision und eine Sagengestalt, die keine ist – eigentlich nicht in Elayne vor.

Trotz der wenigen kleinen Kritikpunkt hat mir der Roman schöne Lesestunden beschert. Gern hätte ich die Gelegenheit genutzt, auf der Leipziger Buchmesse mit Jessica über ihren Roman zu plaudern und mir den zweiten Band der Reihe von ihr signieren zu lassen. Schade, dass daraus nichts geworden ist.


Fazit

Elayne – Rabenkind ist der gelungene Auftakt zu einer historisch-fantastischen Trilogie, die sich einer eher weniger beachteten Figur des Artus-Mythos annimmt: Elayne von Corbenic. Die lebendige Atmosphäre und eine wundervolle Liebesgeschichte machen diesen Roman lesens- und empfehlenswert.

Cover des Buches Cróthpall: Glut der Schatten (German Edition) (ISBN: B078JDXVKG)

Bewertung zu "Cróthpall: Glut der Schatten (German Edition)" von Alex M. Schwarze

Cróthpall: Glut der Schatten (German Edition)
AnnaEichenbachvor 4 Jahren
Kurzmeinung: Für Freunde dunkler Romantik bedenkenlos zu empfehlen.
Für Freunde dunkler Romantik bedenkenlos zu empfehlen


„Er war dabei, sich anzupassen. Warum konnten das die anderen Hexenmeister nicht? Warum trauerten sie immer noch den alten Zeiten hinterher? Ihr Abkommen war nichtig. Ein Versprechen aus vergangenen Tagen, um den Frieden zu wahren. Doch diese Zeiten waren vorbei …“

Im NaNoWriMo 2018 hatte ich das große Glück, durch einen Wink des Schicksals nicht nur die Selfpublisherin Alex M. Schwarze, sondern auch ihre faszinierenden Romanwelten kennenzulernen. Die Schnipsel aus ihrem damaligen Projekt waren so düster-romantisch und atmosphärisch, dass ich mich Ende November gar nicht mehr davon lösen mochte. Zum Glück für mich hatte sie zu diesem Zeitpunkt bereits Cróthpall – Glut der Schatten, veröffentlicht – den Auftakt zu einer düsteren Fantasy-Trilogie, der mit ebendieser Welt verknüpft ist, in die ich mich so verliebt habe.


Das Buch

Dass ein Buch mit einem Prolog beginnt, ist nicht ungewöhnlich. Doch Alex M. Schwarze stellt Glut der Schatten gleich zwei Prologe voran: Im ersten erleben wir eine beklemmend düstere Vision. Im zweiten Lernen wir eine der Hauptfiguren kennen – und zumindest ich bin ihrem Charme prompt erlegen (dazu später mehr).

Die Handlung von Cróthpall spielt zu unserer Zeit, vornehmlich in den schottischen Highlands – ein wildromantisches Setting, in dem es gar nicht schwer fällt zu glauben, dass es Mächte auf der Welt gibt, die unsere bloße Vorstellungskraft übersteigen: die Welt der Magie. Und genau dort nimmt die Geschichte ihren Ausgang:


„Catriona war eine Ordensschwester von Cróthpall, sie dienten der Zeit, dem Schicksal und dem Wohl aller.“

Dieser Orden befindet sich abgeschieden von der Welt und vor den Blicken der Menschen verborgen in dichten Nebeln. Wer sich hier an Die Nebel von Avalon erinnert fühlt: Mir erging es da nicht anders. Doch die friedliche Idylle gerät spätestens dann ins Wanken, als Catriona auf einen verwundeten Mann stößt. Ihr gutes Herz (und ihr ausgeprägtes Helfersyndrom) lassen ihr keine andere Wahl, als sich um den Fremden zu kümmern, zumal sie sich zur Heilerin berufen fühlt. Sie verbirgt ihn vor ihren Schwestern, obwohl sie damit gegen die Regeln des Ordens verstößt, doch kümmert sich hingebungsvoll um ihn.

Zum Dank entführt er sie prompt aus Cróthpall, sobald er wieder bei Kräften ist. Denn eine Schwester wie Catriona könnte der Schlüssel zu dem sein, wonach er sich am meisten sehnt: Der Schlüssel zur Rache.


„Um endgültig frei zu sein, musste er den Pakt brechen, an den er gebunden war. (…) Er würde sich von den Hexenmeistern befreien und sich rächen. Und er würde sie töten, bevor sie ihn töteten.“

Das Zitat verrät schon ziemlich gut, wonach unser Hexenmeister Kincaid strebt. Er ist machtgierig, gerissen und düster. Und ja, das macht ihn auf gewisse Weise auch unverschämt attraktiv. Die Passagen, die aus seiner Perspektive geschrieben waren, haben mir am allerbesten gefallen. Ich weiß auch nicht, irgendwie konnte ich mich seinem dunklen Bann nicht entziehen.

Ebenso erging es mir mit den meisten anderen männlichen Charakteren. Da hätten wir zum Beispiel noch den prinzipientreuen Raghnall, zu dem Catriona sich hingezogen fühlt, obwohl sie eine Schwester von Cróthpall ist und sich ihm eigentlich nicht hingeben darf und … seufz

Zwischen den beiden funkt es von ihrer ersten Begegnung an. Sie treiben das Spiel aus Nähe und Distanz zu wahrer Meisterschaft, bis man sich beim Lesen denkt: Mensch, wann kriegen sich die beiden denn endlich?

Und da liegt für mich eine Schwäche des Romans. Die Autorin erklärt in ihrer Vita düstere Geschichten mit einem Hauch Romantik zu schreiben, aber für meinen Geschmack steht das Wann-kriegen-sie-sich-endlich? zu stark im Fokus – und das nicht nur in Catrionas-Handlungsstrang. Dass Kincaid drauf und dran ist, die Welt ins Chaos zu stürzen, scheint da oft nebensächlich.

Alex M. Schwarze zeichnet ihre Charaktere plastisch und vor allem die männlichen Protagonisten waren mir sehr sympathisch. Nur mit den Frauen habe ich mich schwer getan – dabei erzählt der Roman überwiegend aus ihrer Sicht. Catriona ist für mich über weite Strecken einfach nur nervig und naiv gewesen. Klar, die Welt, aus der sie kommt, ist behütet und friedvoll. Ganz anders, als die Welt, in die Kincaid sie entführt. Aber … ich glaube ein Zitat illustriert besser, was ich meine:


„‚Du fürchtest dich scheinbar vor allem‘, bemerkte er abfällig. Und dann wollte sie die Welt sehen, in der es nichts als Grausamkeiten gab? Er schüttelte den Kopf. Was sollte er auch anderes von einer Schwester von Cróthpall erwarten? Sie waren hilflose, zerbrechliche Frauen.“

Zu Catrionas Ehrenrettung muss ich sagen, dass sie sich im Verlauf der Handlung entwickelt und eine Stärke gewinnt, die ich ihr anfangs gar nicht zugetraut habe. Ganz anders als Kenzi, die tough und bisweilen rücksichtslos ist – und damit in gewisserweise der Gegenentwurf zu Catriona. Von dem, was Letzterer an Selbstbewusstsein und Stärke fehlte, hatte Kenzi manchmal etwas zu viel. Auch mit ihr bin ich nicht richtig warm geworden.

