Meine Meinung
Allgemein
Die Seitenanzahl dieses Kloppers reflektiert ganz gut, mit welcher Macht man von diesem epischen Werk erschlagen wird. Im positiven Sinne.
Fangen wir von vorne an... Der Leser wird zunächst in unterschiedliche Welten eingeführt. Dabei gibt es den jungen Magier, zwei gegnerische Kriegsseiten, der revolutionäre Schmied und eine junge Jägerin.
Zunächst dachte ich, dass auch eine zeitliche Distanz herschen würde, da ich - trotz meiner ausgeprägten Fantasy-Liebe - wohl keine Musketen, Gewehre und co an der Seite von Magie erwartet hätte.
Aber wenn ich nicht das Unerwartete und Neue liebe, was dann? Davon hat der Autor jede Menge zu bieten. Mich überrascht es immer wieder, wenn ein Autor in einem so breit gefächerten Genre noch eine Nische findet.
Der Erzählstrang des jungen Magiers Lysander interessierte mich hierbei am Meisten. Er bietet die typische verborgene Fähigkeiten und schlittert von einem Abenteuer in das Nächste. Dabei erlente er immer wieder neue Zauber auf den verschiedensten Wegen. Da der Autor nach wenigen Seiten bereits einen ausgefuchsten Eindruck auf mich machte, erwartete ich auch schlüssige Lösungen für alle Magiewege. Leider sind mir nicht alle so aufgefallen, da das Magiesystem selbst wenig erklärt wird und der Leser sich aufmerksam vieles selbst erschließen muss.
Dennoch blieb mir diese Geschichte am liebsten. Lysander erlebte und reiste viel, wuchs an seinen Aufgaben und blieb doch sehr human dabei. Seine Fähigkeiten begeisterten mich und weckten das Bedürnfis, mehr zu erfahren. Den Geheimnissen auf die Spur zu kommen. Ein Junge auf der Suche nach Antworten für eine Situation, in die er gar nicht hineinschlittern wollte. Seine Mischlings-Begleitung erweckte in mir Sympathien.
Viel dominanter war allerdings der Erzählstrang des Krieges. Sobald ein Lysander-Kapitel endete und eines im Krieg wieder anfing, war ich gewillt, dass Buch wieder beiseite zu legen. Ich war zwar beeindruckt, wie viel Recherche und Wissen der Autor hier reingesteckt zu haben scheint, doch konnte es mich nicht so recht packen. Die Strategien waren interessant und für mich sehr neu, jedoch schien der ganze Krieg die Story nicht recht voran zu bringen. Als Leser merkte ich, dass die Stränge zusammenführen werden, aber im ganzen Band wurde noch nicht deutlich: Wofür? Auch hier war wieder die oberste Priorität: Aufmerksam sein! Wer bekriegt sie wo? Wo startete der Krieg? Wo zog er hin? Das hat durchaus positive Züge, da der Autor den Leser nicht mit langweiligen Zusammenfassung-Gesprächen stören musste.
Als ich auf Instagram las, dass das Buch auch Horrorelemente enthält, hielt ich kurz inne, musste aber nicht lange überlegen. Tatsächlich findet der Leser ein paar schaurige Zeilen, die atmosphärisch aufgebaut wurden. Hierbei geht es nicht um das Erschrecken aus der Situation heraus, sondern das Erschrecken gegenüber der Grausamkeit. Was der liebe Meister Desche - der einen Aufstand anzettelte - alles so trieb, ließ mich schaudern. Man kann wirklich nicht behaupten, dass der Autor seine Charaktere schont. Und wer mich kennt, der weiß ganz genau, dass ich sowas liebe, denn es ist unvorhersehbar und ließ mich mitfiebern.
Nicht erstaunlich war dann, dass am Ende des Buches auch der Ein oder Andere bestraft werden musste. Einen großen Showdown gab es nicht, doch das hat dieses Buch auch gar nicht nötig. Durchgehend wird man mit Kämpfen, Intrigen und Gräueltaten unterhalten. Insofern war ich mit dem Ende auch versöhnt und freue mich auf Band 2. Seine Genialität zeigt der Autor nochmal bei der Bestrafung einer bestimmten Person. Ich lies mich an der Nase herumführen.
Charaktere
Lysander mochte ich am Meisten. Er ist zielstrebig, agiert realistisch und vertritt Werte. Seine Handlungen empfand ich als human. Er schien jede Tat zu reflektieren. Ich sympathisierte noch mehr für ihn, als er seine Begleitung Gorm mit Liebe und Respekt behandelte, obwohl dieser in der Welt keinen hohen Stellenwert hat. Der Autor flöste Gorm einen Charakter ein, der liebenswert ist. Zeigt deutlich auf, dass nicht jedes Wesen, welches wir als dumm erachten, auch dumm ist.
Keno war eine führende Person im Kriegsgeschehen und auch er wuchs mir sehr ans Herz. Deutlich merkte ich, wie er jede mögliche Situation erörtert und alle Risiken mit Bedacht eingeht. Er ist kein brutaler Charakter, sondern hat sich selbst Werte im Leben gesetzt, die er verfolgt.
Desche zettelte den Aufstand an. Ein kleiner Bürger, der täglich seine Handarbeit verrichtet, sich jedoch nicht damit zufrieden geben möchte, dass die Hirachien so klar verteilt sind. Seine Entwicklung war imposant. Er war zwar von vornerein nicht das liebe Lämmchen, doch merkte man in jedem Kapitel deutlich, wie sein Größenwahn anstieg. Wie er sich selbst in seinem Erfolg verlor. Man bekamn einen Blick, wie Desche in der Zukunft sein könnte. Als selbstverliebter Herscher, den er am Anfang so verfluchte.
Zwanette ist die Frau des Jägerregiments und bildet damit eine deutliche Minderheit im Bereich der Frauen. Dafür, dass es so wenige Frauen gibt, kann ich aber nur das Glas heben und Cheers sagen, da sie allesamt Powerfrauen sind. Trotz Zwanettes erfolgen, war sie für mich ein deutlicher Nebencharakter im Buch. Mit ihr wurde ein Love Interest in das Buch gebracht, der bislang wenig Bedeutung hat.
Schreibstil & Sichtweise
Chapeau! vor dem Schreibstil. Was die deutsche Sprache zu bieten hat, wird einem erst deutlich, wenn man solche Bücher liest. Der Autor deckt das Buch mit der gefühlten gesamten Bandbreite des Dudens ein und steigerte dadurch meine Lust am Lesen. Ich fühlte mich mitten im Geschehen verankert, konnte Gefühle gegenüber den Charakteren aufbauen und fand mich inmitten schöner Umgebungsbeschreibungen wieder.
Zudem wusste der Autor ganz genau, wann er Stellen kürzen kann und welche er lieber lang lässt.
Geschrieben ist das Buch in der dritten Person aus mehreren Sichten.
Cover & Titel
Das Cover ist düster und verkörpert die Gefahr, die von dem Buch ausgeht. Ich mag es, wenn Cover auf den ersten Blick schlüssig sind, durch das Lesen des Buches aber noch mehr Tiefe bekommen. Das ist hier prima gelungen!
Auch der Titel ist passend, da es großteils um diesen einen Zauber geht, der nicht nur Lysanders Leben verändert.
Zitat
"Warum zum Bekter, musste sich ein Volk immer despektierliche Namen für andere Völker ausdenken? Die Unterschiede waren doch offensichtlich - warum musste man sie überhaupt betonen und hervorheben?"
- Position 7499, Kapitel 62
Fazit
Mithilfe eines bemerkenswerten Schreibstils führte der Autor mich durch eine Welt, mit mir neuen Elementen. Wie viel hier recherchiert wurde, kann ich nur erahnen, denn es scheint überall das Maximum an Wissen vorhanden zu sein. Tolle Charaktere, Humor und Horror. Leider einige Längen in den Kriegsszenen.