Bewertung zu "Mentira - Stadt der Lügen" von Christina Hiemer
Eine spannende, düstere, geheimnisvolle und faszinierende Stimmung macht diese Dystopie zu einem wunderbaren Lesevergnügen. Gemischt mit Fantasyelementen (ohne irgendwelche Einhörner, Vampire oder Co. zu besitzen, die man schon x mal kennt) konnte ich das Buch einmal angefangen kaum aus der Hand legen und hätte es meine Zeit zugelassen, wäre diese Geschichte in einem Rutsch durchgelesen gewesen (so habe ich zwei Tage gebraucht).
Der Schreibstil der Autorin ist flüssig und einfach zu lesen. Man muss sich nicht durch elend lange Sätze quälen, die hinterher eh keinen Sinn mehr ergeben. Die Handlung passt zusammen und es ergibt sich ein schönes Gesamtbild, welches das Lesevergnügen noch steigert. Zumal ich nicht sagen kann, dass diese Story vorhersehbar ist. Christina schafft es immer wieder einen zu überraschen und mit einem unvorhersehbaren Ereignis die Spannung bis zum Schluss hoch zu halten. Selbst wenn es manchmal einige Spannungsflauten gibt, die trotz allem sehr interessant zu lesen waren, wenn der Leser mehr über die Welt erfahren wollte. Zumal immer wieder zur richtigen Zeit ein neues Ereignis passierte um den Leser nicht zu langweilen. Dabei wird die Story jedoch weder überlastend von immer neuen Inhalten, sondern alles fügt sich wahnsinnig gut in die vorhandene Story mit hinein.
Durch die verschiedenen Charakterperspektiven taucht man tiefer in die Welt hinein und versteht die Sichtweisen der Charaktere besser, die einen auch mehr ans Herz wachsen. Es passt sehr gut zum Buch und zur Story, denn ich denke mit nur einer Perspektive wäre die Welt nicht so klar und ersichtlich geworden, wie sie ist. Es gibt nicht nur Schwarz und Weiß, es gibt auch viele unterschiedliche Schattierungen von Grau. Jede Person hadert mit sich selbst und seinen Entscheidungen und schlussendlich sind sie es, die mit ihren Entscheidungen leben müssen. Hauptsächlich wird aus drei Sichten geschrieben, die wie vorher erwähnt verschiedene Einblicke auf verschiedene Aspekte von der Welt in Mentira geben.
Zuerst Melia, unsere weibliche Hauptdarstellerin. Aufgewachsen in einer Stadt, in der Lügen verboten ist, wurde ihr von klein auf eingetrichtert immer die Wahrheit zu sagen. Jetzt muss sie sich genau dem Gegenteil stellen. Trotz ihrer vorher erst einmal kleinen Welt ist sie nicht das naive schüchterne, zu beschützende Mädchen, welches mich gerne in anderen Büchern nervt. Zwar hat sie auch ihre schwachen Seiten, doch ihre Stärken bügeln diese auch wieder aus. Sie ist sympathisch, neugierig, aufgeschlossen, mutig, gibt Kontra und hinterfragt. Selbst wenn es manchmal ausweglose Situationen gibt, die sie hilflos zurücklassen gibt sie nicht so einfach auf, sondern überlegt, was sie dann machen kann, statt zu verzweifeln und auf einen Retter zu hoffen (der dann ganz unverhofft doch auftaucht). Außerdem ist sie nicht auf den Mund gefallen und sagt ihre Meinung und versucht hinter die Fassaden zu blicken, die Menschen um sich herum aufbauen.
Kilian, der zweite, aus dem die Sicht erzählt wird, bildet einen starken Kontrast zu Melia. Wo sie auf Wahrheit erzogen wurde, lebte er im Schatten und kämpft tagtäglich mit Lügen und der Finsternis in den Herzen der Menschen, auch gegen seine eigene. Dabei sorgt er sich um diejenigen, die er als seine Familie betrachtet und hat doch auch seine guten Seiten, die hinter der Grausamkeit verschwinden um nicht selbst verletzt zu werden.
Die dritte Perspektive bietet Jaron. Der Junge, der versucht seiner Vergangenheit und der Dunkelheit darin zu entfliehen. Er weiß, dass er Fehler gemacht hat, versucht aber sie zu verdrängen. Klappt auch ganz gut, bis Melia ihn mit dieser Vergangenheit konfrontiert und er sich nun bewusst entscheiden kann, ob er die Fehler der Vergangenheit wiederholt, oder endlich etwas ändert. Für ihn steht an erster Stelle seine Familie, die er anfangs versucht mit allen Mitteln zu beschützen, bis er merkt, dass er andere damit auch verletzen kann.
Natürlich besteht das Buch nicht nur aus diesen drei Personen, dessen Charakterzüge ich näher beschrieben habe um zu zeigen, wie die Sichtweisen die Welt vielfältiger werden lassen. Auch die anderen Figuren kommen sehr stimmig rüber und bleiben nicht oberflächlich. Von der "bösen Umbrige" - wie ich sie insgeheim nenne - bis hin zum liebesnwerten kleinen Mädchen sind viele Charaktere vertreten. Einige helfen, werden sympathisch und haben ihre Rollen um der Welt Leben zu verleihen, die einen bis zum Schluss nicht mehr loslässt.
Ich bin sehr gespannt wie es weiter geht und auf was für eine Reise wir uns hier noch begeben werden. Ein wahnsinnig vielversprechender Auftakt, der Lust auf mehr macht.