Trotzdem – und da dürfen die kleinen Kritikpunkte nicht drüber hinwegtäuschen – hat mir Glut der Schatten unheimlich gut gefallen. Der Roman ist unterhaltsam geschrieben und wirft einen bedrohlichen Konflikt auf, auf dessen Lösung ich wirklich gespannt bin. Zudem versteht es Alex M. Schwarze, ihre Leser*innen mit ihrer bildhaften Sprache in den Bann zu ziehen. Und zuletzt ist auch der düstere Charme des Antagonisten nicht ganz unschuldig daran, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte.

Fazit

Cróthpall – Glut der Schatten ist ein gelungener Trilogieauftakt, in dem Alex M. Schwarze ihre Leser in die faszinierende Welt von Cróthpall entführt. Vor allem für Freunde dunkler Romantik bedenkenlos zu empfehlen.

 

Die Geschichte geht weiter …

  • Cróthpall – Flammen der Schatten (August 2018)
  • Cróthpall – Feuer der Schatten  (Januar 2018)

Cover des Buches Zara Nesbit. Blutrabe: Mord, Magie und Mystery (ISBN: B07F6DZTJH)

Bewertung zu "Zara Nesbit. Blutrabe: Mord, Magie und Mystery" von Ily Romansky

Zara Nesbit. Blutrabe: Mord, Magie und Mystery
AnnaEichenbachvor 6 Jahren
Kurzmeinung: Eine spannende, atmosphärische Schauergeschichte, die für angenehmen Grusel sorgt. Packend von der ersten bis zur letzten Seite.
atmosphärischer Mysteryroman


„Neugier ist gefährlich für jene, die nicht damit umgehen können, was sie finden. Schon manch einem Blutraben ist seine Mahlzeit nicht bekommen.“

(Ily Romansky, Blutrabe, Ebook S. 45)
Darum geht's

Ein abgelegenes Dorf in Warwickshire. Der Fluch einer Hexe. Eine junge Gouvernante im Kampf gegen dunkle Mächte.
England, 1557. Magie ist aus ihrem tausendjährigen Schlaf erwacht. Ungehindert fließt sie über das Land. Wer ihr begegnet, findet den Tod, oder schlimmer, wird selbst zu einem Magus – gejagt von der Inquisition.
Zara Nesbit, eine unerfahrene Gouvernante, wird in das einsame Dörfchen Blackby geschickt, um die Tochter des Barons Wycliff vor Magie zu beschützen. Schnell stellt sie jedoch fest, dass dunkle Mächte bereits im alten Gemäuer lauern. Als auch noch eine junge Magd unter mysteriösen Umständen stirbt und der Verdacht auf Zaras Schützling fällt, muss sie selbst den Mörder finden, bevor es zu spät ist. Denn der Fluch der Hexe ist noch nicht gebrochen – und der Blutrabe kreist weiter hungrig über ihren Köpfen.

Das Buch

In ihrem Romandebüt entführt Ily Romanski ihre Leser ins England der Regierung Queen Marys. Eine Zeit, die von konfessionellen Gegensätzen geprägt ist und in der die Königin mit unerbittlicher Hand die letzten Keime des Protestantismus auszumerzen versucht. Zugleich ist es aber auch eine Zeit, in der Menschen in der Angst vor etwas leben, das ihren Alltag viel stärker und unmittelbarer beeinflusst als das Königshaus: Magie.

„Es gab keinen Ort (...), der frei von Magie geblieben war. Überall trat sie aus dem Boden und floss in unsichtbaren Flüssen über das Land und wo sie ein geeignetes Opfer fand, riss sie Tier und Mensch gleichermaßen in ihren Bann.“ 

(Ily Romansky, Blutrabe, EBook S.17)

Ily Romanski verwebt die phantastischen Elemente ihrer Erzählung so nahtlos mit dem gut recherchierten historischen Hintergrund, dass ich ihr jedes einzelne Wort davon abgekauft habe. Sie schafft eine gelungene Illusion und kreiert zudem eine Atmosphäre, die an Schauererzählung der alten Schule a la Poe und Lovecraft erinnert.

Der Schreibstil der Autorin ist ein Genuss. Er ist angenehm altertümlich, manchmal etwas sperrig, passt aber wunderbar zu der Art von Schauer- und Mysterygeschichte, die sie erzählt. Mehr noch verblüfft sie mich immer wieder mit intelligenten Assoziationen und Beschreibungen, die den Figuren noch mehr leben einhauchen.

„Die Hebamme fixierte sie mit einem so aufrichtigen Blick, dass Zara tatsächlich über den Mann nachdachte, vor dem sie floh. Sein Name war Tod und nein, sie mochte ihn nicht.“


(Ily Romansky, Blutrabe, EBook, S. 10)

Neben der dichten, stimmungsvollen Atmosphäre, die schon nach wenigen Sätzen entsteht, hat mich von Beginn an auch die starke Zeichnung der Figuren in den Bann geschlagen. Es braucht nur wenige Sätze, um ein ganzes Leben zu skizzieren. Eine Kostprobe gefällig? Dann kann ich euch den Blog der Autorin ans Herz legen. Dort findet ihr das erste Kapitel als Leseprobe.

Im Mittelpunkt des Romans steht Zara Nesbit, eine junge Gouvernante, die eine neue Anstellung ins vermeintlich idyllische Blackby verschlägt. Sie ist eine starke, gebildete Protagonistin mit einem Hang zur Neugierde, der sie gern mal in Konflikt zu den Herren der Geschichte bringt. Zara hat ihren eigenen Kopf, ist dabei ihrer Zeit jedoch nicht voraus. Auch die anderen Charaktere sind gut ausgearbeitet und lebendig. Zwar bedient sich die Autorin einiger Stereotype, bricht diese aber klug auf und hält ihnen den Spiegel vor. Kurz nach ihrer Ankunft in Blackby ereignet sich ein mysteriöser Mord - klar, dass Zaras Neugierde sie zu eigenen Ermittlungen antreibt.

„Entmutigung beschlich Zara wie die Nacht das Land. (...) Sie hatte York verlassen, um der Magie zu entkommen und war ihr geradewegs in die Arme gelaufen.“

(Ily Romansky, Blutrabe, EBook S.27)

Doch es bleibt nicht bei einem Mord. Seltsame Dinge geschehen in Blackby, die Bedrohung durch die Magie - und den Mörder - sorgt für konstante Spannung. Angst, Wahn und falsche Anschuldigungen greifen um sich, bis niemand mehr sicher zu sein scheint. Und welches bedrohliche Geheimnis hütet Zara? Die Figuren und ihre Motive sind allesamt undurchschaubar, an jeder Ecke gibt es falsche Fährten, die den Leser in diesem Verwirrspiel in die Irre führen. Das ist unterhaltsam und spannend geschildert, allerdings waren manche Plottwists so sprunghaft, dass ich Mühe hatte, ihnen zu folgen.

