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CocuriRuby

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Cover des Buches Sparks (ISBN: 9783596709953)

Bewertung zu "Sparks" von J.R. Dawson

Sparks
CocuriRubyvor 17 Tagen
Kurzmeinung: Blieb unter den Erwartungen
Blieb unter den Erwartungen

Die Grundidee fand ich durchaus bemerkenswert, wenn auch nicht völlig neu: Wir haben „Zirkusfreaks“ (im besten Sinne), dessen Fähigkeiten gar keine Illusionen sind, sondern die wirklich über magische Fähigkeiten verfügen.

Der Clou hier ist, dass das mit dem ersten, mehr mit dem zweiten Weltkrieg verknüpft wird.


Ich mochte, wie diese Fähigkeiten aufgebaut wurden. Auch diese sind nichts, was man nicht schon mal gelesen hätte, aber die wurden individualisiert und wachsen mit der jeweiligen Figur mit – wie eine Charaktereigenschaft.


Allerdings hatte ich Probleme mit dem Stil: Zum einen sprüht dieses Buch keineswegs so sehr vor Magie, wie es versprochen wurde, denn es verglich sich mit „Der Nachtzirkus“.

Im Nachtzirkus wurde aber ein ganz anderer Ton angeschlagen und die Magie auch in der Sprache vermittelt – das suchte ich hier vergebens.


Zum anderen neigt die Autorin zu Belanglosigkeiten. Generell ist das Buch eher ruhig – womit ich grundsätzlich überhaupt kein Problem habe – aber hier wirkte es nicht nur ruhig, sondern auch langsam, gestreckt und dennoch oder gleichzeitig wird mir zu viel Behauptet, statt aufgezeigt + es gibt Vorshadowing wie nichts gutes.


Wie das Thema 2. Weltkrieg eingewoben wurde, stehe ich ambivalent gegenüber.

Ich mochte das düstere Setting und dass ein ernsterer Ton angeschlagen wird.

Es gab allerdings gewisse Entscheidungen, die ich kontraproduktiv finde, z.B. wenn man schon das Setting des 2.WK wählt, warum reist dieser Zirkus dann nicht durch Europa statt den USA.

Warum müssen es immer nur kurze Zukunftssprünge sein, die einzelne Eckpunkte der Gräueltaten des 2.WK abklappern, statt dass es aktuell, wirklich passiert.


Das sorgt alles dafür, dass es theoretisch bleibt, dass immer ein „Sicherheitsabstand“ beibehalten wird, weshalb es einen nie nahe geht. Der 2.WK bleibt eine effekthaschende Kulisse – es fungiert als Damoklesschwert, wird aber nie wirklich, ernst behandelt.


Ich hatte grundlegend nicht wirklich das Gefühl einer Handlung zu folgen – es geht viel mehr um zwischenmenschliche Beziehungen – was wieder grundsätzlich kein Problem wäre – aber die Figuren können diese Hauptlast nicht tragen.

Es gibt viele Figuren in diesem Zirkus – je weiter am Rand, desto schwammiger bleibt ihre Charakterzeichnung. Aber selbst die Protagonistin kommt einen nicht wirklich nahe – es ist nicht so, dass man gar kein Bild von den Figuren bekommen würde, aber wirklich viele Schichten haben sie auch nicht bekommen.


Das Thema „Familienbanden“ wird sich auf die Fahnen geschrieben und dieses wird dann so verschiedenartig wie möglich ausgelegt. Aber eben alles ohne, dass ein Grundstein gelegt wurde, emotional mit ihnen zu connecten.

Auch hier trifft die Autorin für mich nicht den richtigen Ton – alles wird in einer Larmoyanz vorgetragen – viel Gejammer, viel Wehleidigkeit.

Es verkommt stellenweise fast schon zu einer Selbsthilfegruppe – jeder darf sich mal darüber auslassen was ihm schlimmes passiert ist oder noch wird – aber ohne, dass das irgendwohin führt oder das große Ganze erzählt wird.


Um die wirklich ernsten, tiefen Themen schifft die Autorin immer herum. Da fehlt ihr offenbar der Mut.

Eine Thematik würde ich davon jedoch ausnehmen und das ist das Thema „toxische Beziehungen“. Das wurde wirklich gut eingefangen, nicht zuletzt auch, da wir verschiedene Sichten haben, inklusive der Tätersicht.


Letztlich muss ich sagen, was dieses Buch nicht schlecht, aber es blieb unter den Erwartungen und auch unter seinem Potential.

Cover des Buches Neil Gaimans Niemalsland (ISBN: 9783741607707)

Bewertung zu "Neil Gaimans Niemalsland" von Mike Carey

Neil Gaimans Niemalsland
CocuriRubyvor 2 Monaten
Schattenlondon

Ich mag den Stil des Autors – er ist gut lesbar, aber er hat ein Händchen für Kulissen/Settings und Atmosphäre.


Hier haben wir die Kulisse Londons – zum einen das normale, uns bekannte London und eine magische Schatten-Variante (Parallelwelt).

Ich mag es sehr, wie diese Welten sich an den Rändern mischen – das ist wieder sehr kreativ gestaltet und bringt die für den Autor übliche dunkle Fantasy.

Es würde vermutlich noch mehr verfangen, wenn man in London leben würde bzw. die Orte, die eine Rolle spielen detailliert vor Augen hätte.


Es handelt sich schon um eine gewisse Abenteuer-Geschichte, fantasiereich und unterhaltsam. Aber es kam mir manchmal aber wie eine Abhandlung vor, es nahm mich nicht immer so ganz gefangen.


Die Figuren sind auch etwas schmal – sie erfüllen durchaus „Fantasy-Gefährten“-Rollen und haben interessante Eigenschaften, wie Dimensionssprünge oder Unsterblichkeit, etc.

Aber die jeweiligen Charaktere sind ausreichend, um ein Bild für die Figuren zu bekommen, aber sie wachsen einen nicht ans Herz oder werden sonderlich vertieft.

Interessanterweise fand ich die Bösewichte/Killer am unterhaltsamsten, die hatten das gewisse Flair.


Ist eine unterhaltsame Geschichte, kreativ und atmosphärisch – aber es ist nicht das beste Buch aus der Feder des Autors.

Cover des Buches Wo ich wohne, ist der Mond ganz nah (ISBN: 9783462005837)

Bewertung zu "Wo ich wohne, ist der Mond ganz nah" von Cho Nam-Joo

Wo ich wohne, ist der Mond ganz nah
CocuriRubyvor 2 Monaten
Gutes Buch

Ich mochte den Stil sehr – es gab für mich kaum Zugangsschwierigkeiten, obwohl ich das bei asiatischen Büchern immer habe.

Trotzdem behält er einen besonderen Ton – z.B. ist (typisch asiatisch) der Fokus der Geschichte auf Alltägliches, vermeintlich Profanes gelegt, um daraus Bedeutung zu ziehen.


Ich habe eine Schwäche für Geschichten über „gescheiterte Persönlichkeiten“ und diese wird hier bedient.

Es werden dabei solche Themen angesprochen wie Mobbing in der Schule, Zusammenhalt in der Familie bzw. das fehlen dessen, Resignation und dass man trotz Bemühungen/Ambitionen keinen Erfolg einfahren muss.

Gerade das ist stark verbunden mit dem Thema Armut, die besonders gut eingefangen wurde.


Alles umfassend geht es letztlich um Menschen, die keine Chance haben auf einen grünen Zweig zu kommen – egal wie sehr sie sich anstrengen oder nicht.

Es geht um Menschen die einfach nur ihr Leben leben und immer kurz vor „ihr Dasein fristen“ stehen.


Dabei wird durchaus auf die Soziologie dieser Gesellschaften eingegangen – gerade auch wie von außerhalb auf sie geblickt wird.

Sie sind außerhalb/ausgeschlossen von Fairness oder Handlungsoptionen.

Die Gesellschaftskritik ist auch nicht so leise erzählt, wie ich es von asiatischen Büchern gewohnt bin, aber auch nicht zu direkt.

Ich mochte hier vor allem die Kritik an die Leistungsgesellschaft, die in Asien noch mal ausgeprägter und gnadenloser ist, als hier in Zentraleuropa.


Gerade diese Direktheit wird von der Protagonistin projiziert, was ich außergewöhnlich fand, mir aber durchaus gefallen hat.


Es endet entsprechend etwas melancholisch betrübt, etwas resigniert, aber auch ruhig, fast schon friedlich – nicht völlig hoffnungsvoll, aber zufrieden hinnehmend.

Cover des Buches Not Your Business, Babe! (ISBN: 9783462005028)

Bewertung zu "Not Your Business, Babe!" von Verena Bogner

Not Your Business, Babe!
CocuriRubyvor 2 Monaten
Kurzmeinung: Gutes Einsteiger*innen Buch. Nicht unbedingt für "Fortgeschrittene".
Gutes Einsteiger*nnen Buch

Ich dachte mir, beginnen wir den Januar doch gleich feministisch und den Anfang gemacht hat „Not Your Business, Babe“.


