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Esme--

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Cover des Buches Bound by Flames (ISBN: 9783492709811)

Bewertung zu "Bound by Flames" von Liane Mars

Esme--
Drachen, Magie und Überleben: Ein fesselnder Fantasyauftakt

Inhalt: 

Cajas Schicksal scheint besiegelt: Aus politischen Gründen soll sie mit einem grausamen König verheiratet werden, dem nachgesagt wird, seine vorherigen Gemahlinnen gefoltert und ermordet zu haben. Um diesem düsteren Los zu entgehen, fasst Caja einen verzweifelten Entschluss – sie will sich als Drachenreiterin bewerben. Doch auch dieser Weg birgt eigene Gefahren: Drachenreiter kämpfen immer im Trio – bestehend aus einem Drachen und zwei Reitern – und alle Beteiligten gehen eine tiefgehende, magische Verbindung ein. Ihre Lebenserwartung ist allerdings erschreckend kurz. Zwischen tödlicher Pflicht, magischer Bindung und einem zornigen König beginnt für Caja ein Kampf um Freiheit, Identität und ihr Überleben.




Meinung: 

Als ich den Klappentext von „Bound by Flames“ vor einigen Monaten entdeckt habe, war für mich sofort klar: Dieses Buch muss ich lesen. Fantasyromane mit Drachen haben bei mir generell einen Stein im Brett – und dieser versprach darüber hinaus eine fesselnde Liebesgeschichte, jede Menge Konflikte und lebensgefährliche Herausforderungen.


Die Erwartungen, die ich an das Buch hatte – nämlich, dass es mich durchgehend fesseln würde – wurden, so viel sei vorweggenommen, vollständig erfüllt.


Gleich zu Beginn lernen wir die Protagonistin Caja, Prinzessin von Avion, kennen. Sie lebt in einer Welt, in der gefährliche Kreaturen wie Drachen, Wyvern und Wyrm ihr Unwesen treiben. Doch die größte Bedrohung stellen die Dubhar dar – unsichtbare, magische Wesen, die vor 150 Jahren erstmals auftauchten und seither gezielt Städte angreifen und Menschen töten.


Nur die Drachenreiter, die im Namen des Senats handeln, sind in der Lage, diese Angriffe abzuwehren. Drachen verfügen über enorme magische Kräfte, die durch die Verbindung im Dreiklang gebündelt und kontrolliert werden können. Die Aufnahmeprüfungen sind gnadenlos – danach entfaltet sich ein Drama im Kampf um Lebens- und Überlebenschancen.


Ausgerechnet Sy, der Anführer der Drachenreiter, setzt sich für Caja ein, als sie König Illian versprochen werden soll – einem Mann, der für seine Grausamkeit bekannt ist und dem nachgesagt wird, seine Ehefrauen auf brutale Weise getötet zu haben.


Caja muss eine folgenschwere Entscheidung treffen. Doch im Verlauf des Buches hatte ich oft das Gefühl, dass sie, wenn sie denn überleben will, kaum eine echte Wahl hat. Stets balanciert sie am Rande des Abgrunds – und das macht ihre Geschichte so fesselnd.


Ihr bislang privilegiertes Leben wird von einem Moment auf den anderen auf den Kopf gestellt. Kleine Alltagszauber weichen plötzlich der rohen, wilden Magie eines echten Drachen. Caja muss lernen, in einer harschen Welt zu bestehen – einer Welt, in der das Überleben alles ist.


Die Darstellung des Lebens der Drachenreiter ist besonders eindrücklich. Sie leben abgeschottet in einem Höhlensystem, in dem jeder Tag von harter körperlicher und magischer Ausbildung geprägt ist. Der Umgangston ist rau, der Alltag entbehrungsreich, und selbst das Nötigste ist Mangelware. Der enge Raum, das ständige Training und die Isolation machen das Leben zur Zerreißprobe.


Liane Mars gelingt es hervorragend, eine einzigartige, komplexe Welt zu erschaffen, die mich als Leserin von Anfang an fasziniert hat. Die strengen Regeln in den Höhlen, die skurrilen Kommunikationsweisen über Schluchten hinweg, die magischen Markierungen zur Wegweisung – all das verleiht der Geschichte Tiefe und Authentizität.


Caja selbst habe ich im Laufe der Geschichte immer mehr bewundert. Ihr Mut, ihre Stärke und ihre Entschlossenheit, trotz aller Widrigkeiten weiterzumachen, haben mich tief beeindruckt. Die Beziehung zu ihrem Drachen und zu ihrem Partner ist alles andere als einfach – besonders letzterer, geprägt von Verlusten und emotionaler Kälte, stellt sie immer wieder auf die Probe. Die körperliche Nähe, die sie zur Stärkung ihrer Kräfte teilen müssen, stellt Caja zusätzlich vor ein moralisches Dilemma.


Parallel zu all dem werden die Dubhar immer bedrohlicher, die Reihen der Drachenreiter lichten sich, und König Illian setzt alles daran, Caja zurück in seine Gewalt zu bringen. Bald wird deutlich: Die Angriffe der Dubhar könnten weit mehr als nur blinde Zerstörungswut sein …




Fazit: 

Liane Mars gelingt mit „Bound by Flames – Funken und Asche“ ein Auftaktband, der von der ersten Seite an fesselt. Mit einer starken Heldin, einem brutalen Überlebenskampf, einer langsam entflammenden, emotional vielschichtigen Liebesgeschichte und einem originellen Worldbuilding ist dieser Roman ein Pageturner, den man kaum aus der Hand legen kann.

Besonders Drachenfantasy-Fans kommen hier auf ihre Kosten: Statt zahmer Fabelwesen begegnet man hier eigenwilligen, mächtigen Kreaturen, die ihren Platz in der Welt der Menschen verteidigen – und dabei ihren Reitern nichts schenken.

Ein mitreißender Beginn einer Dilogie, der so viele Fragen aufwirft, dass man unbedingt weiterlesen möchte.

Cover des Buches Break to You (ISBN: 9783737373791)

Bewertung zu "Break to You" von Neal Shusterman

Esme--
Zwischen Mauern und Worten

Inhalt: 

Als sich die Tür hinter Adriana schließt, weiß sie, dass die kommenden Monate ein Kampf ums Überleben sein werden. Ihr einziger Halt: ein Notizbuch, in dem sie ihre Gedanken in Gedichtform festhält. Doch noch bevor sie sich in der neuen Umgebung orientieren kann, wird ihr das Buch abgenommen.


Adriana wurde von einer Freundin betrogen und für eine Tat verurteilt, die sie nicht begangen hat. Nun muss sie sich in einer Jugendstrafanstalt zurechtfinden – einer Welt mit eigenen Regeln, strengen Hierarchien und täglichen Machtkämpfen. Als sie ihr Notizbuch schließlich zurückbekommt, verliert sie es erneut – diesmal in der Bibliothek. Jon, ein Mitinsasse, der als gefährlich gilt, findet es. Er beginnt, ihre Einträge zu kommentieren, und stellt das Buch zurück. Nach und nach entspinnt sich ein stiller Austausch, der beiden Jugendlichen hilft, ihre Gefühle zu verarbeiten und in einer gnadenlosen Umgebung ein Stück Halt zu finden.




Meinung: 

Neal Shusterman gehört neben Jay Kristoff zu meinen Lieblingsautoren, daher war für mich klar, dass ich „Break to You“ lesen musste. Gemeinsam mit Debra Young und Michelle Knowlden erzählt er eine berührende Geschichte. Erzählt wird diese abwechselnd aus zwei Perspektiven: zum einen der von Adriana zum anderen der von Jon.


Besonders eindrücklich gelingt den AutorInnen die Darstellung des Gefängnisalltags. Adriana muss lernen, sich in einem Alltag, geprägt von brutalen strittigen Hierarchien und blutigen Rivalitäten, zurechtzufinden. Die Beziehungen zwischen den Insassinnen sind von dem ständigen Versuch geprägt, keine Schwäche zu zeigen. Doch nicht nur die Mitinsassinnen sind eine Herausforderung – auch die MitarbeiterInnen der Anstalt sind nicht immer wohlwollend. Der Psychologe nutzt seine Position, um Jugendliche zu manipulieren, und Jon setzt gezielt Gerüchte ein, um seinen Status zu sichern.


Das Buch sensibilisiert für die Realität in Jugendstrafanstalten – eine Welt voller Isolation und Ausweglosigkeit, die von der Gesellschaft oft vergessen wird. Besonders eindringlich sind die Schicksale der Jugendlichen: Da ist das Mädchen, dessen Eltern sie eines Tages einfach nicht mehr abgeholt haben und das nur deshalb noch hinter Gittern sitzt, weil niemand weiß, wohin mit ihr. Oder die junge Mutter, die ihr Kind liebt, aber kaum in der Lage wäre, es außerhalb der Anstaltsmauern großzuziehen.


Trotz der Härte des Alltags gibt es Hoffnung – in Form von kleinen Gesten, von Vertrauen, das langsam wächst, und von der Kraft der Worte. Die Bibliothek wird zu einem Zufluchtsort, Büchern kommt eine besondere Bedeutung zu.


Ohne moralischen Zeigefinger, aber mit feinem Gespür für Zwischentöne, zeigen die AutorInnen, wie diese Jugendlichen, die oft in ihrem Leben bereits schwere Zeiten durchgemacht haben, sich dennoch ein Stück Selbstbestimmung bewahren.


Die Handlung beginnt ruhig und konzentriert sich zunächst auf den Gefängnisalltag, die Dynamiken unter den Insassen und die Herausforderungen, denen Jon und Adriana gegenüberstehen. Erst nach und nach nimmt die Geschichte an Fahrt auf, bis sie im letzten Viertel eine mitreißende Wendung erfährt.


Was das Ende betrifft, so wird es sicherlich polarisieren. Einerseits bleiben einige Fragen unbeantwortet, was die Geschichte offener und realistischer erscheinen lässt. Andererseits gibt es eine Art von Abschluss, der nicht zwangsläufig als klassisches Happy End zu bezeichnen ist, aber dennoch einen hoffnungsvollen Ton trifft. Das Buch zeigt eindrücklich, dass es im Leben selten einfache Lösungen gibt – manches bleibt ungewiss, manches ungerecht, und nicht jede Geschichte endet mit einem klaren Schlussstrich. Gerade diese Unvollkommenheit macht den Roman so authentisch und nachdenklich stimmend.




Fazit: 

„Break to You“ erzählt eine Geschichte, die zwischen Härte und Hoffnung balanciert. Die ruhige Erzählweise lässt die Leser tief in den Gefängnisalltag eintauchen, bevor die Handlung sich zuspitzt und in einem dramatischen Höhepunkt endet.


Das offene Ende mag nicht für jeden befriedigend sein, doch gerade seine Unvollkommenheit macht es so lebensnah. Das Buch zeigt, dass es nicht immer klare Abschlüsse gibt – aber selbst in schwierigen Situationen kann es Lichtblicke geben.


Eine eindrucksvolle, nachdenklich stimmende Lektüre, die noch lange nachhallt. 

Cover des Buches Herbsthundewetter (ISBN: 9783551523112)

Bewertung zu "Herbsthundewetter" von Andreas Steinhöfel

Esme--
Kurzmeinung: Ein poetischer Spaziergang durch die Jahreszeiten – „Herbsthundewetter“ verzaubert mit Wort und Bild
Ein kleines Goldstück unter den Kinderbüchern

Inhalt: 

Als Henri und Finn von der Fensterbank aus nach draußen blicken, sehen sie nebelverhangene Felder und Bäume in den schönsten Herbstfarben. Henri würde so gern hinaus und durch den Nebel tollen, die Natur erkunden. Doch Finn erklärt ihm, dass er dafür noch zu jung sei. Erst im nächsten Jahr, wenn er größer geworden sein würde, dürfe er alleine vor die Tür.


Kurzerhand träumt sich Henri hinaus in die Natur. Er stellt sich den Frost vor, der wie eine silberne Decke auf dem Land liegt, spürt im Traum das Eis unter seinen Pfoten, wenn er zum ersten Mal einen zugefrorenen See betritt. Er sieht den Schnee, unter dem die Blumen schlafen, erlebt im Kopf den Wechsel der Jahreszeiten. Vor seinem inneren Auge glitzert der Morgentau in der aufgehenden Sonne, Mohnfelder und Narzissen blühen auf, Schmetterlinge tanzen am Himmel. Er fühlt die Sommerhitze auf dem Fell und die Lust auf ein erfrischendes Bad – bis auch der Sommer langsam vergeht, Regen und Hagel einsetzen und warme Brauntöne den nächsten Herbst ankündigen.


Bald ist es soweit. Bald kann Henri seine Träume wahr werden lassen und zu abenteuerlichen Erkundungstouren durch die traumhafte Landschaft aufbrechen …




Meinung: 

Andreas und Dirk Steinhöfel haben mit „Herbsthundewetter“ ein Buch geschaffen, das spielerisch und poetisch den Wechsel der Jahreszeiten anhand der Geschichte eines jungen Beagles illustriert, der von großen Abenteuern träumt.


Schon das Cover hat mich sofort verzaubert. Die dunklen Farbtöne und der aquarellartige Zeichenstil versprechen einen melancholischen, verträumten – manchmal wehmütig wirkenden Blick auf die Dinge.


Das Buch ist schnell gelesen, transportiert aber auf wenigen Seiten ein ganzes Spektrum an Gefühlen. Die Illustrationen im Innenteil greifen die Stimmung des Covers auf und führen sie fort. Je nach Jahreszeit mischen sich bunte Farbtupfer – von sommerlich roten Mohnblumen über gelbe Frühlingsnarzissen bis hin zu herbstlichen Gelb- und Brauntönen. Ganz so, wie die Natur selbst im Laufe des Jahres ihre Farben wechselt.


Beim Lesen von Henris Traumabenteuer fühlt man sich selbst, als würde man durch die Natur streifen. Der Text begleitet die traumhaft schönen Illustrationen nur sparsam – allerdings genau im richtigen Maß. Andreas Steinhöfels Sprache ist fast schon poetisch, wenn er vom Wandel der Jahreszeiten erzählt. So lesen wir etwa von der früh untergehenden Herbstsonne, vom Abendrot, das die Bäume leuchten lässt, als stünden sie in Flammen. Die Szenen, in denen Henri an einem Baumstamm Rast macht und verträumt die zarten orangefarbenen Blätter einer Physalis betrachtet, während um ihn herum ein ganzes Feld erblüht und gelbblättrige Birken im Hintergrund vom nahenden Herbst künden, verdanken wir hingegen dem feinen Gespür von Dirk Steinhöfel. Mit seinem stimmungsvollen und detailverliebten Zeichenstil fängt er diese Momente auf berührende Weise ein und lässt sie lebendig werden.


Nur 40 Seiten umfasst dieses Buch – und doch fühlt es sich an, als würde man ein ganzes Jahr voller kleiner Wunder und Abenteuer erleben. Es macht Lust, vor die Tür zu gehen und die Natur mit allen Sinnen zu entdecken.


Andreas und Dirk Steinhöfel ist hier ein Werk gelungen, das nicht nur junge LeserInnen begeistern wird. Es ist kein Buch, das man einfach nur durchblättert – es hallt nach. Es erinnert uns daran, dass wir in einer Welt leben, die uns jeden Tag neue Wunder schenkt.




Fazit: 

Herbsthundewetter hat mich von der ersten Seite an wegträumen lassen – hinaus in die Natur, mitten hinein ins farbenfrohe Schauspiel der Jahreszeiten. Ich hatte sofort das Bedürfnis, selbst loszuziehen und das Leben draußen mit offenen Augen und Sinnen zu genießen.


Dieses Buch lädt dazu ein, innezuhalten, die frische Luft einzuatmen, den frühen Sonnenuntergang im Herbst zu bestaunen, sich auf laue Sommernächte zu freuen oder durch frühlingshafte Blumenwiesen zu wandern.


Wunderschöne Illustrationen und poetische Texte machen "Herbsthundewetter" zu einem Buch, das man immer wieder zur Hand nehmen möchte – um es gemeinsam mit Kindern zu lesen und anschließend gemeinsam die Natur zu entdecken.


Ein kleines Goldstück unter den Kinderbüchern. Hoffnungsfroh, manchmal ein wenig melancholisch, aber immer voller Liebe zur Natur und Abenteuerlust. Eine klare Empfehlung! 

Cover des Buches Jensen und die Stille der Insel (ISBN: 9783910309012)

Bewertung zu "Jensen und die Stille der Insel" von Björn Schering

Esme--
Kurzmeinung: Ein Krimi mit norddeutschem Küstenflair, schrulligen Figuren & trockenem Humor.
Ein Krimi wie ein guter Kaffee: Stark, nordisch, unverwechselbar

Inhalt: 


Auf einer kleinen ostfriesischen Ferieninsel verschwindet Bürgermeister Burkhard Schröder spurlos – und das direkt nach der Rückkehr von einer Konferenz mit Vertretern benachbarter Inseln. Noch kurz zuvor war er mit dem Leiter der Kurverwaltung und Frau Mayer-Wittgenstein unterwegs, der ehrgeizigen und beim Bürgermeister wenig beliebten Boutique-Besitzerin, die als seine schärfste Konkurrentin im anstehenden Wahlkampf gilt.

Als Schröder nicht nach Hause zurückkehrt, wird Kriminalhauptkommissar Peter Jensen auf die Insel geschickt. Widerwillig nimmt er die Ermittlungen auf – eigentlich ist er für Kapitalverbrechen zuständig. Doch schnell wird klar: Schröders Verschwinden ist mehr als ein weiterer, unaufgeklärter Vermisstenfall.

Jensen taucht ein in das Leben einer verschlossenen Inselgemeinschaft, in der jeder jeden kennt und viele zumindest gelegentlich schroff, abweisend und unzugänglich wirken. Die Befragungen verlaufen zäh, nicht nur wegen der eigenwilligen Bewohner. Schnell wird dem Beamten klar, dass er in eine Welt eingedrungen ist, in der Geheimnisse unter der Oberfläche brodeln.

Gerade als Jensen sich akklimatisiert hatte, wird er abberufen. Doch die Ruhe währt nicht lange: Bei der feierlichen Saisoneröffnung für die Touristen wird der Bürgermeister gefunden – tot, und auf eine so groteske Weise inszeniert, dass die ganze Insel schockiert ist.

Der Abschied ist vom Tisch, Jensen muss bleiben. Nun beginnt die eigentliche Arbeit – mitten im rauen Küstenwetter der Insel, zwischen eigenwilligen Bewohnern und einer Geschichte, die dunkler ist, als es zunächst scheint.



Meinung: 


Krimis und ich sind normalerweise kein Match. Doch „Jensen und die Stille der Insel“ hat mich durch seine Atmosphäre und die besondere Handschrift des Autors überrascht. Zwischen den Zeilen spürt man die Liebe zu Kaffee, zur norddeutschen Küstenlandschaft – und zu einem wunderbar trockenen Humor, der der Geschichte ihre ganz eigene Färbung verleiht.

Besonders begeistert hat mich die Idee des Zeitperlen-Verlags: Die Kombination aus gutem Buch und ausgewähltem Kaffee ist für mich ein echtes Highlight. Die Verlagsgründer, selbst Betreiber einer Kaffeerösterei in Hamburg, verknüpfen hier Genuss und Literatur auf charmante Weise. Es macht einfach Freude, in diese Welt einzutauchen – und gleichzeitig die passende Kaffeemischung zu probieren.

Auch atmosphärisch überzeugt das Buch auf ganzer Linie. Die raue Küste, der Wind, die kleinen Lädchen und die kauzigen Bewohner – all das fängt Bjørn Schering unglaublich lebendig ein. Man spürt das Salz auf den Lippen, den kalten Wind in den Haaren und fühlt sich direkt in diese kleine, eigensinnige Inselwelt versetzt. Die Insel wird fast selbst zur Figur, die das Geschehen spürbar beeinflusst.

Jensen als Protagonist bleibt im Kopf: verschroben, schlaflos und voller Eigenheiten. Da ist der Kommissar, der sich morgens beim Frühstücksbuffet die Stullen für den Tag schmiert, der im Kapuzenpulli durch den Ort läuft – sehr zum Missfallen der Einheimischen, die lieber Uniformen sehen würden – und der in seinen Verhören lieber schweigt, weil er darauf setzt, dass die Menschen die Stille irgendwann selbst brechen. Doch auf einer Insel, wo das „Moin“ oft schon das höchste der Gefühle ist, funktioniert diese Methode nur bedingt. Genau diese leisen, verschmitzten Szenen machen den Charme der Geschichte aus.

Die Handlung bleibt spannend bis zur letzten Seite, ohne reißerisch zu wirken, und schafft es, auch mich – als Nicht-Krimileserin – bis zur Auflösung zu fesseln. Ein rundum gelungenes Leseerlebnis.



Fazit: 


„Jensen und die Stille der Insel“ ist ein atmosphärischer Küstenkrimi mit viel Lokalkolorit, feinen Zwischentönen und einer durchdachten Handlung. Die Figuren sind wunderbar schräg, die Inselkulisse lebendig und die Geschichte mit einem herrlich trockenen Humor durchzogen, der perfekt zur rauen Nordsee passt.

Besonders gefallen hat mir das Konzept des Zeitperlen-Verlags, der gute Literatur mit ausgewählten Kaffeemischungen kombiniert – das macht das Leseerlebnis zu etwas Besonderem.

Wer Lust auf einen unkonventionellen Inselkrimi mit Charme und Tiefgang hat, der einen gedanklich an die stürmische Küste entführt, dem sei dieses Buch ans Herz gelegt – am besten mit einer Tasse frisch geröstetem Kaffee in der Hand.

Cover des Buches Lucid Fate – Was, wenn wir nicht sterben? (ISBN: 9783737343053)

Bewertung zu "Lucid Fate – Was, wenn wir nicht sterben?" von Nina Martin

Esme--
Ein gelungener runder Abschluss der Reihe

Inhalt: 


Somna und Corpora, die Traumwelt und die wache Welt, haben sich vermischt. Traumwandlungen sind nun überall möglich, und Emotionen können sich ungehindert Bahn brechen. Nichts ist mehr wie zuvor. Eine allgemeine Unberechenbarkeit herrscht, und das Leben ist gefährlicher als je zuvor.

Da die Menschen Angst voreinander haben, ziehen sich viele zurück, an Orte, an denen sie auf möglichst wenig Zivilisation stoßen und den Traumwandlungen anderer ausweichen können. Die Großstädte leeren sich. Viele Menschen haben nicht gelernt, mit ihren neuen Fähigkeiten umzugehen. Leere Auslagen in den Geschäften führen dazu, dass die Menschen um die letzten Lebensmittel kämpfen. Doch eine kleine Traumwandlung könnte genügen, um die letzte Kartoffel im Korb einfach zu vervielfältigen. Vielleicht wäre der Geschmack nicht derselbe, aber es würde satt machen und eines der vielen Probleme – zumindest vorläufig – lösen.

Ein Blick zum Himmel zeigt, dass sich auch hier vieles verändert hat: Unzählige Seelenpartikel der Verstorbenen schweben dort. Auch die Welt der Toten hat sich mit den anderen beiden Welten vereint.

Selena plagen Schuldgefühle, denn sie war es, die einst Eric bei der Zerstörung der goldenen Tore in Somna geholfen hat. Am liebsten würde sie alles rückgängig machen. Doch um Somna und Corpora wieder zu trennen, scheint es nur eine Lösung zu geben: Ria, Eric und sie müssen erneut durch ein Tor gehen. Doch das würde bedeuten, dass sie alle drei ihr Leben lassen müssten. Vielleicht wäre Selena sogar bereit dazu. Doch Ria hat klar gemacht, dass sie sich nicht opfern möchte. Und was ist mit Mo, die Selena liebt? Und selbst wenn Ria sich dem Plan anschließen würde – wie sollten sie Eric dazu bringen, durch das Tor zu gehen? Er, der als Herrscher über die neue Welt regiert, hat alle Macht an sich gerissen und ist längst nicht am Ende seiner Ziele angelangt …



Meinung: 


Nina Martin erzählt in ihrer Traumwelt-Reihe die Geschichte von Selena und Ria, zwei Mädchen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Während Ria zurückhaltend, still und nachdenklich ist und skeptisch auf die Dinge blickt, gleicht Selena einem Wirbelsturm. Selbstbewusst, mutig und entschlossen, ihren eigenen Weg zu gehen. Kein Wunder, dass die beiden jungen Frauen nach der Verschmelzung von Somna und Corpora aneinander geraten. Denn während Ria der neuen Welt eine Chance geben möchte, ist es Selena, die unbedingt zum status quo ante zurückkehren will. Doch um diesen Plan zu verwirklichen, müssen Ria, Selena und Eric erneut durch ein Traumtor schreiten – wohl wissend, dass sie dabei aller Wahrscheinlichkeit nach ihr Leben lassen würden.

Durch die wechselnden Erzählperspektiven erhält der Leser spannende Einblicke in die Gedankenwelt von Selena und Ria. Beim Lesen ist es unmöglich, nicht in einen inneren Konflikt zu geraten. Auch ich ertappte mich dabei, wütend auf Selena zu sein, die keinerlei Verständnis für Ria aufbringen wollte. Für mich war es absolut nachvollziehbar, dass Ria an ihrem Leben hängt und es nicht leichtfertig aufgeben will. Doch sobald Ria diese Gedanken ausspricht, gerät sie selbst in einen inneren Konflikt. Ihr Umfeld bestärkt sie nicht in ihrer Haltung, sondern zwingt sie, darüber nachzudenken, ob ihr Wunsch zu überleben nicht egoistisch ist.

Die Prioritäten verschieben sich, als Lil, Rias beste Freundin, und Mo, Selenas Vertraute, entführt werden. Beide Frauen sind sich einig: Sie müssen die Menschen retten, die ihnen am meisten bedeuten. Doch um das zu schaffen, müssen sie herausfinden, wo Eric Mo und Lil versteckt hält. Sie müssen zusammenarbeiten, um etwas zu bewirken.

Es beginnt eine spannende Suche, bei der Selena und Ria unterschiedliche Wege einschlagen, aber dennoch miteinander agieren und einander vertrauen müssen. Ich habe beide Perspektiven mit großer Neugier verfolgt, wobei mich Rias Entwicklung noch ein wenig mehr fesselte. Das lag an mehreren Faktoren. Zum einen an der überwiegend interessanten Beziehungsdynamik zwischen ihr und Yunus. Zum anderen haben mich die Orte, die sie aufsuchen mussten, besonders fasziniert. So reisen Yunus und Ria in eine von Eric erschaffene Strafzone in Berlin, in der Menschen gefangen gehalten werden, die sich gegen das System gewehrt haben.

Obwohl "der Gegenspieler" der Protagonistinnen, Eric, über weite Strecken hinweg kaum direkt in Erscheinung tritt, sind die Auswirkungen seiner Taten allgegenwärtig. Er hat eine Welt voller Gefahren geschaffen, und seine Forschungen sind so weit vorangeschritten, dass sie nicht ohne Konsequenzen bleiben.



Fazit: 


"Lucid Fate – Was, wenn wir nicht sterben?" bringt uns den Showdown. Im Verlauf der Geschichte fieberte ich dem Clash von Selena, Ria und Eric entgegen. Ich wusste, dass das Finale noch einmal besonders spannend werden würde.

Peu à peu verdichtet sich die Handlung. Es gelingt Nina Martin nicht nur, eine konstante unterschwellige Spannung in diesem Band zu halten; je weiter die Handlung voranschreitet, desto straffer wird der Spannungsbogen.

Etliche lose Fäden und alte Rätsel finden zusammen um die Serie zu einem runden Abschluss zu bringen.

Die Lucid-Reihe empfehle ich Fans von Anna Benning und Franzi Kopka sowie allen, die sich für ein faszinierendes Traumwelten-Szenario begeistern können. 

Cover des Buches The Last Bookstore on Earth (ISBN: 9783757101961)

Bewertung zu "The Last Bookstore on Earth" von Lily Braun-Arnold

Esme--
Düstere Endzeitstimmung mit einer berührenden, hoffnungsvollen Geschichte

Inhalt: 


Seit dem großen Sturm hat sich die Welt verändert. Kaum ein Mobilfunkmast steht noch, die globale Kommunikation ist zusammengebrochen. Läden wurden geplündert, und Menschen, die sich nicht vor dem sauren Regen schützen konnten, haben ihr Leben verloren. Eine neue Zeit ist angebrochen – eine, in der nur die Stärksten überleben.

Liz gehört nicht zu ihnen. Die junge Frau hat moralische Ambitionen und unterlässt es mithin, verlassene Häuser zu plündern. Sie weiß nicht, wie man ein Loch im Dach repariert, und wenn sie sich verteidigen müsste, wäre ihr erster Impuls, einen Wälzer wie "Anna Karenina" aus dem Regal zu reißen und diesen einem Eindringling über den Kopf zu schlagen.

Seit dem großen Sturm und dem Zusammenbruch der Welt, wie sie sie kannte, hat Liz niemanden mehr, bei dem sie Halt finden könnte. Die einzige Konstante in ihrem Leben ist die Buchhandlung, in der sie gearbeitet hat. Mit ihren verblichenen Karten im Ständer, der quietschenden Tür, den verrottenden Dielen, den zerbrochenen Fenstern und dem Loch im Dach ist sie zu Liz' Zuflucht und Fixstern geworden.

Jeden Morgen dreht Liz das "Geöffnet"-Schild an der Tür um, in der Hoffnung, dass jemand ein Buch benötigt oder eine Nachricht für Reisende hinterlassen möchte – im Tausch gegen Lebensmittel, Batterien oder alles, was die Menschen entbehren können.

Für Liz ist die Buchhandlung ihr Zuhause, der letzte Rest von Normalität. Doch diese Sicherheit ist trügerisch. Als eines Nachts ein Geräusch vor der Tür ertönt, ahnt Liz, dass ihr letzter Rückzugsort in Gefahr ist …



Meinung: 


Als ich das erste Mal das Cover von "The Last Bookstore on Earth" gesehen und den Klappentext gelesen hatte, wusste ich sofort, dass ich dieses Buch würde lesen müssen. Es war mein absolutes Wunschbuch für 2025. Meine Erwartungen waren hoch, und ich war voller Vorfreude auf diese "cozy Dystopie".

Das Buch wird diesen Erwartungen auf jeder Seite gerecht. Bereits auf den ersten Seiten zog mich Lily Braun-Arnolds Endzeitsetting in den Bann. Ich konnte mich sofort in Liz hineinversetzen – eine Frau, die die Warnungen vor dem "Point of no Return" zwar gehört, aber nicht wahrhaben wollte.

Liz ist eine Protagonistin, die einem schnell ans Herz wächst. Alles, was sie will, ist überleben und sich ein Stück Normalität bewahren. Doch tief im Inneren weiß sie, dass sich etwas ändern muss. Die Buchhandlung, ihre Zuflucht, ist baufällig und wird nicht ewig standhalten. Die Vorräte gehen zur Neige, und irgendwann könnten die wenigen Besucher, die vorbeikommen, mehr von ihr wollen als nur ein Buch.

Liz ist keine Kämpferin, keine Handwerkerin – und dennoch schafft sie es, sich durchzuschlagen. Doch dann tritt Maeve in ihr Leben.

Maeve ist das Gegenteil von Liz: rebellisch, klug und furchtlos. Sie sagt, was sie denkt, und das nicht immer freundlich. Zwischen den beiden kommt es zu Spannungen. Doch mit der Zeit nähern sich die beiden Frauen an.

Die Dynamik zwischen Liz und Maeve sorgt für viel Spannung. Maeve hat Geheimnisse, und wir als Leser ahnen, dass sie auf dem Weg in die Zukunft von ihrer Vergangenheit eingeholt werden wird. Und Maeves Vergangenheit schlägt gnadenlos zu. Gleichzeitig zieht ein neuer Sturm auf, der die baufällige Buchhandlung endgültig zerstören könnte.

Auch Liz’ eigene Geschichte wird Stück für Stück enthüllt. Rückblicke gewähren Einblicke in ihre Vergangenheit – ihre Familie, die besondere Art, wie ihre Mutter Weihnachten gefeiert hat, ihre Kindheitsüberzeugung, dass verschiedene Essenssorten nicht auf ihrem Teller einander berühren dürfen. Doch auch die Konflikte zwischen ihren Eltern, die unterschiedlich mit der drohenden Umweltkatastrophe umgingen, kommen ans Licht.

Lily Braun-Arnold hat einen Roman geschrieben, der zwar "cozy" ist, aber auch brutal und schonungslos sein kann. Eine Geschichte, die ans Herz geht und unaufhaltsam auf eine düstere Wendung zusteuert.



 

Fazit: 


"The Last Bookstore on Earth" ist ein absolutes Highlight und ein Buch, das mich tief berührt hat. Lily Braun-Arnold gelingt es meisterhaft, eine düstere Endzeitstimmung mit einer berührenden, hoffnungsvollen Geschichte zu verknüpfen. Die Dynamik zwischen den Figuren Liz und Maeve sowie der literarisch gekonnte Spannungsbogen vermögen auf Dauer zu fesseln.

Dass die Sammlung atmosphärischer Momente nie zum Kitsch verkommt, sondern die melancholische Atmosphäre des Buches speist, zeugt vom Talent der Autorin.

Für mich war dieses Buch eine echte Herzensgeschichte, eine Geschichte, die bleibt und nachhallt. Es wird mit großer Wahrscheinlichkeit ein Jahreshighlight sein – ein Buch, das ich jedem ans Herz legen möchte, der sich auf eine besondere, tief bewegende Reise einlassen will.

Kurzmeinung: Ein Buch, das man als Fantasygenreliebhaber einfach gelesen haben muss!
Mustread für Fantasyliebhaber

Inhalt: 

Es war schon zu Beginn seines Lebens so, dass Christopher, egal wo er sich aufhielt, Tiere anzog. Diese Anziehungskraft hatte er wohl von seiner Mutter geerbt, sofern sich eine solche Eigenschaft überhaupt vererben ließ. Nun saß er also, umringt von einer Schar Eichhörnchen, auf einer Bank am Fährterminal in Schottland und wartete auf seinen Großvater, bei dem er, solange sein Vater arbeitsbedingt unterwegs war, eine Weile wohnen sollte.


Er wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass er im Laufe der nächsten Tage das wohl größte Abenteuer seines Lebens beginnen würde. Er wusste noch nicht, dass er in nur wenigen Stunden die wohl wichtigste Regel seines Großvaters brechen würde und danach nichts mehr so sein würde wie zuvor.


Christopher wird den Horizont unserer Existenz verlassen. Denn im Laufe der nächsten Stunden wird er Wesen kennenlernen, die nicht einmal in seinen kühnsten Träumen vorkamen. Einige harmlos, andere äußerst gefährlich: Mäuseartige Viecher mit Reißzähnen, grüne, gehörnte Eichhörnchen, Hasen mit einem Horn, das golden leuchtet und aus deren Fußabdrücken innerhalb kürzester Zeit Gras wächst, Einhörner und Karkadanns ...


Mal war im Archipel, dem letzten magischen Ort der Welt, aufgewachsen. Sie lebte bei ihrer Tante und besaß seit ihrer Kindheit einen Mantel, den ihr ein Fremder geschenkt hatte und mit dem sie über die Wälder und Hügel des Landes fliegen konnte. Ihr bester Freund war ein junger Greif, den sie Gelifen genannt hatte und der sie auf all ihren Abenteuern begleitete. Gelifen war wohl der letzte Greif der Welt, und das war verwunderlich, denn damals hatte es so viele von seiner Art gegeben. In letzter Zeit musste Mal jedoch einiges erleben, was sich als böses Omen werten lässt. Die Erde veränderte ihre Farbe von Braun zu grauem Schlick, und auf ihren Ausflügen entdeckte sie immer öfter tote Tiere. Bestimmte Tierrassen, wie der Greif, schienen mittlerweile vom Aussterben bedroht.


Mal war fest entschlossen, das Rätsel zu lösen und herauszufinden, was den Archipel bedrohte. Sie wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass ihr ein Mörder auf den Fersen war und dass sie bald in die Menschenwelt reisen würde ...




Meinung: 

Wow! - Dieses Wort umschreibt das Abenteuer, das Katherine Rundell hier auf knapp vierhundert Buchseiten niedergeschrieben hat, wohl am besten. Ich glaube, ich habe eine neue Lieblingsschriftstellerin entdeckt.


Auf dem Buchrücken von Impossible Creatures finden sich neben dem Klappentext einige Zitate namhafter Schriftsteller, die diese Geschichte mit Werken von Tolkien und Pullman vergleichen und Parallelen zu Narnia und Mittelerde herstellen. Ich kann mich diesen Worten nur anschließen.


Schon beim Aufklappen des Buchdeckels wird der Leser von einer wunderschönen Karte des Archipels begrüßt, die sofort Lust macht, die magische Welt zu erkunden. Es folgt ein Auszug aus dem Bestiarium der Welt: Schwarzweißzeichnungen und Kurzbeschreibungen stellen Wesen wie den Borametz (ein Lamm, das an Ranken wächst und Zeit seines kurzen Lebens seine Wolle freigiebig an alle verteilt, denen es vertraut), den Avanc (einen biberartigen Fleischfresser mit Reißzähnen) oder den Kludde (einen Hund von der Größe eines Bären, dessen Ohren aus Flammen bestehen und dessen Atemzüge so kreischend sind, als würde man Metall auf Metall reiben) vor. Neben diesen, vermutlich den meisten Lesern noch unbekannten Wesen, trifft man hier auch auf Sphinx, Kentauren und Riesenkraken.


Schon bevor die Geschichte also begann, hatte ich schon Lust, in das Märchen einzutauchen, das mir bevorstehen würde. Und dieses hat mich, so viel sei vorweg gesagt, an keiner Stelle enttäuscht.


Als LeserIn begleiten wir zwei Kinder durch ein unglaublich spannendes und großes Abenteuer. Eines, das man mit Sicherheit nicht so schnell vergessen wird und das den oben genannten Vergleichen mehr als gerecht wird.


Nachdem Christopher ein paar Regeln gebrochen hat und von seiner ihm zugedachten Bestimmung erfährt, reist er mit einem Mädchen und einigen Fabelwesen durch einen magischen Übergang in eine Welt, die allein schon beim Lesen den Mund vor Staunen offenstehen lässt.


So gibt es hier Märkte, an denen Seehändler ihre magischen Waren verkaufen. An ihren Ständen entdeckt man Seltenheiten wie z.B. einen Kompass, dessen Nadel stets nach Hause weist oder ein Messer, das alles durchschneiden kann. Man liest von dem reisenden Senatsgebäude, das von angeschirrten Longmas (Wesen, die wie eine Kreuzung von Pferd und Drache aussehen) durch die Lüfte getragen wird.


Man lacht mit den Kindern, wenn man gemeinsam Gelifen dabei zuschaut, wie er einem Schmetterling nachjagt, um mit ihm zu spielen. Gleichzeitig ist man sich bewusst, dass er eben doch ein Raubtier ist, wenn er fast das gesamte Mittagessen herunterschlingt und mit seinen Krallen versehentlich Wunden auf Mals Arm hinterlässt.


Schon zu Beginn der Geschichte versteht es Katherine Rundell, Spannung zu erzeugen. Sie erwähnt einen geheimnisvollen Mörder, der Mal auf der Spur ist. Sie lässt Hinweise einstreuen, dass das Mädchen ein Geheimnis umgibt, das man als LeserIn genauso erkunden möchte wie die rätselhaften Veränderungen, die sich im Archipel ergeben haben. Zugleich ahnt man, dass auch Christopher von Geheimnissen umgeben ist. Die Tierscharen, die ihn umgeben, werfen schnell erste Fragen auf.


Immer wieder gibt es Fragen, die aufploppen: Was hat es mit dem Hügel auf sich, den Christopher laut den Worten seines Großvaters auf keinen Fall betreten darf?

Immer wieder begegnet man Neuem, Erkundenswertem und trifft auf Fremde, bei denen man sich fragt, ob man ihnen vertrauen kann oder ob sie Gefahr bedeuten. Immer wieder gerät man von einem kleinen Abenteuer in ein neues, immer größeres.


Katherine Rundell lässt in „Impossible Creatures“ liebgewonnene Figuren sterben und leiden. Die Handlung läuft nach dem altbekannten „Kill-your-darlings“-Schema ab, wobei die vorgetragene Entwicklung allerdings nie zu früh eingeleitet wird.


Sowohl Christopher als auch Mal durchlaufen eine beeindruckende Entwicklung. Am Anfang sind sie noch Kinder, die sich in einer Welt von alltäglichen Abenteuern bewegen. Doch im Verlauf der Geschichte müssen sie schwere Entscheidungen treffen, sich Gefahren stellen und erleiden Verluste, die sie zutiefst erschüttern. Es ist dieses atemberaubende Abenteuer, das sie emotional wachsen lässt und sie zu den Helden ihrer eigenen Geschichte macht.




Fazit: 

„Impossible Creatures“ ist ein meisterhaftes Werk, ein kleines Buchwunder: aufregend, überraschend, widersprüchlich - wie dem Leben selbst abgelauscht.


Wenn man versucht die Handlung zu beschreiben, fühlt man sich schnell überfordert. Es passiert einfach so viel, das aber im Ergebnis die besten Elemente der Fantasy-Literatur vereint und für Fans von Tolkien und Pullman sicherlich ein Fest sein wird.


Katherine Rundell gelingt es, die Leser zu verzaubern und in eine Welt zu entführen, die atemberaubend und geheimnisvoll ist.


Ein absoluter Tipp für alle, die sich nach einem spannenden und fantasievollen Abenteuer sehnen! 

Cover des Buches Liberantas (ISBN: 9782496717044)

Bewertung zu "Liberantas" von Larissa Braun

Esme--
Eine emotionale Reise in eine magische Welt

Inhalt: 


Die junge Elainy, geprägt von einer schwierigen Vergangenheit voller Enttäuschungen und Ängste, wird eines Abends in eine Kette außergewöhnlicher und verstörender Ereignisse verwickelt. Was mit einer rätselhaften Begegnung mit einem Fremden beginnt, der sie erst bedroht und dann freilässt, endet schließlich in einer fremdartigen Welt namens Liberantas, zu der sie durch eine Hypnosebehandlung gelangt.

Liberantas, eine Welt voller bezaubernder Schönheit und seltsamer Regeln, scheint auf den ersten Blick ein Ort der Wunder zu sein. Doch hinter der prächtigen Natur lauern Gefahren, und die strengen Regeln, die den Frieden sichern sollen, stellen Elainy vor große Herausforderungen. Besonders ihre Begegnungen mit Bewohnern der Welt sorgen für Spannungen.

Elainy muss lernen, mit ihren inneren Dämonen umzugehen und sich in dieser neuen Realität zurechtzufinden, während sie unwissentlich den Frieden von Liberantas gefährdet. Ihre Reise wird zu einem Kampf zwischen ihren Gefühlen und den Grenzen dieser mystischen Welt.



Meinung: 


„Liberantas“ hat mich von Anfang an mit seinem tiefgründigen und gleichzeitig fantasievollen Ansatz überrascht. Larissa Braun schafft es, eine komplexe und vielschichtige Protagonistin zu zeichnen, die durch ihre emotionalen Kämpfe eine große Nähe zum Leser aufbaut. Themen wie Selbstzweifel, toxische Beziehungen und psychische Belastungen werden intensiv, aber sensibel behandelt, wodurch das Buch nicht nur unterhält, sondern auch berührt.

Die Darstellung von Liberantas ist ein Highlight. Larissa Braun malt eine lebendige, farbenfrohe Welt, die sowohl visuell als auch emotional beeindruckt. Besonders spannend fand ich die Idee, dass Gefühle direkt Einfluss auf die Umgebung haben – eine kreative und originelle Umsetzung, die das Buch von anderen Fantasy-Geschichten abhebt.

Die Charakterdynamik ist ebenfalls gut gelungen. Elainys Begegnungen mit anderen Bewohnern – von hilfsbereiten Menschen bis hin zu Awan, dem Wächter des Friedens – bringen Spannung und emotionale Tiefe in die Handlung. Die Konflikte, die aus Elainys inneren Kämpfen und den strengen Regeln von Liberantas entstehen, machen die Geschichte noch fesselnder.

Einziger Kritikpunkt ist der teils gewöhnungsbedürftige Schreibstil. Elainys Gedankenwelt wird durch fantasievolle und manchmal skurrile Vergleiche dargestellt, die nicht immer leicht zugänglich sind. Doch wer sich darauf einlässt, wird mit einer originellen Erzählweise belohnt, die Elainys Charakter und ihre Perspektive noch greifbarer macht.