Blutrabe macht einen tollen Gesamteindruck. Von Beginn an konnte ich in der Geschichte und der wundervollen Atmosphäre versinken. Ich bin wirklich begeistert. Wer klassische Schauermärchen und Mysterygeschichten mag, der wird an diesem Roman seine Freude haben. Zara, das Setting und die Geschichte an sich bergen großes Potential für weitere Abenteuer. Eine Fortsetzung ist sehnlichst erwünscht.

Fazit

Mord, Magie und Mystery - Zara Nesbit. Blutrabe hält, was der Untertitel verspricht. Stark gezeichnete Figuren, ein spannender Plot, ein überzeugendes Setting und eine Atmosphäre, die an klassische Schauergeschichten erinnert, sorgen für gute Unterhaltung von der ersten bis zur letzten Seite. Ein empfehlenswerter Roman, der Lust macht auf mehr.

Vielen Dank an Ily Romansky die mir den Roman als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat. :)

Cover des Buches Meeresgold (ISBN: 9783961730346)

Bewertung zu "Meeresgold" von Erikson Katelyn

Meeresgold
AnnaEichenbachvor 6 Jahren
Kurzmeinung: Blasse Charaktere in einer vorhersehbaren Handlung, die mit Klischees gespickt ist. Erfindet das Genre nicht neu.
historische Abenteuerromanze, die das Genre nicht neu erfindet


„Der Duft von Meerwasser stieg mir in die Nase. Warmer Atem strich über meinen Nacken (...). Zitternd schloss ich meine Augen und wusste, dass es vorbei war. Mein Leben war zu Ende, noch ehe es richtig beginnen konnte.“ 

(Katelyn Erikson, Meeresgold, Ebook S.16)

Piraten, der Ozean, Abenteuer und Romantik - all das sind die Zutaten, aus denen Katelyn Erikson ihren Roman Meeresgold. Das Versprechen der See strickt.

Darum geht's

Heiraten, Kinder kriegen und die brave Gattin spielen – unter der strengen Hand ihrer Eltern hat Lucia es nicht leicht. Gefangen in den Zwängen der Gesellschaft soll sie einen Mann heiraten, den sie noch nie gesehen hat. Als mitten in der Zeremonie Piraten die Hochzeit überfallen, findet die junge Braut sich im Auge des Sturmes wieder.

Entführt von den Feinden ihres Vaters steht Lucia nur der Sohn des Käptn’s zur Seite. Benjamin soll ihr Leben schützen, während er zwischen blutigen Kämpfen und der tosenden See seine eigenen Pläne verfolgt. Allerdings hat er nicht damit gerechnet, dass der Schlüssel zu seiner Rache sein Herz im Sturm erobert …

(Quelle: Eisermann Verlag)

Das Buch

Wenn ich Katelyn Eriksons Schreibstil beschreiben sollte, dann würde ich ihn am ehesten als locker, gefällig und humorvoll beschreiben. Genau richtig also für eine Abenteuerromanze, wie sie sie in Meeresgold erzählt.

Im Fokus des Romans steht die Ich-Erzählerin Lucia. Sie ist die Tochter eines einflussreichen Gouverneurs, doch ihr Leben ist nicht so paradiesisch, wie es auf den ersten Blick anmuten mag. Zu ihren Eltern pflegt sie ein schwieriges, unterkühltes Verhältnis, fühlt sich von ihren Erwartungen unter Druck gesetzte und in einen goldenen Käfig gesperrt. Da kommt es ihr eigentlich gar nicht so ungelegen, dass sie ausgerechnet am Tag ihrer arrangierten Hochzeit von Piraten entführt wird.

„Es war ihnen schwer gefallen, einen Mann zu finden, der auf eine Mitgift verzichtete und stattdessen gewillt war, eine angemessene Brautgabe für mich zu leisten. Alles andere hatte keine Relevanz, schließlich wollte der hohe Lebensstandard meiner Eltern bezahlt werden.“

(Katelyn Erikson, Meeresgold, EBook S.5)

Unter ihnen ist auch Ben, der Sohn des Kapitäns und weiterer Perspektivträger. Dass er dazu verdonnert wird, auf Lucia aufzupassen, schmeckt ihm ganz und gar nicht. Mit ihm stellt die Autorin ein Love Interest vor, bei dem schmachtende Leserinnen garantiert sind. Daher braucht es gar nicht viele Seiten bis klar wird: Zwischen Ben und Lucia wird es ordentlich funken.

Und das tut es auch - aber nicht nur im romantischen Sinne. Mit der Zeit an Deck entwickelt sich Lucia mehr und mehr zu einer toughen, selbstbewussten Frau. Zu einer Piratin, die auch unter der Crew Anerkennung findet - und Ben Paroli bietet. Wie es sich für eine gute Romanze gehört, brauchen Ben und Lucia ewig bis sie sich eingestehen können, dass sie für den anderen mehr empfinden als gut für sie und ihnen lieb ist. Es knistert und funkt. Man hasst sich, zankt sich und kommt sich näher. Das alles schildert die Autorin zwar charmant, aber das ein oder andere Geplänkel wirkt dann doch etwas bemüht.

„Ich bin ein Pirat, ein Freibeuter. Mein Herz gehört der See und nicht irgendeinem dahergelaufenen Weib.“

(Katelyn Erikson, Meeresgold, EBook S.70)

Bemüht wirken auch die Versuche, Lucias Lage vor allem am Anfang als besonders bedrohlich darzustellen. Erikson greift dabei auf einige altgediente Motive zurück, die man typischerweise mir Piraten verbindet. Da ist die Möglichkeit einer drohenden Vergewaltigung, die nahezu in jedem Kapitel angeschnitten wird und irgendwann ihren Schrecken verliert. Da sind die saufenden, raufenden, stinkenden und hurenden Piraten, die Lucia als bloßes Objekt ihrer Begierden betrachten. Außer Ben und seine Männer natürlich. Denn Ben ist es auch, der Lucia wie ein Held in strahlender Rüstung zu Hilfe eilt. Und das nicht nur einmal. Für meinen Geschmack auch etwas zu oft.

„Schwäche war mein Grab, Selbstmitleid der Untergang.“

(Katelyn Erikson, Meeresgold, EBook S.43)

Die Charaktere bleiben - einschließlich Lucia - blass und agieren entweder schablonenhaft oder überzogen. Dennoch gelingt es dem Roman, einen Sog zu entwickeln, der mich nicht mehr losgelassen hat. Das Hin und Her der Gefühle und die Geschichte drumherum sind durchaus spannend, wenn auch absolut vorhersehbar. Die ein oder andere Kampfszene sorgt für Nervenkitzel.

Neben der Vorhersehbarkeit der Handlung gibt es für mich noch zwei weitere handwerkliche Schnitzer, die den Gesamteindruck des Romans für mich deutlich getrübt haben. Nicht nur, dass Motive  wiederholt werden, auch Begriffe oder ganze Sätze werden wiederholt. (Dabei sollte es auffallen, wenn binnen fünf Zeilen mindestens genau so oft das Wort „reißen“, „Arme“ und „Rücken“ wiederholt wird.) Ziemlich ermüdend.  Zudem scheint die Autorin den Wunsch verspürt zu haben, die Rauheit der Piraten an einigen Stellen durch besonders derbe Formulierungen und zu charakterisieren. Diese heben sich leider negativ ab, da sie absolut unpassend und gewollt scheinen.

