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GreenTea

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Cover des Buches Dr. Sex (ISBN: 9783423209816)

Bewertung zu "Dr. Sex" von T. C. Boyle

Dr. Sex
GreenTeavor 11 Jahren
Ein Soziogramm des Amerikas der vierziger und fünfziger Jahre

Sex sells, daran hat sich auch in unserer heutigen, aufgeklärt wirkenden Zeit nichts geändert. Welche Revolution und welches Aufsehen Dr. Alfred Kinsey mit seinen Forschungen über das sexuelle Verhalten von Mann und Frau im prüden Amerika der vierziger und fünfziger Jahre ausgelöst haben mag, das kann man sich heute wohl kaum mehr vorstellen. Boyles Erzählung ist frei erfunden, dennoch basiert sie auf einer wahren Begebenheit.


T. C. Boyle erzählt in "Dr. Sex" (der amerikanische Titel lautet "The Inner Circle") von Professor Alfred Kinsey, genannt Prok, einem Zoologen, der sich der Erforschung des sexuellen Verhaltens des Menschen verschrieben hat. Die Geschichte wird im Rückblick von John Milk, Proks Mitarbeiter der ersten Stunde und engem Vertrauten, erzählt und entwickelt einen Sog, dem man sich nur mehr schwer entziehen kann. 

Zum Inhalt: Professor Kinsey, erfahrener Zoologe, und seine wenigen Mitarbeiter, die er den Inneren Kreis (seiner Vertrauten) nennt, reisen durch ganz Amerika auf der Jagd nach empirischen Daten zum Sexualverhalten der Amerikaner. Durch persönliche, schematisch ablaufende Interviews mit den unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen will Prok größtmögliche Empirie erreichen, um Forschungsbände zum Sexualverhalten des Menschen zu veröffentlichen - ein bisher einzigartiges Unterfangen! Was im Stillen beginnt und sich relativ unbemerkt von der Öffentlichkeit abspielt, erregt mit dem Fortgang der Erzählung immer weiter das öffentliche Interesse und auch einige Empörung. 
Kinseys verbissener Arbeitseifer, seine für die Zeit untypische sexuell liberale Einstellung, seine Überzeugungskraft und patriarchalische Art bieten viel Konfliktpotenzial in der Erzählung. Denn Proks Einstellung, alles vom Privatleben bis hin zur eigenen Gefühlswelt der Arbeit und dem Forschungsprojekt unterzuordnen sowie eine "unprüde" Einstellung zur eigenen Sexualität, verlangt er auch von seinen Mitarbeitern. Nicht zuletzt Iris, John Milks Frau, leidet sehr unter diesem Umstand und die Familienidylle wird mehr als einmal hart auf die Probe gestellt. Die Erzählung spitzt sich immer weiter zu und der Leser ahnt schon nach kurzer Zeit, dass sie nicht gut ausgehen kann ...

Fazit: Eine sehr kluge Erzählung, die der Frage nachgeht, ob wir Menschen wirklich nur rein triebgesteuerte Lebewesen sind oder ob wir uns nicht doch durch mehr auszeichnen: durch unsere Gefühle und Empfindungen, wie Liebe, Eifersucht und Schmerz! Kann man Sex und Liebe voneinander trennen? Wie weit kann und darf man gehen? 
Boyle versteht es sehr gut, einzigartige Figuren zu erschaffen, die er mit viel Liebe zum Detail, geschmackvoll und sehr scharfsinnig zeichnet. Ich habe "Dr. Sex" sehr gern gelesen, denn die Erzählung nimmt schnell Fahrt auf und bleibt bis zum Schluss spannend! Leseempfehlung!        

