Chibi-Chans avatar

Chibi-Chan

  • Mitglied seit 15.11.2014
  • 16 Freund*innen
  • 565 Bücher
  • 208 Rezensionen
  • 329 Bewertungen (Ø 4,22)

Rezensionen und Bewertungen

Filtern:
  • 5 Sterne151
  • 4 Sterne116
  • 3 Sterne48
  • 2 Sterne13
  • 1 Stern1
Sortieren:
Cover des Buches Shmutz (ISBN: 9788727060156)

Bewertung zu "Shmutz" von Felicia Berliner

Shmutz
Chibi-Chanvor 3 Tagen
Kurzmeinung: Shmutzig und befreiend
Shmutzig und befreiend

Ein strenges religiöses Leben geht mit vielen Regeln und Traditionen einher. Das die junge Raizl eine Pornosucht entwickelt, gehört definitiv nicht zu dem Bild einer guten Chassidin. Der Grund, warum sie dies verheimlicht. Sie ist gefangen zwischen der Erfüllung des Weltbildes ihrer Familie, ihrer Kultur und der Selbstverwirklichung als intelligente, gebildete Frau, die gerne ihren Körper erforscht. Sie kämpft hart, um alles unter einen Hut zu bringen und die abendliche Flucht im Bett ist ihr Ruhepol. Der Ort, an dem sie Abschalten kann. 


Chassidismus, das ist ein Teil des ultraorthodoxen Judentums. Hier sind Medien, wie Laptops und Handys verboten, es wird zu spirituellen Führern - sogenannten Rebben - gebetet und für die perfekte Zukunft wird der Frau ein Mann gesucht. Das alles habe ich in diesem Buch gelernt. Mit vielen authentischen Wörtern des Judentums und angeregten Diskussionen über dessen Gebräuche, lernte ich schnell, wie schwer es für eine aufstrebende junge Frau sein kann, in dieser Religion Halt zu finden. Denn obwohl Raizls Familie sie in ihrer Bildung unterstützt, ist diese von einem Zukünftigen nicht gerne gesehen. Hier herrscht noch das Bild einer Frau, die gerne alle Haushaltspflichten übernehmen darf und sollte. 


Doch Raizl lehnt sich auf. Sie studiert, sie isst verbotene Lebensmittel, sie hängt mit Freunden ab, deren Welt eine komplett andere ist, sie hat einen Job und zudem eine Therapeutin, damit sie daran erinnert wird, wo ihr Platz ist. Trotz der Unterstützung ihrer Arbeitgeberin, zieht die Macht der Erziehung an Raizl und so findet das Buch ein unbefriedigendes, aber realistisches Ende.


Wer dieses Buch in die Hand nimmt, sollte mit graphischen Pornoszenen klar kommen. Denn so ausführlich Raizls innerer Disput in jeglicher Hinsicht beschrieben wird, die Pornos sind noch detaillierter. Mir gefiel Raizls analytische Art, an der man erkennt, dass sie mit anderen Werten erzogen wurde. Mir gefiel ihre Art zu rebellieren und zu hinterfragen, denn hier zeichnete sich deutlich die Entwicklung eines jungen Erwachsenen ab. Ein junger Mensch mit eigenem Willen... und eigenen Gelüsten. 

Cover des Buches Dieses schöne Leben (ISBN: 9783426529591)

Bewertung zu "Dieses schöne Leben" von Mikki Brammer

Dieses schöne Leben
Chibi-Chanvor 3 Tagen
Kurzmeinung: Ein Herzensbuch, welches ich jedem empfehlen würde.
Ein Herzensbuch und absolute Empfehlung

Dieses schöne Leben | The collected regrets of Clover

Unsere letzten Worte könnten weltbewegend werden. Heroisch. Mit einer tiefgründigen Botschaft. Zeuge eines gelebten Lebens. Doch sie könnten genauso banal sein, etwas belangloses und dann sind wir fort. Die Protagonistin Clover ist Sterbebegleiterin und führt Buch über die letzten Worte ihrer Klienten. Nach dem Tod ihres Opas tritt Clover den unkonventionellen Job als Sterbe-Doula an. Sie kann sich emotional gut von anderen Menschen abgrenzen, doch ebenso von sich selbst. Sie lebt ein Leben voller selbst erschaffener Einsamkeit und ihre Gedanken sind so verständlich wie traurig. Ihre Jobwahl trifft auf viel Ablehnung und so rettet sie sich mit Liebesfilmen und der Beobachtung des Pärchens nebenan.
Dieses Buch hat mich tief berührt. Ich strich mir so viele Lebensweisheiten und Gedanken an, dass ich hätte denken können, die Autorin habe selbst schon tausend Leben gelebt (Swipe für ein paar Zitate!). Clover war der Inbegriff des Lebens für mich. All die Zweifel, Ablehnung und Verluste, auf die man trifft und die Art, wie man damit umgeht und nach vorne blickt.
Während Clover die Oma eines fast Fremden begleitet, erfährt sie eine der rar gesäten Chancen auf Liebe in ihrem Leben. Nach vielen Jahren datet sie wieder und das auf eine natürliche Art. Die Liebe ist langsam. Die Liebe ist nicht der erstbeste Mann, der einem Aufmerksamkeit schenkt. Und ich habe geliebt, wie Clover in ihrer zurückhaltenden Art für sich einstand und es weder Slow-Burn noch Enemys-To-Lovers gab, sondern die blanke Realität: Nicht immer wird der Wunsch Realität.
Auch das Leben ihrer Klientin bildet ein realistisches Bild: Damals war die Karriere der Frau durch ihren Mann bestimmt und oft mit der Heirat beendet. Ich empfinde Schwere, wenn ich an all die unterdrückten Lebenswünsche denke, die Frauen damals gehabt haben müssen.

Gegen Ende war das Buch etwas überladen, es gab viele Handlungsstränge, die noch ein Ende finden wollten. Insgesamt aber ein absolutes Herzensbuch, welches ich jederzeit empfehlen würde.

Cover des Buches Drei Magier und eine Margarita (ISBN: 9783989060227)

Bewertung zu "Drei Magier und eine Margarita" von Annette Marie

Drei Magier und eine Margarita
Chibi-Chanvor 21 Tagen
Kurzmeinung: Urban, cozy, keck
Urban, cozy, keck

Als Fantasy-Liebhaberin habe ich schon viele Bücher über Magier gelesen: mächtige, uralte und weise Gestalten. Neugierig wurde ich bei dem Konzept dieses Buches: Ein gewöhnlicher Mensch, ohne jegliche Anzeichen von Magie, behauptet sich in der Welt der Magier, ohne dies zunächst zu wissen. Die freche Art der Protagonistin spiegelt genau das wieder, was ich manchen Menschen an manchen Tagen gerne ins Gesicht sagen würde.


Unsere Protagonistin Tori scheut sich nicht vor Konfrontation - vielleicht auch der Grund, wie sie überhaupt an ihren Job als Barkeeperin gelangt, denn eigentlich sollte alles an der Bar abschreckend sein. Genau diese taffe Art lässt sie zahlreiche Abenteuer bestehen. Ich nahm Tori ab, dass sie sich jeder Herausforderung stellte. Schnell entscheidet sie sich, wer Freund und wer Feind ist. Wer in die erste Kategorie fällt, hat ihre absolute Loyalität und Aufopferung, wenn es um Gefahren geht. Tori lässt das Leben auf sich zukommen und diese lockere Art gefiel mir ausgesprochen gut. "Drei Magier und eine Margarita" ist ein Buch, welches man gerne in einem Rutsch durchlesen möchte. Langweilig wird es definitiv nicht. Es ist die Art Cozy Fantasy, zu der ich am liebsten einen Kamin und eine Tasse Tee gehabt hätte.


Geliebt habe ich auch die Tatsache, wie sich Tori in jeder einzelnen Situation behaupten konnte. Denn ein Mensch gegen einen Magier? Keine Chance! Aber die Autorin hat hier immer eine gute Lösung parat.

Worauf man sich allerdings einstellen muss, ist der Fakt, dass auch dieses Buch nicht davor zurückschreckt, alle männlichen Protagonisten heiß und unwiderstehlich rüberzubringen. Dafür haben sie alle einen individuell herausgearbeiteten Charakter.


Wer dieses Buch also zur Hand nimmt, bekommt geistreiche Schlagabtäusche, logische Spannungsbögen und ein interessantes Worldbuilding. Ich freue mich sehr, dass es weitergehen wird.

Cover des Buches The Perfect Fit (ISBN: 9783736319868)

Bewertung zu "The Perfect Fit" von Kara Atkin

The Perfect Fit
Chibi-Chanvor 2 Monaten
Kurzmeinung: Zu wenig Fake-Dating, dafür große Gefühle
Zu wenig Fakte-Dating, große Gefühle

Kara Atkin - The Perfect Fit


Für gewöhnlich lese ich wenig Liebesromane, bei denen es ums Leben als Band geht. Der Vibe und Hype darum erschloss sich mir nie gänzlich. 

Da die Autorin mit "Blue Seoul Nights" jedoch mein Herz gestürmt hatte, gab ich "The Perfect Fit" eine Chance und es brachte seinen ganz eigenen Charme mit. 


Der Anfang zog mich direkt in seinen Bann. Frisch fertig studiert findet Ellie keinen Job. Sie geht durch eine ewigwährende Jobsuche und den damit einhergehenden Existenzängste, die sicherlich realistisch dargestellt waren. Durch Zufall gelangt sie an einen Job und als auffliegt, dass sie den Voraussetzungen nicht genügt, steht sie kurz davor rausgeschmissen zu werden. Der Kompromiss: Sie stimmt einem Fake-Dating zu. Doch viel Fake ist an der Beziehung nicht, denn von beiden Protagonisten geht eine direkte Anziehung aus. Beide wissen, sie sind verliebt und so ist es eher ein öffentliches Dating, welches sich beide nicht recht eingestehen wollen und welches sie nicht offenlegen dürfen.


Nichtsdesotrotz sind die beiden einfach süß zusammen. Ich lernte Mailand während seiner bekannten Fashionweek kennen. Tanzte bei Nacht und ließ mich von Ellies Euphorie für Mode lediglich anstecken. Atkins flüssiger und malereischer Schreibstil zog mich durchs Buch. 


Natürlich brauchte es auch einen Plott Twist. Einen Widersacher, der gerne die Position des anderen hätte. Auch hier überraschen die Wendungen auf Ellies Seite wenig und wirkten teilweise sehr gezwungen. Spannender war die Geschichte rund um Caleb und seiner Band, da diese ein spannendes Ende versprach. 


Insgesamt hätte es gerne mehr Fake-Dating und weniger generische Probleme sein können, aber Gefühle? Ja! Gefühle kann Atkin und auch in diesem Buch liebte ich die unverrüttelbare Anziehung. 


Cover des Buches Liebe (ISBN: 9783218014144)

Bewertung zu "Liebe" von Veronika Fischer

Liebe
Chibi-Chanvor 3 Monaten
Kurzmeinung: Reißt alles ein bisschen an, aber geht nicht in die Tiefe.
Von allem ein bisschen

Mit "Liebe" von Veronika Fischer habe ich mich in etwas andere Gefilde als üblich gewagt. Ursprünglich sollte dieses Buch eine Doktorarbeit werden und verwandelte sich mit der Zeit in das hübsche und kurze Buch hier. 

Der Anfang ging schnell runter, wirkte zunächst jedoch wie ein typischer wissenschaftlicher Einstieg: Füllend. Am Schreibstil erkennt man recht schnell, dass der Zweck des Textes eigentlich ein anderer war. Dennoch hat Fischer es ziemlich gelungen in ein Buch "für alle" umwandeln können, indem sie das Gefühl vermittelt, als stünde sie dir gegenüber und würde locker vor sich her plaudern. 

Viele verschiedene Facetten von Liebe werden angerissen. Am Anfang war ich skeptisch, ob es nur um die "stereotypische" Liebe aka Monogamie geht, doch mit jeder weiteren Seite wurde die Diversität in den Vordergrund gerückt. Liebe in allen Lebensbereichen und jeder Form. Da das Buch recht kurz ist, bleibt jedes Kapitel nur ein Anriss des Themas und keines kann wirklich tief gehen. Es ist ein Appetitmacher, um eigenen Recherchen nachzugehen oder ein Einstieg, um die Komplexität des Themas zu erfassen. 

Cover des Buches Ich, Ariadne (ISBN: 9783471360255)

Bewertung zu "Ich, Ariadne" von Jennifer Saint

Ich, Ariadne
Chibi-Chanvor 2 Jahren
Cover des Buches Wir für uns (ISBN: 9783810500540)

Bewertung zu "Wir für uns" von Barbara Kunrath

Wir für uns
Chibi-Chanvor 3 Jahren
Kurzmeinung: Fängt sehr stark an und entwickelt sich dann rückwärts. Die suggerierten Kernaussagen werden gegen Ende fallen gelassen.
Buch entwickelt sich rückwärts

Meine Meinung

Allgemein


Zuversichtlich, dass ich hier das Buch des Jahres in den Händen halte, war ich nach nur wenigen Seiten. Eine Erwartung wurde aufgebaut, die sich gegen Ende leider nicht halten konnte.


Zunächst schien das Buch wie auf mich zugeschnitten. Die Protagonistin hatte dieselben Zweifel, Gedanken und Erfahrungen im Leben und der Schreibstil war so locker, leicht, dass ich wie auf Wolken über die Seiten schwebte.

Sensible Themen zogen sich durch das ganze Buch. Abtreibung, alleinerziehend, Trisomie und auch der Klimawandel und Homosexualität spielten eine Rolle. Vor allem Abtreibung und Trisomie sind Themen, die gerne unter den Tisch fallen oder negativ dargestellt werden und ich bedanke mich für diese kleine Aufklärungsstunde.

Die Autorin scheint ein Gespür für die verschiedenen Sichtweisen der Menschen zu haben, weshalb mir besonders gut gefiel, dass sie verdeutlichte, dass das Aufklärungsgespräch vor einer Abtreibung auch mit dem Alter variiert. Hier wird niemand gezwungen seine Entscheidung zu überdenken, doch gerade weil die Protagonistin bereits 41 ist, sollte diese angeregt werden, einmal mehr alle Eventualitäten zu überdenken.

Vielen Büchern entgleitet der Schwung, weil Probleme künstlich in die Länge gezogen werden. Bei „Wir für uns“ war es das genaue Gegenteil. Probleme werden zügig gelöst, was mich zunächst freudig stimmte, doch gegen Ende wieder umschwang. Viele spannende Themen wurden mit dem Standardsatz „Lass gut sein“ um ein paar Seiten mehr künstlich in die Länge gezogen. Was ich anfangs angenehm ehrlich fand, tolerierte ich später mehr.

Noch ein Punkt, der mit der Zeit schwächelte, war die innere Stärke der Protagonistin. Mein Gefühl sagt, dass sie am Anfang unentschlossen und unbestimmt wirken und sich gegen Ende zu einer toughen Frau entwickeln sollte. Ich empfand es als das komplette Gegenteil. Aus meiner Sicht ist es tough 9 Jahre eine Beziehung aufrecht zu erhalten, die keine ist. Es ist stark, sich gegen diese Beziehung dann aufzulehnen und seinen eigenen Weg zu gehen. Das ganze Buch schreit nach: Stehe zu dir selbst und das Leben fügt sich. Josis Partner hat keinen Raum bekommen, um sich zu besser und seine gute Seite zu zeigen. Für mich verkörperte jede Handlung Frauenpower, weshalb es mich enttäuschte, als auf einmal eine Liebesgeschichte ins Buch gedrückt wurde, die es gar nicht nötig hätte. Das Buch hätte wunderbar ohne funktioniert. Noch dazu wirkte es, als mache sich Josi für diese Beziehung wieder klein. Auch ihrer Mutter gegenüber wollte sich Josi behaupten, doch auch hier wirkte es wie einknicken. Wie ankriechen. Josi wirkte schwach am Ende.


Charaktere


Jetzt habe ich so viel über Josi gequatscht, aber es gab ja noch einen zweiten Erzählstrang. Aus einer anderen Erzählperspektive und wesentlich kürzer als Josis. Sie handelt von Kathi. Eine ältere Dame, die festgefahren ist in ihren Denkmustern und Gewohnheiten. Sie wuchs in einer ganz anderen Zeit auf als Josi und ihr fallen viele Anpassungen schwer. Sie nimmt die Windungen des Lebens, wie sie kommen und denkt da nicht viel drüber nach. Sie ist für die Leute um sich herum unnahbar – so auch für mich. Wieder gab es viele Thematiken, die zügig abgefertigt wurden und gegen Ende fehlte mir Kathis Selbstreflexion.

Nebst den beiden war das Buch überfüllt mit Charakteren. Da gab es Josis Ex und seinen besten Freund, die Nachbarin mit Kind, den Landwirt, Kathis Sohn und dessen Frau, Josis Mutter, Josis Bruder und dessen Frau. Durch viele dieser Sidekicks wurden schwierige Themen an die Oberfläche befördert. Niemand war überflüssig. Doch wie oben schon erwähnt, waren viele Thematiken auch schnell abgehakt oder brachten das Buch nicht vorwärts.


Schreibstil & Sichtweise


Der Schreibstil war genau das, was das Buch lebendig gemacht hat. Er wirkte nicht gestellt, sondern direkt aus dem Leben. Alle Gedankengänge und Handlungen wirkten real und so flüssig schaffe ich es nur noch selten zu lesen. Ich habe das Buch in wirklich wenigen Stunden weggelesen und würde jederzeit wieder zu einem von Kunraths Büchern greifen.

Verwundert hat die Sichtweise, denn beide Handlungsstränge wurden aus verschiedenen Perspektiven erzählt. So durfte Josi aus der Ich-Perspektive erzählen und Kathi bekam einen personalen Erzähler. Die Vermutung liegt nahe, dass die Erzählweise genutzt wurde, um verschiedene Nähestufen zu suggerieren.


Cover & Titel


Das Cover ist sehr schlicht gehalten. Es gibt keine versteckten Botschaften, die man im Buch wiederfinden könnte. Höchstens Leichtigkeit leben, durch den Hauch Natur. Mir gefällt die Farbgebung und Stil und obwohl das Cover nicht außergewöhnlich ist, würde es mir im Buchladen wohl ins Auge springen.

Den Titel finde ich schwer zu interpretieren. Er kann für mich im Singular gedeutet werden, dass jede Figur „wir“ ein Stück zu sich selbst „uns“ findet. Oder im Plural, dass die Charaktere zu einer Gemeinschaft zusammenwachsen.


Zitat


„Ein Kind nicht zu bekommen ist schließlich keine Kleinigkeit, jedenfalls, wenn es das Kind schon ein bisschen gibt.“ – Seite 28


Fazit


Ein Buch, welches sehr stark angefangen hat, gegen Ende dann aber nicht stimmig wurde. Ich empfand, dass wichtige Kernaussagen fallen gelassen oder gar revidiert wurden. Der Schreibstil und die Grundgedanken überzeugen aber soweit, dass ich gerne zu einem weiteren Buch der Autorin greifen werde.

Cover des Buches Untermieter im Kopf (ISBN: 9783905896886)

Bewertung zu "Untermieter im Kopf" von Angela Suter

Untermieter im Kopf
Chibi-Chanvor 3 Jahren
Kurzmeinung: Berührt das Herz, hinterlässt Spuren
Berührt das Herz, hinterlässt Spuren

Meine Meinung


Allgemein


"Untermieter im Kopf" vermischt ein bekanntes Thema mit einzigartigen Einblicken und Formulierungen. 

Die allesentscheidende Begegnung - wer kennt sie nicht. Behandelt in zig Büchern, läuft da einfach so ein Typ daher und Protagonistin ist verzaubert. Hier ist es ganz anders. Es ist magisch, überzeugend und gleichsam realistisch. Wenn es einem Menschen schlecht geht und das Thema zum Erbrechen durchgekaut hat, was bleibt dann? Meiner Meinung nach der Wunsch nach einer Person, die ohne Worte versteht. Die nicht den Menschen sieht, der krank ist, oder dem es schlecht geht, sondern dass, was verborben zum Schlummern gebracht wurde. Facetten, die vielleicht verdrängt wurden, aber da sind. Genau diese Facetten holt Tim aus Emma hervor. Er weiß, was sie durchmacht, es bedarf keiner Fragen. 

In diesem Buch findet permanent eine Gradwanderung zwischen Freude und Schicksal statt. Eines gibt es nicht ohne das andere. Das Schlechte kann nicht verdrängt werden, aber für die Sekundenbruchteile des Positiven lebt man. So wirkt es jedenfalls bei Emma. Jeden kleinen Strohhalm nutzt sie, um etwas Positives zu sehen. Locker leicht las es sich durch Emmas trockenen Humor, der gerne mal einfloss und mein Humorzentrum perfekt traf. 

Es gab Einblicke in Bewältigungsstrategien und Therapie. Schonungslos ehrlich. Ich konnte mir gut vorstellen, wie ein kranker Mensch die Untersuchung durchzieht und genau diese leicht sarakstischen Gedanken hat, auf dem Grad zwischen Akzeptanz und Aufbäumen. Hinzu kommt Emmas Wut auf Ärzte. Viele kranke Menschen gehen tagtäglich ein und aus, aber sollte es dadurch noramlisiert werden? Sollte nicht bei jedem Menschen beachtet werden, dass dort Ängste lauern? Das man mit der Ungewissheit nach Hause gehen muss? 

Dass die Autorin jeden Ton genau trifft, merkte ich erneut am Ende. Es ist eines dieser Bücher, bei denen ich nach Beendigung einfach die Decke anstarre und Leere fühle. Als hätte ich etwas wertvolles verloren. Da sind keine Gedanken. Nur Schwerelosigkeit. Und genau das sind die Bücher, nach denen ich suche. 


Charaktere


Die Charaktere wurden sehr fein ausgearbeitet. Auf den wenigen Seiten erkennt man sofort das Wesen dieser Menschen und sie wuchsen mir allesamt sehr zügig ans Herz. Ich konnte mit ihnen lachen, leiden und mich freuen. Solche Menschen braucht die Welt mehr!


Schreibstil und Sichtweise 


Das wohl außergewöhnlichste am Buch ist, dass bei der wörtlichen Rede keine Anführungszeichen stehen. Jedoch habe ich diese auf keiner Seite vermisst, denn es wurde im Verlauf mehr als deutlich, ob jemand redet und wer. Der Schreibstil untermalt jede Emotion genau so, wie sie sollte. Er erweckte Emotionen in mir, obwohl ich nie durchlebt habe, was Emma durchlebt hat. Sehr packend. 

Geschrieben ist das Buch aus der Sicht von Emma, in der dritten Person. 


Cover & Titel 


Das Cover zeigt eine Brücke mit Liebesschlössern. Die Thematik spielt einen großen Punkt, trifft für mich den Nagel jedoch nicht auf den Kopf. Ich könnte viel hineininterpretieren, in die Richtung "unendlich sein" und "jemanden ins Herz schließen", doch lass es lieber. Ich mag jedoch die Weite im Cover, die für mich die Gedanken Emmas wiederspiegeln und das farbenfrohe zwischen den grauen Gittern. 

Der Titel passt ziemlich genau auf den Inhalt. Es bennent den zentralen Punkt und schließt gleichsam die Bewältigungsstrategie der Protagonistin mit ein. 


Zitat


„Ja, zuerst habe ich ihn Taliban genannt. Bis ich feststellte, dass Talibane böse sind, und ich ja nicht will, dass das Ding plötzlich böse wird. Also nenne ich es Tamil.“

– Seite 25


Fazit


Ein magisches Buch, welches ich jedem ans Herz legen möchte. Es behandelt ein bekanntes Thema mit so viel Tiefgründigkeit, dass es selbst anregt, über das Leben zu philosophieren. Auf wenigen Seiten wächst die Protagonistin einem ans Herz, wie eine beste Freundin und man wünscht ihr nur das Beste. 


P.S.: An die Ärzte mit MRT-Gerät: Malt doch bitte Wimmelbilder an die Decke.

Cover des Buches Mutterschoß (ISBN: 9783947682119)

Bewertung zu "Mutterschoß" von Elea Brandt

Mutterschoß
Chibi-Chanvor 3 Jahren
Kurzmeinung: Autorin überzeugt mit einzigartigen Ideen. Tolle Storyline, Charaktere und eine einzigartige Welt.
Autorin überzeugt mit einzigartigen Ideen

Meine Meinung


Allgemein


Nachdem das Buch „Opfermond“ bei mir unter die Lieblinge gewandert ist und ich auch „Unter einem Banner“ sehr mochte, lehnte ich natürlich nicht ab, als mir angeboten wurde „Mutterschoß“ zu lesen. Wie erwartet wurde ich nicht enttäuscht. Vielmehr animierte mich das Buch dazu, endlich wieder lange am Stück zu lesen.

Abschreckend war zunächst die unglaublich lange Triggerliste, die heutzutage notwendig ist und wozu ich im Nachhinein sagen kann, dass wirklich nur die „explizit erwähnten“ Themen eine wirkliche Rolle spielen und ausgeschmückt sind. Also alles, was sich um Schwangerschaft dreht. Persönlich empfand ich auch diese nicht als triggernd.

Ich tauchte erneut in die düstere Stadt Ghor-el-Chras ein. Infodump? Das gibt es nicht. Die Strukturen der Stadt werden alleine durch die verschiedenen Schauorte im Buch lebendig und greifbar. Elea verwebt ihre Informationen in den Handlungen ihrer Protagonisten. Eine Kunst, die ich bewundernswert finde.

In den Bann ziehen konnte mich das Buch nicht nur mit seiner düsteren Art, durch die bereits eine gewisse Grundspannung in der Luft lag, sondern auch mit den Handlungssträngen. Die Anzahl an Personen ist übersichtlich und jede wird benötigt, um das Puzzle zu vervollständigen. Nie hatte ich das Gefühl, dass plötzlich noch jemand aus dem Hut gezaubert wurde, damit die Geschichte stimmig wird. Sie wirkte von vorne bis hinten gut durchdacht.

Leider muss ich sagen, dass ich erstaunlich schnell ahnte, wer hinter den Machenschaften steckt, sodass ich hier keine Überraschung erfuhr. Dennoch wurde dies durch das göttliche – im wahrsten Sinne des Wortes 😉 -‌ Finale wett gemacht

Ein Keylearning war für mich sehr präsent: Alle Charaktere schienen vorschnell eine Situation zu beurteilen, obwohl sich diese im Nachhinein als anders darstellte. Nie vorschnell urteilen!

Womit ich auch bei dem Punkt wäre, den ich schon in „Opfermond“ positiv vermerkt habe: Die zwei Protagonisten finden erst sehr spät zueinander, obwohl früher die Möglichkeit bestand. Es tat weh zu lesen, dass beide zusammen die passenden Informationen haben, um das Rätsel zu lösen, sie aber einfach aneinander vorbeileben. Wo sich in vielen Büchern die Begegnungen von jetzt auf gleich „wundersam“ fügen, wirkt es hier einfach realistisch und das liebe ich.

Alle Fragen, die sich mir im Verlauf des Buches stellten, wurden gelöst. Wie auch bei „Opfermond“ wirkt die Geschichte in sich abgeschlossen, lässt aber Luft für einen weiteren Teil. Und wenn ich fangirlen darf: Aus der Welt würde ich bestimmt auch eine zehnteilige Serie lesen, weil mir das Worldbuilding, die Ideen und der Schreibstil so gut gefallen.


Charaktere


Die Charaktere waren überschaubar und hatten alle ihre Rolle. Jeder glänzte durch eine individuelle Persönlichkeit und mich begeisterte, wie Elea die verschiedenen Facetten eines Menschen aufleuchten ließ. Kein Mensch hat nur eine Seite und am deutlichsten wurde mir dies durch Shiran bewusst. Der junge Arzt war mir stets sympathisch. Er ist, durch seinen Wissensdurst, ein sehr ungeduldiger Mensch und scheint oft nur eine Seite der Medaille zu sehen. Fast schon jähzornig wirkt er in manchen Situationen. Zudem ist er sehr von sich selbst überzeugt, obwohl man von seinen Fähigkeiten nicht allzu viel mitbekommt. Dennoch habe ich ihn in mein Herz geschlossen. Alleine schon durch die Zärtlichkeit und Liebe, die er seiner Frau entgegen bringt. Die Autorin wies seine negativen Seiten auf und ließ ihn dennoch liebenswert erscheinen und das empfand ich als große Kunst.

Die Protagonistin Ajeri gefiel mir ebenfalls gut. Eine gute Seele, die nur helfen möchte und für Rechte einsteht, die es in ihrer Welt nicht gibt: Abtreibung. Der Bezug zur aktuellen Lage auf der Welt fiel auf, bevor ich im Anhang las, dass Elea dies auch wollte.

Tatsächlich ertappte ich mich bei dem Wunsch, dass die Protagonisten keiner Gefahr ausgesetzt werden, weil ich sie so lieb gewonnen habe.


Schreibstil & Sichtweise


Der Schreibstil baut von Anfang an Spannung auf und hinterlässt die Kulisse in einer düsteren Atmospähre. Elea bringt eine Vielfalt an Wörtern aus dem deutschen Sprachschatz ein, wodurch das Buch sprachtechnisch noch aufgebessert wird und sich von anderen abhebt.

Geschrieben ist das Buch aus der dritten Person aus Shirans und Ajeris Perspektive.


Cover & Titel


Das Cover spiegelt den düsteren Aspekt gut wieder. Ich liebe die Schriftart, die gut in das Fantasy-Genre passt und finde, dass das Motiv die Geschichte wiederspiegeln kann.

Auch der Titel erklärt sich schnell selbst und zeigt vorab die Einzigartigkeit des Buches. Ein Wort, welches sofort Neugierde weckt.


Zitat


„Fehlte ihr die Zunge, dass sie nicht sprach? Oder verlernte man schlichtweg zu sprechen, wenn man sein Tagewerk nur bei Toten und Trauernden verrichtete?“

– Kapitel 30


Fazit


Nach Langem wieder ein Fantasy-Roman, der durchweg überzeugen konnte. Tolles Setting, durchdachte Storyline und überzeugende Charaktere. Zwar war schnell ersichtlich, wer auf der dunklen Seite steht, doch das wurde durch die Spannung und die Details wett gemacht. Gerne würde ich noch weitere Bücher aus dem Universum lesen.

Cover des Buches Walden (ISBN: 9783717525080)

Bewertung zu "Walden" von Henry David Thoreau

Walden
Chibi-Chanvor 3 Jahren

Über mich

Lieblingsgenres

Jugendbücher, Fantasy, Liebesromane, Literatur, Unterhaltung

Mitgliedschaft

Freund*innen

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks