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Claddy

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Cover des Buches Henriette lächelt (ISBN: 9783711721426)

Bewertung zu "Henriette lächelt" von Andrea Heinisch

Henriette lächelt
Claddyvor 12 Tagen
Kurzmeinung: Hier bekommt man die Chance, sich in eine übergewichtige Frau mit all ihren Problemen, Wünschen, Hoffnungen und Stärken hinein zu fühlen.
Sensibles Porträt einer Adipösen

Henriette wiegt 190 Kilo. Sie ist Buchhalterin und froh, im Home-Office arbeiten zu können, denn sie verlässt ihre Wohnung nur äußerst ungern.

Autorin Andrea Heinisch beschreibt in kurzen Episoden Henriettes Leben. Das äußere und das innere. Dass sie zum Beispiel zwei Mägen hat. Nicht wirklich, aber wie sollte sie sonst so viel essen müssen. Und dass in ihrem Herz eine Margerite blüht, denn sie ist verliebt. Doch wie soll das gehen, verliebt und derart übergewichtig?

Die Probleme, die Henriette hat, werden thematisiert. Nichts wird weggelassen, nichts wird beschönigt. Von engen Toilettenkabinen im Flugzeug über die Scham beim Einkaufen von Nahrung bis zu Depression und Selbsthass und einem ambivalenten Verhältnis zu einer Mutter, die in ihrem durchaus liebevollen Kümmern übergriffig und anmaßend ist. 

Über Henriettes Erinnerungen an ihre Kindheit erhaschen wir Details, mit denen jeder Psychologe ihre Entwicklung begründen könnte. 

Doch darum geht es nicht. Nicht um Erklärung. Vielmehr um das Hinein-Fühlen. Das Miterleben. 

Man könnte befürchten, ein trostloses Buch über ein trostloses Schicksal in die Hand zu nehmen. Aber Heinisch stellt sich mit einer ungeheuren, beinahe wuchtigen Sensibilität an Henriettes Seite, schaut genau hin und schreibt, was sie sieht, so nüchtern wie poetisch, so zart wie schonungslos in meist kurzen Sätzen nieder. Sie gestattet sich Leichtigkeit und Humor, aber keine Ironie. Sie nimmt keine Bewertung vor, verbietet sich jedwede Interpretation. Subtil und warmherzig führt sie uns nicht nur an einen besonderen Menschen heran, sondern auch an unsere eigenen Vorurteile, und bietet gleichzeitig die Chance, diese zu überwinden.  

Dieses Buch zu lesen ist ein großes Glück. Oder anders gesagt: Wer sich dabei beobachten würde, könnte sich vermutlich lächeln sehen.



Cover des Buches Der Ausflug - Nur einer kehrt zurück (ISBN: 9783328110811)

Bewertung zu "Der Ausflug - Nur einer kehrt zurück" von Ulf Kvensler

Der Ausflug - Nur einer kehrt zurück
Claddyvor 18 Tagen
Kurzmeinung: Ein atemberaubend spannendes Buch über die Wanderung vier sehr unterschiedlicher Personen im abgelegensten Teil Schwedens.
Was geschah auf der Wanderung im Sarek?

Eine Frau wird schwer verletzt in einem Wandergebiet Nordschwedens aufgefunden.  Sie erklärt, dass sie zu viert aufgebrochen waren, sie aber als Einzige überlebt hat. 

Autor Ulf Kvensler ist hier ein atemberaubend packender Thriller geraten, der einen nur so durch die Seiten fliegen lässt. 

Den Start ins Buch bildet ein Protokoll der ersten Befragung. Die Erschöpfung und der Schock der geretteten Frau sind beinahe mit Händen greifbar. Die Anwältin beginnt ihre Geschichte zu erzählen. 

Diese Passagen in Ich-Form bilden den Hauptteil des Buches, immer wieder unterbrochen von weiteren Protokollen. Durch diesen Aufbau gelingt es, eine starke Neugier zu entzünden und die Spannung durchgehend hoch zu halten.

Die vier Personen, die aufbrechen, unterscheiden sich stark in Charakter, Kondition und Interessen. Konflikte innerhalb der Gruppe sind vorprogrammiert, aufgrund der gnadenlosen Wildnis, in die sie sich begeben, aber äußerst gefährlich. Denn der riesige Naturpark ist nicht nur überwältigend schön, sondern auch extrem einsam und lebensfeindlich.

Dieses Setting ist perfekt austariert. Ein Nährboden für die Katastrophe, von der man ja bereits zu Beginn weiß, deren Entwicklung man aber noch nicht kennt.

Die Schilderung der Natur gelingt grandios. Mühelos tritt man an die Seite der Wandernden. Die Wege, die sie im Nationalpark Sarek zurücklegen, schreien geradezu danach, mit dem Finger auf einer Karte verfolgt zu werden. Die reißenden, eiskalten Flüsse, die durchquert,  Berge, die erklommen, die messerscharfen Grate, die überwunden und die endlosen Ebenen, die gegangen werden müssen, möchte man nachvollziehen. Warum das schwierig ist, wird im Nachwort erklärt: Die Geographie ist teilweise der Geschichte angepasst und entspricht nicht ganz der Wirklichkeit.

Wenn es jemals einem Buch gelingen sollte, Lesende durch die Schilderung einer Wanderung so zu fesseln, dass sie es kaum beiseite legen können, dann dürfte es wohl dieses sein.



Cover des Buches Schändung (ISBN: 9783423214278)

Bewertung zu "Schändung" von Jussi Adler-Olsen

Schändung
Claddyvor 25 Tagen
Kurzmeinung: Das Ermittlertrio mit viel Schmunzelpotenzial steht im Kontrast zu grausamen Tätern, die sich an Tieren und Menschen auslassen.
Spannende Gratwanderung zwischen heiteren Szenen und Gewaltexzessen

Carl Mørck, Chef des für Cold Cases zuständige Sonderdezernats Q, findet auf seinem Schreibtisch einen Fall, bei dem zwei junge Menschen brutal ermordet wurden. Das ist verwunderlich, denn der Fall gilt als aufgeklärt, ein geständiges Mitglied einer Gruppe von damals involvierten Jugendlichen sitzt seit vielen Jahren in Haft. Bei seinen ersten Nachforschungen spürt der Ermittler schnell Widerstand in der eigenen Behörde. Ob es daran liegt, dass viele, die zu dieser Clique gehörten, inzwischen erfolgsverwöhnte und einflussreiche Männer aus höchsten gesellschaftlichen Kreisen sind?

In Jussi Adler Olsens zweitem Band um den kernigen, knurrigen, hartnäckigen und durchaus sympathischen Kommissar geht es um Schuld und Rache, darum, was Reichtum bewirken und vertuschen kann. 

Wie immer, ist der Schreibstil hervorragend. Mørck, sein syrischer Assistent Assad und die neu zugeteilte Mitarbeiterin Rose sind interessante Charaktere, reiben sich teilweise, ergänzen sich andernorts. Diese Konstellation führt zu einer Dynamik, die alles sehr lebendig macht und für häufiges Schmunzeln sorgt. Das tut gut, denn diesem heiteren Aspekt steht viel Grausamkeit gegenüber, die sich gegen Menschen und Tiere gleichermaßen richtet. Es gibt Szenen, die sich eingraben und nicht so ganz leicht zu verdauen sind. 

Zunächst sehr rätselhaft erscheint die Obdachlose Kimmie, die wir über weite Passagen begleiten und deren Entwicklung wir durch Rückblicke in die Vergangenheit verstehen. 

Das alles ist zu einer ungeheuer spannenden Geschichte verwoben, läuft zielsicher auf ein fulminantes Finale hinaus und lässt Leser nach Beendigung der Lektüre in einem beinahe erschöpften Zustand zurück.

Übrigens lässt sich der Band ohne Probleme ohne Kenntnis des ersten lesen. Aber es wird kaum jemanden geben, der das nicht schleunigst nachholen möchte.