„So ungern ich es auch zugab, so sehr sich dieses Verhalten auch nicht schickte, ich genoss es. Tatsächlich stellte dieses Neue und Unsittliche eine interessante Erfahrung dar.“

(Katelyn Erikson, Meeresgold, E-Book, S. 67)

Zum anderen nutzt die Autorin Begriffe, die aus der Zeit fallen. Vor allem im ersten Kapitel verwendet Erikson viel Mühe darauf, mittels Details und Wortwahl eine stimmige Atmosphäre zu kreieren, die den Geist der Zeit der Piraten wunderbar einfängt. Wenn dann Gefühle plötzlich „Achterbahn fahren“ oder jemand „trainiert“ ist, dann zerstört das die historische Illusion - und die Atmosphäre.

Für Atmosphäre sorgen jedoch die detailverliebten Zeichnungen, die in unregelmäßigen Abständen Szenen aus dem Roman in Bildern bannen. Und das so stimmungsvoll, dass das Herz jedes Bibliophilen höherschlägt. Stimmungsvoll ist auch die finale Szene des Romans. Ihre Magie und Poesie hätte ich mir für den ganzen Roman gewünscht.

Fazit

Meeresgold. Versprechen der See ist eine historische Abenteurromanze, die das Genre nicht neu erfindet. Ein blasses Heldenpaar zwischen dem die Chemie stimmt inmitten eines vorhersehbaren, oft uninspirierten Plots, der mit gängigen Piratenklischees gespickt ist. Dennoch unterhaltsam geschrieben.

 Vielen Dank an den Eisermann Verlag, der mir dieses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt und mir die Teilnahme an der Leserunde auf Lovelybooks 

ermöglicht hat. :)


Cover des Buches Die Chroniken von Azuhr - Der Verfluchte (ISBN: 9783596297269)

Bewertung zu "Die Chroniken von Azuhr - Der Verfluchte" von Bernhard Hennen

Die Chroniken von Azuhr - Der Verfluchte
AnnaEichenbachvor 6 Jahren
Grandios erzählt - einfach magisch


„Und so ersann die Silberne Prinzessin ihr letztes Geschenk: die Mären. Geschichten von einer Welt voller Magie, voll dunkler Gestalten und strahlender Helden, von selbstloser Liebe und nie verlöschendem Zorn.“

(Bernhard Hennen, Der Verfluchte S.273)
Darum geht's

Der Beginn eines neuen magischen Zeitalters – die neue Bestseller-Serie von Deutschlands Fantasy-Autor Nr. 1: Bernhard Hennen!

Der junge Milan Tormeno ist dazu ausersehen, seinem Vater Nandus in das Amt des Erzpriesters zu folgen: Er soll einer jener mächtigen Auserwählten werden, die die Geschicke der Welt Azuhr lenken.
Doch Milan kann nicht akzeptieren, dass sein Schicksal vorherbestimmt ist. Er rebelliert – und verstrickt sich mit der Meisterdiebin Felicia und der geheimnisvollen Konkubine Nok in ein gefährliches Netz von Intrigen.
Gemeinsam geraten sie in den Bann einer alten Prophezeiung – einer Prophezeiung, nach der die Ankunft des »Schwarzen Mondes« in Azuhr ein neues Zeitalter der Magie einläuten wird ...

(Quelle: Fischer Tor)

Das Buch

Bernhard Hennen ist für mich ein unvergleichlicher Geschichtenerzähler. Es gibt wohl kaum einen Autor, dessen Erzählungen ich so begierig aufsauge wie die seinen. Nicht umsonst zählt sein Roman Die Elfen zu meinen allerliebsten *** Herzensbüchern ***. Dementsprechend neugierig war ich, als angekündigt wurde, dass er nicht nur von Heyne zu Fischer Tor wechselt, sondern auch den Elfen den Rücken kehrt, um seine Leser in eine völlig neue Welt zu entführen. Dementsprechend habe ich mir auch die limitierte, signierte Ausgabe mit dem wunderschönen blauen Schnitt besorgt, die sich in meinem Regal wirklich toll macht. :) Dementsprechend hoch waren auch meine Erwartungen.

„Er hatte die Mär vom Krähenmann erzählt. Eine wunderbare Geschichte darüber, wie am Ende stets die Gerechtigkeit über das Dunkel in der Welt obsiegte.“

(Bernhard Hennen, Der Verfluchte, S.7)

Die ersten gut 80 Seiten nehmen sich Zeit für ein bisschen Vorgeschichte - und ein wichtiges Kapitel der Familiengeschichte des jugendlichen Protagonisten Milan Tormeno, die 53 Jahre vor der eigentlichen Handlung spielt. Vieles daran hat mir so gar nicht gefallen, mich sogar in eine echte Lesekrise gestürzt. Sollte Der Verfluchte tatsächlich der erste Roman aus Hennens Feder sein, den ich nicht gut finde?

Gestört hat mich vor allem, dass sich der Autor Motive bedient, die er schon in seinen anderen Romanen (hier vor allem der Elfenritter) benutzt hat. Zwar in einen anderen Kontext eingebettet, aber dennoch las es sich ... aufgewärmt. Es hat zwar eine Weile gedauert, aber gegen Ende der Vorgeschichte hat sie mich doch packen können - und daran ist eine kongeniale Anspielung auf Edgar Allan Poe nicht ganz unschuldig.

„Gradlinig und wagemutig, so waren die Helden in Mären. Und so musste auch er sein.“

(Bernhard Hennen, Der Verfluchte, S. 530)

Die Erzählung, die sich danach entfaltet, hat meine kühnsten Erwartungen noch um Längen übertroffen. Ausgangspunkt ist ein klassischer Vater-Sohn-Konflikt zwischen Milan und seinem Vater, dem er ins Amt des Erzpriesters nachfolgen soll. Das Verhältnis der beiden ist vor allem durch Strenge auf Seiten Nandus‘ und eine trotzige, ablehnende Haltung Milans gegenüber den Wünschen seines Vaters geprägt. Hennen gewinnt dem altbekannten Motiv kaum Neues ab, macht aber die Beweggründe beider Figuren nachvollziehbar.

Milan will sich unbedingt von seinem Vater emanzipieren und dem starren Korsett der hohen Erwartungen, die dieser an ihn stellt, entfliehen. Dabei geht er so weit, seinem Vater einen Streich zu spielen - mit ungeahnten Folgen.

„Dieses Streben nach Vollkommenheit war der Fluch, der auf Milans Leben lastete. (…) So sehr er sich auch anstrengte, immer fand Nandus etwas an ihm auszusetzen.“

(Bernhard Hennen, Der Verfluchte, S. 81)

Unglaublich geschickt webt Hennen nach und nach immer mehr magische Elemente in den Plot ein. Mit großer Freude am Fabulieren spinnt er bezaubernde und zugleich erschreckende Mären, die dem Roman ein besonderes Flair verleihen. Da gibt es die weiße Königin oder den Krähenmann, der nachts durch die Gassen streift und Kinder raubt. Nach und nach stellt sich heraus, das hinter einiger dieser Geschichten, viel mehr steckt. Denn in Azuhr bricht ein Zeitalter an, in dem Märengestalten wieder lebendig werden.

Die Welt von Azuhr verbindet italienische und asiatische Elemente, ist komplex aufgebaut und detailliert ausgearbeitet. Mehrere Parteien kämpfen um die Macht - und ehe Milan sich versieht, findet er sich mitten in den verworrenen Machtkämpfen wieder und muss sich entscheiden, auf wessen Seite er sich stellt.

Neben Milan begleiten wir allerdings auch noch einige andere Figuren. Jede von ihnen hat eine eigene, unverwechselbare Erzählstimme. Da ist unter anderem Nok, die geheimnisvolle Konkubine, die voller (fernöstlicher) Weisheit steckt. Aber auch Felicia, die Diebin, die mehr ist, als sie zu sein vorgibt.

„'Warum folgen wir dem Jungen überhaupt?'
'Weil er ein Tormeno ist. Er wird mächtig werden. Jetzt kann ich Einfluss auf ihn nehmen. Das wird die Zukunft verändern.'“

(Bernhard Hennen, Der Verfluchte, S. 133)

Sie alle sind authentisch und facettenreich. Hennen braucht gar nicht viele Worte, um sie in meiner Vorstellung lebendig werden zu lassen. Einige sind sympathisch, andere gewollt abstoßend, doch sie alle tragen dazu bei, dass sich eine temporeiche, fesselnde Geschichte entspinnt - die nicht alle überleben. (Natürlich stirbt eine meiner Lieblingsfiguren, aber es besteht Hoffnung, dass sie irgendwie zurückkehren wird.)

Freunde epischer High-Fantasy werden mit Der Verfluchte voll auf ihre Kosten kommen - aber auch jeder, der Geschichten und vor allem Märchen liebt. Die Mischung aus Magie, Intrigen und packenden Kampfszenen versteht gleichermaßen zu fesseln und zu unterhalten. Ein sehr lesenswerter Roman, der für meinen Geschmack viel zu schnell vorbei war. Zum Glück erscheint die Fortsetzung schon im Herbst 2018.

Fazit

Bis auf den langatmig geratenen Beginn schafft Bernhard Hennen mit Der Verfluchte einen Roman, der mich auf ganzer Linie überzeugen und begeistern konnte. Eine Geschichte über die Macht der Worte - und der Mären - voller Magie und Intrigen, grandios erzählt und mit toll ausgearbeiteten Figuren. Eine klare Empfehlung.

Cover des Buches Sand & Wind (ISBN: 9783903006430)

Bewertung zu "Sand & Wind" von Elea Brandt

Sand & Wind
AnnaEichenbachvor 6 Jahren
Kurzmeinung: Flirrende Wüstenhitze, orientalisches Flair und ein augenzwinkernd erzähltes Fantasyabenteuer. Sehr unterhaltsam.
Ein augenzwinkernd erzähltes Abenteuer


„Mein Vater sagt immer, die Wüste ist wie eine ylasische Frau. Wunderschön, aber sie bringt dich um, wenn du nicht mit ihr umzugehen weißt.“

(Elea Brandt, Sand & Wind, Ebook S.168)

 

Darum geht's

Tief in der Wüste regt sich uralte Magie. Mit dem roten Sand fegt sie durch die Gassen der Stadt Zarbahan und enthüllt ein lange gehütetes Geheimnis.

Während der vorlaute Gauner Quiro seinen Lebensunterhalt mit Taschenspielertricks verdient, versucht der junge Schah Elis, den brüchigen Frieden im Land zu bewahren. Eines Tages begegnen die beiden einander – und die Ereignisse überschlagen sich. Elis verschwindet unter mysteriösen Umständen und Quiro findet sich mitten in den Ränkespielen der Mächtigen wieder, wo ihn jeder Fehler den Kopf kosten kann. Denn dunkle Kräfte ruhen im Wüstensand – und nur Quiro kann sie aufhalten.

Das Buch

Sand & Wind ist der erste Band der auf zwei Bände angelegten Legende der roten Wüste. Wie ich es von Elea Brandt gewohnt bin, braucht sie auch in ihrem mittlerweile dritten Roman nicht viele Worte, um mich nach Zarbahan und in den Palast des Schahs zu entführen. Gibt es einen besseren Beweis dafür, dass sie eine unglaublich talentierte Geschichtenerzählerin ist? Ihr Stil ist locker und gefällig, witzig und mit Vergleichen und Metaphern gespickt, die nur innerhalb der Romanwelt funktionieren. Dabei beweist sie auch ein feines Gespür für das Tempo ihrer Erzählung. Dadurch entsteht eine Atmosphäre, die die flirrende Hitze des Wüstensands, Gerüche und Farben einfängt und zu einem bezaubernden orientalischen Flair verwebt.


„Was gäbe sie darum, jetzt draußen vor den Mauern der Stadt durch den roten Sand reiten zu können? Zuzusehen, wie der Wind verschlungene Muster auf die Dünen zeichnete und wie die Sonne glühend rot hinter den Bergen im Westen verschwand?“

(Elea Brandt, Sand & Wind, EBook S.22)


Unser erster ‚Reiseführer‘, der uns durch die Gassen Zarbahans begleitet, ist Quiro, seines Zeichens ein Dieb und Taugenichts - und mir auf Anhieb sympathisch. Er ist ein charmantes Schlitzohr, nimmt kein Blatt vor den Mund und hat in Farzam und Barush zwei so treue Freunde gefunden, wie man sie sich nur wünschen kann. Die Dynamik innerhalb der Dreiergruppe, ihre kleinen Reibereien und Sticheleien haben mich oft schmunzeln lassen.


„Quiro schluckte. Es gab schon einen Grund, warum er nur ein räudiger Gauner geworden war - Denken war scheinbar nicht seine Stärke.“

(Elea Brandt, Sand & Wind, EBook S.181)


Dann ist da noch Elis, dessen Leben nicht verschiedener von dem Quiros sein könnte. Seit einem Jahr lenkt er als Schah die Geschicke Zarbahans - und weiß seinen Onkel Izafar als zuverlässigen Berater an seiner Seite. Die Fußstapfen, in die er zu treten hat, scheinen ihm an manchen Tagen zu groß. Vor allem deshalb, weil das Friedensabkommen zwischen Zarbahan und Ylas noch immer fragil ist.

Deshalb soll er Arazin, die Prinzessin von Ylas heiraten. Ich glaube, ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage, dass sie von all den interessanten Figuren mein Liebling ist.

„Sie war wirklich schön, seine Verlobte. Keine sanfte, zarbahanische Schönheit, aber geschmeidig, herb und wild, wie eine Gepardin, deren Krallen man lieber nicht zu nahe kam.“

(Elea Brandt, Sand & Wind, EBook S.44)


Die stolze, unbeugsame Wüstenprinzessin steckt jeden ihrer männlichen Romankollegen locker in die Tasche. :) Wunderbar treten hier auch die Unterschiede zwischen Zarbahan und Ylas zutage, zeigen das gewohnt detailreiche Setting, in dem Magie eine große Rolle spielt.

