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BRB-Jörg

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Cover des Buches 90 Minuten Südamerika (ISBN: 9783842353367)

Bewertung zu "90 Minuten Südamerika" von Mark Scheppert

90 Minuten Südamerika
BRB-Jörgvor 13 Jahren
Rezension zu "90 Minuten Südamerika" von Mark Scheppert

Knapp zwei Jahre nach seinem Erstling „Mauergewinner“ kommt Mark Scheppert mit seinem Zweitwerk „90 Minuten Südamerika“ um die Ecke. Aber genau das, was der Titel suggeriert, soll dieses Buch nicht sein, denn Scheppert selbst sieht sich eher als Nummer 1 der Auslands-Supporter vor dem TV oder als Mann mit unnützem Halbwissen ohne Livespielpraxis, der deshalb schlichtweg nicht das Recht hat, ein Fußballbuch zu schreiben. Aber auch für einen Reiseroman ist er der Falsche: Der 39Jährige bezeichnet sich indes als König der sinnlos durch die Weltgeschichte reisenden Menschen. Als Mann mit den nutzlosen roten Punkten auf seiner imaginären Karte, der es nicht schafft, das Gesehene zu reflektieren, zu verstehen und richtig zu deuten und stattdessen auf seinen Touren zu viel Zeit mit unwichtigem Scheiß wie Saufen und Fußballglotzen verwendet. Nun steht unter diesem Review aber dennoch die Höchstnote. Irgendwas muss Scheppert also richtig gemacht haben. Zum einen betreibt der Autor natürlich gnadenloses Understatement. Denn obwohl „90 Minuten Südamerika“ weder ein reiner Fußball- noch Reiseroman ist, kann es dennoch den Freunden beider Genres empfohlen werden. Darüber hinaus ist es ebenso ein Geschichts- oder Liebesroman und handelt an zahlreichen Stellen zudem von der Selbstreflexion des sympathischen Berliners oder seinem lange gespaltenen Verhältnis zum neuen Heimatland, der Bundesrepublik Deutschland nach der Wiedervereinigung. Ja, besonders die letzten beiden Punkte sind sogar das Rückgrat der 150 Seiten. Alles beginnt am 8. Juli 1990 symbolträchtig auf der Oberbaumbrücke, die die Stadtteile Friedrichshain (Ost) und Kreuzberg (West) miteinander verbindet. Hier sitzen Scheppert und seine Freunde am Abend des WM-Finals, das ihm herzlich am Arsch vorbeigeht, während er als Ossi von fernen Welten, anderen Bier- und Musiksorten und fremden Frauen träumt. Wie ein roter Faden ist das Buch anschließend in Kapitel unterteilt, die die Jahreszeiten der Welt- und Europameisterschaften tragen. Scheppert ist im Grunde während all dieser Fußball-Großereignisse mit seinen Freunden oder jeweils aktuellen Partnerinnen in Lateinamerika unterwegs und schildert seine Reiseerlebnisse in losem Zusammenhang mit dem parallelen Geschehen auf dem grünen Rasen in mehreren tausend Kilometern Entfernung. Und gerade die scheinbar lapidaren Erlebnisse – eben rund ums Biertrinken, Musik oder einheimischer Kultur, manchmal auch unter Lebensgefahr – erscheinen mit einer Leichtigkeit, die viel mehr berührt und deutlich mehr Fernweh weckt, als es die detaillierte Beschreibung der bereisten Sehenswürdigkeiten geschafft hätten. Vielleicht ist das sogar eines der Geheimnisse des Buches – die Stippvisiten z.B. von Machu Picchu oder des Titicacasees werden durchaus eindringlich beschrieben, aber eben nie ohne persönliche Note, die das eigentlich Lesenswerte sind, ob es sich nun um irgendwelche Rennereien-Spielchen mit pinken Handtaschen von einheimischen Jugendlichen dreht, ums Biertrinken oder schlichtweg nur um Backpackerscheiße, Sex an mystischen Orten und der Suche nach dem Glück mit der holden Weiblichkeit generell. Scheppert schildert seine Reisen genauso, wie sie aus seiner Perspektive tatsächlich stattgefunden haben. Und das entfacht beim Leser eine unglaubliche Reiselust. Ob das alles nutzlos ist oder zu wenig reflektiert wird, wie der Autor eingangs selbst erwähnt, ist dabei vollkommen irrelevant. Denn das Lesen macht Spaß und wirkt jederzeit authentisch. Und nicht zuletzt ist auch eine ganze Menge Fußballbezug im Spiel. Auf seinen zahlreichen Reisen entdeckt Scheppert schließlich immer mehr sein Herz für die deutsche Nationalmannschaft. Er jubelt zu Unzeiten am anderen Ende der Welt über WM-Siege und ist 2006 verdammt stolz, dass die positiven Dinge, die rund um den Globus durch die Medien gehen, in seiner Heimatstadt passieren. Der Kreis schließt sich letztlich, als er bei Vasco da Gama gegen Flamengo auch endlich sein erstes Spiel auf südamerikanischem Boden erlebt. Und, als ihm 2010 endgültig ein Bekenntnis zu seinem Heimatland über die Lippen kommt. Passenderweise in Madrid, am Abend eines weiteren WM-Endspiels, fast auf den Tag genau 20 Jahre nach dem anfangs geschilderten Abend auf der Oberbaumbrücke…

Cover des Buches Der Mauergewinner oder ein Wessi des Ostens (ISBN: 9783839192504)

Bewertung zu "Der Mauergewinner oder ein Wessi des Ostens" von Mark Scheppert

Der Mauergewinner oder ein Wessi des Ostens
BRB-Jörgvor 13 Jahren
Rezension zu "Der Mauergewinner oder ein Wessi des Ostens" von Mark Scheppert

„So ist es nicht gewesen“, war in einigen Rezensionen über Mark Schepperts Erstwerk „Mauergewinner“ zu lesen. Als ich zwanzigeinhalb Jahre nach der Wiedervereinigung dieses Buch in die Hände bekam, war ich deshalb zunächst etwas skeptisch, wenn auch offen. Scheppert beschreibt in seiner Paperback-Veröffentlichung auf etwa 220 Seiten in 30 miteinander verwobenen Kurzgeschichten die letzten Jahre der DDR aus der Sicht eines Ostberliner Heranwachsenden. Und schnell wird eins klar – all denen, die ich ganz am Anfang der Rezension zitiert habe, kann ich ein lautes und deutliches „Doch, so war es. Ganz genau so!!!“ entgegen schleudern – „zumindest bei mir“. Dass meine eigene Biografie zahlreiche Berührungspunkte mit der des Autoren hat, begünstigt diese Einschätzung natürlich. Hier werden längst vergangene Erinnerungen wieder wach, wie beispielsweise an die allgegenwärtige Teilung der Hauptstadt, Kaufhausklauereien, die erste Liebe, Oberligafußball, Schulsportfeste , Trabanten und Wartburgs, Ferienlager oder Westmusik im Ostjugendclub. Hier wird die DDR nicht idealisiert, hier wird aber auch nicht versucht, beschämend zu erklären oder gar zu entschuldigen. Es wird aus dem ganz normalen Leben eines Ostberliner Jugendlichen erzählt, oft aber auch ein Schlenker in die Gegenwart gemacht. Ins Berlin des neuen Jahrtausends, in die Gegenwart unserer heutigen Gesellschaft und auch der Persönlichkeit des Autoren. Doch was sich hier befremdlich liest, passt an jeder Stelle. Es findet z.B. eine interessante Unterhaltung mit einem Hannoveraner statt, der auf einer Party den Weltmann gibt, über die Entwicklung der Stalinallee erzählt und im Verlaufe des Gesprächs feststellen muss, dass sein Wissen aus Büchern und Zeitschriften eben doch nicht die ganze Wahrheit ist, weil das Erlebte und die „Geschichten hinter der Geschichte“ schlichtweg fehlen. Hier gibt es aber auch immer wieder eine heutige Betrachtungsweise auf die geschilderten Ereignisse von damals, ohne das versucht wird zu relativieren. Wie bereits erwähnt, zahlreiche Leser werden sich aufgrund unterschiedlichster Biografien nicht unbedingt wieder finden. Zu verschieden waren die einzelnen Lebensentwürfe auch in der DDR, und nicht wenigen Leuten mag auch das künstlich Romantische und Verklärende fehlen, das die Nachwendeliteratur besonders in den ersten Jahren bestimmte. Ja, selbst ob man in einer Stadt oder auf dem Dorf bzw. in den 70ern oder 80ern aufgewachsen ist, wird hinsichtlich der Identifikation mit Mark Schepperts „Mauergewinner“ eine große Rolle spielen. So wird beispielsweise ein Erzgebirgler des Jahrgangs 1962 womöglich kaum Parallelen zu seiner eigenen Jugend finden. Ein Berliner des Jahrgangs 1976 beispielsweise, wie ich es bin, dagegen ist Scheppert einfach nur dankbar für die zahlreichen Aha-Erlebnisse und die Erinnerung daran, dass man den Altersgenossen aus Sachsen oder Thüringen schon immer überlegen war. Nicht nur aufgrund seiner großen Schnauze, sondern auch wegen der hier erhältlichen Bananen, H-Milch und echten Jeans. Und wenn man zu genau dieser Gruppe gehört, hat man nach zahlreichen zweifelsohne guten Veröffentlichungen auch endlich den Nachwenderoman gefunden, der urst einfetzt, stets durch einen gesunden Humor besticht und mit dem man sich wirklich identifzieren kann. Was es damit zum besten Buch dieses Themas überhaupt macht…