Cover des Buches Müll (ISBN: 9783455015393)

Bewertung zu "Müll" von Wolf Haas

Müll
Claddyvor einem Monat
Kurzmeinung: Unglaublich witzig, mit tausend skurrilen Einfällen und voller wunderbarer Schnörkel. Ganz nebenbei auch noch ein toller Krimi.
Cover des Buches Heinz Labensky - und seine Sicht auf die Dinge (ISBN: 9783426284193)

Bewertung zu "Heinz Labensky - und seine Sicht auf die Dinge" von Anja Tsokos

Heinz Labensky - und seine Sicht auf die Dinge
Claddyvor einem Monat
Kurzmeinung: Geschickt konstruiert, mit vielen ostzonalen Elementen versehen und trotz einiger Längen absolut lesenswert.
Der urkomische Lebensbericht eines ostzonalen Rentners

Der 79-jährige Heinz Labensky lebt in einem Erfurter Seniorenheim seinem Ende entgegen, als ihn ein Brief erreicht, den ihm die Tochter seiner großen Liebe Rita geschickt hat. Die war damals spurlos aus seinem Leben verschwunden, und nun macht er sich in der Hoffnung auf Antworten auf den Weg zu der Absenderin nach Warnemünde.

Dem Autorenpaar Tsokos gelingt es, eine Figur zu erschaffen, die das Leben in der DDR so intensiv geprägt hat, dass sie geradezu als Verkörperung dieses Lebens herhalten kann. Durch die Erinnerungen des alten Mannes, auch durch seine Sprache und Ausdrücke, lassen sie die ostzonale Vergangenheit wiederauferstehen. 

Doch eigentlich erzählt Labensky ja nur seine eigene Geschichte, während der langen Busfahrt, und sie ist haarsträubend abenteuerlich. Dabei weiß er um seine Schwäche: Es mangelt ihm dramatisch an Klugheit (aus der Schule wurde er vorzeitig als „förderunfähig“ entlassen). Aber vielleicht gerade deshalb und aus den daraus resultierenden Missverständnissen, in Verbindung mit Mut und einer grundlegenden Rechtschaffenheit, geriet er in den Jahren, von denen er berichtet, in eine absurde, aberwitzige Situation nach der anderen. 

Das liest sich unterhaltsam, nicht zuletzt des wunderbaren Schreibstils wegen, der mit zahlreichen kreativen Vergleichen aufgepeppt ist (Auch sein verwüstetes Gesicht war fahl wie ein Elefantenbauch. S. 9). Genau dieser Schreibstil sorgt auch dafür, dass man mit Spaß weiterliest selbst in Passagen, die sich strecken. Und an Textstellen, die sich zu oft wiederholen. Man wird belohnt fürs Durchhalten: Am Ziel angekommen, macht sich der einfältige Labensky Gedanken, die durchaus philosophisch genannt werden dürfen.

Was nun wahr ist an seinen Geschichten und was erfunden: Wer will das wirklich wissen? So wie seine Zuhörer im Bus an seinen Lippen hängen, so wird sich auch die Leserschaft von ihm verzaubern lassen.


Cover des Buches Das Endorphin-Prinzip (ISBN: 9783986790172)

Bewertung zu "Das Endorphin-Prinzip" von Prof. Dr. Borwin Bandelow

Das Endorphin-Prinzip
Claddyvor 3 Monaten
Kurzmeinung: Witzige und verblüffende Einlassungen zur Entstehung von Glücksgefühlen, mit alltagstauglichen Tipps.
Verblüffend, informativ, unterhaltsam

Wenn Angstforscher Borwin Bandelow über Glück schreibt, kommt ein Buch heraus, dass sich keineswegs einreiht in die unendlich lange Liste von Ratgebern, die mit scheinbar bedeutsamen und schönen Worten Loblieder auf Achtsamkeit und Wohlfühlmomente singen und oft auf komplizierten Wegen zum Banalen finden. 

Bandelow macht es eher anders herum: Er bricht alle Theorie auf die Urprinzipien menschlicher Überlebensstrategie herunter: den Selbst- und den Arterhaltungstrieb. Was sich daraus ergibt, wirkt wie ein Selbstläufer. Denn damit der Mensch sich und seine Art erhält, hat die Natur es so eingerichtet, dass Handlungen, die diesen Zielen nützen, mit Glücksgefühlen verknüpft sind. Diese entstehen im Gehirn, wenn Endorphine freigesetzt werden und an passende Rezeptoren andocken.

Das klingt zunächst so simpel wie überzeugend. Und das Tolle ist: Im Grunde bleibt es das auch. An Hand zahlloser Beispiele, selbst wenn sie zunächst komplex oder unverständlich erscheinen, werden die Zusammenhänge klar und logisch hergestellt. Es folgen jeweils Tipps, was man für das eigene Glück selbst tun kann.