Alle Figuren sind beeindruckend authentisch, mit Eigenheiten, die sie unverwechselbar machen, und Zielen, die sie um jeden Preis erreichen wollen. Auch wenn Sand & Wind insgesamt eher einen lockeren Ton anschlägt, ein Abenteuerroman ist, der mit einem großen Augenzwinkern erzählt wird, bleibt dennoch Raum für ernste Themen, die unaufdringlich und mit Fingerspitzengefühl in die Erzählung eingebettet werden.

Trotz all des Lobes gibt es dennoch einige kleinere Kritikpunkte. Der Plot von Sand & Wind bedient sich eines Motivs mit einer langen literarischen Tradition. (Um euch nicht zu spoilern, bleibe ich an dieser Stelle bewusst wage.) Ein Motiv, das eigentlich gar nicht meins ist, weil es schon so ausgelutscht ist. Aber Elea Brandt gelingt es, die ausgetretenen Pfade zu verlassen und Umwege einzuschlagen, die überraschen und/oder amüsieren. Anfangs sind einige Aspekte der Handlung leider vorhersehbar, aber der Unterhaltungswert des Romans entschädigt mehr als genug dafür. Hinzu kommt noch ein packendes Finale, das Raum für Spekulationen lässt, wie es im nächsten Band weitergehen könnte.

Fazit

Flirrende Wüstenhitze, orientalisches Flair und ein augenzwinkernd erzähltes Fantasyabenteuer. Sand & Wind ist ein Roman, der gute Laune macht, mit gut ausgearbeiteten, sympathischen Figuren begeistert und mit einem detailreichen, durchdachten Setting überzeugt. Eine klare Empfehlung.

Vielen Dank an Elea Brandt und den Verlag ohneohren, die mir den Roman als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt haben.

Cover des Buches Frost & Payne - Die mechanischen Kinder 1: Die Jagd beginnt (ISBN: 9783958342415)

Bewertung zu "Frost & Payne - Die mechanischen Kinder 1: Die Jagd beginnt" von Luzia Pfyl

Frost & Payne - Die mechanischen Kinder 1: Die Jagd beginnt
AnnaEichenbachvor 6 Jahren
Kurzmeinung: Unwiderstehlich charmant. Ein gelungener Auftakt, der süchtig macht.
Cover des Buches Das Schicksal der Paladine - Verschollen (ISBN: 9783902837011)

Bewertung zu "Das Schicksal der Paladine - Verschollen" von Jörg Benne

Das Schicksal der Paladine - Verschollen
AnnaEichenbachvor 6 Jahren
Überzeugt vor allem durch den Weltenbau

„Mit noch immer klopfendem Herzen lehnte Tristan sich gegen den Fels und sah kopfschüttelnd über die Schulter zurück. Gerade hatte er mit einem zweiköpfigen Drachen gesprochen (...). Er konnte es immer noch nicht fassen.“

(Jörg Benne, Das Schicksal der Paldine - Verschollen, E-Book S. 22)


Verschollen ist der Auftakt der Paladin-Trilogie, die zum ersten Mal 2012 im Koios Verlag erschien. 2016 wurde die Reihe im Prometheus Verlag veröffentlicht, bis sie nun schließlich ein neues Zuhause im Papierverzierer Verlag gefunden hat.


Im Roman begleiten wir Tristan, der sich auf die gefährliche Reise in die Welt von Nuareth begibt, um seinen Vater und die verschollenen Paladine zu finden und so seiner älteren Schwester zu helfen, die im Koma liegt. Die Ausgangssituation - Junge begibt sich in Fantasywelt, um seine kranke Schwester zu retten - hat mich auf anhieb an Märchenmond von Wolfgang und Heike Hohlbein erinnert, aber das ist auch die einzige Ähnlichkeit zwischen beiden Geschichten. Eines vorweg: Auch wenn das erste Zitat und das Cover etwas anderes vermuten lassen, spielen Drachen kaum eine Rolle.


Tristan ist - wie es für Jugendbücher üblich ist - erst 16, erscheint aber gerade zu Beginn des Romans deutlich jünger. Er ist oft unreif und reagiert impulsiv, aber das kann man einem Jungen in der Pubertät wirklich nicht zum Vorwurf machen. :) Vielleicht liegt es auch daran, dass er seinen Vater so gut wie nie zu Gesicht bekommt.


„Er stierte auf den Linoleumboden und erinnerte sich an all die Enttäuschungen, die er mit seinem Vater schon erlebt hatte. Verdammte Bohrinsel! Warum konnte sein Vater nicht irgendwo im Büro arbeiten wie andere auch?“

(Jörg Benne, Das Schicksal der Paladine - Verschollen, E-Book, S.7)


Sein Verhältnis zu seinem Vater ist nicht das beste. Tristan fühlt sich von Darius vernachlässigt, wünscht sich mehr Aufmerksamkeit - und mehr gemeinsame Zeit. Doch schon im ersten Kapitel erfährt er, dass die Geschichte mit dem Job auf der Bohrinsel nur verschleiern sollte, was sein Vater tatsächlich macht.


„Eins musst du wissen, Junge. Dein Vater ist ein guter Mensch. Er hilft anderen in ... sehr weit weg jedenfalls. Und wenn er nicht nach Hause kommt, dann muss es etwas sehr Wichtiges sein, was ihn davon abhält.“ 

(Jörg Benne, Das Schicksal der Paladine - Verschollen, E-Book, S. 8)


Jörg Benne hält sich nicht mit langen Erklärungen auf, sondern wirft Tristan und seine Leser unmittelbar ins Geschehen. Rasch geht es nach Nuareth, in eine Parallelwelt, die der Menschenwelt sehr ähnlich ist, aber auch von vielen fremdartigen Geschöpfen bevölkert wird. Dort ist Tristan ebenso wie sein Vater ein Paladin, jemand, der unter anderem über magische Fähigkeiten verfügt. Doch der Frieden auf der Insel Nasgareth ist bedroht. Rasch wird klar: Wenn tatsächlich alle Paladine verschollen sind, muss das Ausmaß der Gefahr sehr groß sein. So beginnt für Tristan ein Wettlauf mit der Zeit, seinen Vater und die anderen rechtzeitig aufzuspüren, bevor es zu spät ist, seiner Schwester zu helfen.


Gemeinsam mit Tristan erkunden wir die Insel Nasgareth, einen Teil von Nuareth, der Welt, in der Jörg Benne die Handlung all seiner Romane ansiedelt. Nach und nach lernen wir mehr über die Paladine, ihre Magie, aber auch über die verschiedenen Wesen, die Nuareth bevölkern, ihre Gepflogenheiten und ihre Kultur. Dem Autor ist es gelungen, meinen Entdeckergeist nicht nur zu wecken, sondern so zu befeuern, dass ich immer mehr von Nuareth wollte. Mehr Orte entdecken, mehr über die Vergangenheit dieser faszinierenden Welt lernen. Für mich ist der bis ins letzte Detail ausgearbeitete, stimmige und zutiefst beeindruckende Weltenbau die größte Stärke des Romans. Da verzeihe ich auch längere Monologpassagen, in denen Tristan in bester Erklärbärmanier in den Kosmos Nuarehts eingeführt wird. Ich muss ehrlich zugeben, dass mich die Erkundung der Welt mehr an den Roman gefesselt hat als die Geschichte an sich.


