Meine Meinung
Allgemein
Nachdem das Buch „Opfermond“ bei mir unter die Lieblinge gewandert ist und ich auch „Unter einem Banner“ sehr mochte, lehnte ich natürlich nicht ab, als mir angeboten wurde „Mutterschoß“ zu lesen. Wie erwartet wurde ich nicht enttäuscht. Vielmehr animierte mich das Buch dazu, endlich wieder lange am Stück zu lesen.
Abschreckend war zunächst die unglaublich lange Triggerliste, die heutzutage notwendig ist und wozu ich im Nachhinein sagen kann, dass wirklich nur die „explizit erwähnten“ Themen eine wirkliche Rolle spielen und ausgeschmückt sind. Also alles, was sich um Schwangerschaft dreht. Persönlich empfand ich auch diese nicht als triggernd.
Ich tauchte erneut in die düstere Stadt Ghor-el-Chras ein. Infodump? Das gibt es nicht. Die Strukturen der Stadt werden alleine durch die verschiedenen Schauorte im Buch lebendig und greifbar. Elea verwebt ihre Informationen in den Handlungen ihrer Protagonisten. Eine Kunst, die ich bewundernswert finde.
In den Bann ziehen konnte mich das Buch nicht nur mit seiner düsteren Art, durch die bereits eine gewisse Grundspannung in der Luft lag, sondern auch mit den Handlungssträngen. Die Anzahl an Personen ist übersichtlich und jede wird benötigt, um das Puzzle zu vervollständigen. Nie hatte ich das Gefühl, dass plötzlich noch jemand aus dem Hut gezaubert wurde, damit die Geschichte stimmig wird. Sie wirkte von vorne bis hinten gut durchdacht.
Leider muss ich sagen, dass ich erstaunlich schnell ahnte, wer hinter den Machenschaften steckt, sodass ich hier keine Überraschung erfuhr. Dennoch wurde dies durch das göttliche – im wahrsten Sinne des Wortes 😉 - Finale wett gemacht
Ein Keylearning war für mich sehr präsent: Alle Charaktere schienen vorschnell eine Situation zu beurteilen, obwohl sich diese im Nachhinein als anders darstellte. Nie vorschnell urteilen!
Womit ich auch bei dem Punkt wäre, den ich schon in „Opfermond“ positiv vermerkt habe: Die zwei Protagonisten finden erst sehr spät zueinander, obwohl früher die Möglichkeit bestand. Es tat weh zu lesen, dass beide zusammen die passenden Informationen haben, um das Rätsel zu lösen, sie aber einfach aneinander vorbeileben. Wo sich in vielen Büchern die Begegnungen von jetzt auf gleich „wundersam“ fügen, wirkt es hier einfach realistisch und das liebe ich.
Alle Fragen, die sich mir im Verlauf des Buches stellten, wurden gelöst. Wie auch bei „Opfermond“ wirkt die Geschichte in sich abgeschlossen, lässt aber Luft für einen weiteren Teil. Und wenn ich fangirlen darf: Aus der Welt würde ich bestimmt auch eine zehnteilige Serie lesen, weil mir das Worldbuilding, die Ideen und der Schreibstil so gut gefallen.
Charaktere
Die Charaktere waren überschaubar und hatten alle ihre Rolle. Jeder glänzte durch eine individuelle Persönlichkeit und mich begeisterte, wie Elea die verschiedenen Facetten eines Menschen aufleuchten ließ. Kein Mensch hat nur eine Seite und am deutlichsten wurde mir dies durch Shiran bewusst. Der junge Arzt war mir stets sympathisch. Er ist, durch seinen Wissensdurst, ein sehr ungeduldiger Mensch und scheint oft nur eine Seite der Medaille zu sehen. Fast schon jähzornig wirkt er in manchen Situationen. Zudem ist er sehr von sich selbst überzeugt, obwohl man von seinen Fähigkeiten nicht allzu viel mitbekommt. Dennoch habe ich ihn in mein Herz geschlossen. Alleine schon durch die Zärtlichkeit und Liebe, die er seiner Frau entgegen bringt. Die Autorin wies seine negativen Seiten auf und ließ ihn dennoch liebenswert erscheinen und das empfand ich als große Kunst.
Die Protagonistin Ajeri gefiel mir ebenfalls gut. Eine gute Seele, die nur helfen möchte und für Rechte einsteht, die es in ihrer Welt nicht gibt: Abtreibung. Der Bezug zur aktuellen Lage auf der Welt fiel auf, bevor ich im Anhang las, dass Elea dies auch wollte.
Tatsächlich ertappte ich mich bei dem Wunsch, dass die Protagonisten keiner Gefahr ausgesetzt werden, weil ich sie so lieb gewonnen habe.
Schreibstil & Sichtweise
Der Schreibstil baut von Anfang an Spannung auf und hinterlässt die Kulisse in einer düsteren Atmospähre. Elea bringt eine Vielfalt an Wörtern aus dem deutschen Sprachschatz ein, wodurch das Buch sprachtechnisch noch aufgebessert wird und sich von anderen abhebt.
Geschrieben ist das Buch aus der dritten Person aus Shirans und Ajeris Perspektive.
Cover & Titel
Das Cover spiegelt den düsteren Aspekt gut wieder. Ich liebe die Schriftart, die gut in das Fantasy-Genre passt und finde, dass das Motiv die Geschichte wiederspiegeln kann.
Auch der Titel erklärt sich schnell selbst und zeigt vorab die Einzigartigkeit des Buches. Ein Wort, welches sofort Neugierde weckt.
Zitat
„Fehlte ihr die Zunge, dass sie nicht sprach? Oder verlernte man schlichtweg zu sprechen, wenn man sein Tagewerk nur bei Toten und Trauernden verrichtete?“
– Kapitel 30
Fazit
Nach Langem wieder ein Fantasy-Roman, der durchweg überzeugen konnte. Tolles Setting, durchdachte Storyline und überzeugende Charaktere. Zwar war schnell ersichtlich, wer auf der dunklen Seite steht, doch das wurde durch die Spannung und die Details wett gemacht. Gerne würde ich noch weitere Bücher aus dem Universum lesen.