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Frida

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Rezensionen und Bewertungen

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Cover des Buches Die Tuchhändlerin (ISBN: 9783940855459)

Bewertung zu "Die Tuchhändlerin" von Ivonne Hübner

Die Tuchhändlerin
Fridavor 10 Jahren
Kurzmeinung: rührend, spannend, grandios, wunderbar! Der beste Hist. Roman diesen Jahres für mich.
Historie mit viel Herz und auf höchstem Niveau näher gebracht

Im Zittauer Gebirge des frühen 19.Jh. schlägt sich die Tochter eines Textilunternehmers eisern durch die Männerwelt, muss Spott hinnehmen wo ihr eigentlich Anerkennung gezollt werden sollte.
Luisa, Anfang 20, nicht gerade die Hübscheste, wie man liest, aber von hoher Bildung und verbissenem Erhgeiz, will es in dem Metier ihres Vaters zu etwas bringen. Da sie als Frau allerdings wenig Aussichten auf eine Karriere hat, muss sie sich mit Lügen und einigen Hintertürchen behelfen.
Auf ganz feinsinnige, witzige, ironische und stilistisch spitzfindige Art und Weise gelingt es Ivonne Hübner, ihre Heldin von einer arroganten, verbitterten Bürgerstochter in eine sensible, beherzte, selbstironische und liebenswerte junge Dame zu verwandeln. Hübner spielt quasi mit den Sympathiepunkten ihrer Leser, die längst nicht mehr nur der Männerwelt entspringen dürften.
Allein der Held Caspar, mit dem sich die Heldin Luisa nicht nur die Sympathiepunkte, sondern auch die Kapitel und Erzählperspektive teilen muss, lässt den Roman sich weit weg von den schwülstigen Liebensschwarten hin zu sachlicher Nonchalance wenden.
Den sog. Bildungsanspruch schreibt Ivonne Hübner auch in ihrem dritten Roman ganz groß. Nachdem wir bereits aus ihrer Feder viel Neues über die Waidbauern des frühen 16. Jahrhunderts (Teufelsfarbe, 2008) und den Slawenfeldzug (Im Land der Sümpfe 2010) erfahren durften, lehrt die Lehrerin (!) uns nun auf dem Gebiet der Damastweberei das Staunen. Wieder einmal besticht Hübner durch atemberaubende Detailliebe, Wissensdurst und Perfektionismus, was man zwar schon in ihren früheren Werken mitbekommen haben durfte, was aber in "Die Tuchhändlerin" zu Überraschungseffekten, zu Weiterbildung und Lust auf das Lausitzer Umgebindeland führt.

Luisa, wie o.g. Tochter eines Textilkaufmanns, weiß zu Beginn nicht so recht, ob sie den verarmenden - einst besten Damastwebern am Ort - aus Neugier auf die sonderbar eigenbrötlefrische Spezies der Damastweber, Gefälligkeit oder Langerweile helfen soll. Sie spielt wohl zunächst aus Eigenliebe und Liebe zu handgezogenen Damasten den Häuslern einen Auftrag zu, der schnell zum Selbstläufer wird. Gegen alle Konventionen und Gepflogenheiten, entsteht eine enge Zusammenarbeit zwischen ihr und Caspar Weber. Der Leser wird vergnüglicherweise Zeuge einer Hassliebe zwischen Verlergerin und Weber.
Luisa hat es weder gewollt noch geahnt, aber schließlich schwinden immer mehr Scheu, Angst und Vorurteile gegenüber den Damastwebern und sie verliebt sich in den Sonderling Caspar. Und so sehr er sich auch gegen die Zuneigung zu einer Bürgerlichen auch wehrt, letztendlich zieht sie ihn in den Bann.
Klassisch könnte man die Entwicklung in Hübners Roman nennen, wenn da nicht das Lügennetz der Luisa Treuentzien wäre, in dem sie sich verfängt und bald gefangen scheint. Bald ahnt Caspar, dass er Aufträge von einer Frau annimmt und stößt auf Hinweise, dass der vermeintliche Auftraggeber erfunden ist. Aber weil er Luisa verfallen ist und von ihren geheimen Aufträgen ganz gut leben kann, legt er die Karten noch nicht offen dar.
Die Geschichte ist aber noch viel verzwickter, denn Luisa hat noch einen Verlobten, den sie gar nicht heiraten will und den sie irgendwie "loswerden" muss und Caspar bekommt Druck von der Zunft und dem Obermeister, mit dem ihm ein Zwist der Vergangenheit auf unliebe Art und Weise verbindet.
Alles scheint gegen das junge Glück zu sprechen. Bis zum Schluss der eindruchsvollen und nicht eine Zeile langweiligen Geschichte, bleibt die Liebe zwischen Luisa und Caspar im Verborgenen. Selbst als sich Clemens, Offizier und hohes Tier, zudem Caspars Zwillingsbruder, mit Luisa zu verloben trachtet (denn die Verlobung mit dem Vorherigen wurde gelöst, auf Luisa liegt ein Makel, den ihr Vater mit der "zweitbesten" Partie gut zu lösen scheint), lüften die beiden nicht ihr Geheimnis. Erst als Caspar endlich sein Meisterstück, das Meistertuch, anmeldet, ohne das er gar nicht heiraten darf - Zunftgesetz - müssen die beiden sich eine Lösung einfallen lassen. Zu spät. Luisa ist schwanger, der Schwindel um ihre ominösen Aufträge fliegt auf und Clemens tappt nicht länger im Dunkel.
Es kommt zum Eklat zwischen den Zwillingen. Sie duellieren sich.
Am Ende ... und da bricht Hübner mit ihrer eigenen Stringens, wird alles gut.
Keine toten Helden ("Teufelsfarbe"); keine abgeschnittene Wiedervereinigungsszene ("Im Land der Sümpfe") und kein Schluchzen und Liebensgeplänkel.
"So verharrte sie eine Weile in unfassbarer Erleichterung", heißt es im letzten Satz und so verharrt der Leser in unfassbarer Traurigkeit, dass der Roman viel zu kurz (knapp 400S.) schon ausgelesen und die weitere Geschichte, die Zukunft der Helden nun in der Phantasie des Einzelnen fortleben muss.

Unterhaltsam und grandios
Danke, Frau Hübner

Cover des Buches Die Macht der Seelen - Finding Sky (ISBN: 9783423760478)

Bewertung zu "Die Macht der Seelen - Finding Sky" von Joss Stirling

Die Macht der Seelen - Finding Sky
Fridavor 10 Jahren
Cover des Buches Das Komplott (ISBN: 9783453268173)

Bewertung zu "Das Komplott" von John Grisham

Das Komplott
Fridavor 10 Jahren
Cover des Buches Der Goldschmied (ISBN: 9783426628683)

Bewertung zu "Der Goldschmied" von Roland Mueller

Der Goldschmied
Fridavor 13 Jahren
Cover des Buches Im Land der Sümpfe (ISBN: 9783940855213)

Bewertung zu "Im Land der Sümpfe" von Ivonne Hübner

Im Land der Sümpfe
Fridavor 13 Jahren
Rezension zu "Im Land der Sümpfe" von Ivonne Hübner

Ein großes Buch. Ivonne Hübner, Jahrgang 1977, bricht durch eine Marktlücke und verspricht nicht zu viel, wenn sie eine Begebenheit, an der jeder Geschichtsunterricht vorüberzieht, in ihrem Roman "Im Land der Sümpfe" aufarbeitet. Ein Kreuzzug auf deutschem Territorium im Jahre 1157 macht uns deutlich, zu welch hohem Preis die Gebiete zwischen Elbe und Oder dem heutigen deutschen Raum angegliedert werden. Leidtragend sind wie immer die einfachen Leute.
So schreibt Hübner aus der Sicht zweier Ukranischer "Teenager" wie sie die Wirren ihrer Zeit wahrnehmen und welche Schicksale sich aus dem Krieg zwischen Albrecht dem Bären und den Wendenfürsten ergeben. Eine rührende Geschichte vom Sich-Verlieren und (vielleicht?) Wieder-Finden, vom heranwachsen und erwachsen werden.
Für jeden Leser etwas dabei: die Liebesgeschichte für die Sensiblen, die deutsch-deutsche Geschichte für jeden Geschichtsinteressierten, der kirchenpolitische Konflikt für jeden Skeptiker und eine federleichte Zauberwelt, gesponnen aus den Mythen slawischen Volksgutes für jeden Phantasy-Freund. Hübners Sprache bedient all diese Lesergruppen individuelle, als wolle sie nicht versäumen, jeden Geschmack zu treffen.
Ein aufwendig mit Zusatzmaterial wie Karten, Register, Übersetzungen erarbeitetes Buch, das nicht versäumt werden sollte.

Cover des Buches Teufelsfarbe (ISBN: 9783981132724)

Bewertung zu "Teufelsfarbe" von Ivonne Hübner

Teufelsfarbe
Fridavor 13 Jahren
Rezension zu "Teufelsfarbe" von Ivonne Hübner

„Teufelsfarbe“ von Ivonne Hübner, 2008 bei Dryas erschienen, ist ein historischer Roman, der das Dorfidyll um 1500 gegen klerikale Gewalt aufwiegt und dabei grundsätzliche Fragen stellt, die uns heute noch beschäftigen. Das Verlangen, geliebt zu werden, der Zwang, sich in einer Gemeinschaft integrieren und anpassen zu müssen, der Wunsch, mit seinen Lieben in Harmonie zu leben, verspricht eine enorme Bandbreite an Inhalten, denen auf den Grund gegangen werden will.
In Hübners Roman „Teufelsfarbe“ kollidieren Bauernweisheiten mit Weltphilosophien auf subtile Art und Weise ohne den Leser überzustrapazieren.
Die Sicht auf das Dorf Horka im heutigen Ostsachsen nahe dem Touristenmagnet Görlitz wird aus den blauen Augen einer Schmiedtochter, Margarete Luise Rieger, geb. Wagner, gezeigt und aus der Sicht eines der feudalen Realität abhanden gekommenen Bauern Christoph Rieger. Er heiratet sie aufgrund konventioneller Zwänge. Ein nicht selten in der Gegenwartsbelletristik verarbeitetes Thema, hier jedoch auf ganz unübliche Weise aufgearbeitet, denn die Helden lernen einander zu lieben und sich gegen Pfarrer und Gemeindehetze durchzusetzen. Während dem öffentlichen Glück beider Romanhelden der Gutsbesitzer Nickel von Gerßdorff und Pfarrer Simon Czeppil im Wege stehen, können Margarete und Christoph eine Nische für ihr Glück finden.
Klassische Elemente des historischen Romans wie das enorme Heilkräuterwissen der Heldin oder das Rüpelhafte des Bauern sowie das verknöcherte des Pfarrers und das Herrische des Gutsbesitzers finden sich auch in „Teufelsfarbe“, tun dem Lesevergnügen jedoch keinen Abbruch. Neben den Helden, die immer wieder in Konflikt miteinander geraten, spielt ein Fluss, der „Weiße Schöps“, eine zentrale, symbolische Rolle, die durch Hübners bildreiche Sprache zum Tragen kommt und in eng verstrickten Perspektivwechseln der handelnden Personen wie eine Nebenfigur wirkt:
„Es bedurfte nicht viel, um den Fluss zum Mitschuldigen zu machen. Margarete konnte nicht schwimmen, sich keine drei Atemzüge lang über Wasser halten. Sie verkrallte ihre Hände in dem Stoff ihres Nachthemdes. Dann ließ sie los. […] Er [Christoph] war wütend auf sich selbst und spähte schelmisch zum Mädchen hinüber, das reglos den Lauf des Flusses beobachtete. Er hörte ihr Herz schlagen, er roch den Angstschweiß der vergangenen Nacht in ihrem Nachthemd, er entdeckte ihre Enttäuschung über ihn. Doch was geschehen war, konnte er nicht rückgängig machen …“ (S. 175)
Der Leser, der das übliche Schema eines historischen Romans erwartet, wird enttäuscht, denn anders als bei der Bandbreite an Titeln, setzt Hübner in „Teufelsfarbe“ auf den Blick in die Köpfe der Helden. Vieles, was auf den ersten 100 Seiten im Theoretischen verborgen bleibt, verwandelt sich später erst in die Praxis, was eine Prüfung an den ungeduldigen Leser darstellen mag. Der Leser ist geneigt, mit dem Helden Christoph mitzufiebern wenn es heißt, Christophs Geduldsfaden sei gerissen (S.159).
Alles in allem ein sehr trauriger Roman, der so viele Parallelen zum Sehnen und Wünschen der heute lebenden Menschen aufzeigt. Und obschon Hübner die Sagenwelt um das Dorf Horka sprechen lässt, einen Mordfall aus dem Jahre 1510 hineinmengt, kann man dem Buch Glauben schenken und wenn man dem Buch Zeit zum Wirken gibt, legt man es nicht mehr aus der Hand.

Cover des Buches Gottes Werk und Teufels Beitrag (ISBN: 9783257017663)

Bewertung zu "Gottes Werk und Teufels Beitrag" von John Irving

Gottes Werk und Teufels Beitrag
Fridavor 13 Jahren
Cover des Buches Garp und wie er die Welt sah (ISBN: 9783499150425)

Bewertung zu "Garp und wie er die Welt sah" von John Irving

Garp und wie er die Welt sah
Fridavor 13 Jahren
Cover des Buches Das Hotel New Hampshire (ISBN: 9783257016307)

Bewertung zu "Das Hotel New Hampshire" von John Irving

Das Hotel New Hampshire
Fridavor 13 Jahren

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