Cover des Buches Mittelmäßiges Heimweh (ISBN: 9783446208186)

Bewertung zu "Mittelmäßiges Heimweh" von Wilhelm Genazino

Mittelmäßiges Heimweh
GreenTeavor 12 Jahren
Über Mittelmäßigkeit und Melancholie

Wilhelm Genazino erzählt in "Mittelmäßiges Heimweh" die Geschichte von Dieter Rotmund, dessen Unglück damit beginnt, dass er eines Tages einfach so ein Ohr verliert. Sein Ohr liegt plötzlich in einer Kneipe unter dem Tisch und Rotmund nimmt es ungerührt, gelassen und teilnahmslos hin. Der Verlust des Ohrs ist, unschwer zu erkennen, als Symbol zu lesen und der Beginn einer Geschichte, die weitere Verluste aufzuweisen hat. 

Denn Rotmunds Privatleben gerät auch an anderen Fronten aus den Fugen. Obwohl es beruflich zunächst nicht schlecht für Dieter Rotmund läuft, ist auch diese Welt nicht problem- und reibungslos für ihn zu ertragen. (Mehr kann fast nicht gesagt werden, um nicht zu viel zu verraten.)

Am Beispiel Dieter Rotmunds beschreibt Genazino schonungslos und auf typisch-ironische Genazino-Art die alltägliche Tragik des Lebens. Dabei ist die Beschäftigung mit Gefühlen der Mittelmäßigkeit und der Melancholie, die wohl jeder in seinem Leben schon einmal gehabt haben dürfte, erklärtes Ziel der Erzählung. Ist Mittelmäßigkeit schlimm? Was macht Mittelmäßigkeit aus uns? Kann man Mittelmäßigkeit ignorieren? Im Mittelpunkt der Erzählung steht ein zerfallendes bürgerliches Leben, die Aussage der Erzählung ist jedoch durchaus positiv. Wenn wir es schaffen, über uns selbst lachen zu können, was soll schon passieren?   

Genazinos Erzählung kann keinen wirklichen Spannungsbogen aufweisen, jedoch passt dieser Umstand wieder zum Thema der Mittelmäßigkeit: Die Erzählung plätschert vor sich hin, es passiert nicht wirklich viel, was auf der einen Seite das Thema der Erzählung unterstreicht, auf der anderen Seite aber auch den einen oder anderen Leser ungeduldig werden lassen könnte. 

Fazit: Wer eine Geschichte voller Spannung sucht, ist mit "Mittelmäßiges Heimweh" schlecht beraten. Wer jedoch eine sprachlich ausgefeilte Erzählung voll feiner Ironie und trockenem Humor lesen möchte, sollte hier ruhig zugreifen!  

Cover des Buches Räume für Menschen, die Bücher lieben (ISBN: 9783421038173)

Bewertung zu "Räume für Menschen, die Bücher lieben" von Leslie Geddes-Brown

Räume für Menschen, die Bücher lieben
GreenTeavor 11 Jahren
Cover des Buches Sweet Tooth (ISBN: 9780224097376)

Bewertung zu "Sweet Tooth" von Ian McEwan

Sweet Tooth
GreenTeavor 11 Jahren
Cover des Buches Der Hund im Kühlschrank (ISBN: 9783517086279)

Bewertung zu "Der Hund im Kühlschrank" von Cordula Carla Gerndt

Der Hund im Kühlschrank
GreenTeavor 11 Jahren
Kurzmeinung: Eine Anleitung zur bewussteren und lebendigeren Kommunikation, ein Plädoyer für die älteste menschliche Kulturtechnik: das Erzählen!
Über die Kulturtechnik des Erzählens

Ich denke mir oft, wie sehr unsere Fähigkeit zu erzählen im Gegensatz zu früheren Jahrhunderten doch mehr und mehr verkümmert. 
Wann erzählen wir uns noch Geschichten, wann lassen wir uns - abgesehen von Geschichten, die wir in Büchern still für uns lesen - noch auf eine erzählte Geschichte im geselligen Rahmen ein? Auf wirkliche erdachte Geschichten, die nicht nur Fakten aus dem Alltagsleben wiedergeben?
Stattdessen lassen wir uns aus Bequemlichkeit häufig viel zu stark von Fernsehen und fragwürdigen Formaten berieseln und merken dabei gar nicht, wie sehr unsere kommunikativen Fähigkeiten darunter leiden.

