Bewertung zu "Night Falls. Du kannst dich nicht verstecken" von Jenny Milchman
Sandra lebt mit ihrem Mann, ihrer Teenager-Tochter und ihrem Hund glücklich in einem traumhaft schönen, wenn auch sehr entlegenen Haus. Die Schatten aus der Vergangenheit hat sie hinter sich gelassen - zumindest denkt sie das. Doch die Vergangenheit holt sie ein, als zwei entflohene Häftlinge in ihrem Haus auftauchen, ihren Mann angreifen und sie bedrohen …
Vom Klappentext und von der Leseprobe war ich gleich begeistert. Ich habe einen spannenden Thriller erwartet, der einen richtig mitreißt und einem das Blut in den Adern gefrieren lässt. Doch beim Lesen kam nach und nach die Ernüchterung: Der Roman hält leider kaum überraschende Wendungen bereit. Wenn man ein paar Bücher aus dem Genre gelesen hat, weiß man, wie der Hase läuft, und kann alle Enthüllungen samt Ende voraussagen. Das fand ich sehr schade: So wurde aus dem vielversprechenden Thriller doch bloß ein Durchschnittsbuch, dem etwas mehr Kreativität nicht geschadet hätte.
So wird zum Beispiel schon im Klappentext angedeutet, dass die Protagonistin einen der beiden Häftlinge, die in ihr Haus eindringen, aus ihrer Vergangenheit kennt. Da habe ich mir einen richtigen Knaller erhofft; irgendeine spektakuläre Geschichte, die enthüllt wird. Stattdessen war es einfach die naheliegendste Lösung, auf die ich schon nach wenigen Seiten gekommen bin. Ziemlich enttäuschend.
Eine weitere Sache, die mich gestört hat, waren die Figuren, die manchmal allzu unkluge Entscheidungen getroffen haben. Weil mir die Familie nicht sonderlich sympathisch war, konnte ich gar nicht richtig mitfiebern. Das hat der Spannung ein wenig geschadet. Den Hund fand ich eigentlich ganz gut, ich mag es, wenn Tiere in Romanen vorkommen. Dass jedoch zwei Kapitel aus seiner Sicht geschrieben waren und darin seine Gedanken geschildert waren, hat mir leider überhaupt nicht gefallen - das habe ich als seltsam empfunden.
Nichtsdestotrotz habe ich mich gut unterhalten gefühlt. Der Roman war nicht herausragend, aber doch nett für zwischendurch. Den Schreibstil fand ich angenehm flüssig und leicht, die Psychologie des Mörders zwar nicht sonderlich kreativ ausgearbeitet, aber doch interessant.
Das Setting - das eigene Zuhause, in dem man sich eigentlich sicher fühlen sollte, und das durch seine einsame Lage zu einer lebensgefährlichen Falle geworden ist - jagt einem einen Schauer über den Rücken. Es ist beklemmend, sich vorzustellen, dass Gewalt und Irrsinn ins idyllische Leben hineinplatzen, das man sich aufgebaut hat. Die Idee, dass die eigenen vier Wände von einem Hort der Sicherheit zu einem Ort der Schrecken werden, hat mir gut gefallen.
Eine durchschnittliche Wertung für ein meiner Meinung nach durchschnittliches Buch, das man lesen kann, aber nicht unbedingt muss.