Evanescas avatar

Evanesca

  • Mitglied seit 03.05.2014
  • 16 Freund*innen
  • 41 Bücher
  • 35 Rezensionen
  • 35 Bewertungen (Ø 4,57)

Rezensionen und Bewertungen

Filtern:
  • 5 Sterne22
  • 4 Sterne11
  • 3 Sterne2
  • 2 Sterne0
  • 1 Stern0
Sortieren:
Cover des Buches Unten (ISBN: 9783751301046)

Bewertung zu "Unten" von Maja Ilisch

Unten
Evanescavor einem Jahr
Kurzmeinung: In einem Rutsch innerhalb weniger Stunden gelesen.
Eine Dystopie für Kinder, die auch Erwachsene abzuholen vermag

Gestern gelesen und dann musste ich das ein bisschen sacken lassen. Es ist ja ein ziemlich intensives Buch.

Normalerweise lese ich keine Kinderbücher. (Ausnahmen sind Rereads von Büchern, die ich als Kind/Frühteen gelesen habe und die ich als Komfortlektüre noch einmal lese oder zum ersten Mal in der Originalsprache. Aber eigentlich kaufe und lese ich keine Kinderbücher mehr rein für mich.) Für dieses Buch musste ich eine Ausnahme machen, weil alles daran geschrien hat "Du wirst es lieben". Und ich habe diese Ausnahme keinen Augenblick bereut.

Maja Ilisch schafft in diesem Buch etwas, das bisher nur sehr wenige Personen mit ihren Büchern schaffen - die Sinneseindrücke und Weltwahrnehmungen von Nevo so zu beschreiben, dass ich mich in einigen Aspekten zum ersten Mal richtig gesehen fühlte. Schade, dass ich bei einem Printbuch nicht einfach durch "Finger draufhalten" eine Notiz erzeugen und "Ja, ja, genau so fühlt sich das an! Ja exakt!" draufschreiben kann. (Oder können schon. Post-Its existieren. Aber ich wollte lieber weiterlesen, als erstmal ein Post-It zu suchen. Vielleicht mache ich beim Reread ja Zettelchen rein.)
Teilweise habe ich mich beim Lesen gefühlt wie in einem Point and Click - und hätte das eine oder andere Setting echt gern länger erkundet und noch ein bisschen mehr über die Welt gelernt, die sich hier in Form eines Hochhauses präsentiert. Aber ich glaube, das ist kein Fehler des Buches, sondern liegt an der Tatsache, dass ich ungefähr drei Mal so alt bin wie die Leute, für die das Buch geschrieben ist. Und da wiederum finde ich es gut, wie viele Freiräume doch übrig gelassen werden. Wie viele Fragen aufgestellt werden, von denen nur ein Bruchteil beantwortet wird - der Rest darf dann in der Fantasie weiterspielen.
Das war auch der Grund, aus dem ich nicht sofort zum Rezensieren an den PC gesprungen bin gestern, sondern bis heute gewartet habe.

Gleichzeitig ... es ist kein reines Feel-Good-Buch, in dem alles wunderbar sonnig ist. Die Atmosphäre würde ich an manchen Stellen mit Michael Endes "Momo" vergleichen, stellenweise auch düsterer, weil in "Unten" von der ersten Seite an sehr klar ist: Das ist eine Dystopie. Ja, für Kinder geschrieben, aber sie ist darum nicht weniger dystopisch und die aufgebaute Atmosphäre von Bedrohung hat dazu geführt, dass das Buch an den spannendsten Stellen ein bisschen wellige Seiten hat, weil ich es so stark umklammert habe.
Es ist spannend, "innerhalb weniger Stunden in einem Rutsch zu lesen"-spannend. Und ich glaube, dass es nicht nur für Kinder und mich diesen Sog hatte. Sondern den für alle entfalten kann, die sich auf diese Geschichte einlassen möchten.

Cover des Buches Mutterschoß (ISBN: 9783947682119)

Bewertung zu "Mutterschoß" von Elea Brandt

Mutterschoß
Evanescavor einem Jahr
Kurzmeinung: Mitreißender Fantasy-Thriller, der mich in den Bann ziehen konnte.
Ein geradezu filmisches Lesevergnügen

Elea Brandt kann schreiben. Und: Oh meine Güte, ist dieses Buch eine emotionale Achterbahnfahrt und ich habe mich oft dabei erwischt, einerseits mir sehr bildlich eine verfilmte Variante vorzustellen (und das ist ein krasses Lob, denn ich habe so gut wie nie Kopfkino!) - und mich gleichzeitig gefragt, wie oft ich dann im Kino oder vor dem Fernseher die Augen zukneifen würde.

Die zwei, aus deren Sicht die meisten Kapitel verfasst sind, geben auch ein großartiges Gespann ab.
Ajeri die Hebamme hat viele, teils widersprüchliche, Facetten in ihrer Persönlichkeit, sodass ich das Gefühl hatte, eine reale Person vor mir zu haben. Eine, die sich nach bestem Wissen so gut es geht in einer Welt durchschlägt, die sich gegen sie verschworen zu haben scheint.
Shiran ist ... nun, ebenfalls sehr facettenreich und somit sehr plastisch. Ihn hätte ich nur zu gerne ein paar Mal geschüttelt, weil er so ... so ... Also ich habe an etlichen Stellen mit ihm gefiebert und dann wieder an anderen hätte ich ihn echt gern angeschrien.

Das Buch verwebt immer wieder auch Elemente des Kriminalromans mit der Fantasyhandlung und es macht Spaß, zusammen mit den Figuren die Puzzlestücke zusammenzusetzen und sich zu fragen, worauf all das hinausläuft und warum die Leute so handeln, wie sie es tun.

Und das Ende hat mich dann dazu verleitet, laut darüber zu motzen, dass ich nicht direkt mit dem nächsten Buch aus dieser Welt weitermachen kann. Ich hoffe, dass es irgendwann eins geben wird.

Cover des Buches Delia - Das smaragdgrüne Feuer (ISBN: B00M3WIF3W)

Bewertung zu "Delia - Das smaragdgrüne Feuer" von Mia Bernauer

Delia - Das smaragdgrüne Feuer
Evanescavor 7 Jahren
Kurzmeinung: Ein tolles Ende für eine gelungene Trilogie
Ein gelungener Abschluss

Das Ende der Trilogie ist noch mal wesentlich temporeicher, als es die zwei gemächlich anfangenden Bände erwarten ließen – kaum angefangen, schon jagt ein Kampf den nächsten und für Delia gibt es kaum Ruhephasen. Cassian ist wieder da und er sorgt dafür, dass sich Delias Träume nach einem Leben als Jaguar nicht so leicht erfüllen lassen.
Sie ist umgeben von Intrigen und Problemen, nur Sebastian scheint noch an ihrer Seite zu sein und sie zu unterstützen…
Doch dann kommt alles völlig anders, als Delia denkt.

Die Trilogie wurde von Band zu Band besser und obwohl ich kein Fan von Romantasy bin und schon gar nicht zu denen gehöre, die bei einem Happy-End in einem Buch zu weinen beginnen, musste ich mir bei dieser Geschichte am Ende mühsam die Tränen verkneifen.
Die Liebesgeschichte ist hier kein Handlungskitt, die Gefühle der Personen werden authentisch beschrieben. Wenn Delia Zeit braucht, braucht sie Zeit und wenn sie verletzt wurde, schmeißt sie sich nicht sofort ihrem Liebsten an den Hals. Love-Interest Leander wird zunehmend sympathischer, weil er immer menschlichere Züge annimmt. Besonders im letzten Band ist es sein Verhalten und seine Veränderung, die viele Dinge herumreißt.
Zumindest bei dieser Autorin weiß ich, dass ich sogar bei Romantasy nichts falsch machen kann, denn die Liebesgeschichten sind authentisch, die Figuren intelligent und die Geschichten und Spannungsbögen gut durchdacht. Weder wirkte Band II wie ein Lückenfüller, noch Band I wie ein zu lang geratener Auftakt – jeder Band wirkte in sich geschlossen und hatte einen schönen Spannungsbogen, gleichzeitig zog sich ein roter Faden durch die ganze Trilogie.

Cover:

Nachdem das Cover für Band 2 ja nicht so ganz meinem Geschmack entsprochen hat, gefällt mir das für Band 3 wieder wesentlich besser. Statt eines Farbtons zwei, statt Katzentieren nun Adler – was hat das zu bedeuten?
Wer den Roman kennt, weiß es – wer nicht, kann hier bereits ein wenig rätseln und sich in die Romanhandlung hineinträumen.
Auch die schwebende Delia in dem schönen, blauen Kleid passt hier wieder perfekt.

Inhalt:

Eine Stärke der gesamten Reihe ist, wie ich bereits schrieb, dass jeder Band für sich stehen kann – auch wenn natürlich alle Bände nötig sind, um die ganze Handlung zu verstehen. Band 1 ist kein überlanger Prolog, Band 2 kein Lückenfüller, Band 3 wirkt nicht völlig unnötig – wie es vielen Trilogien angelastet wird.

Drei Monate – um sich zu verabschieden, um normal zu sein, um das alte Leben ein letztes Mal zu genießen. Mehr hatte Delia nicht verlangt und war das wirklich so viel?
Doch Leander hat keine Wahl und muss sie früher in die Welt der Halbwesen zurückholen, als beabsichtigt. Es herrscht praktisch Krieg, Cassian ist wieder auf freiem Fuß und nur die Auserwählte kann den Halbwesen wieder den verdienten Frieden bringen. Worüber Delia verständlicherweise alles andere als begeistert ist…
Als dann auch noch die Therion darauf bestehen, dass Delia in die Heilige Stadt Rijon gebracht werden soll, ist niemand damit glücklich.
Doch dann wird alles viel komplizierter, als gedacht…

Spannend, ereignisreich, mit einem aufregenden Showdown und einem schönen Ausklang.

Sprache:

Auch hier gab es wieder einige Lücken im Lektorat und Korrektorat – nicht immer wurde das perfekte Verb gewählt und so manches Verb aus dem Bereich „sagen, denken, meinen, rufen, meckern“ etc. war doch zu viel und für den Dialog eigentlich nicht nötig.
Ansonsten ist die Sprache aber sehr bildlich und schön. Einige Male nahmen längere Einschübe die Spannung aus der Handlung (wenn Delia schreit, weil ihr ein Leopard auf die Motorhaube springt, muss man NICHT einschieben, dass die Tiere in Kalifornien doch gar nicht vorkommen), aber auch das geschieht eigentlich sehr selten.
Wer nicht gerade selbst schreibt, dem werden diese Dinge vielleicht nicht einmal auffallen und abgesehen davon ist die Sprache schön und gut lesbar.

Fazit:

Ein gelungener Abschluss für eine sehr fantasievolle Trilogie – wie oben bereits erwähnt, stand jeder Band für sich und der Abschlussband bildete auch wirklich den krönenden Abschluss der ganzen Reihe. Ein Pluspunkt sind hier auf jeden Fall Charaktere, die bereits dem Teenagealter entwachsen sind – und somit nicht die Reihe an Klischeeproblemen mitbringen, auf die man im Romantasybereich so trifft.
Der Ausrichtung auf ein erwachseneres Zielpublikum ist auch zu verdanken, dass es nicht annähernd so glatt am Ende für alle verläuft, wie man es von einer Teeniegeschichte erwarten müsste. Und das hat die Spannung wesentlich erhöht.

Cover des Buches Rönum (ISBN: 9783945227473)

Bewertung zu "Rönum" von Jörg Karweick

Rönum
Evanescavor 7 Jahren
Kurzmeinung: Herrlich gruselig und unfassbar rasant!
Herrlich gruselig und unfassbar rasant!

Das Buch ist genial geschrieben – auf mehreren Zeit- und Ortsebenen wird die Erzählung in eine Rahmenhandlung eingebettet. Eine Touristin findet überraschend eine Leiche am Strand und informiert die Polizei.
Doch wie konnte es dazu kommen? In einer streng durchstrukturierten Binnenhandlung wird erzählt, was in dieser Zeit geschah – und die Frage gelöst, wieso eigentlich kein Tourist nach Rönum geht.

Beim Lesen hatte ich oft Gänsehaut – das Buch ist unterschwelliger Grusel vom Feinsten, mit gekonnt eingesetzten Symbolen und geschickten Cliffhangern.

Cover:

Schlicht und schön.
Die Sepiatöne, in denen das Cover gehalten ist, wirken ruhig und gediegen – gleichzeitig strahlt der von Nahem fotografierte Turm doch eine gewisse Bedrohung aus und die Titelschrift wirkt ein wenig wie verwitterter Stahl.
Selbst wenn man die Geschichte noch nicht kennt, weiß man im Prinzip, worauf man da eingestimmt wird – scheinbar ist alles gediegen, ein wenig altmodisch und sonst in Ordnung. Doch hinter der Fassade lauert eine düstere Gefahr.
(Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass ich so gut wie alle Cover aus diesem Verlag einfach schön finde?)

Inhalt:

Das Buch ist ziemlich kurz und entsprechend dicht geschrieben, es ist also nicht einfach, hier etwas zu schreiben, ohne zu viel zu verraten.
Die Touristin ist selbst früher öfter in die Gegend gekommen – doch aus irgendeinem Grunde haben ihre Eltern irgendwann aufgehört, mit ihr nach Rönum zu reisen. Mehr noch, sie überreden sie, nicht mehr darüber zu reden und wollen das Ganze am Besten vergessen. Dennoch macht sie selbst Urlaub in Rönum und… findet prompt eine Leiche.
Was ist da passiert?
Die Binnenhandlung soll hier Klarheit schaffen und erzählt die Ereignisse, die dem Leichenfund vorausgehen. Und rücken den Romanbeginn in ein anderes Licht.
Die Welt hinter dem Roman wird dabei nur angedeutet – man muss viel mitdenken und sich die Zusammenhänge nach und nach selbst zusammenpuzzeln.

Sprache:

Da gibt es nichts auszusetzen.
Ich fand die Sprache sehr schön – mystisch und poetisch, wo es mystisch und poetisch sein muss. Trocken und sachlich, wo es so sein muss und auch mal völlig wirr, wenn der Perspektiventräger gerade etwas wirr im Kopf ist. Mit anderen Worten: Wechsel der Erzählstimme bei Wechsel der Perspektive und Anpassung an die jeweilige Gegebenheit.
Mir persönlich gefällt das sehr gut – auch wenn ich weiß, dass manche Leser keine Freunde davon sind.

Fazit:

Das Buch habe ich schon beäugt, als es noch um 2014 herum nur mit Cover und Inhaltsangabe auf der Verlagshomepage beim Stöbern entdeckt habe. Und ich bereue auf jeden Fall nicht, es gelesen zu haben. Der Grusel kam auf leisen Sohlen, aber dafür ziemlich eindringlich und es wurde immer wieder spannend.
Das Buch hat mir auf jeden Fall sehr gut gefallen und ich empfehle es denen weiter, die gerne Thriller lesen – es aber nicht zwingend blutig brauchen.

Cover des Buches Volturnus schläft (ISBN: B00RR1CKVW)

Bewertung zu "Volturnus schläft" von Bettina Schott

Volturnus schläft
Evanescavor 9 Jahren
Kurzmeinung: Historisch fundiertes Debüt
Gut recherchiert und spannend!

Vieles fand ich wirklich großartig – die Autorin hat sehr gut recherchiert und weiß vermutlich so ziemlich alles über Lynchjustiz, Osterfeierlichkeiten und Flößertum im Schwarzwald. Und das hat man gemerkt. Ich hatte auf keiner Seite das Gefühl, dass da etwas dazuerfunden oder schlecht nachgeschlagen war. Alles war plausibel, logisch und nachvollziehbar.
Auch die Geschichte an sich fand ich sehr, sehr spannend – und gerade als ich mir sicher war, den Drahtzieher hinter den ganzen Übeln im Ort zu kennen, wendete sich das Blatt.
Ja, es war spannend, gut recherchiert und lebendig geschrieben. Die Autorin hat keine Scheu, Depressionen, Suizid und andere Tabuthemen anzusprechen, die vermutlich im achtzehnten Jahrhundert nicht thematisiert waren – aber unter Tabu standen. Und das Wissen um diese Tabuisierung und einen sensiblen Umgang damit habe ich auf jeden Fall im Roman bemerkt. Das ist sehr gut gemacht.
An einigen Stellen fand ich es etwas störend, dass noch mal genau erklärt wurde, dass Figur X halt so dachte, weil… und dann erstmal eine Erklärung folgte. Aber ich glaube, das ist eine reine Debütautorengeschichte und geht mit der Zeit von alleine weg.
Auf alle Fälle eine Autorin zum Weiterverfolgen, besonders da ich historische Romane seit meiner Kindheit liebe, aber die moderne Tendenz zum „historischen Liebesroman“ eher skeptisch beäuge.

Cover:

Ein Foto in Rottönen, von einer Frau im grellroten Kleid in einem düsteren Wald und mit einigen stilvollen Zierelementen – das Cover ist schlicht, aber schön. Es machte sich sehr gut auf dem Smartphonedisplay auch bei der bei mir voreingestellten eher geringen Helligkeit, mit gut lesbarem Titel.

Höchstens der Name der Autorin hätte etwas größer sein können, da man ihn sonst bei niedriger Auflösung übersieht – aber eigentlich gefällt mir das Cover sehr gut und es stimmt auf die eher düsteren Ereignisse im Buch ein. Es war auch eines der Gründe, weshalb mir das Buch in einer Facebookgruppe schon im Januar überhaupt erst aufgefallen ist.

Inhalt:

Das Leben in Altsteig im Schwarzwald könnte seinen ganz normalen Gang nehmen – bald ist Ostern und Brunnenweihe zugleich, trotz ihrer Blindheit ist die junge Agnes verlobt und glücklich und ihr Bruder Friedel könnte den ganzen Tag den Legenden des Eigenbrötlers Louis lauschen.
Doch dann geschieht zu viel auf einmal – schwere Unfälle bei den Flößern, ein Liebesdrama und ein grauenhaftes Verbrechen bringen ganz Altsteig in Aufruhr.

Was ich hier gar nicht genug betonen kann, weil ich das in letzter Zeit so selten antreffe (Ich sage nur „Hexenverfolgung im tiefen Mittelalter“  und winke mit dem ganzen Zaun!): Die Autorin hat gut und ausführlich recherchiert. Bis hin dazu, dass sie ihren Handlungsort mehrmals selbst bereist hat und einige Personen im Roman tatsächlich historischen Persönlichkeiten aus dieser Zeit entsprechen. Man merkt deutlich, dass sie über das Flößerhandwerk, die Besonderheiten der Schwarzwälder Kultur im achtzehnten Jahrhundert und die Gerichtsbarkeit der damaligen Zeit bescheid weiß.
Mir sind eigentlich keine Anachronismen aufgefallen – außer vielleicht ab und zu eine etwas zu moderne Formulierung in der wörtlichen Rede – und ich bin da recht pingelig.

Manchmal konnte sie der Versuchung nicht widerstehen, auch wirklich alle Rechercheergebnisse ausführlich in den Roman einzubringen. Das fand ich beim Ausflug in die Erklärungen zum Flößertum in Ordnung, an manchen anderen Stellen nahm es dem Buch ein bisschen die Spannung raus. Aber spätestens ab der zweiten Hälfte des Buches gab es keine solchen Verzögerungen mehr.
Trotzdem ein Flöckchen Abzug, auch weil abgesehen von den historischen Erklärungen gerne mal noch in einem Nebensatz etwas erklärt wurde, was so nicht zwingend notwendig gewesen wäre.
Aber das sind alles „Kinderkrankheiten“ und wenn man bedenkt, dass ich sonst nichts zu bemeckern habe…

Sprache:

Bis auf ein paar sprachliche Anachronismen, die mich ein wenig aus dem Fluss gebracht haben, gibt es hier nichts zu bemängeln.
Es gibt ja dieses SP-Klischee vom völlig verformatierten, unlektorierten und unkorrigierten Roman – dies trifft hier nicht zu. Bis auf ein- oder zwei vergessene Punkte am Satzende, die auch in einem Verlagsbuch vorkommen, fiel mir eigentlich kein Rechtschreibfehler auf und auch keine krude Grammatikkonstruktion.
Sehr schön fand ich auch, dass eine gute Balance zwischen Fremdwörtern für das Flößertum und der Hochsprache gefunden wurde – der Roman ist auch für Nichtexperten auf diesem Gebiet spannend und verständlich.

Fazit:

Ich bin froh, dass ich das Buch gelesen habe. Bettina Schott ist eine vielversprechende Debütautorin, die viel Liebe und Sorgfalt in dieses Buch gesteckt hat – und das merkt man dem Endergebnis auch an.
Außerdem schlägt sie nicht in die Kerbe der Romantik, sondern zeichnet ein realistisches, ungeschöntes und entsprechend teilweise grausames Bild der damaligen Menschen.
Wie schnell ein Mob außer Kontrolle geraten kann, weiß auch heute jeder Mensch – die Folgen der damaligen Justiz sind Vielen jedoch nicht in diesem Maße bewusst.
Somit lag hier nicht nur ein spannender Roman vor, sondern auch eine einfühlsame Gesellschaftsstudie.

Cover des Buches Die Eisfestung (ISBN: 9783570305232)

Bewertung zu "Die Eisfestung" von Jonathan Stroud

Die Eisfestung
Evanescavor 7 Jahren
Kurzmeinung: Handwerklich solide, bleibt aber an der Oberfläche
Leider nur Mittelmaß

Um ehrlich zu sein hat mich dieses Buch nicht so überzeugt.
Die Familiensituation der drei Kinder scheint recht klar umrissen – Emily ist ein von der Familie wenig beachtetes Einzelkind, Simon hat Probleme mit seinen vielen Geschwistern, Marcus ist Halbwaise. Angesichts dessen aber, dass Emily die Perspektivträgerin ist, erfährt man viel zu wenig über sie. Klar, einerseits weil der Fokus auf den Ereignissen und andererseits eher auf Marcus und seinen Geschichten liegt. Aber dadurch wurde für mich Emily zu einer Schablone, so wie die Figuren generell blass und schablonenhaft blieben.
Das Klischee-Mädchen aus gutem, konsumgütertechnisch gesättigtem aber reichlich gleichgültigem Hause, dem langweilig ist. Der Junge aus der typischen Arbeitslosen-Schläger-Verbrecherfamilie. Und der geheimnisvolle Unbekannte mit der großen Fantasie als Verführer zu allen möglichen Taten.
Da mir die Personen alle nicht so recht „echt“ erschienen, kam auch in Bezug auf ihr Schicksal keine Spannung auf und das Buch eierte für mich ein wenig hin- und her.

Rausgerissen hat es der grandiose Schreibstil von Stroud – er hat ein sehr ernstes Thema genommen und es sprachlich sensibel behandelt. Ich hätte mir aber mehr Mut gewünscht, mehr von seinem Humor und mehr Drama, besonders zum Ende hin.

Cover:

Da gibt es nichts zu meckern.
Ich liebe Hardcover. Und ich liebe erst Recht Hardcover, die irgendwie mit Fühlapplikationen, und Glanz und Silberfolien und so verziert sind – sofern dieser Zierrat zum Buch passt. Und das Geglitzer passt perfekt zu einer Eisfestung.
Optisch auf jeden Fall ein Hingucker und… Hardcover. Stabil, formschön… habe ich schön erwähnt, dass ich Hardcover mag?
Dargestellt ist ein Stück Mauer mit Blick auf eine altehrwürdige Burg. Ja, das gefällt mir.

Inhalt:

Die Geschichte an sich ist eigentlich gar nicht mal so unglaubwürdig – im ziemlich kleinen, ziemlich schnarchigen englischen Herkunftsort der Protagonistin gibt es eigentlich nur einen einzigen Ort, der auch nur ansatzweise Spannung verspricht. Und das ist die alte Burg, bewacht von einem bärbeißigen Hausmeister, im Sommer ein etwas ödes Museum und im Winter eigentlich geschlossen.
Klar, dass die Kinder aus dem Ort auf der Suche nach Abwechslung dort heimlich mit ihren Schlitten fahren wollen. Und klar, dass hier das Faustrecht regiert und Emily so ganz alleine keine Chance gegen eine Bande Kinder hat, die den Schnee rund um die Burg für sich allein haben wollen.

Und es ist für mich auch durchaus logisch, dass Marcus und sein Traum von einer Burgübernachtung so verlockend für die drei Kinder ist, wenn auch aus jeweils eigenen Gründen.
Das klingt eigentlich nach einem Konzept, das nicht schief gehen kann – und genau das ist das Problem. Auch wenn das Buch wichtige soziale Problematiken auch im Umgang mit Kindern anreißt und durchaus Potential hätte, es bleibt alles bei diesem theoretisch erfolgsversprechenden Standard. Fast, als hätte Stroud hier eine lineare Vorgabe für einen Roman eins zu eins umgesetzt.

Die Charaktere blieben für mich stereotyp, sodass bei mir für keinen der drei so rechte Sympathie aufkam. Und da ich mich keinen Augenblick für das Schicksal der drei so richtig erwärmen konnte, kam für mich auch die ganze Zeit über keine rechte Spannung auf.

Solides Handwerksbuch, keine Logikbrüche, keine Fehler, aber eben auch nichts Weltbewegendes.

Sprache:

Mir fehlte Jonathan Strouds Feuer, sein Humor, seine Art, sogar die dramatischsten und schwierigsten Dinge irgendwie so zu verkaufen, dass es nicht trivial ist.
Klar, die Ausgabe war sprachlich einwandfrei, ich habe keine Druckfehler gefunden und ich würde auch nicht sagen, dass irgendwas sprachlich nicht gepasst hätte.

Aber genauso wie der Rest des Buches wirkte auch die Sprache sehr standardmäßig. Eben genau das, was man von so einem Buch erwartet, aber weder mehr noch weniger.

Fazit:

Auch wenn ich quantitativ eigentlich vier Feuerflocken vergeben müsste – ich bleibe bei drei. Das Gesamtpaket hat mich trotz der wunderhübschen Hülle nicht überzeugen können.

Vielleicht liegt das daran, dass ich von Stroud einfach per se sehr viel erwarte und damit von vornherein mit überhöhten Erwartungen an das Buch herangegangen bin. Oder weil ich inzwischen so hungrig nach Innovationen beim Storytelling bin, dass mich solides Handwerk nur noch mittelmäßig bis gar nicht zu fesseln vermag.

Denn eigentlich ist das Buch grundsolide und alles andere als schlecht. Aber mich hat es leider nur mittelmäßig unterhalten.

Cover des Buches Delia - Das rubinrote Licht (ISBN: 9781500413552)

Bewertung zu "Delia - Das rubinrote Licht" von Mia Bernauer

Delia - Das rubinrote Licht
Evanescavor 7 Jahren
Kurzmeinung: Solide und gut lesbar
Zweiter Band mit Stärken und Schwächen

Mir gefiel der direkte Neueinstieg in Band II, der fast ohne Nacherzählungen von Band eins ausgekommen ist – die ich aber auch nicht gebraucht hätte, um ehrlich zu sein. Auch so war die Welt der Halbwesen noch präsent genug in meinem Kopf, um einen flüssigen Wiedereinstieg zu garantieren. Außerdem wurde ich gleich auf den ersten Seiten mit einem Fakt überrascht, mit dem ich nie im Leben gerechnet hätte – durch den aber das letzte Rätsel aus Band I endlich gelöst wird.
Das einzige kleine Problem, das ich mit dem Buch hatte – die Halbwesen neigten in diesem Band ein wenig dazu, zu mächtig zu werden. Zusätzlich zu den Kräften ihrer jeweiligen Elemente, der Unsterblichkeit und den daraus erwachsenen zahlreichen Fähigkeiten können sie Menschen mit Hilfe eines permanent blutenden Bisses manipulieren. Andererseits wird genau diese Kraft am Ende zu einem treibenden Faktor in der Story und sorgt dafür, dass der Showdown unfassbar spannend gerät und ich mir beim Lesen beinahe in den Finger gebissen hätte.
Schön auch, wie man schrittweise mehr über die Welt der Halbwesen erfährt und gemeinsam mit Delia versucht herauszufinden, wer Freund und wer Feind ist. Ich hatte schon sehr früh das Gefühl, dass irgendwas nicht stimmt – aber erst am Ende hat sich alles aufgelöst, sodass ich erleichtert aufseufzen konnte.
Und das Ende war natürlich DER Knall schlechthin, der mich sofort Band III kaufen ließ. Schließlich wollte ich wissen, was nach so einem Cliffhanger passiert!

Cover:

Das Cover fand ich persönlich nicht so schön, wie das von Band I – zum einen ist es sehr rosa, zum anderen im Vergleich zum ersten Cover nicht sehr kontrastreich. Die vielen hellen Flächen laufen ein wenig ineinander.
Abgesehen davon spiegelt es jedoch sehr schön die Romanhandlung – eine Großstadt und eine Delia, die permanent an einem Abgrund entlangbalanciert und dabei ein Lächeln zu bewahren versucht, dazu die zarten Blätter – das hat für mich gepasst.
Für das Rosa und die Kontrastarmut gibt es an dieser Stelle aber Abzug.