Es ist sehr umgangssprachlich geschrieben – hier und da mit Humoreinschub oder einen flapsigen Spruch, was vermutlich die (eher traurige) Statistik auflockern soll.

Nicht mein favorisierter Weg, muss ich sagen – ich verstehe diesen Impuls nicht ganz, etwas ernstes nicht auch ernst begegnen zu wollen, sondern die härte der Zahlen immer auflockern zu wollen. Ich finde dadurch beraubt man sich der Stärke und die Kraft der sachlichen Zahlen, aber es gibt sicherlich viele, die das anders sehen mögen und für die es so den Zugang vereinfacht.


Nachdem ich es gelesen habe, würde ich behaupten richtet sich dieses Buch an Einsteiger*innen. Wenn einen die Thematik nicht neu ist, erfährt man hier auch nichts grundlegend Neues.

Dennoch kann natürlich auch ich etwas daraus ziehen – z.B. fand ich es krass, dass wenn Frauen vermehrt in vorher eher typische Männerberufe gehen (ca. 60%), dass dann die Löhne signifikant sinken – steigen Männer bei Frauenberufen ein, sieht man den gegenteiligen Effekt.

Dass systemisch „Frauenberufe“ schlechter bezahlt werden und angesehen sind als „Männerberufe“ ist nichts neues, aber dass auch Statistiken zu diesem Kipp-Phänomen gibt, war mir neu und finde ich sehr bezeichnend.


Ich fand es vor allem schön zu sehen, dass bereits zu Beginn des Buches „Confidence Culture“ thematisiert wird und wie verankert die Schuld/Verantwortung ist und weg vom der Systemfrage, hin zum Individuum gelenkt wird.

Das erinnerte mich an „Scheiß auf Selflove, gib mir Klassenkampf“ ein Jahreshighlight aus 2023.


Auch die Generationskonflikte am Arbeitsplatz fand ich sehr schön herausgearbeitet. Wobei ich in der Praxis immer wieder feststellen muss, dass solche Generationszuschreibungen nicht selten eine Kopfsache sind, als nach dem Kalender zu beurteilen. Konservative Denkmuster sind nicht immer eine Sache des alters.


Im Buch dreht sich aber auch sehr viel um Popkultur – was grundsätzlich nicht verwundert, sind diese ein Spiegel der Gesellschaft bzw. beeinflusst sie.

Aber hier zeigte es sich besonders deutlich, dass dieses Buch für ein jüngeres Publikum geschrieben wurde, als ich es bin oder zumindest für eine andere Bubble.

Denn klar kenne ich „Taylor Swift“ oder „Beyoncé“ und erkenne auch ihre Rollen in der Popwelt und ihrem feministischen Wirken an...habe aber nicht einen einzigen Song von ihnen auf irgendeiner Playlist.

Oder Serien wie „Gilmore Girls“ und „Sex and a City“ kenne ich zwar vom Namen, gucke diese aber nicht.

Diese ganze Thematik nimmt aber leider sehr viel Raum im Buch ein – interessiert mich aber eher wenig.


Generell muss man sagen, dass das Buch aus einer klaren Bubble/Schicht heraus geschrieben wurde – aus der jungen Akademikerin, die eine steile Karriere anstrebt und privilegiert genug ist, dieses Ziel in den Fokus zu stellen.

Das macht das Buch in seinen Blick beschränkt, sprich limitiert es. Das will ich dem Buch aber auch eigentlich gar nicht ankreiden, denn das ist der Autorin bewusst und stellt dies noch vor dem eigentlichen Text selbst klar.


Mein Problem ist, dass ich generell bei dieser Art von Büchern habe ist, dass sie in erster Linie aufzeigen und anprangern – was ein Wert an sich ist – aber sie zeigen keinen Weg aus dem Problem heraus auf.

Sie tun immer so als wären sie das erste Buch ihrer Art oder als stünden wir immer noch bei Tag 1, statt Strategien zur Besserung zu entwickeln.

Es zeigt maximal noch auf, was nicht geht/funktioniert – z.B. sich genauso wie die Männer/Chefs zu verhalten, sprich zu kopieren.

In diesem Buch wird auch nicht viel weiter gegangen als zur Solidarität zu plädieren und zu sagen „sei kein Arsch“ und „denk dir was aus“, aber weiter geht es dann nicht.

