EmmaWoodhouse

Beverly Kaczmarek, Küken des legendären Familienclans Kaczmarek, will endlich ihr eigenes Ding machen. 

Türschlösser knacken, einfacher Diebstahl - das wurde ihr praktisch in die Wiege gelegt. Endlich will sie aus dem Schatten ihrer Brüder Yves und Billy treten und als Großverbrecherin durchstarten. 

Die Quadrigia auf dem Brandenburger Tor soll es sein.

Ganz im Alleingang geht es allerdings nicht. Mit dem Wetteranarchisten Dragan Vidovic´beschließt sie, gemeinsame Sache zu machen. Dragan, dessen neuestes Meisterwerk eine vorgegaukelte Wetterkrise ist, soll für das entsprechende Ablenkungsmanöver sorgen, während Beverly den Coup ihres Lebens begeht. 

So einfach ist es dann aber doch nicht... 

Innerhalb von 200 Seiten fächert sich hier eine bis ins kleinste Detail ausgearbeitete Welt auf, durch die Michel Decar mit Verve und grandiosem Humor leitet. Sehr filmisch erzählt, teils im wahrsten Sinn des Wortes aus der Vogelperspektive (des Falken José) folgen wir dem Geschehen zwischen Familienehre, Meisterdiebstahl, schlangenzüngigen Dialogen und Tabakrauch - mit herrlich unaufgeregter Situationskomik. 

Wir lernen Verbrecher kennen, die mafiös die Fäden gravierender Kriminaldelikte spannen, für die Zahnhygiene aber das A und O ist. 

Hochkriminell, aber anständig. 

Zwielichtig, aber grundehrlich. 

Da wird über den Rosinenanteil in Backwaren ebenso energisch debattiert wie über die Glaubhaftigkeit des Urknalls. 

Man knuspert sich durch die Seiten wie bei Blätterkrokant.

Es hat mich zum Lachen gebracht, köstlich unterhalten.

Es war, als hätte man einem Schauspiel beigewohnt und sich vorübergehend in eine andere Realität forttragen lassen.

Genau wie Decars Erstling, Tausend deutsche Diskotheken, eine Riesenempfehlung, direkt aus dem Herzen!

Verdrängung und Vergessen sind zentrale Themen in 'Ein Lied für die Vermissten', sowie die Geschichten, die entstehen, um dies zu vereinfachen. Welche davon stimmen? Was hat sich so zugetragen - und was nicht?
"Ich sehe mehr Leerstellen als Wörter.", sagt Amin in der Dunkelheit eines Museumskellers zu Saber Mounir, als sie fragmentarische Fetzen verbrannter Texte ergründen.
"Die Leere zwischen den verbliebenen Wörtern ist eine Einladung an uns, sie mit Phantasie zu füllen.", antwortet ihm dieser.
Ob im Schweigen seiner Großmutter, dem Geheimnis seines besten Freundes, dem plötzlichen Verschwinden seiner ersten Liebe - ihm verborgen gebliebenes zu dechiffrieren wird zu Amins Lebensaufgabe. Was er zu Tage fördert ergibt drei Strophen eines Liedes für die Vermissten.
Es gibt einen Anfang. Und es gibt keinen Anfang.
Es war so. Und es war nicht so.

Ein sehr tiefgehendes, Gedanken anregendes Buch, das ich uneingeschränkt empfehlen kann.

Schon am ersten Tag seines Mathematikstudiums in Jena lernt Marc den oppositionellen Kreisen angehörenden Paul und wenig später auch Hanka kennen. Trotz ihrer unterschiedlichen Gemüter freunden sie sich an. Jeder von ihnen strebt jedoch nach Veränderung, sucht der Unvollkommenheit ihrer Leben zu entfliehen und so trennen sich nach dem Studium ihre Wege.

Als sie sich Jahre später wieder begegnen, scheint alles im Gleichgewicht.

Paul komponiert avantgardistische Stücke, ist in einer Beziehung mit der integren Siri, studiert.

Hanka, schon immer freiheitsliebend, bereist die Welt und jobbt als Dolmetcherin.

Und Marc bleibt in Jena, macht Karriere, lebt in geordneten Bahnen und ist verliebt in Hanka - war es immer.

Zu viert beschließen sie eine Reise nach Rumänien, doch die gemeinsame Zeit fördert bislang unausgesprochenes zutage und treibt einen erneuten Keil zwischen die alten Freunde.

Wieder verstreichen Jahre, bis sich die Wege unserer Protagonisten kreuzen sollen und wieder entwickeln sich ihre Lebensumstände weiter auseinander. Nur Hanka scheint in beider Leben eine Konstanze.

Das Buch enthält keine reisserisch plotierten Handlungsstränge, es erzählt vielmehr still von den Geschichten, die das Leben schreibt. Die Figuren und das Setting werden nachfühlbar beschrieben und erlauben einen Blick in die Umbruchsstimmung der DDR kurz vor der Wende. 

>>Alles pulsiert, alles leuchtet. Beirut bei Nacht, diese funkelnde Schönheit, ein Diadem aus flirrenden Lichtern, ein Band aus Atemlosigkeit.<< 

Mit diesen Zeilen leitet Am Ende bleiben die Zedern schwunghaft die Reise in den Libanon ein.

Pierre Jarawans Erstling ist mitreissend, verzaubernd, atmosphärisch, nah. Sein Protagonist wird zum Vertrauten, sehr bildhaft wird sein Heranwachsen dargestellt, mit allen Erschütterungen und Euphorien, schönen und niederschmetternden Erlebnissen. Als er sich auf die unumgämgliche Reise in den Libanon begiebt, ist sein Ziel nicht allein, seinen Vater zu finden, sondern ferner auch der Drang, die Bilder des Landes, die sein Vater von klein auf in ihm projezierte, lebendig werden zu lassen, seine Wurzeln zu ergründen und sich seine Zugehörigkeit zu diesem aufreibenden, pittoresken Land, dem er sich so nahe fühlt, zu bestätigen. Was er wirklich findet, ist mehr, als er (und wir) erwarten konnte(n)..

Wie habt ihr euch eigentlich kennen gelernt?" - So ziemlich jedes Paar kennt diese Frage. In Die Schönheit der Begegnung begleiten wir zwei Menschen, deren Leben so viele Überschneidungspunkte haben, dass es nicht nur eine Art des Aufeinandertreffens geben könnte. Durch 32 Kapitel beobachten wir, wie der Protagonist auf unterschiedlichste Weisen Linh begegnet. In jedem davon schlüpfen die Figuren in eine neue Rolle, spielen hier romantisch, dort humorvoll vor jeweils neuer Kulisse. Der Drang, zu erfahren, wie sich die beiden nun wirklich kennen gelernt haben, lässt durch die Seiten fliegen, doch führt uns der Autor mit jeder Variation mehr in den Nebel.

Bei mir stellte sich irgendwann ein Moment ein, an dem mir die Episoden zu lapidar und das Kennenlernen der Figuren zu wenig tiefgehend war. Allzu schnell verliebte ich mich in diese oder jene Erzählung, um nach wenigen Seiten umdenken und davon ablassen zu müssen. Doch - moment, hier geht es um Begegnungen, um Augenblicke also. Die kommen rasant, elektrisierend und mit bewusst gedrosselter Geschwindigkeit ließ ich mich neu darauf ein.

Die Schönheit der Begegnung - 32 Variationen über die Liebe ist ein Genuss mit Sinn für Musik, Mode, Sprache und Liebe und ist unbedingt lesenswert!

Als die Protagonistin Nina nach Paris reist, lernen wir mit ihr die wohl romantischste Stadt und die Grundprinzipien der Patisseriekunst kennen. Sie leitet einen neuen, von ihrer Familie unabhängigen Lebensabschnitt ein, der jedoch damit verknüpft ist, eine befristete Stellung bei ihrem alten Jugendschwarm anzunehmen. Zu der Neugierde, wann sie und ihr arroganter, doch anziehender Chef, Sebastian, sich näher kommen, gesellen sich dauerhafte Heisshungerattacken auf die süßen Versuchungen, die Nina tagtäglich in der Patisserieküche kreirt - heimlich, denn Sebastian plant, das kleine Café in der Art nicht mehr fortzuführen.

Der Mittelteil bremste den Lesefluss etwas ab, ihr Sebastian regte mich mit seinem instabilen Gemüt und der verbalen Grobheit auf und viel mehr als die Patisserieküche bekommt man nicht zu sehen. Obschon man aber den Ausgang dieser Lovestory selbstredend erahnen konnte, hat mich das Wie dann doch überrascht. Kitschig-schön, aufgelockert durch den trockenen Humor von Nina's Freunden. Eben so, wie ich mir ein Wohlfühlbuch für den Sommer vorstelle.