Die Handlung ist spannend, variiert einige klassische Motive phantastischer Jugendliteratur und gewinnt gegen Ende nochmal deutlich an Fahrt. Im Gegensatz zu einigen Nebenfiguren, die mir wirklich ans Herz gewachsen sind, habe ich mich mit Tristan leider über weite Strecken schwer getan. Er ist neu in Nuareth, muss noch lernen, mit seinen Kräften umzugehen. Deshalb sind es meistens die anderen Charaktere, die ihm sagen, was er tun soll. Dennoch entwickelt er sich im Laufe des Romans weiter, reift deutlich.


„Wenn man bedenkt, dass du vor ein paar Wochen noch ein normaler Schüler warst, der in einem weichen Bett zu schlafen gewohnt war (...) und dessen größter Feind bislang sein Physiklehrer war: alle Achtung.“

(Jörg Benne, Das Schicksal der Paladine - Verschollen, E-Book, S.224)


Auch wenn es sich bei Verschollen um den Auftakt einer Trilogie handelt, ist der Roman rund und könnte für sich allein stehen. Trotz einiger kleinerer Schwächen glaube ich, dass mir das Buch noch besser gefiele, wenn ich um die 14 Jahre alt wäre und noch nicht so viele Romane gelesen hätte, die in eine ähnliche Richtung gehen. Dennoch wird dies nicht mein letzter Ausflug nach Nuareth gewesen sein. Der zweite Band erscheint bereits im Mai 2018.


Fazit

Mit Das Schicksal der Paladine - Verschollen legt Jörg Benne einen gelungenen Trilogieauftakt vor, der vor allem durch den gut ausgearbeiteten, detailverliebten Weltenbau zu beeindrucken und zu überzeugen weiß. Perfekt für jugendliche und jung gebliebene Entdecker.

Cover des Buches Die silberne Königin (ISBN: 9783404208623)

Bewertung zu "Die silberne Königin" von Katharina Seck

Die silberne Königin
AnnaEichenbachvor 6 Jahren
Ein poetisches Märchen über die Macht des Geschichtenerzählens

Geschichten konnten einen direkt ins Herz treffen, selbst wenn man nicht wusste, wie viel Wirklichkeit tatsächlich in ihnen steckte.“

(Katharina Seck, Die silberne Königin, S.13)
Das Buch

Schon der Prolog bildet einen Einstieg in die Geschichte, den man nur als magisch bezeichnen kann. Madame Weltfremd hat in ihre Chocolaterie - das Schokoladengold - zu einer Geschichtennacht geladen. Was sie zu erzählen hat, ist wahrlich märchenhaft - und verhängnisvoll. Denn etwas Dunkles, Bedrohliches lauert außerhalb der wohligen Wärme innerhalb des Ladens. Etwas, das Geschichten zu erzählen zu einem gefährlichen Unterfangen macht.


„Beinahe kam es Emma vor, als würde das Vortragen des Märchens der Madame Schmerzen verursachen, seelisch wie körperlich. Dabei war es doch nur eine Geschichte.“

(Katharina Seck, Die silberne Königin, S.92)


In Die silberne Königin betreten wir eine Welt ganz aus Schnee und Eis. Frost, ein nie enden wollender Winter setzen dem Land und seinen Bewohnern zu. Und über all das wacht das Eisschloss, sitz der gefürchteten Herrscherfamilie. Eine kaum greifbare Bedrohung geht von diesem Ort und seinen Bewohner aus, den die Städter meiden.


Wir begleiten die 24-jährige Emma, die unermüdlich in den Silberminen arbeitet. Das Schokoladengold ist ein Sehnsuchtsort für sie, ein Traum, den sie gern leben würde - doch der ihr unerreichbar scheint. Zu ihrem Vater pflegt sie ein schwieriges Verhältnis. Sie kümmert sich aufopferungsvoll um ihn, auch wenn er sie oft von sich stößt.


Emma wirkt den ganzen Roman über zart und irgendwie zerbrechlich. Doch tief in ihrem Innern trägt sie auch eine unglaubliche Stärke, die es ihr nicht erlaubt, sich oder ihre Hoffnung aufzugeben. Katharina Seck zeichnet ihren Charakter fein. Diese Mischung aus Stärke und Verletzlichkeit hat mich wirklich beeindruckt, auch wenn ich eine Weile gebraucht habe, um richtig warm mit Emma zu werden.


Als Emma schließlich eine Anstellung in Madame Weltfremds Schokoladengold erhält, konnte mich der Roman vollends in seinen Bann ziehen. Denn nach der Arbeit beginnt die Madame Emma und Ophelia ein ganz besonderes Märchen zu erzählen.


„Ihr müsst gut zuhören. Bei Geschichten weiß man nie, ob sie einem im Leben nicht noch einmal helfen können.“

(Katharina Seck, Die silberne Königin, S. 60)


Die Rede ist vom Märchen von der titelgebenden silbernen Königin, das passagenweise in die Erzählung eingeflochten wird. Das Reich der silbernen Königin ist in großer Gefahr: Der Frostprinz erobert ein Herrschaftsgebiet nach dem anderen, lässt es in ewigem Winter versinken. Gemeinsam mit dem Kristallmädchen macht sich die silberne Königin auf die beschwerliche Reise, den Frostprinzen aufzuhalten.


Diese Erzählung innerhalb der Erzählung hat mich wirklich verzaubert. Die Einfälle, die Welt und nicht zuletzt die Figuren. Vor allem die silberne Königin ist märchentypisch naiv, gutmütig und im besten Sinne des Wortes weltfremd.


Nach und nach entdeckt Emma immer mehr Prallelen zwischen der Geschichte der Madame und ihrem eigenen Leben - und schließlich treibt sie die Erzählung direkt in die Arme des Königs.


„Der Eiskönig, wie ihn manche nannten. Der unsichtbare König, wie ihn andere nannten. Er war irgendwie ... beides.“ 

(Katharina Seck, Die silberne Königin, S.118)


Als Emma in seine Fänge gerät, bliebt ihr nichts anderes übrig, als um ihr Leben zu erzählen. Und es ist das Märchen von der silbernen Königin, das über ihre Schicksal entscheidet. Casper, der junge, grausame König ist ein faszinierender Charakter. Dunkel und frostig, kälter als das Eis, aus dem sein Palast besteht. Grausam und abweisend - mit einem Herz aus Eis.