Oder auch, wie man das eigene Bedürfnis nach Glück überlisten kann, was durchaus in bestimmten Situationen Sinn machen kann.

Man muss nicht immer mit der Meinung des Autors übereinstimmen, um anzuerkennen, dass die Idee dahinter überzeugend ist. Und auch, dass der Schreibstil einfach wunderbar ist. Leicht, locker, gespickt mit frappierenden Informationen, folgerichtigen Schlussfolgerungen und einer Riesenmenge Humor, macht das Lesen großes Vergnügen. Ein leichtes Augenzwinkern ist immer dabei, wie auch der Anhang verrät: Dort ist neben einem Test (bin ich ein Endorphinjunkie) ein Rezept für Glückskekse zu finden.

Hier liegt ohne Frage eins der Bücher vor, die unter Beweis stellen, dass ein Sachbuch neben dem Vermitteln von Wissen durchaus einen hohen Unterhaltungswert haben kann. Dass es tatsächlich etliche alltagstaugliche Anregungen zur Verbesserung der eigenen Glücksbilanz bereit hält, macht es umso lesenswerter. 

Cover des Buches Die Bibliothek im Nebel (ISBN: 9783426228081)

Bewertung zu "Die Bibliothek im Nebel" von Kai Meyer

Die Bibliothek im Nebel
Claddyvor 3 Monaten
Kurzmeinung: Ein Buch, so spannend, so interessant und so grausam, dass man hin- und hergerissen ist zwischen Faszination und Abscheu.
Superspannende Spurensuche in der Vergangenheit

1917: Nachdem seine Familie in den Unruhen der russischen Revolution ermordet worden ist, flieht der junge Artur aus St. Petersburg nach Leipzig. Er hofft zudem, dort seine große Liebe wieder zu treffen.

1928: Die elfjährige Liette findet auf dem Dachboden des Hotels Trois Grâces an der Côte d´Azur ein verschlossenes Buch, welches aus den Hinterlassenschaften früherer Gäste stammt.

1957: Liette, inzwischen Besitzerin des Hotels Trois Grâces nimmt Kontakt zu dem Journalisten Thomas Jensen auf, um mit seiner Hilfe Mara zu finden.

Kai Meyer verstrickt gekonnt drei Zeitebenen durch Handlungsstränge, die, jeder für sich, unglaublich packend sind. Anfangs rätselt man über die Zusammenhänge, die sich später nach und nach erschließen.

Er ist in vielen Genres zu Hause und hat entsprechend Elemente mehrerer Richtungen eingebaut. Vor einem sehr lebendig dargestellten historischen Hintergrund geht es um wilde Verfolgungsjagden, politische und persönliche Intrigen, Familiengeschichten, Mord und nochmals Mord. Etwas Romantik ist eingestreut. Vor allem aber sorgen die mystische Elemente, obgleich sie teilweise natürliche Erklärungen finden, für die gruselige, unheimliche Grundstimmung, die sich durch das ganze Buch zieht.

Die Charaktere sind zum großen Teil undurchschaubar, geheimnisvoll. Lediglich Artur, dessen Tagebuch eingearbeitet ist, und die kleine Liette lassen Identifikation und uneingeschränkte Sympathie zu. 

Bibliotheken und Bücher spielen eine übergeordnete Rolle, wie man es bereits aus dem Vorgängerband „Die Bücher, der Junge und die Nacht“ kennt. (Übrigens lassen sich die beiden Bände ohne Probleme unabhängig voneinander lesen.) Doch auch diese angenehme Verknüpfung kann nicht verhindern, dass sich das Ausmaß brutaler Gewalt und hässlicher Grausamkeiten negativ auf den Lesegenuss auswirkt. Die Geschichte ist ohne Zweifel hochspannend und lässt den Leser nur so durch die Seiten fliegen, fesselt in vielerlei Hinsicht bis zum Ende. Doch sensible Gemüter werden beim Lesen öfter mal einen Blick über die Schulter werfen, um sich zu vergewissern, dass ihr Umfeld sicher und frei von sämtlichen Arten von Schatten und Gefahren ist.

Cover des Buches Escape Room: Der neue Gatsby (ISBN: 9783845847580)

Bewertung zu "Escape Room: Der neue Gatsby" von Stefanie Neeb

Escape Room: Der neue Gatsby
Claddyvor 4 Monaten
Kurzmeinung: Hier kann man rätselnd in die 20er Jahre des letzten Jahrhunderts eintauchen.
Ein wunderschönes Escaperoom-Buch

Als die junge Avery Franklin sich auf den Weg macht, um im nächtlichen Manhattan in einer kleinen Bar ihre Freundinnen zu treffen, ahnt sie nicht, welches Abenteuer auf sie wartet. Unverhofft erhält sie die Chance, ein Preisgeld zu gewinnen, mit welchem sie sich den Traum eines eigenen Modesalons erfüllen könnte. Ihre Aufgabe: den neuen Mr. Gatsby zu finden.

Dieses Escape-Room-Buch bietet neben den teilweise recht kniffligen Rätsel eine spannende und romantische Rahmenstory und ganz wunderbare, detailreiche Illustrationen, die es einem sehr leicht machen, ins Ambiente der Zwanziger des letzten Jahrhunderts einzutauchen. Schon der Einstieg ist äußerst gefällig. Man fühlt sich behutsam an die Hand genommen und leicht und unterhaltsam sowohl in die Geschichte als auch in das Spielprinzip eingeführt. 

Wenn dann das Rätseln losgeht, beginnt der Kopf zu qualmen. Denn teilweise sind sie wirklich anspruchsvoll. Was sie auch sein sollten, denn auf der Rückseite ist als Schwierigkeitsgrad 4 von 5 Stufen angegeben. 

Das sollte einen aber keineswegs entmutigen. Gerade durch die große Vielseitigkeit der Aufgaben ist es alle Mühe wert, sich von einer Lösung zur nächsten zu tüfteln und dabei dem Lauf der Geschichte zu folgen. Falls es doch einmal nicht klappt, gibt es im Internet Lösungstipps, die wirklich gut funktionieren. Und wenn alle Stricke reißen, ist man noch immer nicht verloren, denn zur allergrößten Not lässt sich mit viel Geduld anhand der zur Wahl stehenden Bildausschnitte die richtige Fortsetzungsseite finden.

Das Problem, welches öfter bei anderen Escape-Büchern auftritt, dass nämlich, obgleich alles richtig gemacht wird, das eigene Ergebnis vom richtigen abweicht, ist mir hier nur ein einziges Mal begegnet. Entweder ist also das Buch nicht absolut perfekt oder ich habe einen Fehler beharrlich wiederholt. Nichtsdestotrotz möchte ich dieses Abenteuer von Herzen jedem empfehlen, der diese Art von Beschäftigung mag und eine gute Geschichte und schönes Design zu wertschätzen weiß.



Cover des Buches Das achte Haus (ISBN: 9783855351152)

Bewertung zu "Das achte Haus" von Linda Segtnan

Das achte Haus
Claddyvor 4 Monaten
Kurzmeinung: Nicht der Cold Case an sich ist hier das Hauptthema, sondern die persönliche Auseinandersetzung der Autorin mit dem Fall.
Düster, beklemmend, schwer erträglich

Im Mai 1948 wird in einem Wald nahe des kleinen schwedischen Ortes Perstorp die neunjährige Birgitta Sivander ermordet. Siebzig Jahre später weckt ein alter Artikel, auf den Linda Segtnan zufällig gestoßen ist, ihr Interesse an dem ungeklärten Fall und sie beginnt zu recherchieren.

Sehr schnell wird deutlich, dass die Autorin sich mit Haut und Haar in diesem Fall verliert. Auf der Suche nach der Wahrheit gräbt sie in Archiven, begibt sich an den Ort des Geschehens, befragt Nachbarn, Familienangehörige, Zeugen, soweit sie noch leben, verfolgt jede mögliche Spur. Dabei rückt ihr Birgitta immer näher. So nahe, dass die Grenzen zwischen dem Mädchen und ihrer ungeborenen Tochter zu verschwimmen scheinen. 

Doch nicht nur Birgitta, auch Bengt, der Junge, den man der Tat verdächtigte, findet ihr Mitgefühl. Anhand der Akten wird nachvollziehbar, wie sehr ihm seinerzeit zugesetzt wurde, wie sehr er und seine Eltern gelitten haben müssen, und sie bezieht nun ihren Sohn Sam in die Geschichte mit ein.

Diese Verquickung der pathologisch überbesorgten Mutter mit dem alten Kriminalfall ist äußerst beklemmend. Erst recht, als übernatürliche und esoterische Elemente mit einfließen. 

Natürlich lässt der Buchtitel eine Entwicklung in diese Richtung erahnen. Dass aber die Autorin mit Hilfe einer Geister-App das Opfer aufspüren möchte oder sich in einen Zustand versteigt, in welchem sie dessen Anwesenheit spürt, befremdet.

Der Schreibstil hingegen ist nüchtern, sachlich. Schonungslos schildert sie Situationen, in denen sie sich wegen der psychischen Belastung ihrer Familie gegenüber fehlverhält. Auf die folgen in der Regel selbstzerfleischende Vorwürfe und hypersensibles Sezieren der eigenen Gedanken, Gefühle und Handlungen.

Beides, der Kriminalfall und die extreme, emphatische Form der Annäherung inklusive der belastenden Folgen, lässt den Roman zu skandinavisch düsterer, schwer erträglicher Kost werden. Die eigentliche Intention lässt sich vielleicht im Nachwort finden: „Wichtig ist, alles Erdenkliche zu tun, damit die Gesellschaft verhindern kann, dass Kinder zu gefährlichen Menschen  heranwachsen.“(S. 388)



Cover des Buches Vampirkönigin wider Willen. Fake it till you make it (ISBN: 9783505151309)

Bewertung zu "Vampirkönigin wider Willen. Fake it till you make it" von Jo Simmons

Vampirkönigin wider Willen. Fake it till you make it
Claddyvor 4 Monaten
Kurzmeinung: Die Stärke des Romans liegt im Humor. Davon gibt es überreichlich, was für eine eher schwache Story entschädigt.
Etwas flach, aber extrem witzig

Mo Merrydrew ist fünfzehn, zielstrebig und hat eine beste Freundin. Sie lebt in einem kleinen englischen Ort, wird in der Schule gemobbt und liebt Mini-Muffins. Als eines nebligen Abends ein gruseliger Vampir vor ihr auftaucht und behauptet, sie sei die Auserwählte und solle Vampirkönigin von England werden, gerät sie in einen Konflikt. Denn als Vegetarierin und Demokratin ist ihr diese Rolle nicht gerade auf den Leib geschrieben.

Offensichtlich denkt Autorin Jo Simmons sich gerne Albernheiten aus. Das Buch ist gespickt mit lustiger Situationskomik, Wortspielereien und Klamauk. Entsprechend sind manche Charaktere, insbesondere Vampir Bogdan, so entworfen, dass sie sich immer wieder lächerlich machen und damit ihre Autorität verlieren. Doch auch Mo ist keine reine Heldin, sondern ein Mädchen mit Fehlern, dem es manchmal an Selbstbewusstsein mangelt. Das macht sie durchaus sympathisch, und man hofft, dass sie aus diesem Dilemma den bestmöglichen Weg hinaus findet.

Wie sie diesen Weg geht, was sie unterwegs gewinnt und verliert, ist achterbahnmäßig. Es gibt immer wieder neue Herausforderungen, und Mos Art, es jeweils erst einmal mit Mogeln zu versuchen, bringt sie oft genug erst recht in die Zwickmühle.

Ob man diese Weise der Problemlösung anerkennt oder nicht, ob man diesem Buch ein Quäntchen Tiefe zugestehen mag oder nicht, ob man sich gar auf die Suche nach einer Botschaft machen sollte, sind Fragen, die man sich vielleicht nicht stellen sollte. Auch dass einige Fragen nicht geklärt wurden, passt letzten Endes in den lockeren Habitus der Autorin.

Ihre Stärke ist nun einmal der Humor, und obgleich sich das Buch an eine recht junge Leserschaft ab 12 Jahre richtet, wird auch eine etwas ältere beim Lesen um ein Dauerschmunzeln, unterbrochen von gelegentlichem Losprusten, nicht herumkommen.

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