Die Thematik ist spannend, keine Frage; auch die Örtlichkeiten und weltweite Verknüpfungen des Geschehens sind interessant gestaltet. Auf den Inhalt will ich nicht näher eingehen. Der findet sich im Klappentext und anderen Rezensionen.
Doch der Schreibstil verdirbt über weite Strecken den Lesegenuss. Was ist passiert, wo doch „Der Tanz der Häsin“ weder Längen noch Blutleere aufweisen. Dieter Fuchs kann es eigentlich, das hat er bei dem Vorgänger-Roman bewiesen.
Hier jedoch konnte er sich von seiner Eigenschaft als Wissenschaftler offenbar nicht lösen. Es reihen sich Bandwurmsätze an Bandwurmsätze, die Ludwig Reiners als „Klemmkonstruktionen“ verschmähte. „Anekdoten über die dort gegenüber den Besuchern recht aufdringlichen Japan-Makaken nahm Marco lachend zum Anlass, wieder auf ihr Projekt zu kommen…“
Viele Begebenheiten sind im Stil langweiliger Sitzungsprotokolle beschrieben in einer sehr geschraubten, bürokratischen Sprache.
Das wirkt sich sowohl auf die Personen als auch auf die Handlung aus. Die Charaktere bleiben papieren, die Begebenheiten fad.
Einzig die Japanerin Tomomi ist nachvollziehbar lebendig beschrieben, doch vermisst man ihre Lebendigkeit im weiteren Verlauf. Die meisten Charaktere bleiben blass.
Zu dem hölzernen Stil trägt zusätzlich bei, dass sich ellenlange Monologe aneinanderreihen, und zwar während die Figuren miteinander sprechen oder in Diskussionen. Seltsam, dass nicht Gegenrede auf Rede erfolgt, keine Unterbrechung durch Zwischenfragen, nichts. Ein Wissenschaftler hält einen Vortrag, der nächste dann seinen. Tödlich.
Der Blickwinkel wechselt zwischen den einzelnen Protagonisten, dadurch ist die Aufmerksamkeit bei mir als Leser gestreut. Besser hätte ich gefunden, die Gesichte aus einem individuelleren Blickwinkel zu schildern, auch mit den Gefühlen, die derjenige dann hat, Gedanken, die er sich vielleicht macht, aber nicht äußert.
Stattdessen immer wieder sinngemäß: „Das Team war sich einig …“ „Alle freuten sich auf …“
Überhaupt viel zu viel Frieden, Freude, Eierkuchen. Alle verstehen sich ja ach so gut, alles ist super harmonisch. Dadurch wird Spannung verschenkt. Klar hat der Leiter Marco Renke sich sein Team so zusammengestellt, dass alle zueinander passen sollen. Doch diese ausschließlich friedlichen Umgangsformen sind einfach langweilig. Wo bleibt der Ehrgeiz, der Wissenschaftler oft treibt, wo der Wettkampf, den Mitstreiter auszubooten?
Selbst dass der „Feind“ plötzlich zum „Freund“ wird, das geht zu glatt, zu widerspruchslos und ist eigentlich nicht glaubhaft.
Und dann der „gemütliche Teil“. Immer wieder trifft man sich gesellig in irgendeinem Restaurant, trinkt dieses und jenes passend zu diesem und jenem exotischen Gericht. Das nimmt unglaublich an Spannung.
Hätte Fuchs das weggelassen, wäre allein schon dadurch mehr Schwung in die Erzählung gekommen. So aber streckt sie sich von Länge zu Länge und zum Ende hin war ich eigentlich froh, es endlich geschafft zu haben. Ich rechnete mit einer kurzen, knackigen, überraschenden Auflösung.
Doch was musste ich feststellen: Es werden noch zwei Bände folgen – es handelt sich um eine Trilogie! Nirgends ist davon vorher die Rede, weder im Titel („Band I der Trilogie“) noch im Klappentext.
Ich werde mit gut überlegen, ob ich mir den zweiten Band zumuten soll. Das werde ich erst nach einem „Blick ins Buch“ entscheiden. Denn die beschriebenen Stilmängel treten schon auf den ersten Seiten auf.
Mit zu dem zähen Lesen haben, rein formal, beigetragen, dass die Schrift sehr klein ist und die Absätze nicht eingerückt sind.
Zudem verwirren die viel fremdländischen Namen und Bezeichnungen, vor allem aus Japan. Hier wäre ein kleines Glossar hilfreich gewesen.
Ich merke selbst, dass sich meine Rezension mehr nach einem Verriss anhört als an einer Vierpunktebewertung. Diese vergebe ich trotzdem, weil die Grundidee originell und sehr speziell ist und immer wieder zu fast kriminalistischen Gedankenknobeleien angeregt. Und vielleicht gibt es ja auch Leser, die das Buch gerne als Sammlung nüchterner Meeting-Protokolle akzeptieren können.