Cover des Buches Cockney Reject (ISBN: 9783931624552)

Bewertung zu "Cockney Reject" von Jeff Turner

Cockney Reject
BRB-Jörgvor 13 Jahren
Cover des Buches Die Gräber der Götter (ISBN: 9783895336713)

Bewertung zu "Die Gräber der Götter" von Edgar Wangen

Die Gräber der Götter
BRB-Jörgvor 14 Jahren
Rezension zu "Die Gräber der Götter" von Edgar Wangen

Einen „Beitrag gegen das Vergessen der Großen des europäischen Fußballs“ wollte Autor Edgar Wangen mit vorliegendem Buch leisten. Und dies vorab: Es ist gelungen. Scheinbar ohne roten Faden portraitiert der Autor hier fast 60 Sportler bzw. besondere Mannschaften. Deren einzige Gemeinsamkeit: Die Protagonisten weilen leider nicht mehr unter uns, ansonsten hätte Wangen auch kaum ihre letzten Ruhestätten veröffentlichen können. Apropos Ruhestättenl: Der Titel suggeriert dem Leser, dass es hauptsächlich um die Gräber an sich geht. Dies ist absolut irreführend. Zwar werden diese komplett im Buch abgebildet, jedoch geht es in den begleitenden Texten nur selten (teilweise auch gar nicht) um Grabsteine, Kreuze und Blumen oder deren Pflege. Viel mehr werden hier Karrieren nachgezeichnet, einen großen Augenmerk legte Wangen dabei auch stets auf die Zeit nach der aktiven Laufbahn. So paaren sich bereits bekannte Informationen mit neuen Fakten, die jedoch nicht minder interessant sind. Und genau diese Mischung macht auch den Reiz beim Lesen aus. So ist vorliegendes Buch also eher eine Zusammenfassung zahlreicher Nachrufe geworden als ein Buch über Gräber vom Fußballer. Wer dies erwartet, sollte besser zu "Der letzte Pass - Fußballzauber in Friedhofswelten", 2005 ebenfalls im Werkstatt-Verlag erschienen, greifen. Diejenigen, die sich mehr für die Sportler und Menschen an sich interessieren, werden bei "Die Gräber der Götter" besser bedient. Trotz des etwas irreführenden Titels...

