Feanor

Mein Sohn las voriges Jahr das Buch in der Schule. Ich beschloss daher, mir das allseits bekannte Werk ebenfalls zu Gemüte zu führen - ohne große Erwartungen. Aber ich muss sagen, ich äußert positiv überrascht von der Geschichte und vom Schreibstil. Unabhängig von den Geschehnissen während des 2. Weltkrieges, vermittelt die Schriftstellerin einen guten Eindruck über das Leben der untergetauchten Familie. Es werden alltägliche Dinge ebenso beleuchtet wie romantische Gedanken aber auch die psychologischen Auswirkungen des Zusammenlebens auf engstem Raum. Ein sehr ausdrucksstarkes, lesenswertes Werk!

Das Buch liefert einen sehr fundierten Überblick über die wesentlichsten Fertigkeiten bzw. deren Wiedererlernen nach einer Apokalypse. Schon der Beginn, wo allgemein erläutert wird, welche Apokalypsen eigentlich langfristig nicht gut für das Überleben der Menschheit ausgehen, lässt auf eine spannende Lektüre schließen. Erst zum Ende hin werden die oftmals detailliert beschriebenen chemischen Abläufe zu theroretisch - zumindest für Laien. Dennoch ein sehr nützliches Buch für Dystopie Autoren und andere Pessimisten, die auf eine postapokalyptische Welt vorbereitet sein wollen.

Das erschreckende Szenario der totalen Vernetzung und Kontrolle ist uns zwar bis jetzt trotz Facebook und co. noch erspart geblieben, dennoch sind die beschriebenen Ansätze nicht völlig utopisch für die nähere Zukunft. Zum Buch und Schreibstil lässt sich sagen, dass trotz der guten Story einige Längen zu bemängeln sind. Praktisch gibt es auch nur sehr wenige, wirklich gute Passagen. Es plätschert viel mehr dahin. Selbst das Ende war nicht wirklich überraschend. Alles in allem auch etwas naiv, vielleicht hat der Autor das aber auch beabsichtigt.

Inhaltlich war die Geschichte über ein zukünftiges Sozialsystem bzw. gesellschaftliches Umfeld interessant zu lesen. Einzelne Aspekte der "schönen neuen Welt" wurden gut behandelt, letztlich muss man aber die doch tlw. fehlende Komplexität der Kommune bzw. deren Beschreibung bemängeln. Die Personen wirken doch etwas eindimensional und zu klar in gut und böse einteilbar. Auch die Motive waren von Anfang an deutlich zu erkennen, es gab keine größeren unerwarteten Wendungen. Meiner Einschätzung nach würde ich den Roman etwas über Durchschnitt einreihen. Da 3,5 nicht geht habe ich mich aufgrund der Idee und strukturiert ablaufenden Handlung doch für 4 Sterne entschieden.

Ein ausgesprochen lesenswertes Buch - bezogen auf die Handlung, die Charakterisierung der Personen sowie die Wendungen im Laufe der Geschichte. Vor allem im ersten Teil ist der Flashback Effekt grandios gelungen (auch wenn ich die Stelle 2x lesen musste, um es zu verstehen). Das Zusammenspiel der Handlungsstränge wurde ebenfalls gut gelöst. Die detaillierten Ausführung einzelner Elemente und die Stärken und Schwächen der Hauptpersonen muss ebenfalls anerkennend erwähnt werden. Jedenfalls 5 Sterne!

Die Buchidee - wirklich erlebbars Computerspiel - ist zwar nicht neu, aber in diesem Roman zumindest ansatzweise erfrischend umgesetzt. Letztlich bleibt die Geschichte aber etwas zu oberflächlich. Die Charaktere werden nur teilweise vielschichtiger behandelt. Man fühlt sich ihnen nie wirklich nahe - mitfiebern kommt nur sporadisch auf. Manche Personen sind auch unrealistisch dargestellt (zB. der kindliche Mastermind hinter der beschriebenen Technologie bzw. das Vertrauen der anderen in sein Können). Die Handlung vermag anfangs mitzureißen, wird aber schließlich doch zu absurd um die Spannung bis zum Ende aufrecht zu erhalten. Zusammenfassend: eine leichte Lektüre für Zwischendurch, relativ anspruchslos - wird mir vermutlich nicht in Erinnerung bleiben.

Im Vergleich zu etlichen anderen Romanen, bei denen NS Deutschland den Krieg gewinnt, schneidet dieses Buch sehr gut ab. Die Geschichte ist größtenteils stimmig und flott zu lesen. Die Verknüpfung mit einer Art Zeitreise-Thematik war aus meiner Sicht nicht wirklich störend (wie von anderen Lesern angemerkt). Die verschiedenen Handlungstränge werden am Ende sehr gut miteinander verknüpft. Hervorzuheben ist auch noch, dass nicht die Juden-Verfolgung/-Vernichtung im Vordergrund steht, sondern andere restriktive und einschüchternde Handlungsweisen der Obrigkeit, die über Jahrzehnte das Reich und sein Volk prägen. Der bevorstehen Kollaps durch Misswirtschaft wird ebenfalls gut herausgearbeitet. Zusammenfassend: ein sehr vielschichtiger Roman, der wie alle gut geschriebenen Alternate-History Stories zum Nachdenken anregt.

Nach dem 1. Teil ist man den Schreibstil zwar schon gewohnt, dennoch nehmen vor allem in der 2. Hälfte die abwechselnden Chats, Gedanken aus verschiedenen Perspektiven der gleichen Person und die direkte Kommunikation ein Tempo auf, das seines gleichen sucht. Die Handlung schließt nahtlos an den ersten Teil an. Nach dem Zusammenbruch erfährt man einiges mehr über Jojo und den bisherigen Verlauf ihrer Krankheit. Die aufkommende Beziehungsproblematik wird exzessiv geschildert, auch wenn aus meiner Sicht Toby's Verhalten nicht immer nachvollziehbar ist. Das Ende ist vorhersehbar, aber doch auch wieder nicht. Sehr fesselnd und gut geschrieben: Zusammenfassend: ein super 2-Teiler über Borderline, der mich ohne Untertreibung sehr berührt hat!

Nach den ersten 50 Seiten ist man geneigt, das Buch zur Seite zu legen. Der Schreibstil reduziert sich auf die Wiedergabe eines Chat-Verlaufes, was auf Dauer mühsam wirkt. Die Handlung schreitet auch nicht wirklich voran. ABER: aufhören wäre ein Fehler!! Mit Fortdauer des Romans rücken immer mehr psychologische und emotionale Hintergründe der Hauptperson Jojo in den Vordergrund. Subtil beginnt sich die Katasthrophe abzuzeichnen, dennoch ist man am Schluss überrascht. Zusammenfassend: ein bemerkenswerter Roman der Autorin, der dem Leser einiges abverlangt. Dies bezieht sich nicht nur auf die Komplexität der Krankheit, die erst nach und nach ersichtlich wird, sondern vor allem auf den Schreibstil, die sprunghaften gedanklichen Einschübe und den Hauptfokus auf das Computerspiel. Aber am Ende wird man mit einer unglaublich einfühlsamen Geschichte belohnt. Den 2. und letzten Teil zu lesen war für mich ein Muss! Vielen Dank dafür!