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Bellis-Perennis

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Cover des Buches Bruch: In eisigen Nächten (ISBN: 9783805200912)

Bewertung zu "Bruch: In eisigen Nächten" von Frank Goldammer

Bruch: In eisigen Nächten
Bellis-Perennisvor 5 Stunden
Kurzmeinung: Komplexer Krimi
Komplexer Krimi, der auch die eine oder andere verstörende Szene hat

Dieser zweite Fall für das ungewöhnliche Ermittler-Duo Felix Bruch und Nicole Schauer, kratzt an einem Thriller. Während Bruch nach wie vor tablettenabhängig und psychisch angeschlagen wieder einmal kaum arbeitsfähig ist, was aber von Kollegen und Vorgesetzten ignoriert wird, eckt Nicole Schauer durch ihre niedrige Aggressionsschwelle immer wieder an. Als dann der gemeinsame Chef Simon regelrecht hingerichtet wird, kommt in Bruch diffuse Angst hoch, das nächste Opfer des Täters zu sein, haben doch Simon und er sowie Michael, der bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist, vor einige Zeit in einem komplexen Mord ermittelt. Als Gattenmörderin hat man damals Nora Mahler auf Grund zahlreicher Indizien vor Gericht gestellt, beim ersten Prozess frei gesprochen, beim zweiten verurteilt. Zahlreiche Zeugen, darunter Polizisten entschlagen sich der aussage oder leiden an einem selektiven Gedächtnisverlust. Hat man da von „oben“ in den Fall eingegriffen oder wurde schlichtweg schlampig ermittelt? Als Schauer Akteneinsicht verlangt, lässt man sich auflaufen und hält sie von allen offiziellen Informationen fern. Da muss man ja paranoid werden. Die gesamte Abteilung wird beurlaubt, doch Felix und Nicole ermitteln heimlich weiter.  

Wenig später gibt es noch weitere Tote, bei denen ausgerechnet Noras Tochter Jasmin, die einen verwahrlosten Eindruck macht, als Täterin in Frage kommt. 

Meine Meinung: 

Frank Goldammer hat mich mit diesem Krimi derart fesseln, dass ich das Buch in einer Nacht gelesen habe.  

Das ungleiche Gespann Bruch & Sauer ergänzt sich in manchen Situationen. Bruch wirkt stellenweise wie ein Zombie. Sind die Tabletten, die er von einer geheimnisvollen Ärztin bekommt der Grund? Oder halten sie sein zerrüttetes Seelenleben ein wenig in Schach, weil in Wirklichkeit alles noch viel ärger ist? Langsam und auf verschlungenen Wegen erfahren wir Leser was in Felix Bruchs Kindheit passiert ist.  

Nicole Schauer, die aus Hamburg stammt, kommt außer mit Bruch mit keinem der Kollegen so wirklich zurecht. Sie ist aus ihrer Hamburger Zeit anderes, stringentes Arbeiten gewöhnt. Das eigenartige Klima bei der Dresdener Kripo lässt immer wieder aus der Haut fahren.   

Diese düstere Geschichte, in denen mysteriöse Dinge passieren, sorgt bis zum Ende für hohe Spannung, die mit einer doch unerwartetem Auflösung aufwartet und mit einem fiesen Cliffhanger endet. Sind Schauers Vermutungen richtig? Wir werden es hoffentlich bald in einem dritten Band erfahren. 

Fazit:

Gerne gebe ich diesem düsterem Krimi 5 Sterne und eine Leseempfehlung. Allerdings sollte zuvor zum besseren Verständnis unbedingt Band 1 („Ein dunkler Ort“) gelesen werden. 

 

 

Cover des Buches Wilde Wut (ISBN: 9783839206607)

Bewertung zu "Wilde Wut" von Friederike Schmöe

Wilde Wut
Bellis-Perennisvor 7 Stunden
Kurzmeinung: Hat mich nicht gepackt
Immobilienspekulation im Bamberg

Dieser Krimi ist der 16. aus der Reihe rund um Privatermittlerin Katinka Palfy und ihrem Lebenspartner KHK Hardo Uttenreuther. Für mich ist es der erste Krimi von Autorin Friederike Schmöe. 

Worum geht’s? 

Man findet die Leiche von Michael Dreysbach unterhalb der Bamberger Heinrichsbrücke. Auf den ersten Blick scheint der Mann unglücklich gestürzt zu sein, doch als man ein Stück Stoff in seinem Hals, Antidepressiva und Kokain in seinem Blut sowie in seiner Jackentasche entdeckt, ist klar, dass der Sohn des berüchtigten Immobilienmaklers Günther Dreysbach ermordet worden ist. Es scheint, als hätte der Tote eine Menge Feinde gehabt. Nur, wer ist der Täter?  

In einem weiteren Handlungsstrang lernen wir Babs kennen, die einerseits durch eben solche Immobilienspekulanten ihre Wohnung verloren hat, und andererseits psychische Probleme hat. Gemeinsam mit einer Gruppe Gleichgesinnter protestiert sie gegen die Gentrifizierung und gerät dadurch in den Fokus der Polizei. Babs bittet ausgerechnet Katinka Palfy um Hilfe, die ihrerseits eine Klagsdrohung wegen Blattlausbefall erhalten hat. Dem schäbigen Kaufangebot für ihr Haus vor einem Jahr hat Palfy keine Beachtung geschenkt. Als sie erneut ablehnt, lernt sie die kriminelle Ader des Immobilienmaklers kennen, die Sabotage und Sachbeschädigung beinhaltet.  

Bei ihren Recherchen entdeckt Katinka, dass es zahlreiche Mieter und Eigentümer gibt, die von Dreysbach Machenschaften betroffen sind. Bei einigen macht sich wilde Wut breit. 

Bei den Ermittlungen stellt sich heraus, dass die Dreysbachs eine höchst dysfunktionale Familie sind. Patriarch Günther demütigt Frau und Kinder, lässt alle nach seiner Pfeife tanzen und wer nicht mitmacht, wird ausgestoßen.  

Meine Meinung: 

Die Stadt Bamberg kenne ich nicht, weshalb ich sowohl zu Architektur als auch zur Geschichte eine Beziehung aufbauen konnte.  

Die Charaktere KHK Hardo Uttenreuther, Katinka Palfy sowie der Journalist Dante Wischnewski leben in verschiedenen Wohnungen unter einem Dach und scheinen miteinander befreundet zu sein. Berufliches und Privates wird recht gut getrennt und man hilft einander mit Rat und Tat. 

Die Machenschaften von Immobilienhaien sowie die Gentrifizierung ganzer Stadtteile bieten immer wieder Stoff für Konflikte, beschäftigen Legionen von Rechtsanwälten und inspirieren Krimiautoren. Allerdings habe ich dazu schon deutlich fesselnder Krimis lesen können. 

Obwohl ich üblicherweise keine Probleme habe, irgendwo in der Mitte oder am Ende eine Reihe einzusteigen, ist werde ich diese hier nicht weiterverfolgen.  

Fazit:

Leider hat mich der Krimi nicht wirklich gefesselt, daher nur 3 Sterne.

 

 

Cover des Buches Salzburg für Kinder (ISBN: 9783702511098)

Bewertung zu "Salzburg für Kinder" von Sandra Klammer

Salzburg für Kinder
Bellis-Perennisvor 8 Stunden
Kurzmeinung: Eine toller Reiseführer für Kinder
Cover des Buches Die Entflammten (ISBN: 9783036950297)

Bewertung zu "Die Entflammten" von Simone Meier

Die Entflammten
Bellis-Perennisvor einem Tag
Kurzmeinung: Hat mich enttäuscht
Hier habe ich etwas anderes erwartet

Ich habe in diesem Buch einen historischen Roman à la „Frau Einstein“ von Marie Benedict erwartet. Doch leider ist dieser Roman hinter meinen Erwartungen sehr weit zurück geblieben. 

Die Idee, die Geschichte von Johanna van Gogh-Bonger, der Ehefrau von Theo van Gogh zu erzählen, hat mir recht gut gefallen. Immerhin hat sie nach dem tragischen Tod ihres Mannes Theo sowie dem Selbstmord von Vincent, die sie mit einem Baby ohne Einkommen zurückgelassen haben, Vincents Bilder verkaufen und damit seinen Weltruhm begründen können. 

Parallel dazu wird die Geschichte der jungen Kunsthistorikerin Gina erzählt, die hundert Jahre später auf Johanna „Jo“ van Gogh-Bonger stößt und eine Arbeit über sie schreibt. Während der Recherche entdeckt sie gewisse Ähnlichkeiten zwischen Vincent van Gogh und ihrem Vater und muss sich ihrer eigenen Familiengeschichte stellen. 

Meine Meinung: 

Vincent van Gogh ist den meisten durch seine Sonnenblumen, seinen Alkoholkonsum, dem abgeschnittenen Ohr und letztlich seinem Selbstmord bekannt. Hier werden noch zahlreiche Details aus seinem Leben erzählt, wie zum Beispiel seine mangelnde Körperhygiene und ähnliches, was ihn mir nicht wirklich sympathisch macht.  

Nach einer sehr langen Verlobungszeit heiraten Jo und Theo, doch bald wird der jungen Ehefrau klar, dass sie eigentlich zwei Männer geheiratet hat. Theos inniges Verhältnis zu Bruder Vincent lässt wenig Spielraum. Diese Zeit vor der Hochzeit wird sehr ausführlich beschrieben, während die Witwenzeit doch eher kurz abgefasst wird. Wird Jo zunächst als ungewöhnlich kultivierte Frau beschrieben, so wird sie uns später als herrische und harte Person präsentiert. Wahrscheinlich muss sie das als Verwalterin von Vincents Gemälden sein, doch dem Leser bleibt die Entwicklung dorthin leider verborgen. 

Auch der zweite Handlungsstrang leidet an einem Ungleichgewicht von Ginas Kindheit und ihrem Erwachsenenleben. Die eigenartige Beziehung zu ihrem Vater, einem erfolglosen Schriftsteller, ist recht langatmig beschrieben und hat mich nicht berührt sondern gelangweilt.  

Leider bin ich von diesem Buch ziemlich enttäuscht. Die Idee, die Biografie von Johanna van Gogh-Bonger in die Arbeit einer Kunsthistorikerin einzubetten, hat mir gut gefallen, die Umsetzung und vor allem der Handlungsstrang rund um Gina so gar nicht.

Mich konnte dieser Roman nicht entflammen. Der Maler Vincent van Gogh steht auf meiner „nice-to-see“-Liste der Maler ohnehin weit unten, der Mensch Vincent ist mir entfernter denn je. 

Fazit:

Leider eine Enttäuschung, die ich nur mit zwei Sternen bewerten kann.  

 

 

Cover des Buches Meuterei im Paradies (ISBN: 9783608987737)

Bewertung zu "Meuterei im Paradies" von Simon Füchtenschnieder

Meuterei im Paradies
Bellis-Perennisvor einem Tag
Kurzmeinung: Penibel recherchierte Geschichte
Die "Meuterei auf der Bounty" im Kontext der Geschichte und ihre Auswirkungen

Wer „Bounty“ sagt und nicht den gleichnamigen Schokoriegel meint, denkt unwillkürlich an den Hollywoodfilm aus 1962 mit Marlon Brando als Fletcher Christian, jenen charismatischen Anführer jener Besatzungsmitglieder, die sich gegen den Leute schindenden Kapitän William Bligh, auflehnten. Doch was als Stoff für Hollywood und andere Verfilmungen gedient hat und noch immer dient, entspricht nicht immer den Tatsachen. 

Die Meuterei, wie sie in Filmen und Romanen beschrieben worden ist, hat es so nicht gegeben. Simon Fürchtenschnieder rekonstruiert an Hand von Briefen, Log- und Tagebüchern sowie den Akten aus dem Prozess um Kapitän William Bligh die Geschichte, die hinter den Abenteuerromanen steckt.  

Der Autor schildert die Reise der Bounty, die Meuterei und das Schicksal der Besatzungsmitglieder sowie jenes von Kapitän Bligh und den anderen achtzehn, die in einem kleinen Beiboot ausgesetzt werden. 

Und genau hier setzt das Buch ein: William Bligh, der Seekarten und andere wichtige Unterlagen sowie wenigen nautischen Instrumente und Waffen, ausgestattet ist, gelingt das Husarenstück nach 3.618 Seemeilen (rund 6.700 km) und 28 Tagen, am 14. Juni 1789, in Osttimor anzulegen. Nicht alle Gefährten haben überlebt. Bereits 1791 macht Bligh sich auf, den eigentlichen Auftrag der „Bounty“, nämlich Brotfruchtbäume von Tahiti auf die Westindischen Inseln zu bringen, zu erfüllen. Diese Bäume sollen die Sklaven in den Zuckerrohrplantagen billig ernähren. 

Genau einen Monat nach Blighs Ankunft in Osttimor, also am 14. Juli wird in in Paris die Bastille von der hungernden Bevölkerung gestürmt: Startschuss für eine Revolution, die nicht nur König und Königin die Köpfe kostet, sondern einen mehr als 25-jährigen Krieg entfesselt, der erst 1815 beendet werden kann.

 

Der Autor geht der Frage nach, ob zwischen der Meuterei und der Revolution ein Zusammenhang stehen könnte. Hier wie dort werden durch eine kleine Gruppe streng hierarchische (Macht)Strukturen ausgehebelt.  

 

Anhand von weiteren Beispielen erzählt Simon Fürchtenschnieder, dass Meutereien auf Schiffen keine Seltenheit waren. Er beleuchtet die Rolle der Royal Navy bei wissenschaftlichen Expeditionen, die auch gleichzeitig bislang unbekannte Territorien für die Krone in Besitz nahm, sowie deren Interesse an Stützpunkten, die sowohl Handels- als auch militärischen Interessen dienten. 

 

Wir erfahren einiges über die Betriebsformen von Zuckerrohrplantagen, das Leben der Sklaven sowie die Handelsschifffahrt. Simon Fürchtenschnieder ist Anglist und Geschichtswissenschaftler, der sich ganz der britischen Seefahrtsgeschichte des 18. und 19. Jahrhunderts verschrieben hat. In diesem Buch kann er aus dem Vollen schöpfen.

 

Jede These ist wissenschaftlich fundiert dargelegt, was auch die mehr als 150 Seiten von Quellen, weiterführender Literatur sowie zahlreichen Abbildungen belegen.

 

Sprachlich ist das dann nicht ganz so perfekt. Immer wieder gibt es Redundanzen. Allerdings ist das Buch im Gegensatz zu anderen Bücher über die „Meuterei auf der Bounty“ kein Abenteuerroman.

 

Ach ja, Kapitän Bligh ist in einem Prozess vor dem Seegericht übrigens vom Vorwurf der Leuteschinderei frei gesprochen worden. Ohne Disziplin und Hierarchie kann der Alltag an Bord nicht funktionieren. 

 

Fazit:

 

Gerne gebe ich diesem informationsreichen Buch, das einen interessanten Einblick in eine spannende Epoche bietet, 5 Sterne. 

Cover des Buches Glück in Bad Ischl (ISBN: 9783747205464)

Bewertung zu "Glück in Bad Ischl" von Christine Grän

Glück in Bad Ischl
Bellis-Perennisvor 2 Tagen
Kurzmeinung: Eine gelungene Fortsetzung
Martin Glück ermittelt in Bad Ischl

Chefinspektor Martin Glück flüchtet vor dem Glück, seiner Jugendliebe Rosemarie bei den Hochzeitsvorbereitungen helfen zu müssen. Für beide ist es die zweite Ehe und dennoch sieht er dieser Wiederholung mit gemischten Gefühlen entgegen. Da kommt ihm der drängende Wunsch seiner alten Kärntner Freundin Romana, nach Bad Ischl zu reisen, um sich der Drohbriefe, die Mike Hansen, ihr Ex-Lover erhält, der nun mit einer reichen Erbin verheiratet ist und in Ischl ein Hotel führt, anzunehmen, gerade recht. Martin Glück findet die Ausrede elegant, ja beinahe grenzgenial, und überlässt das Feld der Hochzeitsvorbereitungen seiner Braut und seiner Mutter.  

Nach einer nicht ganz unkomplizierten Fahrt in einem E-Auto in Bad Ischl angekommen, geht er es einmal ruhig an und hängt seinen eigenen Gedanken nach, genießt den berühmten Zauner-Stollen in der gleichnamigen Konditorei. Wenig später gibt es die erste Leiche. Mozart liegt tot im Garten. Glück stochert zunächst inkognito ein wenig herum  und hört sich bei Petra, Elisabeths Freundin um.  

Das Hotelier-Ehepaar hat mit dem üblichen Sisi-und-Franzl-Gedöns, pardon mit der k.und k.Tradition, wenig am Hut und daher ein Stress mit den Obmännern der Traditionsvereine. Und dass Mike die „Metallica“ für ein Konzert als modernen Beitrag für das Jahr der Kulturhauptstadt vorschlägt, sorgt für Aufruhr. Dass Mike kein Guter ist, erfahren die Leser vor Martin Glück, der allerdings deutlich sieht, wie es sein kann, wenn die Ehefrau vermögend und der Ehemann ein armer Schlucker ist. Ob ihm mit Rosie ähnliches blüht? 

Noch während er noch über den Sinn der Ehe nachdenkt, trifft die Nachricht ein, dass Elisabeth Hansen bei einem  Autounfall tödlich verunglückt ist.  

Jedenfalls hört Martin Glück genau hin, als die vor kurzem in Ischl angekommene Romana über Mikes Kindheit und ihre gemeinsame Vergangenheit erzählt. Als sich herausstellt, dass die Bremsen von Mikes Auto manipuliert worden sind und daher ein Mord vorliegt, ersucht die örtliche Polizei Martin, sie zu unterstützen, zumal gerade ein tödlicher Bergunfall gemeldet wird. Doch, dass Martin ermitteln soll, stößt nicht unbedingt auf Gegenliebe bei den Ischlern: 

„Ich mag keine Wiener. Ich mag keine Polizisten. Und Wiener Polizisten mag ich schon gar nicht.“ 

Sollte wirklich Elisabeth sterben, oder hat der Anschlag eher Mike gegolten? Immerhin wird er ein paar Tage später am Golfplatz von einer Drohen attackiert. Aber, ist es wirklich so einfach? 

Meine Meinung: 

Dieser siebente Krimi mit Chefinspektor Martin Glück wirkt ein wenig nachdenklich, fast schon melancholisch auf mich. Es ist keine Kleinigkeit, Ehemann einer steinreichen Witwe nach einem russischen Oligarchen zu werden. Prinzgemahl sozusagen, ein ähnliches Schicksal wie Prinz Philipp, der immer zwei Schritte hinter seiner Lilibeth, pardon Queen Elizabeth, hinterher dackeln musste. Seinen Beruf müsste er auch aufgeben, will er das? Kein leichte Entscheidung, doch die ist nun wieder einmal ein bisschen hinausgeschoben.  

Mir gefallen die leisen Töne, die das Autorinnen-Duo anschlägt, dennoch ist auch dieser Krimi spannend. Das komplizierte Geflecht der Beziehungen in einer Kleinstadt, in der man sich ständig über den Weg läuft, mitunter verwandt, verschwägert oder sonst irgendwie verbandelt ist, bietet eine interessante Kulisse. 

Wie wir es von den Autorinnen schon kenne, sind einfache Auflösungen ihre Sache nicht. Und so kommt es doch anders, als vermutet.   

Fazit:

Auch der siebente Krimi mit Chefinspektor Martin Glück hat mir gut gefallen, weshalb er 5 Sterne von mir erhält. 

Cover des Buches Ostseefinsternis (ISBN: 9783404193172)

Bewertung zu "Ostseefinsternis" von Eva Almstädt

Ostseefinsternis
Bellis-Perennisvor 2 Tagen
Kurzmeinung: Eine gelungene Fortsetzung
Kein Urlaub für Pia Korittki, sondern eine anstrengende Ermittlung

In diesem, ihren 19. Fall will Pia Korittki nichts anderes, als gemeinsam mit ihrem Sohn Felix und Lebenspartner Marten die Ferien an der Ostsee verbringen. Wieder einmal wird nichts draus, denn auf Grund der Personalnot muss Pia in den Nachbarort, an dem sich ein unklarer Todesfall ereignet hat, Nachschau halten.  

Der geneigte Leser weiß, was nun folgen wird: Statt mit ihren Männern die Ostsee zu genießen, muss Korittki ermitteln, denn es stellt sich heraus, dass der Tote, Benno Hagendorf, vergiftet worden ist. Sofort werden von den Dorfbewohnern die Mitglieder der Familie Böttcher als mögliche Täter präsentiert, liegen doch erstens die Familien Hagendorf und Böttcher seit Generationen im Clinch und andererseits wurde Stella Böttcher erst vor kurzem überfallen. Pikanterweise haben Benno und Stella eine Liebschaft, was von keiner der Familien gut geheißen wird, zumal Benno verheiratet ist. 

Gemeinsam mit ihrem alten Kollegen Broders versucht Pia Korittki die Wahrheit herauszufinden. Doch nach jeder Vernehmung scheint die Anzahl der Verdächtigen zuzunehmen.  

Als sich dann noch herausstellt, dass Felix gemeinsam mit den Töchtern eines verdächtigen Paars einen Schwimmkurs besucht, bekommt ihre latente Angst um Felix wieder neue Nahrung. Natürlich hängt auch der Haussegen ein wenig schief. 

Meine Meinung: 

Dieser Krimi schließt ziemlich nahtlos an den Vorgänger („Ostseenebel-18“) an. Pia und Marten probieren das Zusammenleben, zumal jetzt endgültig klar ist, dass Felix ihr gemeinsamer Sohn ist. Das weiß er allerdings noch nicht. Diese Ferienwoche soll so etwas wie ein „Beschnuppern“ im Alltag sein. Pia macht sich natürlich große Sorgen, doch die sind, wie man sehen wird, unbegründet.  

Und Pia ist nicht die einzige, die private Probleme wälzt, auch ihr alter Kollege Broders, der mit einem Mann zusammenlebt, hat so seine Sorgen, wenn auch der anderen Art.  

Der mühsame Alltag der Ermittler wird recht authentisch geschildert. Nicht wilde Verfolgungsjagden prägen die Arbeit, sondern mühevolle Kleinarbeit mit schweigsamen, lügenden oder auch aggressiv auftretenden Familienmitgliedern, ist eher die Regel. 

Erst recht spät wird der Grund der Familienfehde enthüllt, der wieder beweist, dass der gefährlichste Ort für Mädchen und jungen Frauen die eigene Familie ist. 

Eva Almstädt legt wieder zahlreiche Spuren, die vielfach in Sackgassen münden. Der Schreibstil der Autorin ist wie gewohnt flüssig und locker, leicht zu lesen.  

Fazit:

Gerne gebe ich diesem 19. Fall für Pia Korittki 5 Sterne.

 

Cover des Buches Die Kriminalistinnen. Acht Schüsse im Schnee (ISBN: 9783740816858)

Bewertung zu "Die Kriminalistinnen. Acht Schüsse im Schnee" von Mathias Berg

Die Kriminalistinnen. Acht Schüsse im Schnee
Bellis-Perennisvor 2 Tagen
Kurzmeinung: Fesselnd bis zur letzten Seite
Hier ist wenig so, wie es scheint - fesselnd bis zur letzten Seite

Man schreibt den März im Jahre 1970. Die sechs Aspirantinnen für den Kriminaldienst durchlaufen die verschiedenen Abteilungen. Nach wie vor werden sie als „Experiment“ geführt und manche der Vorgesetzten sehen mit skeptischen Blicken auf die jungen Damen, die aus unterschiedlichen Gründen bei der Polizei angeheuert haben. Die Bewährungsprobe ist dann der Mord Millionär Theo Ellerbeck, der vor seiner Villa mit acht Schüssen getötet wird. Lucia Specht, derzeit gerade der Sitte zugeteilt, wird in das Mordermittlerteam eingebunden, da sie am Tag zuvor Ellerbecks Tochter minderjährige Michaela bei einer Razzia in einer Disco mit einem gefälschten Ausweis aufgegriffen hat. Das Mädchen will nur mit Lucia sprechen. Michaela gibt an, den Mord vom Küchenfenster gesehen haben zu wollen.  

Die Ermittlungen laufen im Düsseldorfer Polizeipräsidium auf Hochtouren, war doch Ellerbeck ein Mann mit großen Einfluss. Feinde, so sagen die Menschen in seinem Umfeld, hatte er keine. Warum also, wurde er dann regelrecht hingerichtet? Wer profitiert von seinem Tod? Je tiefer Lucia Specht und ihre KollegInnen in den Fall eindringen, desto mehr Widersprüche kommen zum Vorschein. 

Meine Meinung: 

Dieser zweite Krimi rund um die sechs ersten weiblichen Kriminalbeamten für die Bereiche Gewaltverbrechen in Deutschland ist an ein wahres Verbrechen angelehnt. Bisher werden Polizistinnen eher für Recherchearbeit oder bei der Sitte oder zur Unterstützung der Fürsorge eingesetzt.  

Ich kenne den ersten Fall „Der Tod des Blumenmädchens“ leider nicht und habe den schon bestellt. Es gibt zwar einige Rückblenden, was die Herkunft und die Motivation der jungen Frauen in den Kriminaldienst einzutreten betrifft. Im vorliegenden Fall ist Lucia Specht quasi die Hauptperson. Sie will den mysteriösen Tod ihre Mutter aufklären und nützt dafür den Polizeiapparat. 

Mir hat dieser zweite Krimi aus dieser Reihe, die hoffentlich noch einige Fortsetzungen haben wird, sehr gut gefallen, vor allem auch deswegen, weil er uns die Zeit von 1970 näherbringt. Ehefrauen dürfen nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Ehemanns arbeiten, was bei Petra, die mit einem Staatsanwalt verheiratet ist und von einem Team, das gemeinsam Verbrecher jagt träumt, mit häuslicher Gewalt endet. 

 

Andererseits sind die Frauen ständig sexuellen Belästigungen durch Kollegen und Vorgesetzte ausgesetzt. Das Abweisen von Avancen mündet häufig in Versetzung in das sprichwörtliche „Besenkammerl“ und schlechter Beurteilung. Wie sich die Frauen gegen diese Übergriffe wehren, ist unterschiedlich. Lilly nimmt seit einiger Zeit an einem Boxtraining teil, während Lucia es bislang geschafft hat, ihre Widersacher verbal niederzuringen. 

Daneben sind noch zahlreiche Kollegen wie Müller, die schon während der NS-Zeit bei der Polizei waren und ihre Ansichten über Frauen und Homosexuelle nicht geändert haben. Einige der Männer fühlen sich quasi kastriert, wenn nun auch weibliche Kriminalbeamte Waffen tragen dürfen. Also eine Gemengelage, die es in sich hat.  

Die Charaktere sind sorgfältig und ziemlich authentisch dargestellt. Die Frauen zeichnen sich durch den Zusammenhalt in ihrer Gruppe aus und stellen Fragen, die Männer so nicht in den Sinn gekommen wären. Das liest sich dann so:  

»Ich habe da einen Gedanken«, sagte sie laut, »hört mal bitte zu.«

Menden blieb stehen. Wir sahen Mieze aufmerksam an. 

 »In meiner Zeit bei der Vermisstenabteilung habe ich eines gelernt: Wenn Menschen freiwillig verschwinden, ist es so, dass sie sich an Orten aufhalten, an denen sie sich sicher fühlen. Orte, die anonym sind oder die sie aus ihrer Vergangenheit kennen, die positiv belegt sind für sie oder einen Sehnsuchtsort darstellen. Ich dachte mir gerade: Was ist, wenn es bei Michaela anders ist? Wenn für sie der beste Ort, um sich zu verstecken, der wäre, an dem sie niemand vermutet? Ein Ort, den sie selbst furchtbar findet. Denn dort würden wir nicht suchen.«

 Mieze sah uns erwartungsvoll an. Menden drehte sich langsam um die eigene Achse. Er straffte die Schultern und sah zu Lenzian. 

 »Warum kommst du nicht auf solche Ideen?«, sagte er zu ihm.  

Der Kriminal Theo Ellerbeck ist komplex und führt sowohl Ermittler als auch uns Leser in so manche Sackgasse. Die Auflösung ist für mich nicht ganz überraschend, aber schlüssig.  

Der Cliffhanger auf den letzten Seiten ist echt fies! 

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Krimi, der uns in das Jahr 1970 und in die Anfänge der weiblichen Kriminalpolizei zurückführt, 5 Sterne.

 

 

Cover des Buches Letztes Gefecht am Saber River (ISBN: 9783954381760)

Bewertung zu "Letztes Gefecht am Saber River" von Elmore Leonard

Letztes Gefecht am Saber River
Bellis-Perennisvor 2 Tagen
Kurzmeinung: Hat mir gefallen
Eine vielschichtige Story um Respekt und Anerkennung

Bei uns flimmern in (un)regelmäßigen Abständen diverse Western (oder was man seinerzeit in der Cinecittà dafür gehalten hat) über die Mattscheibe. Ob „40 Wagen westwärts“, „High Noon“, „Die glorreichen Sieben“ und natürlich die Italo-Western aus meiner Jugend wie „Django“ oder die Dollar-Trilogie und den Klassiker aller Spaghetti-Western „Spiel mir das Lied vom Tod“, (die wenigen Dialoge können mein Mann und ich problemlos mitsprechen).  

Literatur, die das Western-Genre bedient, ist mir schon länger nicht untergekommen, weshalb ich bei diesem Buch neugierig zugegriffen habe. 

Den historischen Hintergrund zu diesem Western bietet der Amerikanische Bürgerkrieg (1861-1865) oder auch Sezessionskrieg genannt, in dem sich die Nordstaaten (Unionsstaaten) und die Konföderierten (Südstaaten) in einem erbittert geführten Wirtschaftskrieg gegenüber stehen.  

Paul Cable war für die Konföderierten in den amerikanischen Bürgerkrieg gezogen. In Tennessee hatte er sich dem 8. Texas-Kavallerie-Regiment angeschlossen, das unter dem Befehl von General Nathan Bedford Forrest stand. Als Cable im November 1864 mit seinen Kameraden den Duck River überquerte, um die Unionskavallerie zurückzudrängen, wurde er schwer verwundet. Von da an war der Krieg für ihn vorbei, obwohl im Osten des Landes noch gekämpft wurde. Er kehrt mit seiner Familie nach Arizona zurück, um sein altes Leben wieder aufzunehmen. Aber in Arizona haben sich die Dinge geändert. Vor dem Gesetz gilt Cable als Rebell, und zwei Brüder, beide Anhänger der Union (Auszug aus dem Klappentext). 

Gleich auf Seite 9, musste ich herzlich lachen. Der Konföderiertenveteran Paul Cable, er ist mit Frau und drei Kindern auf dem Weg zu seinem Zuhause am Saber River, trifft auf Janroe, der sich in Denamans Laden, dem Geschäft von Pauls Nachbarn breit gemacht hat, und dessen Beschreibung wie folgt lautet: 

„Er war groß, kräftig gebaut, aber schlank, mit schwarzem Haar und einem Schnurrbart. Vielleicht Ende dreißig. Sein linker Arm fehlte zwischen Schulter und Ellbogen. 

Mein Kopfkino ist sofort angesprungen. Wie ist der arme Mann seines Oberarms verlustig gegangen? Hängt der Unterarm samt Hand, wie bei einen Cyborg an Drähten dran? Oder kann hier bei der Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch ein Hoppala passiert sein? 

Und Janroe ist nicht der einzige, der sich eine Ranch unter den Nagel gerissen hat. In Paul Cables Haus hockt eine Gruppe Unions-Soldaten, deren Anführer Vern und Duane Digston behaupten, das Gesetz (des Stärkeren?) auf ihrer Seite zu haben, denn Rebelleneigentum sei von der Union beschlagnahmt. Sich vom eigenen Grund und Boden vertreiben zu lassen, ist für das Ehepaar Cable jedoch keine Option.  

Meine Meinung: 

Der Western entwickelt auf den 256 Seiten eine fesselnde Eigendynamik, denn es gibt neben dem Kampf um die Ranch weitere Interessen. Da ist vor allem der undurchsichtige Janroe, der einen Händler gibt, Luz Acaso, die eingeschüchtert bei ihm lebt sowie Lorraine Digston, die intrigante Tochter von Duane Digston. 

Die Lage spitzt sich zu. Jederzeit muss mit einem Hinterhalt oder einem offenen Schusswechsel gerechnet werden. Auf dem Höhepunkt der Geschichte ereilt die Kontrahenten die Nachricht, der Bürgerkrieg ist beendet. Das dreht die Geschichte in eine unerwartete Richtung. Denn nun sehen sich zwei ehemalige Gegner gemeinsam einem Dritten gegenüber.  

Die Charaktere sind - für einen Western aus dem Jahr 1959 - recht interessant und differenziert gestaltet. Da haben wir zunächst Paul Cable, der für seine Überzeugung in der Südstaatenarmee kämpft und mehrmals verwundet wird, bevor er entlassen wird. Er ist ein treusorgender, liebender Ehemann und Vater. Bemerkenswert, dass er sich Menschlichkeit und Gerechtigkeitssinn in diesem Krieg bewahrt hat. Seine Ehefrau Martha ist stark, emanzipiert, selbstsicher und auf Augenhöhe mit Paul. Sie würde für Mann und Kinder alles, wirklich alles tun. 

Janroe ist, wie wir im Laufe der Geschichte lesen werden, ein Fanatiker und Intrigant.  

Eine für mich komplexe Figur ist Vern Digston. Ein geborener Anführer, der seine Ziele erbarmungslos verfolgt, aber dem ebenbürtigen Paul Cable seinen Respekt zollt, obwohl sie während des Sezessionskrieges auf unterschiedlichen Seiten standen.

Ziemlich unüblich für einen Western dieser Schreibepoche, dürfen die drei Frauen Martha, Lorraine und Luz andere Rollen spielen, als die der braven Hausfrau oder der Prostituierten. Hat mir gut gefallen. 

Fazit: 

Eine Geschichte aus der Vergangenheit der USA, die sie so oder so ähnlich zugetragen haben könnte. Gerne gebe ich hier 4 Sterne. 

 

Cover des Buches Mutproben (ISBN: 9783462005288)

Bewertung zu "Mutproben" von Thomas Hitzlsperger

Mutproben
Bellis-Perennisvor 3 Tagen
Kurzmeinung: Eine mutige Autobiografie
Homosexualität im Fußball - das letztes Tabu?

„Mutproben“ von Thomas Hitzlsperger ist nicht nur die Geschichte (s)eines Coming-outs, sondern auch die beachtenswerte Entwicklung eines jungen Mannes vom elterlichen Bauernhof in die Welt des Profifußballs. Das Buch liest sich sehr spannend und gibt Einblick in die Welt des Profifußballs in der der schnöde Mammon mehr zählt, als der einzelne Spieler.  

Wie könnte es sonst sein, dass die Fußball-WM an Länder wie Quatar und Saudi-Arabien vergeben wird, in denen Menschen- und Frauenrechte aufs Gröbste vernachlässigt sowie Homosexualität bestraft werden?  

Warum wird männliche Homosexualität gerade im Fußball so vehement negiert und abgestritten? Weil im Fußball eine ureigene männliche Identifikation innewohnt?

Hitzlsberger geht, wie die ehemalige Bundesliga-Spielerin Tanja Walther-Ahrens in ihrem 2011 erschienen Buch „Seitenwechel“ der Frage nach, wieso es im männlichen Fußball nahezu unmöglich ist, seine Homosexualität als aktiver offen zu leben.  Es scheint, dass hier ein archaisches Männlichkeitsideal in den Köpfen von Trainern, Spielern, Funktionären und Fans tief verwurzelt zu sein, das voller Widersprüche steckt. 

Dazu passen auch die überschwänglichen, oftmals peinlichen Umarmungen oder Gesten nach einem Tor oder gar einem Sieg. Hier scheint wenig Männliches vorhanden zu sein. Auch der auffallend zur Schau gestellte Körperkult zahlreicher Spieler trägt zur Doppelmoral bei. Da wird tätowiert, die Haare gestylt, Zopferl geflochten und die Sixpacks zur Schau gestellt und gleichzeitig die Homosexualität geleugnet.

Die Antworten auf die Frage, warum es für aktive Profifußballer so schwer ist, sich als homosexuell zu outen, sind nicht leicht zu finden. Hitzlsperger beschreibt die inneren Kämpfe, das Für und Wider eines Outing sehr anschaulich. Er erzählt aus eigener Erfahrung vom Klima in der Kabine, der Reaktion von Öffentlichkeit und Medien sowie und deren Folgen für ihn als Einzelnen. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass seit Hitzlspergers Coming Out vor nun gut 10 Jahren kein aktiver Fußballer in Deutschland den Schritt gewagt hat. 

Weltweit gibt es rund zehn männliche Fußballprofis, die sich zu ihrer Homosexualität bekennen. Das Thema scheint weiterhin unter den Teppich gekehrt zu werden. 

Hitzlsperger erzählt von Justin Fashanu, dem Pionier aus England. Er war der erste Spieler, der sich 1990 (!) während seiner Profikarriere geoutet hatte. Fashanu war mit einer Welle an Ablehnung konfrontiert. Sein Trainer Brian Clough beschimpfte ihn vor versammelter Mannschaft etwa als "verdammte Schwuchtel". Fashanu wurde gleich doppelt diskriminiert: schwarz und schwul - eine unheilvolle Kombination, die ihn letztlich das Leben gekostet hat. Nachdem er von einem Minderjährigen der Vergewaltigung beschuldigt worden ist, begeht er Selbstmord. 

Gemeinsam mit Co-Autor Holger Gertz erzählt Thomas Hitzlsperger in seiner lebendigen Autobiografie zahlreiche Anekdoten, zeigt aber auch seine verletzliche Seite als seine Persönlichkeit. Dabei wirkt Hitzlsperger, „Hitz the Hammer“ wie ihn die Engländer auf Grund seines scharfen Schusses nennen, geerdet. Er ist Vorbild. Sein Aktivismus ist leise und bestimmt, Brachialgewalt ist nicht das Seine. In seinem Buch verknüpft er Privates mit Öffentlichem. Er spricht sachlich und ohne die weit verbreitete Heuchelei die Widersprüche im Männerfußball an. Dabei ist er weder selbstgerecht oder belehrend oder suhlt sich in Selbstmitleid. 

Dass Homophobie im Männerfußball noch immer sehr weit verbreitet ist, zeigt sich bei fast jedem Wiener Derby ein Bild machen. Die schwulenfeindlichen Fangesänge gehören genauso zum schlechten Ton eines Spiels zwischen Rapid und der Austria wie das spezifische Umfeld, das diese toxische Männlichkeit fördert.  

Dass Hitzlpergers Buch nur wenige Wochen nach dem Eklat im Anschluss an das letzte Wiener Derby erschienen ist, ist wohl ein Treppenwitz der Geschichte. Was ist da passiert? Nach dem Sieg Rapids sind Funktionäre, Spieler und Fans durch homophobe Schlachtgesänge mehr als unangenehm aufgefallen. Rapid-Präsident Alexander Wrabetz sollte Hitzlspergers Buch als Pflichtlektüre für Spieler, Fans und Funktionäre seines Vereins einführen. 

Dabei könnte gerade der Fußball einiges zur Akzeptanz von Homosexualität bewirken, denn "Der Ball ist rund und kann deswegen mehr ins Rollen bringen als viele es sich vorstellen können."

Fazit: 

Dieser Autobiografie, die Pflichtlektüre für Fußballfunktionäre, Spieler und Fans sein sollte, gebe ich gerne 5 Sterne.

 

 

 

 

 

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  • 30.04.1960

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