Arbutus
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Arbutus´ Bücher
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Zur Zeit, in der man Jan Hus in Konstanz den Prozess machte, gab es drei Päpste: in Rom, in Avignon und in Konstanz, und auch der historisch nur mangelhaft aufgeklärte Leser (wie ich) begreift schnell, dass es beim Konzil in Konstanz hauptsächlich um Macht und Strategie ging, nicht um Theologie. Als Jan sich unter dem Geleitschutz des Königs auf den Weg nach Konstanz macht, um seine Thesen vor dem Konzil zu verteidigen, hat er keine Ahnung, wie sehr sich der gewaltige kirchliche Apparat im politischem Taktieren erschöpft. Erst in Konstanz wird ihm klar, dass ihm im Klerus niemand zuhören wird. Indessen findet er Zuhörer, wo er sie nicht erwartet hat ...
Jan Hus starb auf dem Scheiterhaufen. Das war auch schon alles, was ich vor der Lektüre dieses Buches über ihn wusste. Etwas beklommen fragte ich mich denn auch, als ich das Buch in den Händen hielt, warum ich es eigentlich überhaupt lesen wollte - der Feuertod ist nach wie vor die schrecklichste Todesart, die ich mir vorstellen kann. Aber vielleicht, so hoffte ich, handelt diese Geschichte nicht nur von Unerbittlichkeit und Grausamkeit, sondern auch von Menschlichkeit und Trost, dem Trost, den man dringend braucht, ein Thema wie dieses verdauen zu können. - Um es gleich vorwegzunehmen: ich wurde nicht enttäuscht.
Wobei es mir anfangs nicht so gefiel, dass die Erzählung mit Jan Hus‘ Todestag beginnt, um dann zur eigentlichen Romanhandlung ins Jahr 1414 zu springen, einem Zeitpunkt, zu dem der Protagonist bereits aus Prag verbannt worden ist (aber immer noch heimlich dort predigt). Im Nachhinein muss ich aber sagen: es war genau richtig so. Wenn ich also auch am Anfang ein bisschen Zeit brauchte, um in die Geschichte hineinzukommen, nichtsahnend, was da noch konkret auf mich zukam, aber mit dem dumpfen Gefühl einer Bedrücktheit, weil man als Leser weiß, der Mann läuft dem Tod direkt ins Messer, so verflüchtigte das alles sich bald - die Skepsis, die Bedrücktheit - und gab einer Intensität Raum, einem Glaubensfeuer, das mich fasziniert weiterlesen und bis zum Ende ausharren ließ.
Corinna Wolf erzählt ein unvorstellbar schreckliches Schicksal als eine unvorstellbar mutmachende Glaubenserfahrung, fast wie eine Passionsgeschichte. Dieses Buch ist extrem. Extrem tief. Extrem wahrhaftig. Extrem berührend. Und klug und mit viel Liebe geschrieben.
Gerne würde ich mehr über die wunderbaren Nebencharaktere dieses Ausnahmeromans schreiben, wie zum Beispiel die beiden reformationsgläubigen Ritter Wenzel und Pavel (übrigens beide historische Figuren), die mehr als einmal in einer ernsthaften Loyalitätsfalle stecken, aber ich möchte auch nicht zu viel verraten. Es ist jedem neuen Leser zu gönnen, möglichst unwissend an die Lektüre zu gehen und sich von der unausweichlichen Entwicklung der Handlung mitreißen zu lassen.
Ich kann nur schwer in Worte fassen, was dieses Buch in mir ausgelöst hat. Aber ich bin dankbar, es gelesen zu haben. Es hat ein Leuchten, dass irgendwie - bleibt.
Ein wenig Mathematik bewerkstelligt, was alle Gewehre und Stacheldrähte nicht leisten können: Ein kleines bisschen Mathematik kann ein Geheimnis bewahren.
Endlich habe ich es gelesen. Es war lange überfällig.
„Permanent Record“ bedeutet nichts anderes als „ständige Aufzeichnung“ - über uns, über jeden Fußabdruck, den wir im Netz hinterlassen. Zu der Zeit, als der junge Ed Snowden zur Schule ging - und natürlich bereits ein Computerfreak war, wie es im Buche steht - gab es das noch nicht, diesen Fußabdruck; das Internet war ein Hort der Freiheit, in dem junge Technik-Freaks experimentieren konnten, ohne ständig Angst haben zu müssen, dass ihnen ihr Geschwätz von gestern morgen zum Verhängnis wird. Diese Zeit ist definitiv vorbei, und dank der Enthüllungen von Edward Snowden haben wir es auch kapiert. Zumindest ein kleines bisschen.
Snowden bemüht sich, die komplizierten Vorgänge in einer dem Laien verständlichen Weise zu schildern. Im Übrigen schreibt er dramaturgisch überzeugend und mit einem guten Gespür für wirkungsvolle Kapitelabschlüsse. Nebenbei erfahren wir auch Interessantes über die Geschichte des Whistleblowing.
Das Buch beschreibt den langen Weg vom computerbegeisteten jugendlichen Hacker zu einem der gefragtesten IT-Experten der NSA (National Security Agency) und den Schock, als er erkennen musste, dass er selber Teil einer gigantischen Überwachungsmaschinerie geworden war, ja diese sogar unwissend selbst mit aufgebaut hatte. Es beschreibt die grenzenlose Einsamkeit eines Menschen, der sich entschieden hat, seinem Gewissen mehr zu gehorchen als seinem übermächtgen Arbeitgeber, und der im Geheimen jahrelange Vorbereitungen trifft, um den einen, einzigen Schritt zu gehen, der ihm moralisch vertretbar erscheint.
Im Mai 2013 begab sich Edward Snowden nach Hongkong, um die Welt über die weitreichenden übergriffigen Maßnahmen der NSA zu informieren. Den Rest wissen wir aus den Nachrichten. Es ist äußerst spannend, die Ereignisse nun aus Snowdens Sicht zu hören. Auch seine Lebensgefährtin, die inzwischen zusammen mit ihm im Exil lebt, kommt zu Wort und beschreibt die Vorgänge in Tagebucheintragungen aus ihrer Sicht; auch das ist äußerst lesenswert.
Jeder, der sich in der digitalen Welt bewegt, sollte dieses Buch lesen. Mich hat es sehr überzeugt.
Bewertung zu "Baba Dunjas letzte Liebe" von Alina Bronsky
Und ich denke, dass Marja nie hätte hierherkommen sollen. Es ist nicht die Strahlung. Es ist die Ruhe, die ihr zusetzt. Marja gehört in die Stadt, wo sie sich jeden Tag beim Bäcker zanken kann. Da hier niemand Lust hat, sich mit ihr zu streiten, spürt sie sich nicht mehr, quillt auf und geht dabei ein.
Baba Dunja lebt in dem fiktiven Dorf Tschernowo, an der Grenze zwischen Weißrussland und der Ukraine. Aus einer einzigen Randbemerkung der alten Frau, die man suchen muss wie eine Stecknadel im Heuhaufen, schließe ich, dass Tschernowo nicht auf der ukrainischen, sondern auf der weißrussischen Seite der Grenze liegen muss.
Viele Jahre nach der Evakuierung auf Grund des Reaktorunfalls von Tschernobyl hat sich Baba Dunja entschieden, zurückzukehren, dorthin, wo sie ihre Wurzeln hat, auch wenn dies bedeutet, dass ihre Tochter sie nicht mehr besuchen wird. Ein paar weitere Versprengte findet man in dem halbverlassenen Dorf wieder: den alten Sidorow, die verrückte Marja, Petrow, der nur noch Haut und Knochen ist und vor diversen Lebensmitteln Angst hat, und die etwas zugeknöpften Gavrilows. Der Weg in die nächste Stadt ist mühsam für die alte Frau, muss aber hin und wieder zurückgelegt werden, wenn man wichtige Dinge braucht, die der eigene Garten nicht hergibt, oder um die Post abzuholen und Briefe aufzugeben. Eines Tages befindet sich zwischen den Briefen der Tochter aus Deutschland ein Brief ihrer Enkelin, die sie nur von einem Foto kennt. Allerdings ist er in einer fremden Sprache abgefasst ...
Baba Dunja ist eine Heldin! Eine, wie ich sie nicht mehr seit „Zwei alte Frauen“ von Velma Wallis gelesen habe. Alina Bronsky zollt dem Alter den Respekt und die Würde, die ihm nie gewährt werden, obwohl sie ihm doch zustehen. Wo sonst liest man eine über Neunzigjährige als Ich-Erzählerin? Vielleicht in einem Rückblenden-Roman. Aber Baba Dunja lebt und erzählt in der Gegenwart. Sarkastisch und gnadenlos, und trotzdem irgendwie warmherzig, dass man sie einfach nur liebhat.
Manchmal musste ich laut loslachen über ihren herrlichen trockenen, manchmal etwas makaberen Realismus. Für Baba Dunja sind auch die Toten real, manchmal führt sie mit ihnen Gespräche, ohne dabei aber jemals das Leben aus dem Auge zu verlieren. Das ist stark, ganz stark, wie die alte rüstige Frau ihren Alltag und ihre Gedanken in dem verstrahlten Dorf beschreibt. Mit großer Menschenkenntnis und Wertschätzung denkt sich die Autorin in ihre Protagonistin hinein.