Cover des Buches Das große Buch der deutschen Fußball-Stadien (ISBN: 9783895336683)

Bewertung zu "Das große Buch der deutschen Fußball-Stadien" von

Das große Buch der deutschen Fußball-Stadien
BRB-Jörgvor 14 Jahren
Rezension zu "Das große Buch der deutschen Fußball-Stadien" von Werner Skrentny

Als anno 2000 die erste Auflage des "Großen Buchs der deutschen Fußballstadien" erschien, schlug es in der Fanszene ein wie eine Bombe. So geballt hatte man die wichtigsten deutschen Stadien noch nie vorliegen, zumal ältere und aktuelle Fotos sowie eine fundierte Geschichte der jeweiligen Spielstätte jeweils eine wunderbare Symbiose miteinander eingingen. Nachdem dieses Buch seit Jahren vergriffen war, schien es nur eine Frage der Zeit zu sein, bis es eine Neuauflage geben würde. Im November 2009 war es endlich soweit. Auf den ersten Eindruck blieb alles beim Alten, zudem gibt es nun ein paar Stadien mehr und auch zahlreiche Fotos, während die Erstausgabe komplett in Schwarz-Weiß gehalten war. Allerdings wäre es auch schön gewesen, wenn das Buch auch inhaltlich überarbeitet worden wäre. Sicherlich, bei den größten und bekanntesten Stadien ist dies geschehen. Allerdings erfährt man hier hauptsächlich Fakten, die man eh schon aus den Medien kennt. Anders bei Stadien im Amateurbereich, so beispielsweise bei meinem Lieblingsverein Stahl Brandenburg: Ein oder zwei bekannte neue Informationen kamen hinzu, aber mehr eben auch nicht. Offensichtlich hat Skrentny zwar ein wenig auf den Vereinshomepages gestöbert, aber sämtliche darüber hinaus gehende Informationen blieben komplett außen vor. Als Leser, derfast 45 € für so ein Buch ausgibt, erwarte ich mehr. Zudem strotzt beispielsweise der Bericht über Stahl nur so vor Fehlern: Zum Beispiel hinsichtlich der Flutlichtanlage. Diese war keineswegs 8 Jahre ohne Lichter, nur wurden sie eben erst nach 8 Jahren angeschaltet. Ebenso ist das Stadion schon 7-8 Jahre nicht mehr von einem Baumwall gekrönt, die alte Tribüne wurde bereits 1970 erbaut und die Kapazitäten beider Tribünen wurden vertauscht. UEFA-Cup-Gegner Coleraine ist nicht in Belfast beheimatet (sondern 40 km davon entfernt), ein Rugby-Länderspiel gab es hier bereits 1986, die Blocktrennung im Stadion wurde auch schon 1984 eingeführt und die Nordkurve für Gäste ist keineswegs gesperrt. Acht (!) Fehler und ein veraltetes Bild also auf nur einer Seite. Bei vielen anderen Stadien bin ich natürlich nicht so der Experte wie im Beispiel Brandenburg, und ich unterstelle auch nicht, dass es bei jedem Beispiel eine so hohe Fehlerquote gibt. Dennoch hinterbleibt ein bitterer Beigeschmack, hier kann ich beim besten Willen keine Höchstnote mehr zücken. Aufgrund der insgesamt tollen Aufmachung, der enormen Informationsfülle und zahlreichen tollen Fotos gebe ich aber trotzdem noch (wackelige) 4 Sterne.

