Bewertung zu "Stigmata - Nichts bleibt verborgen" von Beatrix Gurian
Der wunderschöne Schutzumschlag machte mich sofort neugierig auf dieses Buch. Und auch im Inneren ist „Stigmata“ besonders liebevoll gestaltet, mit verschnörkelten Kapitelanfängen und natürlich den Fotos, die wie „echte“ Beweisstücke zu dem rätselhaften Krimifall gehören – und ihn nur noch geheimnisvoller machen. Denn die Leser begleiten Hauptfigur Emma auf der Jagd nach den Mördern ihrer Mutter.
Gleich von Anfang an legt Autorin Beatrix Gurian parallel zwei Fährten aus. Da wird nicht nur Emmas Geschichte beschrieben, ein Mädchen, das plötzlich im wahrsten Sinne des Wortes mutterseelenallein dasteht; es geht auch um ein Kind, das in einem unmenschlich streng geführten Kinderheim aufwächst. Somit verbindet Gurian eine klassische Spurensuche mit den in den letzten Jahren zunehmend ans Licht der Öffentlichkeit geratenen Skandalen um missbrauchte und gequälte Heimkinder und die Zustände in den Einrichtungen.
Auf einem altem Jagdschloss,einem ehemaligen Kinderheim, das zum Jugendcamp umfunktioniert wurde, soll Emma herausfinden, was es mit dem Geheimnis ihrer Mutter auf sich hat. Diese Schnitzeljagd nach Anhaltspunkten über die Vergangenheit der Mutter gestaltet sich einerseits schaurig-atmosphärisch: das alte, halb verfallene Schloss, undurchschaubare Angestellte, die Emma und ein paar andere Jugendliche betreuen, seltsame Aufgaben, die die jungen Leute erfüllen sollen – und natürlich werden die Handys eingesammelt. Andererseits macht die Fülle an seltsamen Vorkommnissen die Story in meinen Augen bald beliebig: Wie hat eines zum anderen geführt, wer hat welchen Zwischenfall initiiert, was war reiner Zufall? Denn es gibt viele scheinbare Zufälle: Andauernd fällt Emma irgendein Beweisstück in die Hände, nur damit es kurz darauf genauso zufällig wieder verloren geht. Oder war alles so geplant gewesen? Vieles hat sich mir auch nach Lektüre des Romans nicht erschlossen. Zwar ahnt man als Leser früh, in welche Richtung die Story geht (was auch so beabsichtigt ist), die eigentliche Auflösung fand ich dann aber doch etwas plötzlich präsentiert.
Fazit: Ich wollte dieses Buch mögen – wegen der Thematik, wegen der schönen Aufmachung, wegen der integrierten Fotos, die mich an „Die Insel der besonderen Kinder“ erinnerten. Aber irgendwie hat es nicht geklappt. Ich musste mich zunehmend zwingen, die Story zu Ende zu lesen, weil die Charaktere einschließlich Hauptfigur Emma mir einfach zu fremd blieben; ich konnte mich nicht in sie einfühlen. Zwar hat mich die Parallelhandlung um das Mädchen im Kinderheim noch gepackt, zeitweise hat mich das Geschehen sogar mitgerissen, aber insgesamt kam mir vieles zu zusammengewürfelt vor: Emmas für mich oft nicht nachvollziehbare Reaktionen, das seltsame Gebaren der Betreuer des angeblichen Jugendcamps, das von den Jugendlichen kaum hinterfragt wird, die vielen Zufälle und plötzlichen Ereignisse, in denen ich keinen Zusammenhang sehen konnte. Erst am Ende, als die ganze tragische Geschichte überschaubar wird und sich alle Rätsel aufgelöst haben, kamen echte Gänsehautmomente ins Spiel – die ich angesichts der Thematik schon früher erwartet hatte, die vorher aber - für mich - zu oft in undurchschaubaren Aktionen untergegangen waren. Ich vergebe gute drei Sterne für Buchgestaltung, Spannung und Atmosphäre, mehr wird’s nicht, weil ich mit den Charakteren einfach nicht warm geworden bin.Danke an den Arena Verlag für das Rezensionsexemplar