Bewertung zu "21 Lektionen für das 21. Jahrhundert" von Yuval Noah Harari
Inhalt:
Harari, der auch die Bücher „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ und „Homo Deus“ geschrieben hat, widmet sich in diesem Buch den Herausforderungen vor denen die Menschheit seiner Ansicht nach im 21. Jahrhundert stehen. Zu diesen Herausforderungen gehören die technologischen Veränderungen (Big Data und co) ebenso wie der Klimawandel oder biotechnologische Möglichkeiten, die auf lange Sicht verändern könnten, was überhaupt ein „Mensch“ ist.
Mein Eindruck:
So komplex die Themen auch sind, mit denen Harari sich im Buch auseinandersetzt, so wenig komplex ist seine Schreibweise. Er schreibt keineswegs einfach, unterlegt seine Argumentation jedoch stets mit anschaulichen Beispielen. Dadurch kann man sich als Leser*in auch den abstrakteren Themen gut nähern und die Argumente gut nachvollziehen.
Auch die Vielfalt der Themen finde ich gut, auch wenn die einzelnen Punkte natürlich noch weiter ausgeführt werden könnten. Aber so erhält man einen guten Überblick über die Komplexität der Welt in ihren Vielzähligen Facetten – auch wenn die Themenliste vermutlich noch ergänzt werden könnte. Ob Arbeit, Freiheit, Gleichheit, Gemeinschaft, Zivilisation, Nationalismus, Religion, Zuwanderung, Terrorismus, Krieg, Demut, Gott, Säkularismus, Nichtwissen, Gerechtigkeit, Postfaktisches, Science-Fiction, Bildung, Sinn oder Meditation – Harari beleuchtet all diese Aspekte unseres Lebens.
Dabei fällt eines jedoch schnell auf: Er wiederholt sich. Natürlich gibt es viele Themen die eine gemeinsame Schnittmenge haben, aber je weiter ich kam, desto mehr hatte ich beim Lesen regelrecht den Eindruck, Hararis Worte breits weiter vorne im Buch gelesen zu haben. Eine der beliebtesten Wiederholungen ist Hararis diffuse Angst vor einer biotechnologischen Revolution, d.h. dem potential, mittels Technik und Medizin grundlegende Aspekte des menschlichen Daseins zu verändern. Er ist dabei leider stets wenig konkret und so wirken seine Befürchtungen dann auch mehr wie einem mittelmäßigen Science-Fiction-Film entnommen als tatsächlich potentiell möglich – zumindest in nicht allzu ferner Zukunft.
Ein weiterer roter Faden, der sich durch das gesamte Buch zieht, ist Hararis Abneigung gegen alles, was auch nur im Entferntesten nach Religion aussieht. Ob es nun Rituale sind oder Glaubensgeschichten – für ihn ist das alles Humbug und wertlos. Er ist keineswegs respektlos was die einzelnen Glaubensrichtungen anbelangt, aber ich fand seine Ausführungen, weshalb alles Religiöse letztlich unnütz ist, auf Dauer sehr ermüdend. Wenn ich meinen Glauben als Bereicherung empfinde und niemandem mit diesem Glauben Schaden zufüge (!), wie kann er dann davon reden, dass der Glaube unnütz ist? Harari würde jetzt vermutlich sagen, dass ich der „Erzählweise“ des Glaubens aufsitze und mich davon täuschen lasse, aber selbst die Wissenschaftlichkeit (der ich übrigens ebenfalls anhänge, für mich besteht da kein Widerspruch) kommt nicht gut weg. Auch hier lässt er kaum ein gutes Haar daran. Am Ende scheint für ihn einzig und allein die Meditation ein sinnvoller Zeitvertreib zu sein, weil diese uns im Hier und Jetzt verbleiben lässt und wir dadurch mehr Wahrheiten finden als durch alle anderen Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen.
Hm. Ich mag es, zu meditieren, aber ich behaupte mal, man kann allein (!) damit kaum den Weltfrieden herbeirufen oder bahnbrechende wissenschaftliche Entdeckungen machen.
Alles in allem hat Harari echt spannende Themen in sein Buch hineingebracht und ich habe durchaus etwas dabei gelernt – jedoch konnten all diese kurzen Momente nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich letztlich nicht um 21 Lektionen handelt – es gibt nämlich keinerlei Ratschläge (außer vielleicht, mehr zu meditieren). Vielmehr handelt es sich um 21 Essays die mittels teilweise doch recht offensichtlich im Nachhinein angefügter Vor- bzw. Nachbemerkungen miteinander verbunden wurden.
Durch die letzten Seiten habe ich mich regelrecht gequält, da Harari nicht nur sehr schwierige Themen im Portfolio hat, sondern diese zudem auf eine Weise erläutert, die auf Dauer sehr deprimierend wirkt. Sozusagen nach dem Motto: Du hast keine Chance, versuch es gar nicht erst.
Nennt es jugendlichen Leichtsinn, aber ich gebe nicht auf, eine bessere Welt anzustreben. Egal, gegen wie viele Wände ich dabei renne.
Fazit:
Harari mag mit seinen anderen beiden Büchern voll ins Schwarze getroffen haben (wie gesagt, ich habe sie nicht gelesen), aber bei diesem Buch kann ich das nicht sagen. Es gab einige Highlights, aber leider auch viele Seiten auf denen ich mich gelangweilt habe.
2 von 5 Sternen.