Cover des Buches Die Ewigkeit ist königsblau (ISBN: 9783895336782)

Bewertung zu "Die Ewigkeit ist königsblau" von Jürgen Boebers-Süssmann

Die Ewigkeit ist königsblau
BRB-Jörgvor 14 Jahren
Rezension zu "Die Ewigkeit ist königsblau" von Jürgen Boebers-Süssmann

In "Die Ewigkeit ist königsblau" portraitiert Autor Jürgen Boebers-Süssmann 26 der wichtigsten Schalker Spieler aller Zeiten. In durchschnittlich knapp unter zehn Seiten langen Kapiteln legt er dabei neben den wichtigsten Stationen der Karriere immer auch Wert auf Geschehnisse abseits des Spiels. So führt er fanrelevante Dinge auf, punktet mit wenig bekannten Anekdoten und begleitet alle Spieler auch jeweils nach dem Ende ihrer Karriere. So ist eine bunte Mischung entstanden, die eine lebendige Liebeserklärung an den Club wurde, der seit fast 52 Jahren nicht Deutscher Meister war. Außergewöhnlich ist zudem, dass stets die Dinge mit in den Vordergrund gerückt werden, die den Herausgeber ganz persönlich mit dem jeweils portraitierten Kicker verbinden. Dies mögen zuweilen ganz banale Dinge sein. Boebers-Süssmann erzählt sie dennoch, und zwar auf eine derart sympathische Art und Weise, dass sie trotz ihrer scheinbaren Nebensächlichkeit fesseln. Dies ist natürlich höchst subjektiv, ebenso wie die Auswahl der vorgestellten Akteure an sich. Genau das macht dieses Buch aber auch besonders. Für Nicht-Schalke-Fans ist das Ganze insgesamt alles andere als essentiell, aber für jene wurde das auch nicht geschrieben. In diesem Fall würde ich 3 Sterne vergeben. S04-Anhänger jedoch bekommen eine herzerwärmende, teilweise wehmütig an alte Zeiten erinnernde und vor allem basisnahe Angelegenheit geboten, die die Höchstnote von 5 Sternen rechtfertigt. Ich habe mich für den Mittelwert entschieden.

Cover des Buches Herzenssache (ISBN: 9783931624279)

Bewertung zu "Herzenssache" von Frank Göhringer

Herzenssache
BRB-Jörgvor 14 Jahren
Rezension zu "Herzenssache" von Frank Göhringer

"Herzenssache" ist die Fortsetzung des Fanbuchs "In guten wie in schlechten Tagen", das anno 2000 erschien und den Abstieg des Karlsruher SC und seinen Niedergang auch in der 2. Bundesliga beschreibt. Dieses Buch hatte damals viele Freunde, so dass 2006 die Fortsetzung "Herzenssache" erschien. Zunächst: Ich habe Teil 1 nicht gelesen, allerdings war ich sofort in der Materie drin. Die beginnt nämlich im Sommer 2001, als der KSC auch die 2. Bundesliga nicht halten konnte und nun in der Regionalliga kicken durfte. Protagonist Göhringer schildert dabei sehr glaubhaft das Leiden eines Fans, dessen Mannschaft sich über Jahre von einer Peinlichkeit zur nächsten gehangelt hat, die wichtigsten Spiele stets verliert und immer wieder entscheidende Gegentore kurz vor Schluss bekommt. Ja, offenbar hat das Ganze extem tiefe Einschläge in Göhringers Seele hinterlassen. Die Auswirkungen beschreibt er sehr sarkastisch und höchst amüsant, was aber spätestens ab Seite 50 langweilt, da es sich andauernd wiederholt. Denn in jedem Spielbericht betont er entweder, wie naiv doch sein Glauben in die Mannschaft ist, oder wie blöd die Spieler auf dem Platz agieren. Wirklich in JEDEM Spielbericht. Da dieses Buch aus kaum etwas besteht als der Aneinanderreihung von Spielberichten - selbstredend stets mit persönlichen Anekdoten - wird dies natürlich irgendwann nur noch langweilig und vorhersehbar. Hinzu kommen manche Aussetzer. Wenn mein Verein kurz davor ist, in die 3. Liga abzusteigen, ist es in meinen Augen höchst peinlich, dass der Autor zugibt, von manchem künftigen Gegner noch nie etwas gehört zu haben, obwohl ja durchaus einige bekannte Traditionsvereine in der neuen Spielklasse beheimatet waren. Das ist zum einen ignorant, und zum anderen zeugt es davon, dass Göhringer unter allen Schreibern von Fanbüchern - und da gab es in den letzten Jahren einige - den wohl beschränktesten Horizont hat. Ignorant ist er zudem gegenüber dem kompletten Osten. Nach einer einmaligen schlechten Erfahrung in Magdeburg verzichtet er fortan komplett auf Reisen in die DDR, eben weil er zwischen den Zeilen komplett Neufünfland gleichsetzt. Ein weiteres Indiz dafür ist, dass er bei der Aufzählung von Traditionsvereinen im Amateurbereich zwar auf Rot-Weiß Essen, Waldhof Mannheim oder den 1. FC Saarbrücken verweist, aber eben nicht auf Dynamo Dresden, den BFC Dynamo, den FC Carl Zeiss Jena oder Stahl Brandenburg. Ebenfalls eher peinlich finde ich, dass Göhringer spätestens nach dem Wiederaufstieg in die 2. Bundesliga bei quasi jedem zweiten Auswärtsspiel auf eine Anreise verzichtet. Zum einen bei jedem Spiel, das eine bestimmte Entfernung übersteigt – die Stadien von Union Berlin, dem VfL Osnabrück oder dem VfB Lübeck hat er sich beispielsweise entgehen lassen. Und zum anderen kommen immer wieder Argumente wie "Das wollte ich mir nicht antun" oder "Darauf hatte ich keine Lust" - angesichts seiner beiden Buchtitel ist das blanker Hohn, zumal man über das Fußballschauen in einem Bistro wahrlich kein Fanbuch schreiben muss! Alles in allem hat der Schmöker zwar immer wieder seine lichten und unterhaltsamen bzw. komischen Momente, diese sind jedoch weit in der Minderheit. Abgerundet wird der schlechte Gesamteindruck von zahlreichen Rechtschreibfehlern und dem hohen Preis von 18,90 €. Sicherlich, ein kleiner Verlag wie Iron Pages lebt hauptsächlich vom Idealismus und kann nicht mit Größenordnungen wie die großen Konkurrenten agieren. Allerdings sollte dann auch der entsprechende Gegenwert geboten werden. Und bei Fanbüchern aus dem Werkstatt-Verlag bekommt man in der Regel weitaus Besseres für den halben Preis…

Cover des Buches Whiskey, Tränen und die Onkelz (ISBN: 9783839132951)

Bewertung zu "Whiskey, Tränen und die Onkelz" von Torsten Gränzer

Whiskey, Tränen und die Onkelz
BRB-Jörgvor 14 Jahren
Rezension zu "Whiskey, Tränen und die Onkelz" von Torsten Gränzer

„Fauxpas war immer (m) ein Seelenstrip und dieses Buch ist vermutlich auch einer. Es ist selbstdarstellerische Lektüre, ein Ego-Trip, Erinnerungen, die manchmal nicht einfach niederzuschreiben waren“. Schon diese ersten beiden Sätze im Vorwort fassen den Inhalt von Torstens im Januar 2010 erschienenen zweiten Buch perfekt zusammen, denn es erzählt wesentlich mehr als „über zwölf Jahre in einer Rockband“, wie es im Untertitel heißt. Torsten nimmt uns mit auf die Reise durch seine eigene Geschichte. Die Musik war dabei stets eine der Konstanten, aus denen er schier unendliche Kräfte schöpfte und bittere Erfahrungen machte. Ebenso kommen aber auch Frauen, das Berufsleben, seine Depressionen und selbst mein geliebter FC Stahl Brandenburg in allen Phasen seines Lebens vor, und so auch in diesem Buch. Die Entwicklung der Band Fauxpas ist dabei der rote Faden, wirkt aber zuweilen wie ein Nebenkriegsschauplatz, wenn Torsten über seinen persönlichen Werdegang erzählt: Vom scheinbaren Asozialen, dessen Lebenssinn neben der Musik irgendwo zwischen ständigem Suff und nicht minder häufigen Ficks zu liegen schien. Der irgendwann den Absprung vom Alkohol schaffte, dadurch seine immer häufiger auftretenden Selbstzweifel und Depressionen aber auch nicht mehr zu betäuben wusste. Und der beruflich seinen Platz zwischen dem finanziell notwendigen Scheißjob und brotloser Selbstverwirklichung suchte, aber seinen ersten wirklichen Halt erst in einer Psychotherapie in der Brandenburger Landesklinik fand, als er es schaffte, seine Ängste und Depressionen aufzuarbeiten, um mit neuem Selbstbewusstsein in ein anderes Leben zu starten, das nichtsdestotrotz nie frei von Rückschlägen – psychisch und physisch - war. Stets blieb Torsten dabei ein rastloser Zweifler, immer wieder die Gesellschaft und die Menschlichkeit der heutigen Zeit in Frage stellend, der auch im Schoße seiner Frau und Tochter nie vollends glücklich wurde. Und der am Ende trotz ansteigendem Erfolg auch unter seine geliebte Band einen Schlussstrich zog, um sich auch aus künstlerischen Grenzen zu befreien und mit Puls-T neue Wege zu gehen… Alles in allem ist "Whiskey, Tränen und die Onkelz" weitaus mehr als eine Bandbiografie. Und ebenso, wie das Niederschreiben Torsten nicht immer leicht gefallen ist, war auch das Lesen meist alles andere als einfach. Wenn man den Protagonisten und einige andere handelnde Personen dann auch noch persönlich kennt, erscheint das Ganze in einem zusätzlich dramatischen Blickwinkel. Zudem habe ich beim Lesen eine Menge gelernt. Vor allem vom kursiv gedruckten Text auf Seite 258 verspreche ich mir auch für mein eigenes Leben etwas. Und nicht zuletzt sehe ich durch dieses Buch auch die Musik von Fauxpas anders. Ja, ich gehe sogar soweit zu behaupten, dass ich das Album "Therapie" erst jetzt richtig verstehe... Klasse Buch, JEDEM zu empfehlen!!!

Cover des Buches Ihr werdet es schon sehn (ISBN: 9783895337147)

Bewertung zu "Ihr werdet es schon sehn" von Oliver Birkner

Ihr werdet es schon sehn
BRB-Jörgvor 14 Jahren
Rezension zu "Ihr werdet es schon sehn" von Oliver Birkner