Vielleicht ist es aber auch zu viel verlangt, eine Strategie, eine Lösung zu erwarten – wenn es einfach wäre, gäbe es das Problem nicht mehr, schon klar – aber ich vermisse trotzdem immer wieder die Ansätze (vor allem systematische Ansätze).


Insgesamt würde ich sagen, ist das hier ein gutes Einsteiger*innen Buch, für eine junge (aktuelle) Generation – und eher nicht die beste Wahl für „Fortgeschrittene“.

Cover des Buches Jade War - Magie ist Macht (ISBN: 9783426528556)

Bewertung zu "Jade War - Magie ist Macht" von Fonda Lee

Jade War - Magie ist Macht
CocuriRubyvor 3 Monaten
Es wäre noch mehr drin

Hierbei handelt es sich um einen zweiten Band, weshalb bei mir die leise Befürchtung mitschwang, dass es sich hierbei um einen typischen „zweiten Band“ handeln könnte (ein Zwischenband, der nur aufbaut für das Finale, statt selbstständig für sich stehen zu können).

Diese Befürchtung war zum Glück unbegründet.


Nach wie vor mag ich die Kulisse bzw. Rahmenbedingungen der Welt sehr gerne. Die Magie der Jade mit einem Mafia-Feeling, aber in einer zwar fiktiven, aber modernen Welt (mit Handys, Flugzeugen, etc.)


Gerade diese Welt der Clans und dessen Regeln, Strukturen und Traditionen wurden in diesem Band noch weiter vertieft.

Interessant fand ich vor allem, dass dies meistens durch eine Außensicht geschieht – also wenn ein Vertreter eines fremden Landes auf die Gepflogenheiten von Grünblutkrieger blickt.

Insbesondere Rassismus wird auf diese Weise gut eingefangen – wie Ghettos entstehen oder wie es sein muss in einem rassistischen Land zu leben – Tradition und Anpassung sei dort als Stichwort genannt, aber auch Polizei, die einen nicht schützt, sondern drangsaliert, etc.

Wie schwer es ist einfach nur Fuß zu fassen und immer irgendwie dazwischen zu sein, nicht mehr ganz verwurzelt in „der alten Heimat“, ausgegrenzt von der „neuen Heimat“.


Generell geht es hier verstärkt Strategien und vor allem um Politik.

Es ist nicht so, dass es in dem Buch nicht auch blutig zugehen würde – es ist durchaus eine harte und brutale Welt der (mafiösen) Clans.

Aber wer am laufenden Band spannende KungFu-Action sehen will, der wird enttäuscht werden.


Gerade dieses Mafia-Like hätte ich mir ausgeprägter gewünscht – z.B. mehr Brutalität: nicht in Form von Splatter, aber das Grünblut wird schon sehr glorifiziert mit seiner Ehre und Prinzipien/Kodex. Ich hätte mehr moralischen Zwiespalt erwartet, mehr „schmutzige Hände“ (gerade in den Geschäftszweigen).

Das ist mir alles zu „sauber“, da hätte ich gerne mehr Mut zu Abgründen gesehen, wenn man schon so ein Setting wählt.


Durch die vielen Handlungsstränge bekommt man wie auch im ersten Band einen guten Rundumblick.

Allerdings sorgt das auch dafür, dass die Handlung langsamer vonstatten geht und es an manchen Stellen fast schon schleppend nur vorangeht.

Generell haben wir keinen direkten Spannungsbogen – dieser verläuft eher episodisch.


Mit den Figuren fremdle ist nach wie vor – ich habe zwei Charaktere die mir sympathisch sind, die anderen...nun. Trotzdem sind sie interessant genug oder bringen genug Gegenwind mit, dass man ihren Beitrag zur Handlung gerne verfolgt – aber emotional bin ich an kaum einen der Figuren gebunden. Was schade ist, weil man so wenig mitfiebert in brenzligen Situation – ist mir relativ egal, aber diese draufgehen oder nicht – bei manchen warte ich sogar regelrecht drauf.

Da wird einiges an Potential verschenkt. Vielleicht sind mir die Figuren auch nicht ambivalent genug, sie spielen schon jeweils eine klare Rolle für die Handlung und brechen dort auch nicht wirklich aus.


Was mir tatsächlich negativ aufgefallen ist, ist dass in der Übersetzung nicht gegendert wird.

Shea z.B. ist in der Clanposition des „Wettermachers“ und eine Frau. Trotzdem wird nie „Wettermacherin“ verwendet, sondern immer nur das Maskulinum, was sich ungefähr so anhört/liest als würde man sagen „Frau Bundeskanzler Merkel“, statt Kanzlerin.

Cover des Buches Tar Baby (ISBN: 9783499013621)

Bewertung zu "Tar Baby" von Toni Morrison

Tar Baby
CocuriRubyvor 3 Monaten
Viele Linien

Dieses Buch ist im Stil merklich anders, als die anderen Werke, die ich von der Autorin gelesen habe – zwar findet man auch hier wie gewohnt mehrere Stilwechsel, aber fand es fast schon irritierend dialoglastig und es grenzt stellenweise schon an kitschig in seinen Beschreibungen – hauptsächlich zu Beginn.


Hingegen das Hierarchie-Thema wird sehr deutlich herausgestellt – insbesondere durch Gegensätze, die agieren, wie Schwarz und weiß, Mann und Frau, arm und reich, Land und Metropole.

Ich fand es bemerkenswert, dass alle Figuren, ihre Standpunkte, ihre Perspektive eine Bedeutung bekommen haben, trotz ihrer Gegensätzlichkeit – alles wird beleuchtet, alle handeln sie nach ihrer Auffassung plausibel, alles wird aufgezeigt und die Bewertung dessen dem Lesenden überlassen.


Natürlich spielt auch das Thema (Alltags-)Rassismus eine große Rolle – hier fand ich es besonders gut dargestellt, wie tiefgreifend dieser ist und auch wie scheinbar widersprüchlich.

Wir haben das reiche weiße Paar, die einen freundschaftlichen Umgang mit ihren Schwarzen Angestellten pflegen – aber natürlich bleiben die rassistischen Strukturen trotzdem bestehen.

So zeigt es sich z.B., als ein Eindringling ins Haus kommt und dies für Unruhe sorgt, sind alle Bewohner der Willkür des Oberhauptes (des alten weißen Mannes) unterworfen. Nichts kann ihm entgegen gesetzt werden, nicht einmal Vernunft.

Alle müssen sich ihm unterordnen, weil ihr Lebensstandart von seinen Launen abhängt – der weiße Mann ist letztlich das Machtzentrum – Beziehung/Freundschaft erlischt in der Machtfrage sofort.

Letztlich wird aber hinten raus auch durchaus gezeigt, dass diese patriarchalen Strukturen ihre Grenzen hat – wird dem Befehl nicht mehr gefolgt (von den untergebenen getragen), bricht das ganze Konstrukt zusammen.


Verkörpert durch seine Frau (die weiße Frau) wird wunderschön herausgearbeitet, wie dort die Machtstrukturen verlaufen. Sie ist sowohl Opfer, als auch Täter - sie ist der Feindseligkeit ihrer Mannes ausgesetzt, zeigt zeitgleich tiefen Rassismus – direkt gegen den Eindringling, indirekt gegen die Schwarzen Bewohner des Hauses. Es zeigt Rassismus als Boden, um ihre Würde zu erhalten – sie wird erniedrigt vom weißen Mann und mittels Rassismus sichert sie sich aber ihre Stellung gegenüber den Schwarzen.


Aber auch der reproduzierte Rassismus der Schwarzen untereinander kommt nicht zu kurz, denn auch da laufen interne Hierarchien, die gebrochen werden durch den Eindringling – alle spielen sie innerhalb der gleichen Strukturen.

Alles zeigt so eindrücklich auf, was Rassismus eigentlich ist, nämlich ein Mittel zum Machterhalt.


Letztlich muss ich dennoch sagen, dass auch dieses Buch mir gelegentlich zu Zugang verweigert oder zumindest schwer gemacht hat.

Zum einen allein schon aus Unwissenheit heraus – weil mir die Folklore des „Tar Baby“ nicht vertraut ist. Ich habe zwar mal kurz Wikipedia befragt, aber einen wirklichen Eindruck habe ich dennoch nicht erhalten, weshalb dieser ganze (sogar namensgebende) Aspekt der Geschichte mir im Prinzip verborgen bleibt.


Ich habe aber auch viele Szenen der Interaktion nicht nachvollziehen können – wie die toxische Beziehung die später auftaucht oder die Beziehung zur Elternschaft, die im gleichen Atemzug behauptet bedingungslos zu sein und dann doch die Erwartung stellt, dass man sich um die älteren zu kümmern hat (Prinzip Kinder als Altersvorsorge) – das ganze mit: man müsse als Mädchen erst lernen eine Tochter zu sein, um später eine Frau (Mutter?) sein zu kommen und nur so kann man von anderen Frauen respektiert werden….was verstehe ich nicht und klingt für mich auch nicht plausibel.

