FrauNightingale
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FrauNightingales Bücher
Zur BibliothekRezensionen und Bewertungen
Bewertung zu "Die Spiegelreisende – Die Verlobten des Winters" von Christelle Dabos
»Anima« ist Ophelias bisherige Heimat gewesen. Die Arche ist grün, lebendig, offen und familiär. Jeder kennt dort jeden. Es herrscht ein sehr friedliches Miteinander. Wogegen »Pol« – die Heimat von Ophelias neuem Verlobten Thorn – kalt, dunkel, aus politischen Intrigen, sozialer Hierarchie, kriegslustigen Clans, sozialen Skandalen und Illusionen besteht. Keine besonders einladende Welt, doch Ophelia hat leider keine andere Wahl. Dort angekommen, wird sie versteckt, denn schon jetzt schwebt sie wegen ihres überall angefeindeten Verlobten in Lebensgefahr.
Ich habe mich sofort in den Weltenbau und die erschaffene Magie der Autorin verliebt.
Jede Familie besitzt seine eigene Magie, die weiter vererbt wird. So gibt es Familien von Illusionisten, Animisten und solche, die anderen Schmerzen zufügen können. Es war faszinierend, die verschiedenen Fähigkeiten der jeweiligen Clans kennenzulernen und die auf dem »Pol« stattfindenden Intrigen aufzudecken. In diesem Buch schwebt man, genau wie Ophelia, im Ungewissen wem man vertrauen sollte. Jeder hat Geheimnisse und versteckte Motive.
Neben dem Weltenbau, ist der zweite Trumpf in Christelle Dabos Ärmel, eindeutig die Figurenzeichnung. Alle Figuren sind unheimlich komplex und interessant geformt.
Ophelia, die Hauptfigur, ist belesen und still. Ihr sehnt Euch wieder nach einer Schwerter schwingenden Protagonisin? Das könnt ihr bei Ophelia vergessen. Von außen unscheinbar und leise, rattern ihre Gedanken jedoch laut und unablässig. Sie ist vielleicht nicht tough, aber dumm sicher auch nicht. Ophelia besitzt die tolle Gabe einer Leserin und lässt sich nicht so leicht verschaukeln. Sie liebt ihre Wurzeln und ihre Unabhängigkeit, und möchte sich nicht von einem Mann ihr Leben diktieren lassen. Zwei Mal hat sie deshalb bereits Aufwartungen von Männern ausgeschlagen und damit ihre Familie furchtbar verärgert. Daher fühlte ich sehr mit Ophelia, als sie keinen Ausweg aus der Zwangsverlobung mehr sah.
Thorn, ihr Verlobter und adliger Bastard von der Arche »Pol«, könnte nicht anders sein. Eiskalt und vollkommen frei von jeder Zuneigung, steht außer Frage, dass auch für ihn die Verlobung kein Zuckerschlecken ist. Und obwohl ich anfangs dachte, schon eine Meinung von ihm zu haben, so wurde ich überrascht. Thorn ist wirklich eine vielschichtige und interessante Figur.
Es gibt noch unzählige andere Figuren, die den Leser bei Laune halten. Da wäre z. B. Ophelias Patentante Roseline, die sich auf ihre eigene Art für das Wohl ihrer Patin einsetzt, Thorns undurchsichtig etwas grausame Tante Berenilde und Reineke der gegen kleine Gegenleistungen Ophelia den Mondscheinpalast näher bringt.
Diese Geschichte hat einen sehr atmosphärischen Ton. Die Schreibe wirkt durch etwas altmodischere Formulierungen, buchstäblich wie aus einer anderen Zeit entsprungen. Man wird wahrlich in eine Welt fern unserer transportiert. Allerdings hatte ich bisweilen an ein paar Längen zu knabbern. Das nahm mir manchmal den drive beim Lesen.
Nichtsdestotrotz lohnt es sich unheimlich, in diesen Serienauftakt zu tauchen. Zum Ende bekommt die Geschichte nämlich nochmal richtig Fahrt. Daher freue ich mich unheimlich auf die bereits im Sommer erscheinende Fortsetzung „Die Verschwundenen vom Mondscheinpalast“.
Fazit
Der Auftakt DIE VERLOBTEN DES WINTERS bietet Fantasy Freunden eine neue, packende Idee. Christelle Dabos wartet mit einem sehr grandiosen Weltenbau, atmosphärischer Magie und fesselnden, vielschichtigen Charakteren auf. Zwischenzeitlich dümpelte die Handlung etwas, wurde dann jedoch von einem überaus spannenden Ende des ersten Teils abgelöst. Diese Reihe verspricht viel Potenzial! Ich bin schon gespannt auf ein baldiges Wiedersehen mit den Figuren.
Bewertung zu "Mortal Engines - Krieg der Städte" von Philip Reeve
In diesem Reihenauftakt richtet Autor Philip Reeve den Blick auf eine Welt, die weit in der Zukunft liegt. Die Gesellschaft wurde im sechzig-minütigen Krieg zerstört. Städte wurden aufgrund diverser Erdbeben, vulkanischer Aktivitäten und vorrückenden Gletschern zu bewegenden Traktionsstädten umfunktioniert. Ich bekam sehr schnell das Gefühl, in einem Mad Max-Film zu sein.
Der Autor besitzt eine große Fantasie und Liebe zum Detail, was diese Erzählung zu einer dichten und gut strukturierten Lektüre macht. Das Worldbuilding ist absolut fantastisch, die Technologie faszinierend und es gibt jede Menge Steampunk-Elemente. Man trifft auf gefährliche Piraten, menschenähnliche Maschine namens Stalker und bewegt sich mit den Figuren in [gigantischen] Luftschiffen fort. Die Gesellschaft Londons ist in Hierarchien unterteilt. Es sind zum Beispiel alle Bewohner einer Guilde zugeordnet.
Mit den Hauptfiguren habe ich sehr mitgefiebert und sofort eine große Empathie entwickelt.
Tom Natsworthy ist ein junger, idealistischer Auszubildender der dritten Klasse der sogenannten Historikergilde. Seine Aufgaben bestehen darin, Artefakte gründlich abzustauben und zu säubern. Er mag seinen Job und ist der Stadt London sehr treu ergeben. Tom hat seine Eltern vor ein paar Jahren bei einem Unglück verloren und ist seither auf sich allein gestellt. Als er seinen Mentor eines Tages in Gefahr sieht, nimmt er auf den Decks London die Verfolgung des Angreifers auf. Doch anstelle, dass es ihm gedankt wird, stößt man Tom von Deck.
Hester Shaw ist wirklich ein interessanter Charakter. Vor sieben Jahren wurden ihre Eltern von einem Mann namens Valentine ermordet. Hester wurde dabei ebenfalls von ihm angegriffen und für tot gehalten. Hester ist von diesen Vorkommnissen schwer gezeichnet und schwört Valentine zu töten. Ausgerechnet der Junge, der ihren Plan torpediert, landet neben ihr in den weiten der kargen verseuchten Landschaft.
Katherine ist Valentines Tochter und spielt die Rolle der wohlerzogenen Tochter, bis sie von den schändlichen Aktivitäten ihres Vaters erfährt. Mit der Hilfe des Ingenieurs Bevis Pod (Was für ein cooler Name!) macht Katherine sich auf die Suche nach der Wahrheit.
Jeder dieser Figuren hat sehr verschiedene Persönlichkeiten und dennoch zitterte ich mit ihnen allen.
Die Spannungselemente wurden sehr gelungen von Philip Reeve ausgebaut. Es gibt jede Menge Kämpfe, Verfolgungsjagden und Rettungsaktionen, sowie einen explosiven Showdown. Atemlos peitscht der Autor den Leser durch diese karge dystopische Welt auf der Suche nach dem Mythos von MEDUSA, ohne zu wissen, was es damit eigentlich auf sich hat.
Fazit
Der Auftakt der vierteiligen Mortal Engines-Reihe ist ein atemberaubendes SciFi-Abenteuer mit einer spannenden Mischung aus Steampunk und Dystopie. Reeve bot mir ein unheimlich interessantes Worldbuilding und Figuren, die unvergessen bleiben. Für mich persönlich ist noch etwas Luft nach oben. Mit Vorfreude blicke ich auf die Folgebände.
Bewertung zu "Ein wirklich erstaunliches Ding" von Hank Green
Obwohl weitgehend als solches beworbenen, ist EIN WIRKLICH ERSTAUNLICHES kein zeitgemäßes realistisches Jugendbuch. Hank Greens Debüt beinhaltet einen Crossover aus realistischem All-Age und Science-Fiction.
Hank Green hat es als Co-Gründer der VLOGBROTHERS, der VIDCON und weiteren Medien, selbst zu so etwas wie Berühmtheit im Internet gebracht. Im gesamten Roman reflektiert er prägnant und nachdenklich, wie berauschend, aber auch süchtig machend und sogar entmenschlichend das Leben im Rampenlicht sein kann. Dieser letzte Punkt verleiht dem Buch die größte Stärke, denn Protagonistin April Mays Ruhm führt dazu, dass sie und ihr Leben sich im Wesentlichen in eine Marke und ein Phänomen verwandelt.
Der Preis dafür ist hoch, denn mit Ruhm kommen nicht nur Anhänger sondern auch Neider. Zustimmung und Abneigung, gar Hass, ziehen verheerende Folgen für April May mit sich.
April Mays Charakter ist komplex, aber auch interessant und sehr authentisch. Die Protagonistin versucht dem Leser gar nicht erst weiszumachen, dass sie nicht unfehlbar ist. Sie ist hungrig nach Ruhm und besitzt nicht gerade viel Selbstliebe, geschweige dass sie sich besonders um ihre Mitmenschen schert. Ihre Ansichten und Entscheidungen zogen bei mir einiges Stirnrunzeln mit sich. Hank Green hat sich mit dieser Figur viel getraut. Nicht jeder Autor würde so einen waghalsigen Weg gehen. Mit April May hat es, aus meiner Sicht, für diese Geschichte ziemlich gut funktioniert.
Auch die Nebenfiguren sind durchaus facettenreich und spannend gezeichnet worden. Etwas mehr Aufmerksamkeit hätte ich mir daher für sie gewünscht. Da die Geschichte jedoch aus April Mays Sicht geschildert wird, stand die Option wohl eher weniger im Raum.
Die Idee von Hank Green hat mich sehr fasziniert. Seine eigenen Erfahrungen und Beobachtungen durch seine Arbeit und den gewonnenen Einfluss durch z. B. die Youtube-Community, sind stark in das Buch geflossen. Ohne Zweifel trifft er damit den Nerv bei der Zielgruppe. Vor allem für junge Leser, die die Sozialen Netzwerke intensiv nutzen, ist diese Erzählung durchaus spannend. Auch mir sind viele Entwicklungen gar nicht so abwegig erschienen.
An der stilistischen Umsetzung hatte ich bisweilen jedoch zu knabbern. Die Handlung weist einige Längen auf.
Und natürlich ist da noch das Rätsel um die »Carls«. Die Roboter waren für mich die undurchsichtigsten Figuren. Man weiß eigentlich nicht so recht, was sie wirklich im Schilde führen. Und so überlassen sie es der Menschheit, sich darüber den Kopf zu zerbrechen bzw. sich gegenseitig die Köppe einzuschlagen.
Das Ende des Buches ließ mich mit einigen Fragen zurück. Bücher mit offenem Ende finde ich spannend, sofern es schlüssig ist. Wüsste ich nicht, dass es hier ein Sequel geben wird, wäre ich mehr als enttäuscht gewesen. Zum Glück kann man noch auf die Klärung einiger Fragen hoffen.
Fazit
Dieses Buch wird nicht jeden begeistern. Es wird polarisieren. Das mag an der Protagonistin liegen, an diversen Längen, oder dem Ende. Und was für ein Ende das war! Für mich persönlich ist April May ein zwischenmenschliches Desaster, was jedoch sehr gut zur Gesamtidee passt. Der Autor bewies mir, dass eine Hauptfigur nicht Sympathieträger sein muss. Vielmehr sollte sie glaubhaft sein. Hank Green hat ein überaus interessantes Debüt abgeliefert, mit einer Message die sehr stark zum Denken anregt. Um das angekündigte Sequel komme ich daher nicht herum. Gute 3,5 Sterne.
Bewertung zu "Fast schon bühnenreif" von Lisa Rosinsky
Cadies große Leidenschaft ist Shakespeare und ihre Theater-AG. Die Autorin lässt den Leser von daher sehr tief in die Theaterwelt eintauchen. Ich liebte die Theaterszenen, die Shakespeare-Ausführungen und die wunderbaren Einblicke vom Schauspiel bis hin zur Regie.
Dass die Autorin selbst einmal bei einem Leihen-Theater mitgewirkt hat, ist bei all den Theater-Handlungen zu spüren. Da ist Insiderwissen eingeflossen.
Eines meiner liebsten Settings in der Geschichte war die von Cadies Vater geführte etwas schäbige Antiquariats-Buchhandlung.
Nun aber zu Protagonistin Cadie: die trägt nicht nur ihre Einhorn-farbigen Haare mit Stolz, sondern hat auch das Herz auf dem rechten Fleck. Letzteres bekommt durch die Enthüllung des Vaters, starke Risse. Zuflucht findet die fünfzehnjährige, neben der Theaterproben, immer wieder bei ihren Freunden. Neben Familiengeschichten liebe ich es, wenn in Büchern auch tiefe Freundschaften zu finden sind. Und dann keimen bei Cadie natürlich auch romantische Gefühle um diesen ganz besonderen Jungen an ihrer Schule auf.
Sehr angenehm fand ich, dass Elizabeth – das neue Familienmitglied – nicht als intrigantes Gör dargestellt wurde. Auch die Nebenfiguren waren alle durchwegs gelungen und interessant geformt. Cadies kleiner Bruder Joshua (Tree) gehörte für mich übrigens zu den Lieblingen. Ein kleines Genie, der mit der neuen Situation natürlich auch nicht so leicht zurechtkommt. Der Schreibstil ist locker, fluffig und an den richtigen Stellen dramaturgisch ausgeschmückt. Genau die richtige Lektüre zur leichten, kurzweiligen Unterhaltung mit Tiefgang.
Bewertung zu "Someone New: Special Edition" von Laura Kneidl
Doch Dank des Einflusses einiger lieber Kollegen, die mich gut genug kennen und mir Lauras Buch trotzdem empfohlen, nahm ich mich SOMEONE NEW ziemlich neutral an. Und ich wurde doch tatsächlich sehr angenehm überrascht.
Was kann ich über die Erzählung um Micah, Julian & Co. erzählen, ohne zu spoilern? Nun, wer auf die klassischen New Adult-Merkmale, wie Bad Boy meets graue Maus, hofft, wird sich eine andere Lektüre suchen müssen. Es ist sexy, keinen Zweifel. Aber es geht sehr viel mehr in die Tiefe.
Bei den Figuren, ist das auch kein Wunder. Micah ist intelligent, gewitzt, künstlerisch begabt und macht sich nicht selten mit ihrem ganz eigenen Sturkopf bei ihren Eltern unbeliebt. Das Verhältnis zu den Eltern leidet vor allem seit dem Zerwürfnis mit Micahs Zwillingsbruder Adrian. Eine junge Frau, die viel Charakterstärke besitzt und eine bewundernswerte Weitsicht hat.
Und dann wäre da noch Julian, der nach einem missglückten Flirt, plötzlich als neuer Nachbar vor Micah steht. Über ihn möchte ich gar nicht so viel preisgeben. Er ist jemand, den der Leser selbst kennen lernen muss. Eigenbrödlerisch ist er, attraktiv und natürlich hat er ein Geheimnis. Und ja, mir ging er unter die Haut.
Aber auch die Nebenfiguren, wie Julians Mitbewohner Aurie und Cassie, Micahs beste Freundin Lilly sowie Eliza, haben mich begeistert.
Mit Charm, Witz und natürlich einiger tragischer herzzerreißender Momente, nimmt Laura Kneidl ihre Leser behutsam auf eine Reise, die in einigen Köpfen länger verweilen wird. Es werden Themen aufgegriffen, an die sich meines Erachtens viel zu wenige Autoren wagen. Mutig und überaus gelungen, hat sich Laura für dieses Buch in ihre bisher aufwendigste Recherche gestürzt.
Hier möchte ich übrigens davon abraten, das Nachwort bzw. die letzten hundert Seiten vor dem Beenden der Geschichte zu lesen. Spoilert euch bitte nicht selbst!
Laura Kneidls Schreibe ist, wie gewohnt, sehr einnehmend. Nach einem sehr starken Anfang, fehlte es mir persönlich besonders im letzten Drittel aber etwas an ‚Zug‘. Weniger Längen in der Handlung hätten in diesem Teil dem Buch mehr Schwung gegeben. Dafür stürzte man im Torpedo-Gang in das Ende. Nichtsdestotrotz konnte mich die Geschichte sehr überzeugen, berühren und überraschen.
SOMEONE NEW ist ein abgeschlossener Band. Autorin und Verlag haben jedoch schon bekannt gegeben, dass zwei Bände folgen werden. Man darf sich demnach bei Band zwei auf eine Geschichte über Aurie und Cassie freuen. Und die werde ich mir sicher nicht entgehen lassen!
Auf einer Skala von 1 bis 10...?
Ich sage: ziemlich nahe an einer »Eleven«! Es fehlte nicht mehr so viel. Diese New Adult Erzählung ist so ganz anders, als ich es erwartet hätte. Man trifft mit Micah, Julian, Lilly, Cassie, Aurie und Co. auf wahnsinnig gelungene Charaktere und wird Teil einer tiefgründigen Geschichte mit Themen, die in die Kerbe hauen. SOMEONE NEW ist ein wichtiges NA-Buch, welches ohne die klassischen Klischees auskommt und das hoffentlich zu positiven Diskussionen anregen wird.
Bewertung zu "A Very Large Expanse of Sea" von Tahereh H. Mafi
Für die Bestsellerautorin Tahereh Mafi ist A VERY LARGE EXPANSE OF SEA nach eigener Aussage das bisher persönlichste Buch – sie selbst ist Amerikanerin muslimischer Abstammung. Es ist der erste Contemporary Roman für Mafi, die mit ihrer Shatter Me-Jugendbuchreihe vor Jahren den großen Durchbruch geschafft hat. Mit Shirins Geschichte bringt die Autorin klar zum Ausdruck, was junge Menschen wie sie durch irrtümliche Anfeindungen und offenen Rassismus, erleiden müssen.
Obgleich ich zuvor noch kein Buch der Autorin gelesen haben, war ich sehr zuversichtlich, dass es sich hierbei um eine ganz besondere und vor allem wichtige Geschichte handeln könnte. Und mein Gefühl sollte mich nicht täuschen.
Einer meiner Lieblingsaspekte dieser Geschichte ist, dass sich in der Hauptfigur Shirin viel von Tahereh Mafi wiederfindet. Shirins Interessen, wie zum Beispiel die Liebe zum Breakdance, zum Schreiben und zur Mode, reflektieren Mafi. Man fühlt während des Lesens, wieviel Herzblut von der Autorin in den Figuren und der Handlung steckt. Dadurch wirkt die Erzählung sehr viel authentischer und ehrlicher.
Shirins Charakter hat mich sehr bewegt. Sie fühlt sich machtlos und demotiviert noch irgendwo anpassen zu wollen. Nur ihre Familie, allen voran ihr älterer Bruder und der Breakdance, lassen sie noch etwas aufleben. Das mag zu Beginn noch als krasse Reaktion wirken. Beobachtet man aber die zunehmende Feindseligkeit und Oberflächlichkeit ihrer Umgebung, ist Shirins Verhalten sehr verständlich.
Durch den Jungen Ocean, der sich zunehmends für Shirin zu interessieren beginnt, bekommt die Handlung einen romantischen Touch eingehaucht. Er ist ein zurückhaltender Typ, der es ehrlich und gut mit dem jungen Mädchen meint. Die Chemie war da, aber das Hin und Her – vor allem durch Shirin ausgelöst – wurde mir stellenweise etwas zu viel. Dadurch lag der Fokus kurzzeitig sehr viel stärker auf die aufkeimende Romanze. Doch dann kommt ein Wendepunkt, der mir sehr nahe ging und mir regelrecht die Luft raubte. Mit voller Wucht entfaltet sich eine Welle aus Hass. Man sieht fassungslos dabei zu, mit was sich Ocean und Shirin auseinander setzen müssen.
Mit viel Gänsehaut und Wut im Bauch sah ich die Entwicklung der Handlung. Shirins persönliche Entwicklung dagegen berührte mich. Was für ein starkes, liebenswertes Mädchen.
Jeder von uns kann bzw. sollte aus dieser Erzählung lernen und spüren, was Rassismus mit den Menschen anstellen kann. Das selbst die, die gar nicht so empfinden durch bloßes Hinschauen zum Mittäter werden. Tahereh Mafi gibt muslimischen Teenagern eine Stimme. Auch wenn in der YA-Literatur große Fortschritte durch offenere Diskussionen zu sozialkritischen Umständen gemacht werden, ist es immer noch nicht üblich, dass ihre Stimmen und Geschichten so dargestellt werden. Ich hoffe, dass dieses Buch zu einer Veränderung anregt. Ich hoffe, dass Geschichten wie diese einen Weg für ein gemeinschaftliches Miteinander ebnen wird und auch als Schullektüre eingesetzt wird.
Fazit
A VERY LARGE EXPANSE OF SEA von Tahereh Mafi ist eine überaus fesselnde und vor allem sehr wichtige Geschichte. Während ich mich an einigen YA-typischen Klischees in der Handlung etwas störte, mochte ich vor allem die Entwicklung Shirins und das Ende sehr. Obgleich fiktional, bekommt man durch Tahereh Mafi außerdem einen überaus intensiven und verstörenden Einblick, in die Welt junger muslimischer Amerikaner, die blankem Hass und Rassismus zu der Zeit nach den Anschlägen – und auch heute noch – ausgesetzt sind/waren. Shirins Geschichte machte mich wütend, wahnsinnig traurig und sprachlos. Ein Buch, das definitiv Beachtung bekommen sollte und hoffentlich auch für den deutschen Buchmarkt übersetzt wird.
Bewertung zu "Die Krone der Dunkelheit" von Laura Kneidl
Meine Meinung
In ein neues Buch von Laura Kneidl einzutauchen, bringt immer etwas Aufregendes mit sich. Was hat sie sich dieses Mal alles einfallen lassen und welche Entwicklung werde ich herauslesen können? Enttäuscht wurde ich bisher noch nie. Besonders viel High-Fantasy lese ich aber nicht, weshalb ich auch etwas unsicher war, ob ich mich dieser Welt entsprechend öffnen kann. Doch mein eigener ‚Mut‘ hat sich ausgezahlt.
Der Einstieg hatte mich sehr schnell für sich eingenommen. Die Erzählform entspringt der Sichtweise der jeweiligen Figuren Prinzessin Freya Draedon, dem unsterblichen Wächter Larkin Welborn, der Wächternovizin Ceylan Alarion, dem Prinzen der Unseelie Kheeran sowie Weylin, dem Halbling und Blutsklaven der Seeliekönigin Valeska. Wie sich das bei einem anständigen Auftakt zu einer Reihe/Trilogie gehört, gibt Laura Kneidl dem Leser faszinierende und ausschweifend geschilderte Beschreibungen der Haupt- und Nebenfiguren, und natürlich von dieser Welt voller [verbotener] Elementarmagie, bestialischen Elva und wunderschönen Fae. Zu Beginn fühlte ich mich natürlich etwas überwältigt von den vielen Figuren und ihren jeweiligen Charakterzeichnungen. Es benötigte etwas Zeit ein Gefühl für diese Welt zu bekommen.
Die Geschichte spielt auf dem Kontinent Lavarus, auf dem das Land der Menschen, Thobria, und das Land der Fae, Melidrian, durch eine Mauer voneinander getrennt wird. Umschlossen wird das Niemandsland von einer Mauer, die widerum von Wächtern beschützt werden damit, damit sie die bestialischen Elva diese nicht durchbrechen und Menschen angreifen können.
Laut eines Abkommens dürfen die Fae Thobria und die Menschen Melidrian nicht betreten. Als Prinzessin Freya jedoch nach jahrelangem Hoffen und Suchen erfährt, dass sich ihr verschwundener Zwillingsbruder in Nihalos, der Hauptstadt der Unseelie aufhält, macht sich mit dem unsterblichen Wächter Larkin Welborn auf den Weg nach Melidrian.
Etwa zur gleichen Zeit ist Ceylan Alarion auf dem Weg zur Mauer. Sie möchte als erste weibliche Wächterin aufgenommen werden und trifft nach schwierigen Herausforderungen auf Kheeran, dem Prinzen der Unseelie. Für ihn und seinesgleichen hegt die junge Novizin eine tiefe Abneigung, und dennoch verbindet beide eine undefinierbare Faszination füreinander. Weylin wird auf eine tödliche Mission geschickt, die mir ungemütliche Gänsehaut verabreichte. Und mehr möchte ich auch gar nicht zum Inhalt verraten.
In einer Geschichte unter vielen Figuren einen Favoriten für sich auswählen zu können, ist immer spannend. In DIE KRONE DER DUNKELHEIT begleitet man als Leser überwiegend recht nahbare Charaktere. Obwohl ich in gleicher Form jeder Perspektive entgegenfieberte, waren es insbesondere Ceylan und Freya die mich begeisterten. Beide könnten unterschiedlicher nicht sein, sowohl von der Herkunft als auch ihren Persönlichkeiten. Was sie verbindet, ist ihr Dickkopf.
Larkin, der von Prinzessin Freya als Beschützer ‚beauftragt‘ wurde, ist ebenfalls eine ungeheuer interessante Figur mit traurigen Geheimnissen. Aber auch Prinz Kheeran verbirgt etwas ungeheuerliches vor seinem Volk.
Die Charakterzeichnungen sind für mich die stärksten Komponenten in diesem Buch. Es schwang für mich auch immer wieder ein Gefühl von GAME OF THRONES mit, was sicherlich durch die Wächter verstärkt wurde. Bei all den Figuren schaffte es Laura Kneidl stets für jeden den richtigen Fokus zu finden. Und wer am Anfang etwas ins straucheln gerät [so wie ich], der schaut einfach in die Übersicht des Buches. Ein großer Eyecatcher sind, neben der detailgetreuen Landkarte in der vorderen und hinteren Klappe, die Illustrationen der Figuren. Für das Kopfkino optimal. Zum Buchcover muss ich nicht mehr viel sagen, außer das es einfach perfekt gestaltet ist. Dabei ist es nicht nur schön anzusehen, sondern erinnert an eine wichtige Schlüsselszene im Buch.
Rundum perfekt war DIE KRONE DER DUNKELHEIT nicht ganz. Zwischenzeitlich zog sich immer wieder die Handlung etwas und ein paar Plot-Twists konnten mich nicht komplett umhauen bzw. überraschen. Das ist aber Jammerei auf superhohem Niveau. Laura Kneidls sehr flüssiger Schreibstil war immer einnehmend, so dass ich darüber leicht hinweg sehen konnte. Und auch der Spannungsfaktor war durch diverse Kampfszenen sehr schön ausbalanciert. Luft nach oben gibt es bei einem Trilogie- bzw. Reihenauftakt ohnehin nicht selten.
Von der im Sommer 2019 erwarteten Fortsetzung MAGIEFLIMMERN erwarte ich nun natürlich einiges. Das war aber fast zu erwarten.
Fazit
Der High Fantasy-Auftakt DIE KRONE DER DUNKELHEIT bietet mit gelungenen Twists, facettenreichen Figuren und einem sehr bildhaftem Weltenbau einen ziemlich aufregenden Clash aus GAME OF THRONES, ASSASSINS CREED und DAS REICH DER SIEBEN HÖFE. Trotz ein paar Längen war ich durchwegs fasziniert und begeistert. Das Ende war, wie ich es gar nicht erwartet hätte, dann noch ziemlich gemein. Auf die Fortsetzung im Sommer 2019 freue ich mich daher umso mehr.
Meine Meinung
THE WICKER KING ist eine äußerst schwerfällige und komplexe Geschichte über zwei Jungen und den zunehmend schlechteren Zustand ihrer psychischen Verfassung, sowie ihrer bizarren Co-Abhängigkeit voneinander. Die Aufmachung des Buches ist das größte Highlight an dieser ungewöhnlichen Geschichte. Das Design ist großartig und man bekommt schnell vermittelt, wofür die immer dunkler werdenden Buchseiten stehen. Ohne jeden Zweifel war dies eine fantastische Art, die Bedrohlichkeit welcher Jack und August ausgesetzt sind, hervorzuheben.
Die Beziehung zwischen August und Jack ist zugleich verstörend und faszinierend. Kayla Ancrums Erzählform in sehr kurzen Kapitelabschnitten ist grob und roh, und verleiht dadurch der Erzählung eine düstere Stimmung.
So sehr ich mich auch in das allgemeine Konzept und den Verlauf der Geschichte verliebt habe, konnte ich mich in die Geschehnisse einfach nicht einfühlen. Es fiel mir auch zunehmend schwerer August und Jacks Gedankenstränge zu verstehen. Das Bild wurde immer verzerrter, was sicher auch Sinn und Zweck für die Autorin war, um die Krankheit darzustellen. Die bereits erwähnten kurzen Kapitel/Momenten geben dem Handlungsverlauf auf der einen Seite das gewisse Etwas, auf der andere Seite hatte ich persönlich das Gefühl, dass genau diese Form der Grund für mein Verbindungsproblem mit den Figuren war. Mir war die Charakterzeichnung der Beiden zu sehr auf das Krankheitsbild ausgerichtet. Eine Person, mit mentaler/psychischer Störung sollte niemals nur über sein Krankheitsbild definiert werden.
Das abrupte Ende ließ mich dann leider auch etwas enttäuscht zurück, da es mir keinen ‚aha-Moment‘ bot. Hier hätte die Autorin gerne ein paar Seiten mehr investieren können.
Zum Ende meiner Besprechung möchte ich hervorheben, dass ich bei THE WICKER KING mit meiner abschließenden Meinung und Bewertung eher in der Minderheit der Blogger-Community zu sein scheine. Die drei Sterne Bewertung bedeutet nicht, dass ich Kayla Ancrums Debüt nicht mochte. Die Idee, gepaart mit der Aufmachung des Buches ist außergewöhnlich. An der Ausarbeitung der Figuren haperte es jedoch.
Ungewöhnliche Bücher mag ich sehr. Der »Wicker King« polarisiert definitiv, nur fehlte mir genügend Vorstellungskraft.
Fazit
Insgesamt betrachtet bietet Kayla Ancrum mit THE WICKER KING eine überaus dunkle Lektüre. Sie ist mutig und hat eine Richtung eingeschlagen, die ich mir mehr im YA-Bereich wünschen würde. Ich liebte das Design und das Konzept des Buches, konnte mich aber aufgrund der zu groben Charakterzeichnungen nicht so wirklich auf Jack und August einlassen.
Meine Meinung
In dieser Epochen übergreifenden Saga um die Familie Allbright beginnt für den Leser und Lenora „Leni“ Allbright im Jahr 1974 ein Abenteuer, das seines Gleichen sucht. Das dreizehnjährige Mädchen und ihre Eltern Cora & Ernt leben als Nomaden am Existenzminimum. Seattle schien den Eltern bis vor kurzem vielversprechend für einen weiteren [von vielen] Neuanfang, doch bereits nach kurzer Zeit zeigt sich Ernt Allbright enttäuscht. Das Familienoberhaupt ist seit seiner Rückkehr aus Vietnam nur noch ein Schatten seiner selbst. Zutiefst traumatisiert vom Krieg und gebeutelt von Albträumen, sind sein Temperament und seine Launenhaftigkeit kaum zu ertragen.
Doch als ein Brief aus Alaska sie erreicht, brandet in ihm fanatische Hoffnung auf. Ernt Allbright wurde ein Stück Land und eine Hütte auf Kaneq, Alaska, vermacht. Fluchs brennt Ernt für das unbekannte Fleckchen Erde und möchte dort in Frieden fernab von Kommerz und Schmerz leben. Er verscherbelt das wenige Hab und Gut der Familie für einen schäbigen VW-Bus, der sie nach Alaska bringen soll. Und obwohl die junge Leni voller Angst vor dem Unbekannten ist, so erhofft auch sie sich durch diesen Umzug in die »große Einsamkeit« die Chance auf ein beständiges Zuhause, das ihr so sehr fehlt.
Ohne einen weiteren Plan, geschweige einer vernünftigen Vorbereitung, finden die Allbrights sich nach einem mehrtägigen Roadtrip wieder in der atemberaubenden Wildnis Alaskas. Sie sind verzaubert von der immensen Schönheit Alaskas im Sommer. Die lebhaften Farben, die Geräusche der Tieren, die sie nie zuvor persönlich gesehen hatten und das Gefühl vom Land leben zu können berauscht sie.
Doch beim Anblick der Baracke, die einmal ein Haus war, wird ihnen bewusst gemacht, dass der Winter nicht lange auf sich warten lassen wird. Das viele Menschen nicht einmal einen Winter in Alaska überleben, lässt vor allem Leni und ihre Mutter ängstlich aufhorchen. Mit wenig Geld und begrenzten Vorräten bereiten sie sich so gut es geht vor. Mit der Hilfe der Harlan Familie und Marge Birdsall – alias Large Marge – beginnen Leni und ihre Eltern das katastrophal verwilderte Land in Angriff zu nehmen.
Mit den ersten dunklen Tagen nach einem viel zu kurzen wunderschönen Sommer, bricht die überaus harte Realität über die Familie herein. Ernt Allbrights alte Dämonen beginnen schon bald lauter und aggressiver als jemals zuvor zu wüten. Dies bekommt vor allem Cora, Lenis Mutter immer wieder zu spüren. Lenis Angst wächst, denn schon bald wird ihr klar, dass der größte Feind nicht die wilden Tiere und unbezähmbare Natur sind, sondern das Monster mit dem sie und ihre Mutter die kleine Hütte teilen.
LIEBE UND VERDERBEN erzählt die Geschichte vom nackten Überleben. Die Rede ist dabei nicht nur vom Überleben in der Wildnis Alaskas, sondern darüber deinen eigenen Ängsten gegenüberstehen zu müssen, ohne auf Hilfe zu hoffen. Die Geschichte der Allbrights zeigt, wie weit Liebe gehen kann und wo es zum emotionalen und körperlichen Zerfall kommt, der alles zerstören kann. Es geht um Mut und Freundschaft, wahrer Liebe und der unermüdliche Zusammenhalt zwischen Mutter und Kind.
Man begleitet als Leser die junge Leni im Zeitraum von 1974 bis in das Jahr 2009. Bei ihren Beschreibungen über die familiären und sozialen Zustände, schauderte es mich unentwegt. Die buchstäblich obsessive Liebe und krampfige Abhängigkeit ihrer Eltern füreinander, beobachtet nicht nur das junge Mädchen mit wachsender Sorge und Angst. Man hört nie auf mit ihr zu fühlen und sich um sie zu sorgen.
Kristin Hannah zeichnet ihre Protagonistin, trotz all der Aggressivität im direkten Umfeld, als eine heranwachsende hoffnungsvolle Frau. Durch ihre tiefe Freundschaft und die sich über die Jahre entwickelnden Gefühle für Matthew Walker, wagt sie gar heimlich von einem Leben fernab Kaneqs zu träumen.
Die Autorin flösste ihren Figuren die besten und – im Fall von Ernt Allbright – die schlimmsten Eigenschaften ein. Was mir immer wieder sehr nahe ging, war der unermüdliche Zuspruch der Nachbarn. Vor allem Large Marge ist wahrlich eine Naturgewalt, die Klauen und Zähne für Leni und ihre Mutter gegen den brutalen Vater einsetzt. Auch der Respekt für das wunderschöne Land Alaska ist sehr verwurzelt in der Geschichte. Man spürt die Leidenschaft der Autorin für die Menschen dort.
Den Weg der Allbright Frauen zu begleiten, hat mich sehr erschüttert. Häusliche Gewalt wurde mir in dem Ausmaß noch nie so nahe durch ein Buch vermittelt. Die Autorin lässt fast keine Katastrophe und Hiobsbotschaft aus, um den Leser in ein emotionales Wrack zu verwandeln.
Fazit
LIEBE UND VERDERBEN ist ein wundervolles & grauenhaftes, fesselndes sowie berührendes und überaus dramatisches Familien-Epos. Kristin Hannah bricht in der Wildnis Alaskas nicht nur den Allbrights und Walkers die Herzen, sondern auch dem Leser. Was für ein gewaltiger und wichtiger Roman. Und daher mit großem Abstand mein absolutes Highlight in diesem Jahr!
Über mich
- 28.11.1978
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