„Vielleicht ist ein Eisherz nicht so schlimm, wenn man nichts anderes kennt. Vielleicht ist der König schon so auf die Welt gekommen.“

(Katharina Seck, Die silberne Königin, S. 112)


Was mich neben der wundervollen Geschichte und dem Märchen um die silberne Königin am meisten begeistern konnte, war Katharina Secks unvergleichliche Art zu schreiben. Ihre Formulierungen sind geschliffen. Sie funkeln und blitzen wie Eiskristalle, doch sind zugleich so scharf, dass sie tief ins Herz dringen. Dem allem liegt eine bittersüße Note von Melancholie zu Grunde, die ebenso auf der Zunge zerschmilzt wie Madame Weltfremds Schokoladenkreationen.


Fazit

Die silberne Königin ist eine poetische Erzählung über Liebe, Verlust und die Macht des Geschichtenerzählens. Bezaubernd melancholisch. Fragil, doch zugleich stark und mitreißend. Eine klare Empfehlung.

Cover des Buches Im Bann der zertanzten Schuhe (ISBN: 9783961114672)

Bewertung zu "Im Bann der zertanzten Schuhe" von Janna Ruth

Im Bann der zertanzten Schuhe
AnnaEichenbachvor 6 Jahren
Moderne Märchenadaption mit Tiefe

„Klar, du bist nur ein Prinz und eine Hexe hat dich verflucht. Und nun fesselt dich ein Turntable an einen Luxusschuppen. (...) Ich habe wirklich keine Ahnung, warum du mir solche Märchen auftischst.“


(Janna Ruth, Im Bann der zertanzten Schuhe, Ebook S.32)

Das Buch

Im Bann der zertanzten Schuhe ist ein Roman aus der Märchenspinnerei, einer Gruppe von Autorinnen, die sich zusammengetan und im vergangenen Jahr damit begonnen haben, nahezu monatlich eine neue Märchenadaption zu veröffentlichen. Vorlage für Janna Ruths Erzählung ist das Märchen von den zertanzten Schuhen, das ich bislang noch nicht kannte. 


Der Roman wird abwechselnd aus der Sicht zweier Protagonisten erzählt. Da ist zum einen Sophie, eine leidenschaftliche Balletttänzerin, die ihren Traum von der großen Bühne nach einem schweren Schicksalsschlag an den Nagel gehängt hat. Tanzen, sich völlig der Musik hinzugeben, ist ihre Leidenschaft - und ihr gehören auch die titelgebenden zertanzten Schuhe, zu denen sie eine ganz besondere Verbindung hat.


Zum anderen begleiten wir auch Jonas, einen ehemaligen Soldaten, dem nach seinem Einsatz in Afghanistan eine posttraumatische Belastungsstörung schwer zu schaffen macht. Da Sophie jede Nacht verschwindet, ist ihr Vater in großer Sorge. Deshalb beauftragt er Jonas damit, herauszufinden, wo sich seine Tochter nachts herumtreibt.


Und dem Ort, dessen besonderen Zauber Sophie erlegen ist, konnte auch ich mich nicht entziehen.


„‚Was ist das für ein Club?‘ (...)

‚Oh, der schönste Ort auf Erden, reicher als jede Schatzkammer und voller Freuden.‘ Sehnsüchtig sah der Mann zu dem Club, bevor er ihm den Blick wieder zuwandte. ‚Und der kälteste.‘“


(Janna Ruth, Im Bann der zertanzten Schuhe, EBook S.10)

Die Rede ist vom DeModie, einem ganz besonderen und wahrhaft märchenhaften Club. In schwelgerischen Bildern gelingt es Janna Ruth, das DeModie vor meinem inneren Auge lebendig werden zu lassen. Die Beschreibungen und die ganz besondere Atmosphäre, die dort herrscht, hat mich von der ersten Silbe an in ihren Bann geschlagen. Doch im Laufe der Erzählung wandelt sich der Eindruck, den das DeModie erweckt. Die Atmosphäre wird düsterer, bedrohlicher. Nach und nach beginnt der Club eine beinahe schon morbide Faszination auszustrahlen.


Dort begegnet Sophie einem waschechten verwunschenen Prinzen. Einem Prince Charming, wie er im Buche steht: Attraktiv und galant, der nur Augen für sie zu haben scheint.


„Ihre Liebe war das, wovon sie schon immer geträumt hatte: Die einzig wahre, für die es sich lohnte, alle Strapazen auf sich zu nehmen.“


(Janna Ruth, Im Bann der zertanzten Schuhe, EBook S.84)

Sophie ist völlig hingerissen von ihrem Prinzen, mit dem sie die Nächte durchtanzt. Manchmal hätte ich sie gern packen und schütteln wollen, denn sie treibt nicht nur sich durch ihre Blindheit und Naivität bis zum Äußersten, sondern bemerkt nicht einmal, wie sehr sie die Menschen um sich herum mit ihrem Verhalten verletzt. Auch Jonas.


Einfühlsam und beklemmend zugleich schildert Janna Ruth, wie Jonas mit seiner Krankheit zu kämpfen hat und mit allem, was er aus dem Kriegseinsatz wieder mitbrachte. In diesen Szenen, den schrecklichen Visionen, den Erinnerungen, die ihn nicht mehr loslassen wollen, gewinnt der Roman eine Tiefe, mit der ich nicht gerechnet habe. Anfangs habe ich mir von dieser Märchenadaption nette Unterhaltung versprochen, etwas, das beim Lesen ein gutes Gefühl macht. Doch Im Bann der zertanzten Schuhe ist so viel mehr als nur eine nette Geschichte.


Die Figuren - allen voran Jonas - überzeugen durch ihre authentische Zeichnung. Ich war nicht die ganze Zeit über ein Fan von Sophie, habe aber immer darum gebangt, dass es wenigstens für Jonas gut ausgeht.


Auch sprachlich konnte mich der Roman auf ganzer Linie überzeugen. Die Autorin schreibt so schwärmerisch, so flüssig ... vor allem die Beschreibungen der Klänge und Melodien sind so unglaublich gelungen, dass ich mich oft gefühlt habe, als spiele die Musik zwischen den Zeilen.


„Die Klänge waren nahezu ätherisch, aber jeder Ton schlug eine andere Saite in ihm an und brachte seine Nerven zum Vibrieren. Der Bass dröhnte in seinem Magen und er konnte sich kaum des Drangs erwehren mitzuwippen.“


(Janna Ruth, Im Bann der zertanzten Schuhe, EBook S.23)

Der Roman konnte mich wirklich begeistern. Er ist defintiv eine Empfehlung für Janna ruht und die Märchenspinnerei - und völlig zurecht auf der Longlist des Seraph, des Phantastikpreises der Leipziger Buchmesse, der in diesem Jahr zum ersten Mal auch in der Kategorie Bester Independent-Titel vergeben wird.


Fazit

Im Bann der zertanzten Schuhe ist eine zauberhafte moderne Märchenadaption. Eine Geschichte über die Liebe zur Musik und zum Tanzen, die nicht nur zum Träumen einlädt, sondern auch mit viel Tiefe und Fingerspitzengefühl überraschen kann.

Über mich

Autorin von "Wellensang - Eine Limfjord-Saga" (Burgenwelt Verlag, 2019) sowie einiger historischer und phantastischer Kurzgeschichten.

Lieblingsgenres

Historische Romane, Fantasy

Freund*innen

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks