In meinem Arbeitsfeld (Sozialarbeiterin) treffe ich natürlich auch immer wieder auf Vierbuchstabler (ADHSler), aber meistens liest man im Studium nur wissenschaftliche Abhandlungen, in denen Betroffene nur sehr wenig selber zu Wort kommen. Ich wollte also unbedingt dieses Buch lesen, aus der Sicht eines Betroffenen. Natürlich habe ich auch Fälle im Familien- und Freundeskreis, die man ja erlebt und auch mal fragt, wie das denn so ist, aber dennoch ist das was ganz anderes. Aimo Nyland beschreibt in diesem Buch ganz persönlich, offen, ehrlich und reflektiert sein Leben und Alltag mit der Diagnose ADHS, die er erst mit 39 Jahren erhalten hat. Der Schreibstil entspricht definitiv der Natur eines Vierbuchstablers. Gradlienigkeit und Struktur darf man hier nicht erwarten. Aber gerade das fand ich sehr authentisch und hat ADHS nachvollziehbarer gemacht, als wissenschaftliche Texte.
Im ersten Teil des Buches berichtet er über seinen Lebensweg und erzählt auf lustige Art Alltagssituationen, die für ADHSler ganz normal sind, für viele andere aber wahrscheinlich sehr skurrilchaotisch und vielleicht auch nicht ganz nachvollziehbar. Mir haben nicht alle Erzählungen besonders gut gefallen, aber es waren auch sehr viele dabei, die ich sehr gut fand, lachen und mitfühlen konnte. Ungefähr die andere Hälfte des Buches ist informativ zu der Erkrankung an sich, mit einem Ratgeber für Betroffene und Angehörige und es kommen auch noch andere ADHSler zu Wort, deren Ausprägungen etwas anders sind als bei Aimo.
Meinung Kurz gesagt: Lest dieses Buch! Egal ob ihr betroffen seid, Angehörige oder einfach nur interessiert eine absolute Lesempfehlung.
Ich bin der Meinung, es sollten viel mehr Menschen erfahren, wie es Betroffenen mit diesem "Handicap" geht und die Klischees müssen aufgelöst werden. Es ist eben nicht - wie noch weitläufig so gesehen - eine Kinderkrankheit, die sich verwächst und keine Modeerscheinung, aber auch nichts (!meine Meinung!) was sich ausschließlich mit Medikamenten beheben lässt oder einfach mit mehr Bewegung. Die Betroffenen leiden häufig in mehreren Sinne, durch andere psychische Begleiterscheinungen wie Depressionen, Panikstörungen, Selbstwertprobleme,.... und nicht zuletzt auch, weil sie auf Unverständnis und Ausgrenzung der Gesellschaft stoßen. Also lest dieses Buch und empfehlt es weiter, damit die Informationen hoffentlich bei jedem ankommen und mehr Verständnis in der Gesellschaft entstehen kann.