Cordula Gerndt versucht mit "Der Hund im Kühlschrank" eine Anleitung zur lebendigen und bewussten Kommunikation zu geben, die uns dazu ermuntern will, uns wieder einer unserer ältesten menschlichen Kulturtechniken, dem Erzählen, bewusst zu werden.
Viele passende Zitate, teils witzige Illustrationen und zu den Einzelkapiteln passende Übungen lassen den Band lebendig wirken.
 
Dabei präsentiert Cordula Gerndt verschiedene Ansätze und Möglichkeiten, um die eigene Fantasie anzuregen, den roten Faden nicht zu verlieren, die Aufmerksamkeit der Zuhörer zu gewinnen, langweilige Gespräche in eine interessante Richtung zu lenken oder auch "Endlosredner" in ihrem Gesprächsfluss sanft zu stoppen. 

Mein Fazit: Es lohnt sich unbedingt, dieses Buch zur Hand zu nehmen und sich Gedanken zu unserer täglichen Kommunikation und Nicht-Kommunikation zu machen!      

Cover des Buches Herzblut (ISBN: 9783426199374)

Bewertung zu "Herzblut" von Volker Klüpfel

Herzblut
GreenTeavor 11 Jahren
Von Herzschmerz und anderen Widrigkeiten

Mit "Herzblut" hat das Allgäuer Autorenduo Klüpfel/Kobr den mittlerweile siebten Band der Regionalkrimireihe um Kommissar Kluftinger vorgelegt. Der siebte Band ist bei Droemer Knaur statt bisher bei Piper erschienen, was sich auch deutlich an der Covergestaltung ablesen lässt.

Zum Inhalt:
Brutale Morde erschüttern das sonst so beschauliche Allgäu. Ein Taxifahrer wird in seinem Wagen hinterhältig erschossen, kurz darauf findet man einen Versicherungsmakler, dem das Herz grausam herausgerissen und selbiges im Gefrierfach des Toten deponiert wurde. Weitere Morde reihen sich an. Kommissar Kluftinger und seine Kollegen Strobl, Maier und Hefele tappen zunächst im Dunkeln, bis immer deutlicher wird, dass alle Morde etwas verbindet: Bei den Toten dreht sich immer alles um das Herz und bei jedem Toten wird ein Streichholzheftchen im Briefkasten gefunden. Die Täter scheinen einen Countdown rückwärts zu zählen, denn bei jedem neuen Toten ist ein Streichholz weniger im Heftchen. Auf irgendeine Art und Weise scheint auch der Jahrmarkt, der momentan in Altusried Halt macht, mit den Morden zusammenzuhängen ...
Auch privat geht es bei Kluftinger wieder einmal turbulent zu. Den Kommissar plagen stechende Herzschmerzen, was ihn zu der "radikalen" Maßnahme treibt, seinem Erzfeind, Doktor Langhammer, einen Besuch in dessen Sprechstunde abzustatten. Als Kluftinger aus einem Missverständnis heraus glaubt, ernsthaft krank zu sein, stehen für den Genießer und Sportmuffel Diätkost und Yogastunden auf dem Plan, was nicht gerade eben zu seiner Begeisterung beiträgt. Noch dazu steht ein erstes Kennenlernen zwischen seiner Familie und der japanischen Familie seiner zukünftigen Schwiegertochter an, was im gewohnt klamaukigen Kluftinger-Stil nicht gerade traumhaft abläuft ...

Fazit:
Bisher habe ich jeden Band der Kluftinger-Reihe gelesen, da sie einfach perfekt zum "Zwischendurch-Lesen" sind. Von allen bisherigen Bänden hat mir "Herzblut" leider am wenigsten gefallen, deshalb gibt es im Vergleich zu den anderen Bänden von mir nur drei Sterne. Das liegt nicht unbedingt an der Geschichte, die wieder einige Lacher und auch interessante Mordfälle bereit hält. Vielmehr liegt es an der Art, wie der Kommissar im siebten Band beschrieben wird. Leider hatte ich durchweg das Gefühl, dass Klüpfel/Kobr dieses Mal sehr stark übertrieben haben und Kluftinger dadurch besonders dusselig, extrem schwer von Begriff und weltfremd daherkommt. Ich hatte beim Lesen ständig das Gefühl, dass die Kabbeleien zwischen den Polizeikollegen, die Zwistigkeiten mit Langhammer und die Themen im Hause Kluftinger dem Autorenduo wichtiger waren, als die Stimmigkeit der Geschichte, in der mir zudem auch ein paar Ungereimtheiten aufgefallen sind. Ein Lacher sollte wohl den nächsten jagen, mir war das leider ein bisschen zu viel des Guten. Auch von der Covergestaltung, die mir ein bisschen einfallslos im Vergleich zu den früheren Titeln erscheint, die bei Piper erschienen sind, und dem Lektorat des siebten Bandes bin ich ein wenig enttäuscht. Trotzdem lesenswert für Kluftinger-Jünger!      
    

Cover des Buches Der Selbstversorger (ISBN: 9783833826573)

Bewertung zu "Der Selbstversorger" von Wolf-Dieter Storl

Der Selbstversorger
GreenTeavor 11 Jahren
Für Gemüsegärtner und solche, die es werden wollen

Wolf-Dieter Storl beschreibt in "Der Selbstversorger", was man beachten muss, wenn man sich selbst mit eigens angebautem Obst und Gemüse versorgen möchte. 
Das Cover und die Textseiten sind wirklich schön gestaltet. Es wurde ein "erdiges" Design gewählt und Grüntöne, die sehr gut zum Thema passen. Text und Bilder wechseln sich mit informativen Infokästen ab, die einem auf einen Blick Auskunft zu verschiedenen Themen geben.
Wolf-Dieter Storl hat Teile seiner eigenen Biographie in das Buch eingearbeitet und beschreibt auf sehr angenehme Art und Weise, welche Erfahrungen er über die Jahre gesammelt hat und welche Krisensituationen er in seinem Leben schon meistern musste. Nebenbei reißt Storl die Probleme der heutigen Zeit an: Entfremdung von der Natur, Überproduktion, Monokultur, Bodenmüdigkeit, Wegwerfgesellschaft. Das Buch will klar einen Beitrag zur Annäherung zwischen Mensch und Natur leisten.
Inhaltlich gibt es u. a. Abschnitte zur richtigen Anlage eines Nutzgartens, zu den wichtigsten Gartengeräten, zur Kompostierung und biologischen Düngung, zum Umgang mit "Schädlingen und Unkräutern". Beschrieben werden auch günstige Pflanzenkombinationen, ein Gartenkalender gibt zudem Aufschluss darüber, zu welcher Jahreszeit welche Tätigkeiten im Garten nötig sind. Ein großer Teil des Buches wird außerdem Nutz- und Heilkräutern eingeräumt, die zur medizinischen Versorgung, als essbare Nahrungsergänzung oder als Düngung bzw. "biologisches Spritzmittel" im Garten dienen können. 
Besonders Anfänger können viele Tipps aus dem Buch nehmen, v. a. wenn es um Kompostwirtschaft, nützliche Kräuter und biologische Düngung geht.  
Neben allen positiven Eigenschaften des Buches ist mir negativ aufgefallen, dass es für meinen Geschmack an zu vielen Stellen im Buch um Kräuter geht. Das Buch bietet hier zudem zu wenig Hilfe bei der Identifikation dieser Kräuter, weil keine Fotos der Kräuter abgebildet sind, sondern nur die (trotzdem wirklich schön gestalteten) Umrisse der Kräuter. Sollte man diese Kräuter wirklich sammeln wollen, muss man sich definitiv ergänzend ein Kräuterlexikon anschaffen. Im Literaturverzeichnis hat Storl dazu einige Hinweise gegeben. 
Zu kurz gekommen sind mir außerdem die Themen "Aussaat und Pflege" der Pflanzen und die "Vorratshaltung". Gerade die Vorratshaltung ist meines Erachtens ein wichtiges Thema, da das mühevoll angebaute und geerntete Obst und Gemüse über die Wintermonate ja irgendwie haltbar gemacht werden muss. Storls Beschreibungen sind mir hier nicht ausführlich genug gewesen, zudem hätte ich  das ein oder andere Rezept erwartet. Auch Literaturhinweise zum Thema Einmachen bzw. Vorratshaltung finden sich leider nicht. Für Anfänger fehlen meiner Meinung nach auch noch einige Bilder v. a. zur Aussaat und Pflege der Pflanzen. Auch die Pflanzgemeinschaften sind für mich wenig übersichtlich dargestellt. In vielen Büchern findet man hierzu "Kombinationsquadrate", die mithilfe von Symbolen auf einen Blick anzeigen, welche Pflanzen "sich mögen" und welche nicht.Die Esoterik-Andeutungen waren mir an vielen Stellen zu viel des Guten. Spätestens an der Stelle, als es darum ging, wie man Wühlmäuse vertreiben kann, bin ich ausgestiegen:

Kluge Esoteriker rieten mir: "Rede mit ihnen. Rede mit ihrer Gruppenseele, ihrem Engel. Pflanze für sie ein Beet mit Topinambur an und sage ihnen, dass du das für sie tust und sie bittest, deine Beete in Ruhe zu lassen." Was blieb mir anderes übrig. Mithilfe eines Freundes, der ein Didgeridoo spielt, dessen Ton den Geist in anderen Dimensionen schweben lässt, versuchten wir, Kontakt mit dem Wühlmausgeist herzustellen. Die ganze Nacht saßen wir im Garten und vertieften unsere Meditation. Und tatsächlich erschien in tiefster Nacht, gegen drei Uhr, als eine Art Traumgebilde ein Wühlmausgeist. Er sah unfreundlich aus, seine schwarzen Augen stechend und die prominenten Nagezähne bedrohlich zuckend. "Ich pflanze euch ein Beet mit Topinambur am Gartenrand; die könnt ihr haben, aber lasst meine Gemüse in Ruhe!" So versuchte ich ihn freundlich zu stimmen. Er aber ließ mich wissen: "Vergiss es. Über Jahrtausende hinweg habt ihr uns verfolgt, vergiftet und mit Fallen gequält. Wir handeln nicht mit euch. Wir machen keine Deals!"

Mir liegt es fern, esoterisches Denken an sich zu kritisieren. Ich jedoch kann nichts damit anfangen, dazu bin ich einfach ein zu sehr aufgeklärter und rationaler Mensch. Ich schätze Storls Plädoyer sehr, verantwortungs- und liebevoll mit der Natur umzugehen und bemühe mich selbst darum, aber an seine esoterischen Betrachtungsgweisen finde ich persönlich keine Anknüpfungspunkte.        
Fazit: Selbstversorgung ist meines Erachtens angesichts der zunehmenden Häufung von Lebensmittelskandalen und Antibiotikaresistenzen ein enorm wichtiges Thema, zu dem ich gerne Bücher lese, auch wenn es schon viele Selbstversorger-Bücher auf dem Markt gibt. Ich habe Wolf-Dieter Storl gern zugehört und die Mischung aus Ratgeber und Erfahrungsbericht hat mir sehr gut gefallen! Der persönliche Erfahrungsbericht Storls hat für mich an keiner Stelle störend gewirkt, sondern vielmehr zur Auflockerung beigetragen.Besonders gut gefallen hat mir das Kompost-Kapitel, da alles sehr gut beschrieben wurde und übersichtlich dargestellt wurde. Alles in allem ein brauchbarer Ratgeber, der vor allem für Anfänger interessant sein dürfte!     

Cover des Buches Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam (ISBN: 9783462044645)

Bewertung zu "Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam" von Vea Kaiser

Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam
GreenTeavor 11 Jahren
Kurzmeinung: Unglaublich sympathischer Schreibstil gepaart mit feiner Ironie - eine der liebenswertesten Geschichten, die ich seit langem gelesen habe!
Ein großartiges Debüt!!!

Johannes' Augen leuchteten. Diesen Anfang kannte er, das war Herodot, das letzte Buch, aus dem ihm Doktor Opa vorgelesen hatte und das beim Übersiedeln verloren gegangen war, weswegen er drei Tage lang durchgeheult hatte. Doktor Opa hatte oft bekräftigt, wie wichtig es sei, immer zu hinterfragen und vor allem zu wissen, wieso ein Forscher etwas erforschte. Er selbst erforschte Würmer, weil er einen gehabt hatte und am eigenen Leib gespürt hatte, wie grausam das sein konnte. Herodot wiederum erforschte die Völker, Barbaren wie er sie nannte, um den Krieg zwischen den Griechen und den Nicht-Griechen verständlich zu machen und vor allem die Vorgeschichten zu zeigen. 

"Blasmusikpop" erzählt von drei Generationen, die im kleinen Bergdorf St. Peter am Anger in den Sporzer Alpen leben und die Wissenschaft für sich entdecken. Mit Johannes Gerlitzen, einem Schreiner, beginnt die Erzählung, die zweite Generation bilden Johannes' Tochter Ilse und ihr Ehemann Alois Irrwein. Der größte Teil der Erzählung wird jedoch Johannes A. Irrwein, Johannes Gerlitzens Enkel, eingeräumt. 

Johannes Gerlitzen entdeckt, als er einen Bandwurm hat, das Lesen für sich und wird allen Widrigkeiten und aller Skepsis der traditionell geprägten und bildungsfernen Dorfbewohner zum Trotz, der erste Arzt in St. Peter am Anger. Johannes A. Irrwein, sein Enkel, ist dagegen fasziniert von der Geschichtsschreibung und versucht seinem altgriechischen Idol Herodot nachzueifern. 

St. Peter am Anger wird als Mikrokosmos beschrieben, als abgeschiedenes Dorf, das Neuerungen skeptisch gegenübersteht und in dem die Rollen nach wie vor klar verteilt sind. St. Peter am Anger ist ein in sich abgeschlossenes System, in dem jede Person wie in einem Ameisenvolk seine Aufgabe hat und dies sich über Generationen hinweg nicht ändert. Für die Männer ist nach getaner Arbeit das Wirtshaus zentraler Anlaufpunkt und Diskussionsort. Die Frauen, meist verhaftet in ihren Rollen als Hausfrauen und Mütter, treffen sich im Café Moni, um über die kulinarische Verpflegung des Dorfes bei Fußballspielen und kirchlichen Feiertagen zu beratschlagen. 

Die drei Generationen der Gerlitzens/Irrweins wollen sich nicht recht in das Dorfgefüge einpassen, denn ihr Wissensdurst bzw. ihre "Andersartigkeit" passen nicht zum Traditionsbewusstsein des Dorfes, in dem niemand sonst Abitur gemacht, geschweige denn studiert hätte und das Wort der Dorfältesten immer noch mehr zählt, als irgendetwas sonst.

Nach einer unglücklichen Wendung beginnt Johannes A. Irrwein nach dem Vorbild Herodots, die Geschichte der "Bergbarbaren", wie er die Bewohner St. Peter am Angers nennt, zu erforschen und aufzuschreiben. Sein Notizbuch ist gleichzeitig Symbol seiner Abnabelung bzw. seiner Distanz zu den Dorfbewohnern.  

Zum Ende des Buches zieht schließlich die Popkultur in St. Peter am Anger ein. "Pop" leitet sich ab vom lateinischen "populus", das Volk. Popkultur steht für gesamtgesellschaftliche Phänomene, die sich vollziehen. Und so finde ich es einfach genial, dass Vea Kaiser den Titel "Blasmusikpop" gewählt hat. Er symbolisiert zum Einen, dass ihre Erzählung von einem speziellen Volk handelt, zum Anderen, dass dieses Volk im Wandel begriffen ist und sich von der Tradition langsam in Richtung Moderne öffnet! Und mit der Wandlung des Dorfes öffnet sich auch Johannes A. Irrwein und legt symbolträchtig sein Notizbuch beiseite ...  

Vea Kaiser hat ein unglaubliches Debüt vorgelegt. Sie hat einen unglaublich sympathischen Schreibstil und stellt treffsicher die Eigenarten der Dorfbewohner dar. Sie schafft es, regelrechte "Typen" darzustellen, die man auch in jedem anderen kleineren Dorf antreffen könnte. Die eigentliche Handlung wird immer wieder unterbrochen von geschichtlichen Beschreibungen des Dorfes, die von Johannes A. Irrwein stammen, wie man erst im Laufe der Geschichte erfährt. Alles wirkt enorm authentisch und ehrlich erzählt und die feine Ironie, die das Buch durchzieht, ist einfach göttlich:

Am Mittwoch in der Karwoche stand Ilse Irrwein nicht wie gewohnt eine halbe Stunde nach, sondern bereits eine Stunde vor Sonnenaufgang auf. Während in der Dämmerung die Rehe durch den Garten der Irrweins zurück in die Wälder des Westhanges spazierten, vermengte Ilse die Zutaten für einen Biskuitboden in ihrer Allzweckküchenmaschine, ohne die seit der Küchenmaschinenparty vor drei Jahren keine St. Petrianerin mehr ihre Kuchen rührte. Sie heizte das Backrohr auf 180 Grad vor, legte ein Blech mit Backpapier aus und verteilte mithilfe der ergonomisch geformten Teigspachtel, die man als Geschenk zur Küchenmaschine dazubekam, wenn man mehr als drei Hackaufsätze kaufte, die Masse auf dem Blech.  
   
Fazit: Bei diesem Buch stimmt einfach alles: Der Stoff der Geschichte ist toll, die Geschichte an sich ist selbstbewusst, stringent und mit der richtigen Prise Ironie erzählt und die eingearbeiteten Dialoge in Mundart lesen sich einfach nur wunderbar und haben mich oft zum Lachen und Schmunzeln gebracht! Man bemerkt durchgehend das philologische Interesse der Autorin, klasse! Am liebsten würde ich sofort mehr davon lesen! Auch die Gestaltung des Covers und der Vorsatzblätter, auf denen sich eine gezeichnete Landkarte des Dorfes findet, sind einfach nur perfekt gelungen! 
Wärmste Leseempfehlung!    

Cover des Buches Sophie fährt in die Berge (ISBN: 9783492054263)

Bewertung zu "Sophie fährt in die Berge" von Rainer Moritz

Sophie fährt in die Berge
GreenTeavor 11 Jahren
Urlaub in den Bergen


Weiße Wäsche im Wind ...
Sophie steht als geschiedene Mittvierzigerin an einem schwierigen Punkt in ihrem Leben: Die Beziehung zu ihrem Mann hat nicht gehalten - zu verschieden waren die beiden Charaktere -, der Sohn ist erwachsen und aus dem Haus und ihr Job als Kunsthistorikerin in einem kleinen Berliner Museum für Impressionisten ist mehr und mehr zum grauen Alltag geworden. Noch dazu steht Silvester vor der Tür, dieser Tag, den besonders Alleinstehende nicht gerne begehen.
Umso lieber erinnert sich Sophie deshalb an ihren Urlaub in Südtirol, diese zwei Wochen im Sommer, die ihr so gut taten, die sie ganz für sich allein hatte, die ihr ein Gefühl von Freiheit und grenzenloser Möglichkeiten geben konnten. An den Sommer, in dem sie in der hintersten Kirchenbank einer kleinen Südtiroler Kapelle Stefano kennenlernte ...
Der Roman ist in zwei verschiedenen Zeitebenen erzählt: Einerseits in der Gegenwart, im grauen Berlin, zum Jahreswechsel. Andererseits erleben wir als Leser die zwei sommerlichen Urlaubswochen in Südtirol mit Sophie. Trotzdem ist er sehr leicht zu lesen, ein richtiger Wohlfühl-Roman. 
Besonders gefallen haben mir die treffenden Schilderungen der wunderschönen Landschaft Südtirols und der Charaktere in der Pension, die teilweise recht schrullig dargestellt wurden und gerade deshalb so realistisch waren. Am liebsten wäre ich manchmal gerne zusammen mit Sophie auf den saftigen Wiesen bergaufwärts gewandert und hätte mir mit ihr die kulinarischen Köstlichkeiten der Südtiroler Gegend einverleibt oder mich an wehender Wäsche an frischer Luft erfreut!!! Gespannt habe ich mit der Lektüre zu "Sophie fährt in die Berge" begonnen, hat es doch kein Geringerer als der geschätzte Literaturkritiker Rainer Moritz geschrieben. Zunächst hatte ich "mehr" erwartet, eine eindrucksvollere Sprach- und Wortgewalt etwa. Doch spätestens nach den ersten zehn Seiten war ich tief in die Geschichte eingetaucht und habe realisiert, dass diese Geschichte keiner großen, ausschweifenden Worte bedarf, sondern dass es genau die einfachen, ruhigen Schilderungen sind, die ihr so viel Kraft geben und die einen gefangen nehmen. Ein tolles Buch für Zwischendurch, für den Urlaub in den Bergen oder während schwierigerer Lebensabschnitte! 

Cover des Buches Der große Gatsby (ISBN: 9783257240894)

Bewertung zu "Der große Gatsby" von F. Scott Fitzgerald

Der große Gatsby
GreenTeavor 11 Jahren
Tragische Story - absolut lesenswert

"Der große Gatsby" spielt im Amerika der goldenen 1920er Jahre, welche durch Fitzgeralds eindrückliche Schilderungen der Kulisse, der Menschen und ihrer Freizeitbeschäftigungen geradezu greifbar werden. 
Der Roman wird aus Sicht von Nick Carraway erzählt, der das Haus neben Gatsbys großem Anwesen in Long Island bewohnt und damit sein direkter Nachbar ist. 
Jay Gatsby ist Geschäftsmann und Millionär und verbringt seine Zeit damit, rauschende Feste auf seinem Anwesen zu geben, die jedem ein Begriff sind. Gatsby versteht es, die Crème de la Crème der Prominenz, der Einflussreichen und der interessanten Menschen auf seinen Festen zu versammeln. Doch immer umgibt ihn eine Aura des Geheimnisvollen, immer wirkt er, als würde er nicht richtig dazugehören. Als Nick Carraway persönlich zu einem von Gatsbys Festen eingeladen wird, nimmt die Geschichte ihren einmaligen Lauf... Ohne zu viel verraten zu wollen, geht es um große Gefühle, um Liebe, die die Zeit überdauert und um Liebe, die nicht sein darf. 
F. Scott Fitzgerald hat es wie kein Zweiter verstanden, Glanz und Gloria, Betrug, Arroganz und die Niedertracht der Menschen in seinem Roman abzubilden. Man spürt förmlich den Geist der 20er Jahre. Gatsby lebt auf gewisse Weise den American Dream: vom einfachen Jungen zum Millionär. Jedoch auch an diesem Konstrukt findet sich viel Kritik in Fitzgeralds Roman. 
Fitzgeralds sprachliches und erzählerisches Können ist von seinen Zeitgenossen Ernest Hemingway und T.S. Eliot besonders gelobt worden. Seine Beschreibungen entführen den Leser in eine frühere Zeit und lassen sie lebendig werden. 
Ohne Zweifel ein echter Klassiker und definitiv sehr lesenswert! Für Kinoliebhaber: Am 16.05.2013 startet in den deutschen Kinos die Neuverfilmung des Großen Gatsby, die unter Regie von Baz Luhrmann mit Stars wie Leonardo DiCaprio und Tobey Maguire aufwarten kann. Ich bin schon gespannt!    

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