In der "Fanbücher"-Serie des Werkstatt-Verlags erschien im Februar 2010 vorliegende Veröffentlichung über einen Fan des VfL Bochum, bekanntlich einer der grauesten aller Mäuse im Bundesliga-Alltag. VfL-Fan Oliver Birkner erzählt auf 150 Seiten seine Lebensgeschichte als Fan - von den ersten erlebten Heimspielen in den 70ern, über die Beziehung zur inoffiziellen Vereinshymne von Herbert Grönemeyer, bis hin zu traumatischen Erlebnissen wie dem verlorenen DFB-Pokalfinale 1988, manchen Abstiegen, aber auch zu zwei Auftritten im UEFA-Cup, die mit einem Drama gegen Standard Lüttich endeten. Neben den kurvenreichen Geschehnissen rund um den Verein fährt auch das Leben des Protagonisten Achterbahn, bis er schließlich nach Italien auswandert. Passenderweise nach Bologna – eine Stadt, die wie Bochum ebenfalls das „BO“ im Nummernschild trägt und über einen ähnlich mittelprächtigen Fußballverein verfügt. Von nun an verfolgt er die Geschehnisse an der Castroper Straße aus der Ferne – sei es durch Sateliten-TV, aber auch per Live-Ticker in einem hoteleigenen Internet-Café während eines Urlaubs in der Dominikanischen Republik. Was zunächst als Aneinanderreihung von schnell lesbaren und unterhaltsamen Kurzgeschichten beginnt, entwickelt sich ab dem zweiten Drittel des Buchs zur Lebensgeschichte von Birkner, die eng mit dem Schicksal seines Vereins verbunden ist. Wie einst der große Nick Hornby, stellt sich auch der Fan des Ruhrpottvereins mehr als einmal die Frage, ob sein Leben mies ist, weil der VfL gerade eine Durststrecke durchlebt – oder ob es umgekehrt ist. Dabei weiß Birkner vortrefflich zu unterhalten und brilliert mit etlichen kuriosen Gedankengängen – vom sehr gelungenen und kreativen Gebrauch der deutschen Sprache ganz zu schweigen. Immer wieder kokettiert er auch damit, wie wohl er sich eigentlich in der Rolle als Fan eines erfolglosen Underdogs fühlt. So bezeichnet er als seine schönste Saison beispielsweise eine, in der der VfL für Trainerentlassungen bei den Bayern und beim BVB sorgt, Schalke zweimal schlägt und die Torjägerkanone gewinnt, aber am Ende selbst ohne messbaren Erfolg dasteht. Und genau das ist auch eine der beiden Punkte, die ich am Buch zu kritisieren habe: Es punktet unwahrscheinlich hoch in der B-Note, aber am Ende bleibt nicht wirklich etwas hängen. Zudem ist es zwar witzig zu lesen, wie der VfL Bochum immer wieder als erfolgloser Verein beschrieben wird. Dies mag angesichts von nicht vorhandenen Meisterschaften und Pokalen zwar richtig sein. Dennoch geht der Verein im Sommer bereits in seine 35. Bundesliga-Saison und belegt in der ewigen Tabelle damit Platz 12. Angesichts von mehr als 27.000 existierenden Fußballvereinen in Deutschland ist das aber ein Jammern auf verdammt hohem Niveau – und somit für Anhänger zahlreicher kleinerer Clubs alles andere als nachvollziehbar und glaubwürdig…

Cover des Buches Als der Geißbock Moped fuhr (ISBN: 9783895336799)

Bewertung zu "Als der Geißbock Moped fuhr" von Dirk Unschuld

Als der Geißbock Moped fuhr
BRB-Jörgvor 14 Jahren
Rezension zu "Als der Geißbock Moped fuhr" von Dirk Unschuld

Ein merkwürdiger Buchtitel, garniert mit dem Zusatz „Unverzichtbares Wissen rund um den 1. FC Köln“ verursachte bei mir anfangs ein ähnliches Magengrummeln wie vor Jahresfrist „Als Österreich Weltmeister wurde“. Ebenso schnell waren diese aber verflogen. Ob das Wissen rund um den Äffzeh, das hier in 160 Kapiteln vermittelt wird, wirklich unverzichtbar ist, lass ich mal außen vor. Vor allem aber ist es interessant, erstaunlich, kurios und unterhaltsam. Hier finden sich Abrisse der Geschichte des Vereins direkt neben lustigen Episoden über Spieler, Angestellte oder das Maskottchen Hennes. Hier finden sich aufregende Abenteuer von Europapokalfahrten in den Ostblock neben zahlreichen Auflistungen, wie allen Brustsponsoren, FC-Liedern oder der Pächter des Vereinsheims. Und hier kommen auch die Fans nicht zu kurz, sei es hinsichtlich Abbildungen von Choreografien der „Wilden Horde“, oder eben Eintrittskarten, Ansetzungsplakate, Karnevalsorden und und und… Wie das superbe Vereinsbuch „Im Zeichen des Geißbocks“ (siehe andere Rezension in meinem Bücherregal) ist auch diese Veröffentlichung sehr reich und liebevoll bebildert und vermittelt das Bild einer bunten und lebendigen Vereinskultur. Wer mit dem 1. FC Köln nichts anfangen kann, braucht dieses Buch nicht zu lesen. Ich allerdings mag den Club vom Rhein, zumindest ist es der mir liebste im Profigeschäft, und ich habe mich beim Lesen jederzeit sehr gut informiert und unterhalten gefühlt. Die optimale Ergänzung zur Chronik!

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