Besonders beeindruckend ist der Fokus der Autorin auf psychologische Themen. Die Kapitelanfänge mit Selfcare-Weisheiten und die immer wieder auftauchenden nachdenklichen Momente machen das Buch zu mehr als einer Fantasy-Geschichte – es regt zum Reflektieren über Emotionen und den Umgang mit inneren Konflikten an.



Fazit: 


„Liberantas“ ist eine faszinierende Mischung aus Fantasy und psychologischem Tiefgang. Larissa Braun schafft eine außergewöhnliche Welt, die den Leser visuell begeistert und emotional berührt. Die Verbindung von Elainys inneren Kämpfen mit den äußeren Konflikten der Welt ist hervorragend umgesetzt. Trotz kleiner Stolpersteine im Schreibstil hat mich die Geschichte überzeugt und zum Nachdenken angeregt.

Eine klare Empfehlung für alle, die nicht nur eine spannende, sondern auch eine tiefgründige Fantasy-Geschichte suchen. 

Cover des Buches Cartier. Der Traum von Diamanten (ISBN: 9783328110491)

Bewertung zu "Cartier. Der Traum von Diamanten" von Sophie Villard

Esme--
Eine skurrile und fantasievolle Reise mit leichtem Gruselfaktor

Inhalt: 


Kara lebt in einer stabilen, wenn auch nicht perfekten Ehe – bis ihr Mann unerwartet die Trennung verkündet. Plötzlich steht sie vor einem Scherbenhaufen: Sie muss das gemeinsame Haus verlassen, ihre Zukunft ist unsicher. Als ihr Onkel Earl, Betreiber eines kuriosen Museums in ihrer Heimatstadt Hot Chapel, North Carolina, anbietet, bei ihm zu wohnen und ihn zu unterstützen, greift Kara dankend zu.

Das Museum, liebevoll „das Wundermuseum“ genannt, ist ein Ort voller skurriler Exponate, präparierter Tiere und nostalgischer Erinnerungen an Karas Kindheit. Während sie Earl im Alltag hilft und die Sammlung katalogisiert, knüpft sie auch neue Kontakte – etwa zu Simon, dem exzentrischen Barista des benachbarten Cafés. Doch das Alltagsidyll erfährt eine Zäsur, als Kara und Simon einen versteckten Gang im Museum entdecken, der in eine düstere, fremdartige Welt führt.

Angetrieben von Neugier wagen sie sich hinein – und stehen bald vor einer Reihe unheimlicher Entdeckungen: geheimnisvolle Türen, verstörende Botschaften und gruselige Kreaturen. Als sich der Ausflug in die fremde Welt in einen Albtraum aus Verlust und Überleben verwandelt, wird klar, dass sie womöglich nicht zurückkehren können.



Meinung: 


Schon das Cover von „The Hollow Places“ zieht mit seiner düsteren, geheimnisvollen Ästhetik in den Bann: Ein Tierschädel, umgeben von Gestrüpp, Schmetterlinge unter einer Glaskuppel – unheilvoll und gleichzeitig faszinierend. Der Klappentext versprach eine spannende Mischung aus Grusel, Skurrilität und Fantasie. Und dieses Versprechen wird auch größtenteils gehalten.

Die Stärke der Geschichte liegt in ihren Figuren und ihrer Atmosphäre. Kara ist eine nachdenkliche und anpassungsfähige Protagonistin, die trotz ihrer Verletzlichkeit eine erstaunliche innere Stärke beweist. Ihre Neugier und ihr Pragmatismus treiben sie an, neue Wege zu gehen und sich auch den Geheimnissen des Museums zu stellen. Onkel Earl überzeugt mit seinem charmanten Eigenbrötler-Charme, einer kuriosen Mischung aus dem Glauben an Kristalle, Verschwörungstheorien und übernatürliche Phänomene. Simon, der Barista, ist nicht weniger schräg: Mit seiner Überzeugung, die Reste seiner im Mutterleib absorbierten Schwester im linken Auge zu tragen, und seinem extravaganten Kleidungsstil erinnert er an den Hutmacher aus Alice im Wunderland. Auch der eigenwillige Museumskater Beau trägt zur liebenswert-skurrilen Dynamik bei.

Das Museum selbst ist ein Highlight der Geschichte. Mit seinen überladenen Exponaten – von Mäusen in Ritterrüstungen über ein aus Sonnenblumen gebasteltes Porträt von Papst Johannes Paul bis hin zu den berühmten „Fidschi-Meerjungfrauen“ – entfacht es eine lebendige, fast greifbare Atmosphäre.

Doch der eigentliche Horror beginnt, als Kara und Simon den mysteriösen Gang entdecken. Die Stimmung kippt ins Düstere, und T. Kingfisher versteht es, unterschwelligen Schrecken zu erzeugen. Die fremde Welt, die sie erkunden, ist eine groteske Mischung aus Narnia und Alice im Horrorland: verlassen, unheilvoll und bevölkert von bedrohlichen Wesen.

Die subtile Darstellung des Horrors ist einerseits eindringlich, andererseits verliert die Geschichte aber im Mittelteil etwas an Spannung. Show, don't tell lautet eine der Hauptregeln der Erzählkunst, hier wird zwischendurch allerdings arg viel erzählt. Statt die Bedrohung durch konkretes Handeln zu zeigen, greift die Autorin verstärkt auf Karas Gedankenwelt zurück, was den Grusel stellenweise abschwächt.



Fazit : 


T. Kingfisher mixt in "The Hollow Places" psychologischen und atmosphärischen Horror mit einer Prise Humor und liebenswert-schrulligen Charakteren. Die Geschichte ist eine düstere Hommage an Alice im Wunderland, Narnia und Die Weiden von Algernon Blackwood – ein spannender Trip in eine bizarre, gefährliche Welt.

Wer Freude an subtilen, atmosphärischen Gruselmomenten und skurrilen Figuren hat, wird dieses Buch lieben. Fans von Kingfisher dürften sich über die Verbindung aus Humor und Horror freuen, auch wenn das Tempo stellenweise etwas nachlässt.

Eine fantasievolle und düster-skurrile Reise – trotz kleiner Schwächen absolut lesenswert! 

Cover des Buches Res will nach Hause (ISBN: 9783737372954)

Bewertung zu "Res will nach Hause" von Jasmine Warga

Esme--
Größtmögliche emotionale Resonanz

Inhalt: 


Das erste, was Res wahrnimmt, ist ein großer weißer Raum mit weiß gekleideten Menschen, die ihn beobachten und jubeln, als er erwacht. Bald schon erfährt der kleine Rover nach und nach durch Gesprächsfetzen und auch neue Daten, die ihm eingespielt werden, was seine Aufgabe sein soll. Res soll auf den Mars reisen und dort Gesteinsproben nehmen, Fotos machen und andere Rover, Überbleibsel von früheren Missionen, finden und sie wieder in Betrieb nehmen, um ihre Daten zu retten. Ganz besonders wichtig ist den Forschern ein Rover namens Courage. Es handelt sich hierbei um den Prototyp, der allen weiteren Rovern voranging.

Umso mehr Res erfährt, umso weiter das Projekt voranschreitet, umso stärker plagen ihn Ängste und Sorgen. Denn Res entwickelt, entgegen aller Wahrscheinlichkeiten, Gefühle. Er fragt sich, ob es sich vielleicht um einen Fehler in seinem Code handelt, denn er bemerkt, dass er unter den Wissenschaftlern zwei Lieblingsmenschen hat: Die kluge Forscherin Rania, die all ihre Zeit in seine Entwicklung steckt und dafür sogar ihre Familie vernachlässigt. Und der sich jovial-väterlich gebende Xander.

All die anderen Geräte, um Res herum, scheinen keine Gefühle zu haben. Nur mit ihnen kann Res jedoch kommunizieren. Da gibt es zum Beispiel die Telefone, die ständig Spiele spielen, die produktiven Tablets oder den anderen Rover namens Journey, der mit Res auf die Marsmission gehen soll und so viel mehr Talente zu haben scheint als er. Keiner von ihnen kann Res Sorgen und Ängste nachvollziehen.

Kurz vor seinem Missionsstart erfährt Res von einer Drohne, die in seinem Inneren leben soll. Fliege, wie Res seinen kleinen Begleiter von da an tauft, scheint die einzige zu sein, die ihn versteht. Sie spendet ihm Trost, ja, sie scheint selbst so etwas wie Gefühle zu haben. Vielleicht liegt das daran, dass Fliege Zugriff auf Res gesamte Datenbank hat, vielleicht ist Fliege aber einfach auch ein klein wenig wie er selbst?

Gemeinsam brechen die unfreiwillig Reisenden in den Weltraum auf. Voller Hoffnung, voller Mut, aber auch mit ein wenig Sehnsucht und einem großen Päckchen Angst. Denn Res größter Wunsch ist es, die Mission erfolgreich abzuschließen und danach wieder zur Erde zurückzukehren; zu seinen menschlichen Freunden, zu seinem Zuhause. Ein Wunsch, der aktuell noch in weiter Ferne liegt, denn die Finanzierung deckt nur die Anreise zum Mars, nicht jedoch eine Rückkehr zur Erde ab.



Meinung: 


Als ich das Buch „Res will nach Hause“ das erste Mal gesehen habe, war für mich klar, dass ich es lesen muss. Dieses niedliche Cover, der Klappentext, der von einer großen Mission, einem besonderen Abenteuer und allerhand Gefahren erzählt, erinnerte mich ein wenig an „E.T.“ und versprach für mich vom ersten Moment an eine gefühlvolle und berührende Geschichte.

Und diese habe ich dann auch bekommen. Meine Güte, ich kann mich kaum daran erinnern, wann mich ein Buch zuletzt so berührt hat. Ich habe den kleinen Rover Res vom ersten Moment an ins Herz geschlossen. Wie er erwacht, wie er die Menschen und anderen technischen Geräte um sich herum kennen- und lieben lernt. Wie er innerhalb kürzester Zeit lernen muss, was Gefühle bedeuten und versucht diese zu verarbeiten. Denn Res hat, ungewöhnlich für einen Roboter einen Haufen Emotionen auf Lager.

Res verspürt beispielsweise Angst, als er eines Tages in seine Teile zerlegt wird. Angst vor der Dunkelheit und vor der Bewegungsunfähigkeit. Er fühlt sich hilflos und er merkt bald, dass er eines wirklich hasst: Das Warten. Res versucht zu anderen Geräten und Menschen Kontakt aufzunehmen. Er möchte seinen Lieblingsmenschen erklären, was er fühlt. Dass er Angst vor dem Start hat, dass er ihnen aber vertraut. Dass er wieder zurück auf die Erde kommen möchte, wenn seine Mission erledigt ist. Doch leider fehlen ihm dazu die technischen Voraussetzungen. Zwar kann Res mit anderen Geräten kommunizieren, denen fehlt aber der lebensweltliche Referenzrahmen, wenn er von Sorge und Zuneigung spricht, wenn er Ängste äußert oder Dinge hinterfragt.

Journey, der andere Rover, der mit Res auf Mission gehen soll, reagiert z.B. auf alle Anforderungen immer so herrlich rational und erklärt Res, dass seine Fragen und die ungewöhnlichen Gedanken, die er hegt, nicht zielführend seien. Res beneidet seinen Kameraden um diese pragmatische Denkweise, doch er kann seine Gefühle leider nicht abstellen. Umso schöner ist es, dann zu beobachten, wie Res nach und nach immer mehr Freunde findet. Sie alle denken völlig unterschiedlich. Sie alle haben liebenswerte Eigenschaften.

So gibt es da z.B. die Drohne Fliege, die Res auf seiner Mission unterstützen soll und in einem Fach in seinem Inneren lebt, wenn sie denn nicht in der Luft Fotoaufnahmen macht. Fliege lernt von Res gesammelten Daten. Sie liebt Musik, genauso wie Res. Sie speichert beispielsweise das Lied, das Rania am Telefon ihrer Tochter vorsingt, und singt es dem Rover in einsamen Situationen vor, um Mut und Trost zu spenden.

Neben Res Perspektive bekommt der Leser immer wieder auch Kapitel aus Sicht von Ranias Tochter geliefert. Diese macht sich Sorgen um ihre Mutter, weil diese so viel Zeit in die Forschung und viel zu wenig Zeit in ihre Familie steckt. Sophia richtet ihre Worte direkt an Res, Worte, die dieser vermutlich nie lesen wird. Sie äußert ihre Bedenken, sie äußert aber auch ihre Wünsche und ihre Hoffnungen, die sie in Res und seine Mission steckt. Res wird durch diese Briefe, nach und nach, immer mehr zu Sophias Freund. Einem Freund, den Sophia vielleicht aber nie kennenlernen wird.

Als Res dann irgendwann zu seinem großen Abenteuer aufbricht, geht trotz bester Vorbereitung zunächst alles schief, was schief gehen kann. . Während des Lesens hatte ich ständig Angst um den kleinen Rover und seine Freunde. Doch Res hat seinen Namen, der als Gewinner aus einem Haufen Aufsätze von Schülern aus Ohio gezogen wurde, nicht ohne Grund. Er steht als Abkürzung für Resilenz. Und Resilenz, das lernt Res schon bald, steht für psychische Widerstandskraft, für die Fähigkeit schwierige Situationen zu meistern und zu überstehen. Dieses Wort, dieser Name sorgt auch während der Reise immer wieder für Kraft und Mut. Beides benötigt Res. Denn sein Leben gerät aus den Fugen, als er sich auf eine gefährliche Odyssee begeben muss.

Erwähnen muss ich darüber hinaus auch noch die Ankunft auf dem Mars. Jasmine Warga gelingt es auf 336 Seiten ein großes Abenteuer zu beschreiben. Nie wirkt die Geschichte gehetzt oder gezogen. Jedes Wort scheint gut platziert. Sogar der Wirkung der atemberaubende Landschaft auf dem fremden Planeten auf Res und seine Freunde weiß sie Ausdruck zu verleihen.



Fazit: 


„Res will nach Hause“ ist eine unglaublich berührende, zutiefst menschliche Abenteuergeschichte, für kleine und große Helden und die, die es werden wollen.

Selten ist ein Buch derartig fesselnd, dass man es ewig weder aus den Händen legen kann noch will. Bei „Res will nach Hause“ habe diese größtmögliche emotionale Resonanz erlebt. Mit hohem Anspruch aber auch verständlich, nachvollziehbar und unglaublich emotional ergreifend geschrieben, verfügt das Buch über absolute Pageturner-Qualitäten.

Freundschaft und eine positive Haltung zum Leben prägen dieses intensive Werk.

Damit ist dieses Kinderbuch nicht nur was für kleine Weltraumforscher, sondern für jeden, der mal wieder so richtig fühlen möchte. Eine Geschichte voller wahrer Freundschaft, die noch lange nachhallt.

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