Solche Momente gab es oft in dem Buch. Das komplette Ende habe ich gar nicht verstanden und nur als den klassischen „magischen Realismus“ abgehakt.


Vieles fand ich – gerade hintenraus – etwas wirr. Es bleibt vor allem ein Gefühl zurück, es geht um Hierarchie, wie das Außen das Innere bestimmt, Fremd und Selbstwahrnehmung/sein – vielleicht auch um den Weg zur Selbstfindung.

Cover des Buches Sula (ISBN: 9783499013614)

Bewertung zu "Sula" von Toni Morrison

Sula
CocuriRubyvor 3 Monaten
Mir fehlte möglicherweise der Zugang

Ein älteres Werk der Autorin, nun neu aufgelegt.

Vielleicht ist es dem Alter geschuldet, den diese Geschichte auf dem Buckel hat und auch die Autorin damals natürlich noch nicht die Schriftstellerin war, die sie heute ist – aber mir viel bei diesem Buch der Zugang nicht so leicht bzw. deutlich schwerer als bei ihren anderen Werken.


Grundsätzlich geht es in ihren Romanen immer um Machtstrukturen – zwischen weiß und Schwarz; Männern und Frauen – hier genauso, aber nicht so prägnant und durchdringend wie ich es von der Autorin gewohnt bin.


Handwerklich ist auch dieses Buch gut – es wechselt gelegentlich den Stil, hat Züge vom magischen-Realismus und ist generell gut konstruiert (wenn auch nicht so meisterlich, wie in ihren aktuelleren Werken).


Im Kern geht es um zwei Frauen, die in ihrer Kindheit so eng befreundet sind, dass sie praktisch eine Person waren – sprich wir haben die gleiche Ausgangslage.

Dann kommt die Verzweigung, während eine heiratet und Mutter wird, geht die andere aufs Collage und lebt nur für sich, scheinbar unabhängig.


Dort setzen wir an und beobachten, wie die Gesellschaftsstrukturen wirken.

Die Idee fand ich gut, aber entweder war es nicht so herausragend gut umgesetzt oder mir fehlte der Zugang.

Viele der Dialoge, Gedankengänge und daraus resultierenden Handlungen fand ich nicht ganz nachvollziehbar. Ich hatte nicht selten das Gefühl, dass mir gerade etwas entgeht.


So oder so, hieß es im Vorwort, dass die Autorin diese Frauenfreundschaft untersuchen wollte, wie sich solche Bindungen ohne Einfluss durch Männer entwickeln/aussehen würden.

Dem war aber nicht wirklich so bzw. in der Kindheit war diese ohne männlichen Einfluss und war regelrecht symbiotisch – danach war die praktisch nur durch Männer beeinflusst, woran sie kaputt geht.

Stellt sich die Frage, ob genau das gezeigt werden sollte, dann finde ich diese Darstellung aber uninspiriert und tendenziös.


Interessanter fand ich das Verhältnis von Sula als Anti-Figur oder Sündenbock zur weiblichen Gesellschaft. Wie Frauen die am System leiden reagieren, wenn eine einzelne Frau sich weigert diesen Normen zu entsprechen.

Die Folgen werden ebenfalls gleich mitgeliefert: man ist dann dem Untergang geweiht – auch hier wieder sehr tendenziös.


Insgesamt fehlen mir die Zwischentöne, die Raffinesse, oder – und das kann ich überhaupt nicht ausschließen – ich konnte diese nicht wahrnehmen, sollten sie vorhanden gewesen sein.

Cover des Buches Der Spurenfinder (ISBN: 9783550202681)

Bewertung zu "Der Spurenfinder" von Marc-Uwe Kling

Der Spurenfinder
CocuriRubyvor 3 Monaten
Hatte mir was anderes versprochen

Ein weiteres Buch aus der Feder von Marc-Uwe Kling, hier jedoch in Zusammenarbeit mit seinen Töchtern.


Wie man es von seinen Büchern gewohnt ist, ist der Zugang einfach gemacht – es wird eine Umgangssprache verwendet und Humor spielt eine große Rolle.


Ich mochte vor allem die Welt, denn wir haben hier eine mittelalterliche Fantasy-Welt, mit alten Lebensweisen und Berufen (wie Spurensucher, Heiler, Schmied, etc.) - es hat aber auch etwas märchenhaftes durch Wesen wie Zwerge, Gestaltenwandler, Elementarbeschwörer bzw. Hexen und Monster.

Diese mittelalter-Fantasy ist aber vorrangig Kulisse, denn wie gesagt bewegen wir uns in der Art und Sprache im Umgangssprachlichen – was den Zugang vereinfacht, allerdings auch etwas von der Magie dadurch einbüßt.


Aufhänger ist ein Mordfall, weshalb in der Handlung vor allem dadurch geprägt ist, den Mörder ausfindig zu machen, weshalb jeder verdächtigt wird und Indizien gesucht werden – klassischer Krimi also.

Generell kann ich mit diesen Krimi-Mustern nichts anfangen – das wusste ich natürlich vorher und das Buch kann auch nichts dafür, dass ich diese Spurensucherei langweilig finde, aber ich hatte alleine wegen des Namen des Autoren gehofft, dass mir mehr geboten wird – weil ich gerade sein gesellschaftskritischen Blick und seinen satirischen Humor sehr schätze (wie in Känguru-Chronik oder QualityLand) – dies suchte ich in diesen Buch aber vergeblich.


Auch mit dem Humor konnte ich nicht so viel anfangen wie gehofft, weil es nicht sein trockener, satirischer Humor ist, der präsentiert wird, sondern einen sehr albernen – weder die Wortspiele lagen mir, noch der Pipi-Pubs-Humor.

Zwar mochte ich die Situationskomik, die durch die Interaktion der Charaktere aufkommt meistens ganz gerne, aber auf Dauer war mir das meiste zu drüber.


Allerdings entstand dadurch tolle Dynamik zwischen den Figuren.

Die Charaktere selbst bildeten aber eher Stereotypen, die auch keine nennenswerte Entwicklung durchlaufen.

Gerade die beiden Kinder sollen lediglich einen Chaosfaktor reinbringen – und das tun sie auch – ich empfand sie dadurch aber eher als nervig und aufdringlich in ihrer Art – sie sind prinzipiell ungehorsam und damit vorhersehbar in ihren Handlungen, was ich wiederum langweilig fand auf Dauer.

Auch wenn ich sagen kann, dass die Beziehung zu ihrem Vater und wie gesagt die Dynamik untereinander gut funktioniert hat.


Viele Fäden der Handlung bleiben bis zu Letzt offen – der Fall selbst ist aber natürlich gelöst, aber es bleibt genug offen, um ggf. weitere Geschichten dranhängen zu können.


Das letzte Kapitel, in dem der „ungelöste Fall“ des Protagonisten angerissen wird, das fand richtig gut und war für mich das Beste an dem Buch.


Insgesamt muss ich aber sagen, bot mir das Buch nicht genug. Es ist okay und spricht Krimi-Freunde vermutlich mehr an, als mich – ich fand es hingegen etwas langweilig, wenn auch keineswegs schlecht.

Cover des Buches Wer braucht schon einen Earl zum Glück? (ISBN: 9783570315460)

Bewertung zu "Wer braucht schon einen Earl zum Glück?" von Jenni Fletcher

Wer braucht schon einen Earl zum Glück?
CocuriRubyvor 4 Monaten
Eine gelungene Unterhaltung

Ein historisch angehauchter Liebesroman – leicht und flüssig zu lesen, man stolpert über nichts – weder über Ärgerlichkeiten, noch über besondere Formulierungen.


Die Historie ist reine Kulisse – zum Glück. Was geschieht und vor allem die Protagonistin sind modern gehalten – sowohl in ihren Werten, als auch in ihren Ansichten.

Ich mochte sie, ich mochte ihre Eigenarten, ihre Entschlossenheit und Wunsch nach Selbstbestimmung.


Ihre Sturheit steht ihr natürlich auch im Weg, denn natürlich geht die Liebesgeschichte nicht ohne Probleme vonstatten.


Diese ist von A-Z vorhersehbar, wie so ziemlich alle Aspekte der Geschichte, aber darum geht es bei Liebesgeschichten auch nicht.

Es geht um Emotionen und man fühlt durchaus mit – es hat die erhofften lieblichen wie tragischen Momente.


Was mit besonders gefiel ist, dass es Werte hat, es wird zu keiner Zeit niveaulos und auch wenn es nicht unbedingt das feministische Aushängeschild ist, wie es beworben wurde, verrät es feministische Werte auch nicht.


Die Probleme die einen präsentiert werden sind nicht rein aufgebauscht.

In diesem Genre wären die meisten Probleme bedauerlicherweise gelöst, wenn die Figuren nur einmal miteinander reden würden – sprich keine echten Probleme.

Dem ist hier nicht so, denn sie schaffen gleich offene Verhältnisse durch ein klärendes Gespräch und die Probleme bestehen aus einem moralischen Dilemma und Werte, die gegen Werte stehen – das gefiel mir sehr.

Natürlich gibt es sehr wohl auch „Zufälle“ und Konstruktionen, aber dies ist verzeihlich.


Das hier ist kein weltbewegender Roman, aber ein wunderbarer Vertreter seines Genre und bietet eine gelungene Unterhaltung.

Cover des Buches Alles und nichts sagen (ISBN: 9783462000597)

Bewertung zu "Alles und nichts sagen" von Eva Menasse

Alles und nichts sagen
CocuriRubyvor 4 Monaten
Keinerlei Erkenntnisgewinn

Ich stand dem Buch von Anfang an sehr ambivalent gegenüber.

Zum einen stört es mich, dass wir wieder keinerlei Quellenangaben haben und das obwohl sich hier durchaus auf Datenlagen gestützt wird, aber eben nie konkret, nie vertieft – so bleibt vieles letztlich eine reine Behauptung.


Ich nehme an, dass die meisten von uns der Autorin nicht widersprechen würden, wenn sie sagt, dass Massenmedien/Internet insbesondere geeignet sind Hysterien/Verschwörungen zu verbreiten/vermehren.

Es klingt richtig, man erlebt und fühlt das – und genau dort liegt die Krux! Denn genau so funktionieren doch Fakenews und Verschwörungsmythen – rein gefühlte Wahrheiten, die nicht belegt werden.

Dass die Autorin auf der einen Seite dies als Problem herausstellt und dann genau die gleichen Methoden verwendet, finde ich paradox – und das ist ein riesiges Problem, nicht nur, weil dieses Buch eben kein empirisches Sachbuch ist, sondern ein reines unbelegtes Meinungswerk.


Ein weiteres Problem sehe ich darin, dass Digitalisierung rein verteufelt wird. Das ist nicht nur Irrsinn und pauschalisiertes Schwarz-Weiß-Denken, sondern auch unterkomplex.

Zwar lässt sie ein kurzes Hoch zu , in Form von der weltweiten Verknüpfung Wissenschaft zur Pandemiezeit, aber im privaten lässt sie kein gutes Haar am Internet.


Viele der Warnungen finde ich gar nicht falsch – wie z.B., dass gerade Panik und Hass (starke Emotionen) sich schnell verbreiten lassen und am meisten geklickt werden oder dass viele ihr Handy praktisch nicht mehr aus der Hand legen und sogar mit ins Bett oder auf Toilette nehmen, sprich länger auf einen Bildschirm starren, als in Gesichter ihrer Mitmenschen, Familie oder Freunde.

Trotzdem ist es schon krass überzogen Soziale Medien/Internet mit Radioaktivität in seiner Wirkung gleichzusetzen.


Es ist fast schon bedauerlich, weil der Eindruck erweckt wird, die Autorin wäre nie in den Genuss der positiven Seiten gekommen – wie das verbindende Element, das Gemeinschaftsstiftende, die Möglichkeit zur Vernetzung von Menschen, die sich sonst nie begegnet wären; den Blick über den Tellerrand hinaus, ein ganz neues Potential für Kreativität (um nur ein paar Vorteile zu nennen).


Es ist auch ärgerlich, dass viele der Behauptungen darauf basieren, dass behauptet wird, man könnte nichts gegen Hass im Internet tun, weil das Internet anonym ist oder ein Rechtsfreier Raum – was schlicht nicht stimmt.

Es fehlt durchaus an der Rechtsdurchsetzung, daran, dass gerade in Deutschland Strafverfolgungsbehörden bedauerlich schlecht ausgebildet sind, in Sachen „Internet“ und dies auch schlicht nicht ernst nehmen.

Es fehlt von mir aus auch an dem Willen zur Moderation der Plattformen in Chats – denn auch das macht einen Unterschied – denn es ist keineswegs so, dass in jedem Chat zwangsläufig Hasskommentare auftauchen oder der Ton kippen muss.


Gerade auch hinten raus schweift die Autorin weit ab, vom Thema Debattenkultur und wird plötzlich sehr persönlich.


Kurz gesagt, ich war leider sehr enttäuscht von dem Buch, weil ich mir sehr viel mehr erhofft hatte. Denn die Probleme sind ja unbestreitbar da – aber dieses Buch bietet einen nichts über die reine Behauptung und Benennung hinaus – es bietet keinen neuen Erkenntnisgewinn, keine Analyse, keine Vertiefung, kein Weg wie man es besser machen könnte.

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