Inhalt:

Wie oben schon erwähnt – die Autorin steigt nahtlos wieder in die Handlung ein und wirft mich als Leserin mittten in einen wichtigen Dialog, statt – wie ich das häufig bei Fantasy angetroffen habe – erstmal den Plott des vorigen Bandes ausführlich wiederzugeben.
Generell macht Mia Bernauer nicht den häufigen Fehler, Band II einfach als notwendiges Brückenübel zwischen Auftakt und Ende einer Trilogie zu verwenden. Eine eigene, sehr spannende und abwechslungsreiche Story, sorgte dafür, dass ich das Smartphone kaum aus der Hand legen wollte.
Nach wunderschönen Ferien, in denen Delia sich von den schrecklichen Ereignissen rund um Cassian erholen kann, muss sie sich erneut damit befassen – Cassian wird der Prozess gemacht und natürlich muss auch Delia zu diesem Zweck nach Terceira, wo die geheimnisvollen Therion ihren Sitz haben, und aussagen. Doch der Prozess läuft nicht so, wie Delia es erwartet hätte.
Ausgerechnet jetzt beschließt sie außerdem, ihr Studium in einer anderen Stadt fortzusetzen, sodass Leander sie nicht permanent beschützen kann und sie von Verschwörern angegriffen wird. Ist Kira – ausgerechnet Leanders Exfreundin – wirklich in der Lage, sie vor den Angriffen von Aaron dem Teiler und seinen Komplizen zu beschützen? Und welche Geheimnisse hat Leander plötzlich Delia gegenüber?
Die Welt der Halbwesen bleibt sehr schlüssig und in keinem Band erfährt man so viel über ihr Wesen, wie hier – weltenbauerisch ist das Ganze also in sich logisch und schön gelöst. Wie oben bereits erwähnt, hatte ich höchstens ein wenig mit der scheinbaren Overpowerung durch eine neue Fähigkeit ein kleines Problemchen, aber letzten Endes war das so nötig und führte zu einem spannenden Showdown.

Sprache:

Auf jeden Fall um Welten besser lektoriert, als der erste Teil – aber es gab immer noch das eine oder andere Fehlerchen, die eine oder andere Formulierung und auch einige Formatierungsfehler, die so nicht unbedingt sein gemusst hätten.
Die Formulierungen selbst, den Ausdruck, die Wörter für all das Selbsterfundene fand ich nämlich sehr passend.

Fazit:

Insgesamt solide 4 Sterne, auch wenn es beinahe fünf geworden wären – für einen zweiten Band, der mich sehr gut unterhalten konnte und der sehr viele Stärken hatte – aber eben auch einige Schwächen.
Für alle, die mal ein wenig Abwechslung in ihr Lesebestiarium bringen wollen und dabei auch vor Romantasy nicht zurückschrecken (oder sich, wie ich, ausnahmsweise auch mal auf dieses Genre einlassen wollen), ist das auf jeden Fall eine gute Wahl.

Cover des Buches Die Tribute von Panem - Tödliche Spiele (ISBN: 9783841501349)

Bewertung zu "Die Tribute von Panem - Tödliche Spiele" von Suzanne Collins

Die Tribute von Panem - Tödliche Spiele
Evanescavor 8 Jahren
Kurzmeinung: Ein erschreckend real geschriebenes Buch.
Starker Auftakt einer verdient gehypten Reihe

Ich habe zufällig vor einigen Monaten den Film gesehen – davor hatte ich wegen des Hypes einfach kein Interesse an dem Buch – und fand ihn unglaublich gut. Die ganze Zeit fragte ich mich, wie das wohl als Buch aussehen mag… und als ich die Möglichkeit bekam, mir das Buch in der Bücherei auszuleihen, musste ich es mir einfach schnappen. Das ist also einer der wenigen Fälle, in denen ich zuerst den Film gesehen und dann das Buch gelesen habe.
Ironischerweise habe ich diesen seltenen Ausrutschern bisher meine wertvollsten Leseerfahrungen zu verdanken und „Panem“ gehört definitiv dazu.
Ich wusste bereits, was (grob) passiert. Entsprechend habe ich nicht auf Spannung gelesen. Aber ich hatte an sehr vielen Stellen im Film Fragen – wie ist der Hintergrund zu X? Woher weiß Katniss, dass Y? Wieso sehen die Menschen im Kapitol alle so schräg aus? Und die wurden für mich im Buch sehr zufriedenstellend gelöst und obwohl ich wusste, wie es ausgeht, fand ich es unglaublich spannend, es zu lesen, statt es einfach nur zu sehen. Der Mitfühleffekt war wesentlich stärker.
Und zum Glück lag der Film lang genug zurück, sodass ich den Leuten beim Lesen größtenteils meine eigenen Gesichter geben konnte, statt mit den Filmgesichtern zu leben.
Die von Vielen bemängelte Liebesgeschichte fand ich in dem Zusammenhang nicht störend oder übertrieben, sondern im Figurenkontext interessant aufgelöst.

Cover:

Ich liebe die deutschen Buchcover der Reihe, da bin ich ehrlich. Das Grün, das Auge halb zwischen den Blättern verborgen, hat etwas Geheimnisvolles und passt sehr gut zum Inhalt, da Katniss sich ja sehr viel zwischen den Blättern versteckt in diesem Band.
Der Kontrast, den die knallroten Bluttropfen auf den Blättern bilden, ist sehr eindringlich und signalisiert sofort Gefahr. Wer den Inhalt kennt, kann all diese Bildsymbole der Handlung zuordnen.
Mein Exemplar stammt aus einer Bibliothek und war ein Hardcover, das sehr oft ausgeliehen wird. Man sieht dem Buch die Beanspruchung allerdings kaum an.

Inhalt:

In diesem Band erfährt man noch nicht so viel über die Romanwelt an sich – in den Grundzügen weiß man, dass Kriege und Naturkatastrophen dazu geführt haben, dass aus der heutigen USA der wesentlich kleinere und ärmere Staat Panem wurde –  und wie sich nach einem Aufstand das Kapitol an den Distrikten gerächt hat.
Als besonders grausame Strafe für die Distrikte wurden die Hungerspiele eingeführt, für die die Distrikte jeweils einen männlichen und einen weiblichen Jugendlichen stellen müssen. Wer noch keine 12 ist, ist fein raus – wer bereits 18 ist und nicht gezogen wurde, hat Glück gehabt, denn je älter man wird, desto mehr Lose werden in den Topf geworfen.
Außerdem kann man sich – da in den Distrikten permanent Hunger und Not herrscht – gegen zusätzliche Lose einige knapp bemessene zusätzliche Lebensmittel leisten.
Panem ist dazu auch noch eine streng durchstrukturierte Diktatur, sodass jedes Verhalten außer der Norm – vom Fernbleiben bei den Fernsehübertragungen bis hin zum Wildern – drakonisch bestraft wird. Das Leben ist gefährlich.
Dennoch, es passt alles überraschend gut zusammen und nichts wird beschönigt. Gewalt ist grausam, Gewalt ist tödlich, Verwundungen sind sehr gefährlich und ein Terrorregime ist ungerecht und niederdrückend.
Ich fand das System der Hungerspiele auch sehr gut und plausibel erklärt – und durch die sachlichen Welterklärungen, durch die man weiß, dass Katniss gefühlte 500 Lose in der Trommel hat und Prim nur ein Einziges, erhalten die Ereignisse eine besondere Tragik.
Es tut regelrecht weh, zu lesen, wie dieses kleine, tapfere Mädchen so viel Pech hat, bei nur einem Los gleich bei der ersten Ernte gezogen zu werden.
Doch, der Inhalt und die gesamte Welt drumherum gefielen mir wirklich sehr gut – ich fand keine Logikfehler (die mich gewaltig aus dem Lesefluss zu bringen pflegen, da ich dann erstmal ein paar Stunden grübeln muss) und die Atmosphäre passte zum Inhalt.

Sprache:

Hach ja, hier wurde man schon im Vorfeld ja lang und breit darauf hingewiesen, wie ungewöhnlich es ist, dass der Roman im Präsens geschrieben ist und diskutiert, ob das in Ordnung ist und überhaupt und sowieso.

Panem ist nicht mein erstes im Präsens geschriebenes Buch, aber in meinen Augen eins, bei dem ich das Gefühl hatte, dass der Stilbruch wirklich relevant ist (während ich bei einem im Präsens gehaltenen Krimi oft keinen Unterschied gemerkt hätte) und die Unmittelbarkeit sehr stark betont.

Das Buch wird auf diese Weise sehr, sehr eindringlich und dringt direkt bis unter die Haut vor. Mir persönlich hat das sehr gut gefallen und bei den Folgebänden sieht man auch, wie toll es sich mit diesem Stil weiterarbeiten lässt.

Fazit:

Ich bin wirklich, wirklich froh, dass ich mich vom Hype nicht abschrecken ließ und die Reihe für mich entdeckt habe. Ein Jugendbuch, bei dem ich glaube, dass es möglichst viele Jugendliche und Erwachsene lesen sollten – denn die Themen „Überwachungsstaat“, „Zensur“, „Gewalt“ sind heute aktueller denn je.

Auch als Twen kann man die Reihe genießen und sehr viel Erschreckendes über den aktuellen Zustand der Gesellschaft erfahren.

Cover des Buches Stille Feindin (ISBN: 9783570162750)

Bewertung zu "Stille Feindin" von Alexandra Kui

Stille Feindin
Evanescavor 7 Jahren
Kurzmeinung: Ich war immer wieder atemlos vor Spannung. Ein wirklich gelungenes Buch!
Ein rasanter, gut geschriebener Jugendthriller.

Als Tami und Farina sich begegnen, ist es Freundschaft auf den ersten Blick. Doch hinter der schönen Fassade verbirgt Farina eine düstere Vergangenheit und Tami eine komplizierte Familiengeschichte. Als Farinas Vergangenheit sie einzuholen droht, scheint eine Katastrophe unvermeidlich.
In diesem Buch werden die Dinge beim Namen genannt – Jugendkriminalität, falsche Freundschaften, Rachsucht, Einsamkeit und die erste große Liebe mal nicht aus der verklärt nostalgischen Erwachsenensicht, sondern mit aller Bedrohlichkeit, die ein Teenager erleben kann.
Das Wort „Jugend“ in der Genrebezeichnung „Jugendthriller“ steht hierbei vor allem dafür, dass es sich um jugendliche Protagonisten mit jugendlichen Problemen handelt. Doch diese sind keineswegs weniger heikel, gefährlich oder tödlich als die Probleme der „Erwachsenen“.

Cover:

Normalerweise ist pink nicht wirklich meine Farbe, aber das rosa Plastikmädchen mit dem Häschen inmitten der Blumenranken fand ich gut gewählt. Wer das Buch liest, stellt bald eine Verbindung zwischen dem Cover und den Protagonistinnen her und kann das Cover als Teil der Geschichte deuten. Farina hasst Rosa – doch sie muss das Mädchen mit dem Hasen sein. Tami mag Schlichtheit – und das Cover ist zwar dekorativ aufbereitet, bleibt dabei jedoch schlicht und wirkt nicht überladen. Für ein Taschenbuch war das Cover auch sehr hochwertig, die Blumenranken und das Mädchen sind mit Folie beschichtet, sodass das Büchlein griffiger wird und gut anzufassen ist.
So wirkt das Buch nach dem ersten Lesen nicht, als wäre es schon fünfzig mal durchgeblättert worden und ist eine Weile haltbar. Für mich ist das sehr wichtig, da ich Bücher gerne ein weiteres Mal lese oder auch mal innerhalb der Familie verleihe.

Inhalt:

Für mich ein sehr glaubwürdiges Buch. Die Protagonistinnen sind beide nicht perfekt, haben ihre Ecken und Kanten, ihre guten und schlechten Seiten. Auch die Umgebung wirkt lebensecht, Menschen statt Schablonen. Das wirkte sich maßgebend auf den Inhalt aus – sowohl Farinas Zerrissenheit und ihre daraus folgenden sprunghaften Handlungen als auch Tamis Naivität und Gutgläubigkeit stimmten innerhalb ihres Umfelds.
Dabei geschieht der Spannungsaufbau langsam, kaum merklich. Der Fokus liegt überwiegend auf den inneren Problemen und seelischen Nöten der Protagonistinnen. Doch die im Hintergrund aufgebaute Spannung macht sich im letzten Viertel des Buches bemerkbar und liefert einen Showdown, der es in sich hat.
Auch wenn immer wieder aus mehreren Perspektiven berichtet wird und die Handlungsstränge sich permanent kreuzen, empfand ich das Buch als gut lesbar und hatte keine Probleme, der Handlung zu folgen.
Besonders muss ich hervorheben, wie die Autorin mit Gefühlsräumen umgeht – die Landschaft als Abbild der Seele findet sich nur in wenigen modernen Romanen – in Jugendbüchern fast noch seltener als sonst. Ein gewagter Schritt, der bei mir gut angekommen ist.
Außerdem schafft sie es, das Thema „Kinder aus schwierigen Verhältnissen und Pflegefamilien“ auf eine nicht-kitschige Art anzugehen, die ich sehr erfrischend fand. Kein „wenn das Kind nur genug Liebe bekommt, wird alles gut“-Geseufze, sondern eine sehr einfühlsame Behandlung des Themas.

Sprache:

Hier muss ich erstmal Abzüge für Satzfehler geben, die mich immer wieder aus dem Lesefluss gehauen haben. In meiner Ausgabe waren an manchen Stellen Tami und Farina vertauscht und es fehlten immer wieder Präpositionen. Natürlich kann die Autorin nichts dafür, aber ein Buch ist für mich ein Gesamtprodukt von Autor und Verlag – wenn also von Verlagsseite Fehler gemacht wurden, muss ich das bei der Gesamtwertung berücksichtigen.
Darum kann ich leider hier keine fünf Flocken geben. Abgesehen davon jedoch besticht die Sprache für mich durch eine Mischung aus Schonungslosigkeit (es fallen einige für ein Jugendbuch sehr derbe Ausdrücke) und Poesie (mein Favorit ist hierbei die zartkalte Berührung). Die Sprache nahm mich schnell gefangen und erleichterte mir den Einstieg in das Buch auf jeden Fall maßgeblich.
Allein wegen der „Schreibe“ würde ich auf jeden Fall weitere Bücher der Autorin lesen.

Fazit:

Für mich ein toller Roman mit authentischen Figuren, einer deutlich spürbaren Charakterentwicklung und einer sehr schönen Sprache. Dabei kommt der Thrill keineswegs zu kurz – psychologisch hintergründig und hochspannend, zeigt Alexandra Kui, dass man nicht zwingend literweise Blut verspritzen muss, um ein Gänsehautbuch zu schreiben.

Cover des Buches Drachenglut (ISBN: 9783596809592)

Bewertung zu "Drachenglut" von Jonathan Stroud

Drachenglut
Evanescavor 7 Jahren
Kurzmeinung: Tiefgründig, poetisch und faszinierend.
Tiefgründig, poetisch und faszinierend.

Was mich von Anfang an einfing, war die teilwiese extrem poetische Sprache. Wann immer aus der Sicht des Drachen berichtet wurde, spürte ich regelrecht dieses Fremdartige, Böse und Uralte, das tief unter der Erde schlummerte und sich nun langsam regt. Stroud ist ein großartiger Erzähler und das merkt man.
Ein uraltes Kreuz wird vom neuen, enthusiastischen Pfarrer geborgen. Gleichzeitig passiert einem Jungen, der auf einer Sommerwiese einschläft, etwas sehr Seltsames. Und die alteingesessenen Einwohner des Dorfes mögen es gar nicht, wenn die alten Geheimnisse ans Licht gebracht werden. Denn sie alle fürchten die schrecklichen Konsequenzen.

Cover:

Das ist ziemlich minimalistisch – dunkelroter, fast schwarzer Grund und ein glühendes Drachenauge.
Angesichts dessen, dass „Drachenglut“ nach dem Erfolg von „Barthimäus“ wieder vermehrt nachgefragt und aufgelegt wurde, bin ich froh, dass das Cover minimalistisch blieb und man nicht versucht hat, eine optische Ähnlichkeit mit „Barthimäus“ zu erreichen. Machen Verlage ja teilweise sehr gern.
Und man sieht dem Buch sofort an, dass hier recht ernste und bisweilen düstere Fantasy auf den Leser zukommt. Finde ich gut gelöst.

Inhalt:

Das Buch fängt surreal-poetisch an. Da ist dieser unbekannte Junge, der auf der Wiese liegt und träumt. Und da sind die seltsamen Vorgänge, die mit ihm geschehen, während er es gar nicht so richtig wahrnimmt. Dazu in einer bildhaft-poetischen, wunderschönen Sprache, die einen sofort ins Buch hineinzieht, obwohl eigentlich noch gar nichts passiert ist.
Und dann ein heftiger Cut in eine Welt der Normalität und der Alltagssorgen eines jungen Pfarrers, der irgendwie nicht so richtig bei den Einheimischen ankommen kann.
Als Leser fragt man sich natürlich, wie diese zwei Ereignisse zusammenhängen können – und bekommt die Antwort in unendlich kleinen Häppchen nacheinander geliefert. Die Verbindung alter christlicher und vorchristlicher Legenden mit der typischen Problematik eines kleinen „Jeder-kennt-jeden“-Dorfes schafft eine für mich spannende Atmosphäre – und eine schlüssige Erklärung für all die merkwürdigen Ereignisse, die im Laufe dieses Buches auftreten.

Sprache:

Die Sprache… Schade, dass ich nur einmal und nur fünf Sterne dafür vergeben kann.
Stroud zeigt sich hier von seiner poetischen Seite und erzeugt mit einigen wohlplatzierten und ungewöhnlichen Metaphern immer die passende Atmosphäre. Ich kann hier schwer mehr schreiben, ohne zu spoilern – aber hier steht jedes einzelne Wort, jede Silbe genau da, wo sie hingehört.

Fazit:

Wer sprachlich wundervoll verpackte All-Age-Fantasy sucht, ist mit „Drachenglut“ bestens bedient. Schön geschriebene, sehr intelligente Geschichte über Mut, Freundschaft, Machthunger und Vetternwirtschaft. Und was mit einem Menschen passiert, der sich die falschen Freunde sucht.
Ein Buch, das ich vermutlich immer mal wieder lesen werde, um tiefer in die moralischen Aspekte eintauchen zu können, die beim ersten Spannungslesen oft übersehen werden.

Über mich

Vielleserin, Autorin, Lektorin

Lieblingsgenres

Fantasy, Historische Romane, Science-Fiction, Biografien, Sachbücher, Literatur, Unterhaltung

Freund*innen

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks