Der Titel #Egoland von Michael Nast ist sehr gut für dieses Buch gewählt und wird auf jeder Seite des Romans präsentiert.
Die Idee: Ein Autor steckt in einer Schreib-klemme und will in das Leben von drei Personen eingreifen, um daraus seinen Roman zu gestalten.
Was der Leser wirklich erhält:
Zu Beginn werden die wichtigsten Protagonisten eingeführt, allerdings in wirklich ausschweifender Weise. Die ersten 250 Seiten hätte man auf gut 100 kürzen können. Hierfür braucht man Durchhaltevermögen.
Danach beginnt die Geschichte und es gibt endlich das Chaos, welches der Klappentext verspricht.
Man erhält ebenfalls eine Beschreibung von Berlin und dies hat mir gut gefallen. Vor allem der Kontrast von Menschen, die wirklich in Berlin geboren sind und die Zugezogenen. Ein Satz einer Zugezogenen - Dies sei nicht ihr Berlin - fand ich sehr passend, denn gerade Berlin erscheint als Stadt, die dem ständigen Wandel von Zugezogenen unterlegen ist. Ein schöner Kontrast, auch wenn dies nicht wirklich relevant für die Geschichte ist und demnach weggelassen werden könnte.
Was erhält man auch, obwohl man es nicht erwartet?
Andreas Landwehr ist der Schriftsteller, der die Idee zu dem Buch hatte und der Leser erhält einen ausführlichen Einblick in sein Denken, sein Handeln und seinen Narzissmus. Alles was er macht entsteht aus seinem verletzten Stolz und seiner arroganten Denkweise. Er scheint über allem zu stehen und muss mit keinerlei Konsequenzen rechnen. Ich habe oft an der Glaubwürdigkeit gezweifelt, da dies eine wahre Geschichte sein soll. Ich komme zu dem Schluss, dass dies glaubwürdig ist, bis auf ein paar minimale Situationen.
Die eigentlichen drei Protagonisten sind zu Anfang noch Sympathieträger mit Ecken und Kanten, aber sehr realistisch dargestellt. Doch am Ende konnte ich mich mit keinem identifizieren oder ihnen Sympathie entgegen bringen.
Der einzige Sympathieträger in meinen Augen ist ein alter Journalist, der hin und wieder auftritt, der aber eigentlich nichts mit der Hauptgeschichte zu tun hat. Hier erhält man einen Einblick in das Leben und die Zweifel eines Journalisten, den seinen Beruf nicht erfüllt und dieses anzweifelt. Ebenfalls werden Schriftsteller per se immer wieder thematisiert, aber dies hat mich nicht überrascht, da die Hauptperson ein Schriftsteller ist. Aber diese Einblicke fand ich interessant, auch wenn man sie hätte weglassen können. Hier hatte ich den Blick der Lehrerin und dachte, dass man diese Passagen mit den Schülern besprechen könnte, um einen Einblick in das Berufsbild zu erlangen.
Bei meinen Recherchen, ob dieses Buch real ist, kam ich zu keinem Ergebnis, dies ist bis jetzt noch meine dringendste Frage.
Was erhält der Leser nicht?
Ich habe in anderen Rezessionen oder Zeitungsartikeln gelesen, dass hier die Abbildung unserer Social Media Landschaft bzw. deren Menschen interpretiert bzw. abgebildet werden. Dem ist nicht so. Ja, sie benutzten bekannte Apps und einige posten bei Instagramm, aber es sind keine Influencer oder lassen ihr Leben von der virtuellen Kommunikation beherrschen. Hier habe ich den recht "normalen" Umgang, wie man ihn täglich erlebt, beschrieben gesehen. Es werden Fragen aufgeworfen über die Häufigkeit der Nutzung in Gesellschaft etc., aber ich würde diesen Roman nicht als Kritik an der Social Media Gesellschaft sehen.
Ich habe den Roman auch nicht als Gesellschaftskritik verstanden, da hier der Narzissmus und Egozentrismus von Andreas Landwehr im Fokus stehen.
Würde ich dieses Buch empfehlen?
Ja, mit Einschränkungen. Wie schon gesagt, man braucht Durchhaltevermögen, aufgrund der wirklich langen Personenbeschreibungen und aufgrund vieler Flüchtigkeitsfehler auf den ersten 300 Seiten. Des Weiteren wird der Autor Michael Nast ins Buch eingeflochten, allerdings unterstelle ich ihm hier auch eine Spur Narzissmus, denn es hätte nicht sein müssen und hatte einen Beigeschmack der Schleichwerbung für sein erstes Buch.