Audrey_Zwo
- Mitglied seit 05.09.2014
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Rezensionen und Bewertungen
Franziska B. Johann erzählt in ihrem Debütroman „Sturmschatten“, der erste Band einer Fantasy-All-Age-Reihe, die Geschichte der Schülerin Esta, die zu Beginn des neuen Schuljahres neben neuen Freundinnen und der ersten Liebe auch Fähigkeiten in sich entdeckt, die ihr Leben völlig aus den Fugen heben. Was zuerst wie eine harmlose Teenie-Schul-Fantasy-Geschichte im Stile von Kerstin Gier oder Stephenie Meyer anmutet, mausert sich recht bald zu einer atemlosen, weil stürmischen und weitaus tiefgründigeren (als die beiden benannten Autorinnen) Erzählung über Selbstfindung, die Aussöhnung mit der eigenen Herkunft und den – vielleicht nicht nur – für die Phase der Pubertät so wichtigen Fragen: Wer bin ich? Wo komme ich her? Was macht mich einzigartig? So steckt in "all age" doch auch eine ganze Menge „coming of age“…
Dabei umschifft aber die Autorin die Rührseligkeit des Kleinmädchendramas geschickt, denn bereits im Prolog setzt sie ein deutliches Zeichen, dass ihre Geschichte nicht allein die Gefühls- und Lebenswelt der Protagonistin Estrella, genannt Esta, fokussiert – hier geht es um weitaus mehr. Sie manövriert uns in eine Welt aus Mythen und Verschwörungen, die seit Jahrhunderten andauert und – das gehört ja zu jeder guten, alten Verschwörung – auf die Heilsgestalt wartet.
Wenn es in Belletristik um Themen wie Verschwörung oder Weltherrschaft geht, dann wird es oft unfreiwillig komisch. Das passiert Franziska B. Johann hier nicht, weil sie zum einen die Charaktere der „Windermänner“ glaubwürdig zeichnet, ihr Geheimnis aber noch so weit im Dunkeln lässt, dass man die Tragweite und ihre Motive zwar erahnen kann, aber (noch) nichts so deutlich ausspricht, dass es platt wirken könnte. Zum anderen weil die Autorin es durch den Einsatz ihrer (unverbrauchten) Fantasyelemente schafft, einen Bezug von der Anderwelt zum Diesseits herzustellen, der noch dazu eine ausgewachsene politische Ebene dieses Nicht-nur-Unterhaltungsromans eröffnet. Verschwundene Menschen, die Werwölfen oder Vampiren zum Opfer gefallen sind, erschöpfen sich bald in der Logik unserer Realität – aber Naturkatastrophen, Wind und Wetter begegnen wir tagtäglich. Das Spiel mit Realität und Fiktion gelingt hervorragend, so dass man sich als Leser stets fragt, ob man da wohl den Sturmschatten vor lauter Wind nicht sieht, wenn sich die nächste Flutkatastrophe in den Nachrichten anbahnt.
Aber – und das ist vielleicht die größte Leistung Johanns – dies alles schafft sie, ohne zu langweilen, sondern verpackt in eine unterhaltsame und spannende Geschichte. Der Sprachstil Johanns tut sein Übriges. Wunderbare, teilweise nahezu poetische, aber immer klare und präzise Formulierungen, die den Leser wie in der Ruhe im Auge des Sturms durch die Fülle der Handlung leiten. Es sind Sätze wie „Die Luft flieht vor ihnen“, für die man die Wortgewandtheit Johanns einfach lieben muss.
Die Figuren sind plastisch und authentisch gezeichnet und driften kaum in ausgelutschte Klischees ab, lediglich liebevolle Anleihen an bekannten Stereotype könnte man Johann unterstellen, aber so räumt sie jedem (!) Leser die Möglichkeit ein, sich in ihrer Geschichte zuhause zu fühlen. Zudem gibt es hier auch kaum das Fifties-Diner-Fliesenboden-Ensemble, alles in schwarz-weiß, gut-böse: Jede Figur hat ihre eigene Geschichte, Probleme und Motivationen, die durch einen gut durchdachten Wechsel in der Erzählperspektive an den Leser gebracht werden. Und jeder, der in einem Fantasyroman auch seinen persönlichen Helden zum Anschmachten sucht, wird in „Sturmschatten“ fündig. Kann es bitte mehr Beamte wie Brian Keller geben?
Franziska B. Johanns Debütroman „Sturmschatten“ überzeugt als wunderbar geschriebene, spannende, auch ein bisschen nachdenkliche thematisch unverbrauchte All-age-Fantasy. Man darf sich getrost auf den zweiten Band freuen – nach dem Sturm ist vor dem Sturm.
Ich hoffe die Autorin verzeiht die unsäglichen Wortspiele – aber diese Thematik lädt einfach dazu ein.
Bewertung zu "Uni-Sex: Studium emotionale" von Lina Barold
Über mich
- 03.09.1982