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GillGartenstadt

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Rezensionen und Bewertungen

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Cover des Buches Die Schuhe der Väter (ISBN: 9783990981511)

Bewertung zu "Die Schuhe der Väter" von Wolfgang Martin Roth

Die Schuhe der Väter
GillGartenstadtvor einem Jahr
Kurzmeinung: 50 Silberpapiere von Wrigley´s Chewing Gum!
50 Silberpapiere von Wrigley´s Chewing Gum!

Auf dem 80. Geburtstag seines Bruders erzählte Wolfgang Martin Roth, wie er in New York auf dem Weg ins Hotel sah, wie ein Mann eine Frau bedrängte. Er ging dazwischen - wohl wissend, dass er ein Glas polnische Gurken in der Einkaufstüte hatte. Dies hätte er dem Angreifer zur Not ins Gesicht gedrückt.

Seitdem steht in meinem Kühlschrank ein Glas polnischer Gurken. Ich esse sie gerne abends beim Lesen. Sie sind ein guter Schutz gegen alltägliche Ärgernisse. 

Auch der Roman trifft meinen Geschmack. Ich habe mich natürlich in der Passage über die Siebenbürgische Spezialität Speck, Brot und Zwiebeln wiedergefunden. Das aß ich so gerne mit meinem Großvater, der in seinem Arbeitskittel als Lebensmittelhändler im Ruhrgebiet oben in der Tasche stets ein kleines Messerchen bei sich trug - eigens für dieses Gericht. Wenn wir zusammen saßen, zitierte er Gedichte oder sprach in Reimen. Genau wie er im Buch als Georg Onkel beschrieben ist, als er das Grab seines Bruders besuchte.

 Das Besondere an diesem Roman ist die Ehrlichkeit. Deswegen ist er so berührend. Zu Beginn steht eine Krise, der Erzähler trennt sich von seiner Frau und stellt sich den Fragen der Vergangenheit und seinem Verhältnis zu seinem Vater. Überraschend lebendig taucht die Kindheit wieder auf. Schön und schrecklich zugleich. Weil der Gehorsam so verhängnisvoll war. Ich mochte die kunstvollen Verbindungen beider Erzählstränge, die sich kapitelweise abwechseln. So wird eine Birke zu einem wunderbaren Bild. Eine natürliche Verbindung für den Erzähler zu sich selbst und seiner Erinnerung. 

 Noch ganz bewegt von dieser Geschichte, in der ein Sohn die Liebe seines Vaters sucht, habe ich das Buch nun einsortiert in mein Bücherregal. Es steht neben der Gebetssammlung »Vertrau Gott allein« des Herzog Albrechts von Preußen, herausgegeben von Erich Roth, Professor an der Universität Göttingen, 1956. Unserem Erich Onkel. In seinem Vorwort zitiert er Melanchthon: »Mitunter gibt Gott nicht das, was wir bitten, sondern Besseres.«

Cover des Buches Marcel Proust und die Gemälde aus der Verlorenen Zeit (ISBN: 9783832199074)

Bewertung zu "Marcel Proust und die Gemälde aus der Verlorenen Zeit" von Eric Karpeles

Marcel Proust und die Gemälde aus der Verlorenen Zeit
GillGartenstadtvor 6 Jahren
Kurzmeinung: Wie Sterne aus der Verlorenen Zeit senden uns die Gemälde ihr strahlendes Licht.
Wie Sterne aus der Verlorenen Zeit

Als ich begann die Verlorene Zeit zu suchen und im ersten Band, Unterwegs zu Swann, in die Beschreibung einer französischen Landschaft eintauchte, hatte ich plötzlich die Seerosenbilder von Claude Monet in ihrer schillernden Klarheit vor Augen. Es berührte mich sehr, als ich im Anhang las, dass sich Marcel Proust genau an dieser Stelle (Seite 248, Taschenbuchausgabe Suhrkamp) tatsächlich auf Monets Nymphéas bezieht, die ich 2004 in der Neuen Nationalgalerie in Berlin gesehen habe.
Als fleißige Fußnotenleserin spürte ich noch mehr Gemälde in Prousts Romanwelt auf und suchte sie mir im Internet zusammen oder besuchte das Mauritshuis in den Haag, um das kleine gelbe Mauerstück in Vermeers Ansicht von Delft zu suchen.
Welch ein Genuss, nun viele dieser Meisterwerke europäischer Malerei im Druck betrachten zu dürfen und mit ihnen Auf der Suche nach der Verlorenen Zeit erneut zu erleben. Wie Sterne aus der Verlorenen Zeit senden uns die Gemälde ihr strahlendes Licht! Jedes Gemälde ist mit einer kurzen zeitlichen Zuordnung im Roman und der jeweiligen prägnanten Textstelle abgebildet. Weitere interessante Informationen über die Bilder und ihre Bedeutung für Proust finden sich im Anhang, die sollte man sich trotz der leider winzigen Schrift nicht entgehen lassen!
Dank Eric Karpeles lässt sich eine ganz besondere Dimension in Prousts Werk vertiefen; die der Kunst. Figuren, Gesichter, Kleidung, Landschaften und Stimmungen ausgewählter Gemälde flicht er geschickt in seinen Roman, was sooft mit Witz gschieht. Zum Beispiel beschreibt er den Anzug einer fiktiven Figur, die des Monsieur de Charlus, mit dem Portrait seiner realen Vorlage, gemalt von James Abbot McNeill Whistler. Arrangement in Schwarz und Gold: Graf Robert Montesquiou-Fezensac, 1891/92 (Seite 199 im vorliegenden Bildband). Jedoch zitiert Proust nicht einfach nur dieses Bild, sondern setzt noch eine Winzigkeit, einen roten Farbtupfer, hinzu: das Kreuz des Malteserordens. Es ist ein wenig so, als würde er einem Bild einen Bart aufmalen. Mit seiner Romanfigur, dem Maler Elstir (Anagramm für Whistler), schwingt Proust sogar selber den Pinsel. Diese Kreationen hätte ich auch ganz gerne noch in diesem Bildband wiedergefunden:)

Cover des Buches Der Schaum der Tage (ISBN: 9783792003664)

Bewertung zu "Der Schaum der Tage" von Boris Vian

Der Schaum der Tage
GillGartenstadtvor 6 Jahren
Cover des Buches Chronik des Cthulhu-Mythos Band 1 (ISBN: B010IOO90O)

Bewertung zu "Chronik des Cthulhu-Mythos Band 1" von H. P. Lovecraft

Chronik des Cthulhu-Mythos Band 1
GillGartenstadtvor 6 Jahren
Kurzmeinung: Kunstwerk der Imagination
Kunstwerk der Imagination

Geräusche übertönen Geräusche. Bilder überblenden Bilder.

Lovecrafts Welt, ein mit Liebe kunstvoll verwobenes Netzwerk einzigartiger Novellen und Erzählungen, hält für den mutigen Leser einen unerschöpflichen Reichtum lebendiger Imagination bereit. Seltsam und selten, ungewöhnlich und unheimlich, verspielt und visionär. Vergnügliche Verknüpfungen sichtbarer und unsichtbarer Dinge. Das ist die Faszination des Unfassbaren, der Fantasie und Fantastik.

Die Geschichten des Cthulhu-Mythos in beiden Bänden sind so angelegt, dass sie in entsprechender Atmosphäre, also bei gedimmtem Licht und Grabesstille (oder für ängstliche Gemüter bei gleißender Sonne am Pool), in einem gelesen werden können. So dachte ich. Doch auf magische Weise wurden sie während des Lesens immer länger, und ich habe mich wiederholt gewundert, warum ich so langsam vorankam. Bis ich verstanden habe, was die eigentliche Meisterleistung Lovecrafts ist; nämlich den Leser zu manipulieren, seine Gedanken und Sinne so stark zu aktivieren, bis er die Geräusche, die sich hinter den beschriebenen Geräuschen verbergen, selber hört, die Bilder, die sich hinter den beschriebenen Bildern verstecken, selber sieht! Selbst der Erzähler ist manchmal so erschrocken, dass er das Erlebte nicht in Worte fassen mag und das Denken lieber dem Leser überlässt. Und wenn man auf Orte, Namen, Bücher stößt, die einem gerade in einer anderen Geschichte begegnet sind, hält man erneut inne, erinnert sich staunend oder lacht, wenn wieder mal das von Lovecraft erfundene Necronomicon, das verbotene Buch des verrückten Arabers, dem ahnungslosen und stets forschenden Protagonisten als Informationsquelle dient oder jemand eine Braut aus Innsmouth heiratet, dem fürchterlichen und natürlich fiktionalen Fischerort, in dem die seltsam verhuschten Bewohner scheinbar durch Inzucht entstellte, fischäugige trockenschuppige Gesichter haben. Der wissende Leser freut sich dann auf die folgende Beschreibung dieser Ehe. (Schatten über Innsmouth und Das Ding auf der Schwelle, Band II)

Viele Geschichten spielen in der grünen hügeligen Landschaft Neuenglands mit seinen liebevoll beschriebenen spitzdachigen und verwinkelten Häusern, die mit ihren knarrenden Holzdielen oftmals selbst zum Hauptcharakter einer Erzählung werden. Über diese an sich märchenhaft beschriebene Welt bricht stets das Grauen von außen herein, das aber immer geistreich und originell erdacht ist, beispielsweise als Farbe aus dem All, die sich über einen Bauernhof ergießt, oder als Töne, die der wahnsinnige Erich Zann mit seiner nächtlichen Geigenmusik überspielen muss. (Band I)

Der Schrecken ist meist ein kosmischer aus den schwarzen Tiefen des Weltalls, Naturgesetze werden ausgehebelt, Raum und Zeit fliessen im Kopf eines schlafwandlerischen Nathaniel Wingate Peaslee zusammen (Schatten aus der Zeit, Band II), und die Beschreibungen gottverlassener Orte, an denen urzeitliche Ungeheuer in bizarren Behausungen in der Wüste, im Eis oder auf dem Meeresgrund schlummernd auf ihre Erweckung warten, sprengen den Horizont in wirklich fremde Welten, die so manchen Schöpfungsmythos in den Schatten stellen.

Sehr zu empfehlen sind die Vorworte von Marco Frenschkowski, die ich immer nachher gelesen habe, um den Text unvoreingenommen auf mich wirken zu lassen. Hier wird jede Erzählung aufschlussreich in ihrem geschichtlichen, literarischen und biografischen Zusammenhang betrachtet, es werden Lovecrafts Inspirationsquellen (Briefe, Filme, Bücher) – so sie noch auffindbar sind – genannt, und man erhält einen Blick in das Leben Lovecrafts und seine kompromisslose Begeisterung für das Schreiben. Und er war sich bewusst, dass imaginative Literatur, anders als romantische und realistische, nur wenige anspricht. 

Cover des Buches Chronik des Cthulhu-Mythos - Band II (ISBN: 9783865521453)

Bewertung zu "Chronik des Cthulhu-Mythos - Band II" von H. P. Lovecraft

Chronik des Cthulhu-Mythos - Band II
GillGartenstadtvor 6 Jahren
Kurzmeinung: Kunstwerk der Imagination
Cover des Buches Flächenland (ISBN: 9783881200202)

Bewertung zu "Flächenland" von Edwin A Abbot

Flächenland
GillGartenstadtvor 6 Jahren
Kurzmeinung: Eine Reise in die Welt der zweiten Dimension. Die erste Dimension ist ein Punkt, der nur sich selber kennt. Und die vierte Dimension?
Cover des Buches Gegen den Strich (ISBN: 9783150087541)

Bewertung zu "Gegen den Strich" von Joris-Karl Huysmans

Gegen den Strich
GillGartenstadtvor 6 Jahren
Kurzmeinung: Die Essenz der Dekadenz des Fin de siècle. Witzig und originell.
Cover des Buches Portugiesische Rache (ISBN: 9783453419452)

Bewertung zu "Portugiesische Rache" von Luis Sellano

Portugiesische Rache
GillGartenstadtvor 7 Jahren
Kurzmeinung: Welch ein Spaß, Lissabon mit diesem Krimi zu entdecken! Städteclimbing im Kopf mit dem sportlichen Helden von Cliffhanger zu Cliffhanger :)
Cover des Buches POLYGLOTT Reiseführer Lissabon zu Fuß entdecken (ISBN: 9783846462201)

Bewertung zu "POLYGLOTT Reiseführer Lissabon zu Fuß entdecken" von Sara Lier

POLYGLOTT Reiseführer Lissabon zu Fuß entdecken
GillGartenstadtvor 7 Jahren
Cover des Buches The Education Of the Stoic: The Only Manuscript of the Baron of Teive by Fernando Pessoa (2004-11-02) (ISBN: B019L52M14)

Bewertung zu "The Education Of the Stoic: The Only Manuscript of the Baron of Teive by Fernando Pessoa (2004-11-02)" von

The Education Of the Stoic: The Only Manuscript of the Baron of Teive by Fernando Pessoa (2004-11-02)
GillGartenstadtvor 7 Jahren
Kurzmeinung: Faszinierend, von einzigartiger Ästhetik wie auch seine anderen Werke: gedankliche Kaleidoskope mit ihrem eigenen Blick auf die Welt.

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