Bewertung zu "Rette mich vor dir" von Tahereh H. Mafi
Klappentext
Juliette ist die Flucht gelungen. Sie und Adam sind den Fängen des grausamen Regimes entkommen und haben Zuflucht gefunden im Omega Point, dem Stützpunkt der Rebellen. Hier gibt es andere wie sie mit übernatürlichen Kräften, und zum ersten Mal fühlt Juliette sich nicht mehr als ausgestoßene. Doch der Fluch ihrer tödlichen Berührung verfolgt sie auch hier – zumal Adam nicht länger völlig immun dagegen ist. Während ihre Liebe zueinander immer unmöglicher scheint, rückt der Krieg mit dem Reestablishment unaufhaltsam näher. Und mit ihm das Wiedersehen mit dem dunklen und geheimnisvollen Warner, hinter dessen scheinbar gefühlloser Fassade sich so viel mehr verbirgt, als es den Anschein hat ...
Wie es mir gefallen hatDen zweiten Bänden von Trilogien haftet ja irgendwie der Ruf an, doch nur eher mittelmäßig zu sein - das Zwischenstück zwischen dem grandiosen Auftakt und dem furiosen Finale. Aber "Rette mich vor dir" ist alles andere als mittelmäßig. Es ist eine turbulente und spannenden Fortsetzung, die sehr ans Herz geht und mich bis zur letzten Seite gefesselt hat.
Wie auch schon der erste Band, wird "Rette mich vor dir" von Juliette in der Ich-Perspektive geschrieben. Der Schreibstil ist wieder sehr poetisch, aber diesmal fiel es mir leichter, hineinzufinden.
Nach ihrer Flucht leben Adam und Juliette in dem geheimen Stützpunkt Omega Point, wo sie sich langsam in der Welt der Rebellen zurechtfinden. Juliette hat damit zu Beginn ihre Schwierigkeiten. Zwar haben viele Menschen hier besondere Gaben, aber mit ihren besonderen Fähigkeiten sticht sie hervor und wird von vielen aus Angst gemieden. Nur nach und nach schafft sie es, sich einzufügen und Freunde zu finden.
Zudem steht ein Krieg gegen das Reestablishment bevor und in Juliettes Augen verschwimmen die Grenzen zwischen gut und böse. Denn auch Castle, der Leiter von Omega Point, verlangt von ihr, ihre Kräfte für den Kampf einzusetzen. Und Juliette stellt sich die Frage, ob die hehren Ziele den Gebrauch ihrer tödlichen Fähigkeiten so viel besser machen.
Die Liebesgeschichte mit Adam, die im zweiten Band fortgeführt wird, gefiel mir anfangs nicht so gut, da sich Juliette und Adam sehr nur darauf fixierten, ohne die Welt als Ganzes zu sehen - da konnte ich Kenji oft doch nur zustimmen, dass es nervig war, dass die beiden kaum die Finger voneinander lassen konnten, wenn sie in einem Raum zusammen waren. Da war ich fast erleichtert, als sich herausstellte, dass Adam nicht mehr gegen sie immun war, und Juliette daraus die Konsequenz zog, sich von ihm zu trennen. Auch wenn das einfacher gesagt, als getan war.
Adam verlor in diesem Band einen Teil meiner Sympathien. Manchmal war er mir zu hitzköpfig, dann wieder zu weinerlich, wenn es um die Beziehung zu Juliette ging. Seine Liebe zu ihr erschien mehr wie eine Sucht, wie eine Besessenheit, von der er nicht lassen kann. Dass sie zu seinem Schutz die Trennung will, fällt ihm schwer, zu akzeptieren.
Kenji, der in "Ich fürchte mich nicht" schon eine größere Rolle gespielt hatte, wird hier weiter ausgearbeitet. Anfangs wirkte er auf mich, als würde er mit seiner lustigen und sympathischen Art zum Comic Relief dienen. Aber hinter seinen unverschämten Witzen verbarg sich ein weitaus vielschichtiger und erwachsenerer Charakter, als es auf den ersten Blick den Anschein hatte.
Castle als Leiter der Organisation blieb im Vergleich ein bisschen blass und undurchschaubar - er ist ungewöhnlich optimistisch und verfolgt seine Vision, der Menschheit eine bessere Zukunft zu gestalten. Aber dafür ist er für einiges bereit, was es schwierig macht, ihn einzuschätzen.
Die größte Überraschung war für mich dann Warners Entwicklung, über dessen Hintergrund man in diesem Teil sehr viel mehr erfahren hat, so dass er sich von einem flachem Psychopathen zu einer dreidimensionalen, vielschichtigen Figur gewandelt hat, die mir unerwartet ans Herz gewachsen ist. Es steckt weitaus mehr hinter ihm, als es am Anfang den Anschein hatte, und dennoch bleibt er unberechenbar und es gibt noch vieles, was man im letzten Band über ihn erfahren kann.
Ein Augenrollen konnte ich mir jedoch nicht verkneifen, da ausgerechnet auf die beliebte Trope "Pet the Dog" zurückgegriffen wurde, um Warner das erste Mal etwas Menschliches zu geben. Das war mir dann doch ein bisschen zu Klischee.
Es gab noch zahlreiche weitere, interessante Nebencharaktere in kleineren Rollen, die ich hier gar nicht alle aufzählen kann. Ein kleiner Wermutstropfen aus meiner Sicht war, dass es recht wenige weibliche Nebenfiguren gab, mit denen Juliette regelmäßigen Kontakt hatte.
Die Handlung um den aufkommenden Krieg zwischen dem Reestablishment und den Rebellen verlief auch sehr spannend und wartete mit zahlreichen, meist unerwarteten Wendungen auf, wobei mir jedoch eine der größeren Wendungen nicht so gut gefallen hat, da sie doch sehr klischeehaft und platt war. Auch wenn sie einiges gut erklären konnte und bestimmt im nächsten Band noch ihre großen Wellen schlagen wird.
FazitNachdem ich am Anfang wieder etwas brauchte, in die Geschichte hineinzufinden, hat sie mich dann doch noch mehr gefesselt als der erste Band. Juliette ist als Figur in diesem Band an ihren Erfahrungen gewachsen, fängt langsam an sich selbst zu akzeptieren und ist nicht mehr so passiv wie zu Beginn ihrer Reise, sodass sie zu einer wertvollen Spielerin im Kampf gegen das Reestablishment geworden ist.
Es hat mir in der Hinsicht auch gut gefallen, wie sich ihre Romanzen entwickelt haben - wo sie anfangs noch so hungrig nach Liebe war, dass sie kaum einen anderen Gedanken fassen konnte und fast schon abhängig wirkte, hat sie sich nach und nach zu einer viel gefestigteren Figur entwickelt, die erkannt hat, dass sie auch stark sein kann, ohne sich auf einen Mann an ihrer Seite zu stützen. Was eine viel bessere Voraussetzung für eine gesunde Liebesbeziehung ist. Ich bin sehr gespannt, wie sich das im letzten Teil der Trilogie weiterentwickeln wird.