Ein unglaubliches Buch. Es stand zurecht 2015 auf der Longlist des Deutschen Buchpreises. Ich kann es Euch nur wärmstens empfehlen.
Die Berufsbezeichnung lautet eigentlich „Spurensucher“, aber Elos von Bergen nennt sich selbstbewusst „Spurenfinder“, denn schließlich gibt es in seiner ganzen erfolgreichen Karriere nur einen einzigen ungelösten Fall. Trotzdem hat er seinen Beruf, der definitiv zu gefährlich für seine kleine Familie wurde, aufgegeben und sich mit den zwölfjährigen Zwillingen Naru und Ada in das verschlafene Dörfchen Friedhofen zurückgezogen. Hier passiert nun wirklich gar nichts. Bis Elos und seine Kinder mit der Nachbarsfamilie zum Jahrmarkt nach Rabenfurt gehen. Dort geschehen ein paar merkwürdige Dinge; dann überschlagen sich die Ereignisse, und Elos sieht sich gezwungen, seinen alten Beruf wieder aufzunehmen.
Zunächst war ich leicht enttäuscht, dass das von mir sonst eher gemiedene Krimi-Genre schon wieder ganz klammheimlich Einzug in meinen Lektüreplan gefunden hat. Denn, seien wir mal ehrlich - Elos, der Spurenfinder, ist nichts anderes als ein ganz normaler Kommissar für junge oder auch nostalgische Fantasy-Fans. Aber nichts bleibt wirklich normal in diesem herrlichen märchenhaften Familien-Krimi, dessen Protagonisten zwar sympathisch bodenständig daherkommen, in dem aber immer wieder überraschend kleine magische Elemente aufblitzen, mal humoristisch (wie die stimmverändernde „Stimmonade“, die man an einer Jahrmarktbude kaufen kann), mal dramatisch (wie die ... nein, dramatische Pointen soll man nicht verraten). Und Kling kann seine Hauptfiguren herrlich auf die Schippe nehmen. Die ganze Geschichte sprüht nur so von tollen Einfällen, die den Lesespaß garantieren. Außerdem wird es schon bald extrem spannend, und man stolpert über viele überraschende Wendungen.
Marc-Uwe Kling wurde bei diesem gelungen Abstecher in ein neues Genre von seinen Töchtern Luise und Johanna begleitet, die als Co-Autorinnen mit Sicherheit einiges zur wunderbaren Schnoddrigkeit der familiären Dialoge beigetragen haben.
Erwähnung sollten auch noch unbedingt die schönen Illustrationen von Bernd Kissel finden, dezent und immer gut platziert.
Am Ende gibt es so etwas wie einen Cliffhanger. Keinen der üblen Sorte, aber doch eine Entwicklung, die nach einer Fortsetzung schreit. Wir dürfen also gespannt sein, was sich das Vater-Töchter-Trio in Zukunft für uns ausdenkt. Da kommt noch was, soviel ist sicher.
Es war im Dezember 1987. In unserer Tageszeitung stand ein Artikel über Karlrobert Kreiten, den ich aufmerksam las, befand ich mich doch selber in der Ausbildung zur Pianistin. Denn auch Karlrobert Kreiten war Pianist gewesen, offensichtlich ein besonders guter, dem eine glanzvolle Karriere bevorgestanden hatte. Bis das Naziregime dieser jäh ein Ende setzte. Kreiten hatte sich in einem privaten Gespräch unbotmäßig über die Hitler-Regierung geäußert, und die Denunzianten schliefen nicht. Gefängnis reichte in diesem Fall nicht; man wollte ein Exempel statuieren und warf den vielversprechenden jungen Mann dem psychopathischen Richter Freisler zum Fraß vor, der ihn kurzerhand zum Tode verurteilte. War mein Entsetzen nicht schon groß genug, fiel mir beim letzten Satz des Zeitungsartikels endgültig die Kinnlade herunter: der Mann, der kurz nach dieser Hinrichtung deren Vollzug in der Presse gelobt und gerechtfertigt hatte, war kein anderer gewesen als ein gewisser Werner Höfer. Meine Eltern gehörten zu dessen treuen Fans; jeden Sonntag nach der Kirche wurde der von Höfer geleitete Frühschoppen mit internationalen Pressevertretern eingeschaltet, erst im Autoradio, dann zu Hause im Fernsehen. Nun, auch diese Karriere fand ein jähes Ende, und zwar unmittelbar nach dieser im Dezember des Jahres 1987 in alle Tageszeitungen lancierten pikanten Information.
Das Buch „Schattenzeit“ von Oliver Hilmes ist dem Pianisten Karlrobert Kreiten gewidmet und beschreibt, spannend wie ein Roman, aber wohlrecherchiert, die Ereignisse um die Hinrichtung des Musikers. Aber das Buch ist noch mehr als eine Beschreibung des Leidensweges eines jungen Pianisten; es ist zudem eine kurzweilige Chronik der Ereignisse des Jahres 1943. In verschiedenen chronologisch geordneten Episoden werden die Schicksale verschiedener prominenter, wie auch völlig unbekannter Widerständler beleuchtet. Auch in das Leben der Denunzianten bekommen wir einen Einblick, und der Erzählstil ist so wertfrei gehalten, dass man als Leser erschrickt: das sind welche von uns. Und man überlegt, ob man selbst sich in einer solchen Situation anders verhalten hätte ...
Ich empfand die strenge chronologische Abfolge als sehr lesefreundlich; vor allem lernt man dadurch wirklich viel über die Ereignisse in jenem Jahr. Und immer wieder war man überrascht, plötzlich einen weiteren bekannten Namen oder Sachverhalt durch die Einordnung in die Chronologie in völlig neuem Licht zu sehen.
Ein sehr starkes Buch, dass ich nur jedem wärmstens an Herz legen kann.
Bewertung zu "Die geheime Benedict Gesellschaft und ihre Reise ins Abenteuer" von Trenton Lee Stewart
Eigentlich sollte es ein fröhliches Wiedersehen werden, bei dem Mr. Benedict die vier hochbegabten Kinder Reynie, Kate, Kleber und Constance auf eine groß angelegte Schnitzeljagd über mehrere Kontinente einladen wollte. Tatsächlich geht es bei der Rätselei dann bald um mehr als um ein schönes Spiel, denn der ruchlose Mr. Curtain, dem das Kinderquartett im ersten Band eigentlich das Handwerk gelegt hatte, hat Mr. Benedict entführt und stellt Bedingungen. Trotz aller Verbote begeben sich die Kinder auf die einzige Spur, die sie haben: ein (fast) leeres Tagebuch ...
Mir gefiel der zweite Band fast noch besser als der erste. Trenton Lee Stewart zieht wieder alle Register, um Kindern (und Erwachsenen) ein exquisites Lesevergnügen zu bereiten, mit einer klugen Entwicklung des Erzählfadens, herrlichen Einfällen, viel Humor und natürlich einer gegen Ende kulminierenden Spannung, dass es nur so knistert. Aber es gibt auch die stillen, reflektierenden Momente; die Kinder lernen sich gegenseitig besser kennen, ihre Stärken, ihre Schwächen, und Reynie, der schon im ersten Band eine Affinität dazu hatte, die Gruppe zusammenzuhalten, beginnt, vieles an seinen Freunden besser zu verstehen und zu tolerieren. Mit Ideenreichtum, Fingerspitzengefühl und einem Händchen für die Psyche seiner Figuren gelingt so dem Autor wieder ein toller Abenteuerroman, dem es an nichts fehlt. Hier schreibt einer, der großen Spaß daran hat und es auch wirklich kann.
Ich habe diesen wunderbaren zweiten Band mit Begeisterung gelesen und würde es wieder tun.
Also die Idee hat mir gefallen. Eine ganze Familie zusammen auf Zeitreise gehen zu lassen (statt Urlaub, sozusagen), finde ich sehr charmant. Wobei „charmant“ vielleicht das falsche Wort ist angesichts der Entscheidung der Familie, für das erste Abenteuer das Jahr 1965 zu wählen, zumal wir uns somit mitten in der Deutschen Demokratischen Republik befinden und jemand, der sich nicht mit schlafwandlerischer Geschichts-Sicherheit durch das östliche Deutschland bewegt, es ziemlich schnell mit der Stasi zu tun bekommen kann. Ich wäre ja lieber ins 19. Jahrhundert gereist, um Goethe oder Anna Amalia oder vielleicht gar Franz Liszt zu begegenen ... aber vielleicht kommt da ja noch was in den Nachfolgebänden.
Das erste, was mir gefällt, sind die Zeitreise-Regeln. Einzig ein bisschen unlogisch: wenn man nicht mit der Maschine in die Zukunft reisen kann und in die Vergangenheit nur bis zum Entstehungstag der Zeitmaschine, wohin ist dann der Erfinder gereist?
Wenn wir schon mal beim Erbsenzählen sind: dass die arme angepasste und ihrem Gatten unterwürfig ergebene Frau Tempus bei Anblick des Zeitreise-Tagebuches erstmal in Ohnmacht fällt, fand ich schon etwas übertrieben. Wir leben doch nicht mehr im Zeitalter der Wespentaillen und Riechfläschchen.
Und an Frau Tempus Stelle wäre ich nicht erst dann entsetzt gewesen, als ihr Mann ihr eröffnete, dass er den Umzug der Familie nach Weimar beschlossen hatte, sondern bereits, als er den denkwürdigen Satz formulierte „Meine Eltern sind jüngst verstorben und sie haben mir das Haus in Weimar vererbt.“ - Gruselig. Dass sie noch nicht einmal nachgefragt hat, warum die beiden gleichzeitig und ob sie an oder mit Corona verstorben sind oder vielleicht doch an einer zeitgleich injizierten experimentellen Substanz ... Entschuldigt meinen Zynismus, aber selbst wenn mein Mann mit seinen Eltern „wegen irgendwelcher Dinge zerstritten“ ist, kriege ich es doch als Ehefrau zumindest mit, wenn dieselben im Sterben liegen. Oder? ODER? (Ich bin ja keine .. und habe auch keinen ... aber ich dachte, so läuft das. Klärt mich auf! ...) Diese Familie möchte ich eigentlich gar nicht näher kennenlernen. Und muss es doch. Schließlich bin ich noch mitten im Lesemarathon ...
Und dann wäre da noch Hannes, der Zwillingsbruder von Henry, die eigentlich Henriette heißt. Das ist nun nicht gerade etwas Neues, hatten wir bei Enid Blyton auch schon. Aber das Hobby vom Hannes, das hat es in sich! Fährt mit seiner „Skateboardgang“ durch die Supermärkte und stellt die Bilder von den zerdepperten Sachen ins Netz, als wär‘s ein ganz normales Hobby, Jungs eben, ...
WOMIT HAT WEIMAR DAS VERDIENT?
Hannes und seine Schwester Henry dürfen dann einen Tag mit in die DDR-Schule, wo Henry das Liedersingen als Gehirnwäsche empfindet. Dabei ist sie selber schon leicht „gewaschen“, wie sich bald herausstellen soll: „[...]das ist doch genau die Generation, die jahrelang mit unseren Ressourcen verschwenderisch umgegangen ist!“ Und der Vater wäscht munter mit: „Der DDR ging es [beim Altstoffsammeln] nicht um einen Umweltgedanken. Die Menschen handelten aus der Not heraus [...]“ Aha.
Dass Hannes geschockt dreinschaut, weil das Handy, das er nicht mitnehmen darf, in der Vergangenheit sowieso keinen Empfang hätte, war mein erster wirklich guter Lacher.
Es gefällt mir wirklich, dass in dieser Geschichte die ganze Familie auf Zeitreise geht. Auch die Regel, dass man in diesem Haus Zeitreisende aus der Zukunft gastfreundlich aufnehmen soll, finde ich klasse.
Insgesamt empfand ich aber die Erzählweise als etwas unbedarft (und auch nicht immer sauber lektoriert), aber die Idee ist auf jeden Fall schön. Man hätte allerdings mehr daraus machen können.
Bewertung zu "Es war als sängen die Engel" von James C. Whittacker
Es war das erste Mal in der Geschichte der Luftfahrt, dass einer Flugzeugbesatzung eine Notwasserung gelang. Aber dies war erst der Anfang einer qualvollen Odyssee durch den Pazifik, deren Herausforderungen extrem waren und die zu überleben immer unwahrscheinlicher wurde. Einer von ihnen hatte eine Bibel dabei; einer kam auf den Gedanken, Gebetsrunden abzuhalten. James C. Whittaker, Bordältester und Chronist dieser wahren Geschichte, beobachtet staunend, wie er angesichts der krassen Notsituation vom Atheisten zum Gläubigen wird und beginnt, an Wunder zu glauben, ja, Wunder zu erwarten. Und er wird nicht enttäuscht. Und wer eine spannende, ungewöhnliche Lektüre sucht, auch nicht. Ich jedenfalls habe das Buch in einem Stück verschlungen (und so etwas gelingt mir nicht oft). Das englische Original stammt aus dem Jahr 1943, und so mache ich mir auch nicht die Mühe, wegen politischer Unkorrektheiten irgendeinen Stern abzuziehen. Die Erzählung kommt sehr authentisch rüber und berührt. Leseempfehlung!