Bewertung zu "Die heimliche Heilerin und die Könige" von Ellin Carsta
Worms 1409: Vor dem Wohnhaus der heimlichen Heilerin bricht ein Mann mit blutdurchtränkter Kleidung zusammen. Bald ist sichtbar, dass sein Körper mit Stichwunden übersät ist. Madlen und Franz sind gerade erst dabei, alles für die Wundversorgung vorzubereiten, als zwei Wachmänner des Königs Ruprecht in ihr Haus stürmen. Sie behaupten, der tote Fremde habe eine geheime Botschaft überbracht, als Franz das bestreitet, wird er kurzerhand verhaftet.
Madlen ist geschockt und kann gar nicht glauben, was ihr soeben widerfahren ist. Mit allen Mitteln arbeitet sie daran, ihren Gatten zu finden und zu befreien. Doch dafür muss sie zuerst herausfinden, wer der Fremde war und was es mit der vermeintlichen Geheimbotschaft auf sich hat …
Der Anfang ist wunderbar gelungen. Mit einem Schlag wird der Leser in die Geschichte gesogen. Dabei gelingt das wunderbare Gleichgewicht, den Inhalt zu schildern und dabei etwas über die Figuren zu erzählen (Ich bin wie schon gesagt erst bei diesem Band eingestiegen, was aber kein Problem war). Madlen wirkt extrem sympathisch, ihre scheinbar wichtigsten Eigenschaften werden sofort beleuchtet und ihr Charakter - so wie auch der ihres Mannes - ist mehrschichtig. Ich für meinen Teil kann es gar nicht leiden, wenn ein Charakter überzeichnet ist, sei es in die eine oder in die andere Richtung.
Was mich sonst an historischen Romanen oft stört, ist das Klammern an Fakten, Namen und Orten. Ich erwarte von einem historischen Roman natürlich ein gewisses Maß, aber wenn mir ein Fakten-Infodump vorgesetzt wird, dann verliere ich schnell die Lust. Hier wurden ganz im Gegensatz dazu die historischen Fakten als Aufhänger für die Geschichte genommen und wie ein Netz um den wahren Kern gespannt. Außerdem wurden die tatsächlich historischen Personen so gezeichnet wie die fiktiven, sodass mir zumindest erst später wirklich klar wurde, wer real existiert hat und wer nicht. Dieses geschickte Einpflegen hat mir sehr gefallen.
Um aber zum letzten und für mich entscheidenden Punkt zu kommen, aus dem ich begeistert war:
Die Sprache! Ich bin wirklich kein Experte von Sprache in historischen Romanen, aber mir hat der lebendige Erzählstil sehr gut gefallen. Hier sehe ich auch die größte Diskrepanz zu vergleichbaren Titeln, denn die Sprache wurde hier genutzt, um mich völlig in die Grundstimmung hineinzuziehen. Zu keiner Zeit werden Begriffe oder Redewendungen eingeworfen, die ganz eindeutig nicht in die Zeit gehören. Andersherum wirkt die Sprache auch nicht bewusst gestellt, einfach um "alt" zu wirken. Mir ist völlig klar, dass wohl kaum exakt so um 1409 gesprochen wurde, aber wenn ich das nachlesen will, suche ich mir ein Sachbuch. So kann selbst ich schnell und flüssig lesen und bin tatsächlich in der Geschichte drin, ohne durch unverständliche Satzkonstruktionen herausgeworfen zu werden.
Insgesamt für mich der beste historische Roman, den ich seit langem oder vielleicht (bei meiner zugegeben beschränkten Erfahrung) sogar jemals gelesen habe! Ich denke, dass ich mich jetzt den vorigen Teilen widme, in der Hoffnung, dass die Autorin von Beginn an so geschrieben hat.